Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerentsendung. Betriebsabteilung

 

Leitsatz (amtlich)

1.Ein polnischer Arbeitgeber, der bauliche Leistungen in Deutschland durch aus Polen entsandte Arbeitnehmer durchführt, schuldet auch dann die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen, wenn in seinem Gesamtbetrieb bauliche Leistungen zwar nicht überwiegend durchgeführt werden, die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer aber einer baulichen Betriebsabteilung zuzuordnen sind.

2.Zu den Merkmalen einer Betriebsabteilung.

 

Normenkette

AEntG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 01.03.2000; Aktenzeichen 7 Ca 1059/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.01.2005; Aktenzeichen 9 AZR 44/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 9. Februar 2000 – 7 Ca 1059/99 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten EUR 146.469,80 (i.W.: Einhundertsechsundvierzigtausendvierhundertneunundsechzig 80/100 Euro) zu zahlen:

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin gegenüber dem Beklagten verpflichtet ist, bezüglich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Auskünfte zu erteilen und Urlaubskassenbeiträge zu leisten.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft polnischen Rechts mit Sitz in (Polen). Mit Hilfe polnischer Arbeitnehmer führt sie seit 1999 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Rohbauarbeiten in der Form von Maurer- und Stahlbetonarbeiten aus. Die polnischen Arbeitnehmer sind zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen. In … unterhält die Klägerin eine ins Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung. Dort ist eine Mitarbeiterin der Klägerin mit unterstützenden Arbeiten für die Buchhaltung beschäftigt, diese kümmert sich u.a. um die Abführung der Lohnsteuer für die in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer. Für die einzelnen Baustellen setzt die Klägerin neben gewerblichen Arbeitnehmern auch Bauleiter, Bautechniker und Poliere ein, die die Arbeiten der gewerblichen Arbeitnehmer beaufsichtigen und sich, soweit erforderlich, um den tagtäglichen Bauablauf kümmern, insbesondere Zeiteinteilungen vornehmen.

In Polen werden von der Klägerin gleichartige wie die in Deutschland durchgeführten Arbeiten nur in geringem Umfang erbracht. Hauptsächlich werden in einem Metallwerk in … Metallteile für die Automobilindustrie (Metallinnenrahmen für Autositze, Teile für den Motorraum, Stahlträger und dergleichen) gefertigt. Diese Teile werden nicht von der Klägerin, eingebaut, sondern an den Abnehmer veräußert. Daneben wurden bis März 2002 Verpackungs- und Transportmaterialien für die Metallteile hergestellt, außerdem kleinere Holzelemente. Auch diese wurden von der Klägerin ohne nachfolgende Montage an Dritte veräußert. Im Metallwerk ist neben gewerblichen Arbeitnehmern technisches Aufsichtspersonal der Klägerin tätig, ein Werkleiter der Klägerin führt die Oberaufsicht über die Fertigungsvorgänge. Bis Ende 2002 war die Klägerin außerdem in Ungarn tätig. In … erstellte sie im Metallwerk ihres Auftraggebers für diesen Metallteile für „…” LKWs.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 bzw. ab 01.09.2002 vom 04.07.2002, in den ab 1999 geltenden Fassungen (vom 03.02.1981, ab 01.09.2002 vom 04.07.2002) haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Beklagten sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag, für 1999 vom 12.11.1986 i.d.F. vom 28.01.1999, 09.04.1999 und 26.05.1999, ab 01.01.2000 vom 20.12.1999, 01.12.2000, 15.05.2001, 14.12.2001, 22.02.2002 und 04.07.2002 geregelt.

Nachdem der Beklagte von der Klägerin für die Zeit ab 01.01.1999 die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Beiträgen für die in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verlangt, die Klägerin dies zurückgewiesen und der Beklagte auf seiner Forderung bestanden hatte, begehrt die Klägerin, mit ihrer Klage die Feststellung, dass sie zu Auskünften und Beitragszahlungen an den Beklagten nicht verpflichtet sei.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie müsse den in den tarifvertraglichen Vorschriften des Baugewerbes genannten Verpflichtungen zur Auskunftserteilung und zur Beitragszahlung nicht nachkommen, da die entsprechenden Vorschriften für sie keine Wirkung entfalten k...

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