Entscheidungsstichwort (Thema)

Übersetzung eines Arbeitsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Eine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer, der um Einstellung nachsucht, einen schriftlichen Arbeitsvertrag unaufgefordert in dessen Muttersprache zu übersetzen, besteht nicht. Dies gilt jedenfalls, soweit in dem Vertrag übliche Bedingungen enthalten sind und keine außergewöhnlichen Bestimmungen, mit denen der Arbeitnehmer nicht rechnen muß. Die durch eine ergänzende Bezugnahme auf einen Manteltarifvertrag vereinbarte Anwendung auch der Ausschlußfristen stellt eine derartige außergewöhnliche Bestimmung nicht dar.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.10.1985; Aktenzeichen 11 Ca 285/85)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/M. vom 30. Oktober 1985 – 11 Ca 285/85 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Anwendung eines Tarifvertrages wirksam vereinbart wurde.

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er war seit dem 26.2.1980 bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Die Beklagte läßt neu eingestellte Arbeitnehmer eine sog. Einstellungsvereinbarung unterschreiben. Eine unter dem 26.2.1980 ausgefüllte derartige Einstellungsvereinbarung trägt die Unterschrift des Klägers (Bl. 24 d.A.). Sie ist in deutscher Sprache abgefaßt. In ihr heißt es u. a. (Bl. 24 d.A.): „Für das Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der hess. Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung einschließlich der Zusatzabkommen zwischen beiden Tarifparteien. … Diese Einstellungsvereinbarung wurde zweifach erstellt und ein Exemplar dem Arbeitnehmer ausgehändigt.”

Der Kläger war bereits früher einmal bei der Beklagten beschäftigt, und zwar von 1970 bis 1971. Im Frühjahr 1983 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Kläger erhob am 11. April 1983 Kündigungsschutzklage (10 Ca 129/83 ArbG Frankfurt). Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 27. Mai 1983, sie halte die Kündigung für rechtmäßig; dem Kläger stünden keinerlei Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis zu, so daß diese bereits hiermit ausdrücklich und endgültig sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft abgelehnt würden (Bl. 6 d.A. 10 Ca 129/83 ArbG Frankfurt).

Durch Urteil vom 17. November 1983 befand das angerufene Arbeitsgericht die Kündigung für rechtsunwirksam. Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 1983 zur Aufnahme der Arbeit auf, der Kläger kam dieser Aufforderung am 11. Dezember 1983 nach. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Mit seiner am 7. Juni 1985 erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 25. Februar bis 10. Dezember 1983 in Höhe von 25.440,– DM brutto abzüglich 9.083,05 DM während dieses Zeitraumes gezahlten Arbeitslosengeldes begehrt. Er hat sich zur Begründung auf Annahmeverzug der Beklagten berufen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.356,95 DM nebst 4 % Zinsen seit 14. Juni 1985 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Ablauf der tariflichen Ausschlußfrist berufen. Die Anwendung des Tarifvertrages und damit auch der Ausschlußfristen sei wirksam in der Einstellungsvereinbarung vereinbart worden. Dem Kläger sei im Einstellungsgespräch der Inhalt der Vereinbarung übersetzt worden. Im übrigen habe er jederzeit entsprechende Auskünfte einholen können. Schließlich trage das Sprachrisiko ohnehin der Kläger. Dieser sei im übrigen seit ca. 16 Jahren in Deutschland, so daß von der Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden könne.

Der Kläger hat erwidert, er sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig gewesen. Der Text sei ihm auch nicht bekannt gegeben worden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1985 seinem Prozeßbevollmächtigten in dem Kündigungsschutzverfahren und jetzigen Prozeßbevollmächtigten in der Berufungsinstanz den Streit verkündet (Bl. 39 d.A.), dieser ist dem Streit am 30. Oktober 1985 auf der Seite des Klägers beigetreten (Bl. 41 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 30. Oktober 1985 die Klage abgewiesen. Es hat eventuelle Ansprüche als ausgeschlossen betrachtet kraft der wirksam vereinbarten tariflichen Aus Schluß fristen. Gegen das dem Kläger am 18. Februar 1986 zugestellte Urteil hat er am 18. März 1986 Berufung eingelegt und diese am 18. April 1986 begründet.

Der Kläger trägt vor, ihm sei eine Vereinbarung nicht vorgelegt worden, wonach der Tarifvertrag für gewerbliche Arbeiter zum Gegenstand des Vertrages gemacht worden sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem der Kläger geladen und nicht erschienen war, hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, der Kläger habe ihn dahin informiert, daß er einen schriftlichen Vertrag nicht erhalten habe. Er habe ihm gegenüber auf ...

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