Zusammenfassung

Richtlinien der TdL für den Fall eines Arbeitskampfes (Arbeitskampfrichtlinien der TdL) vom 7. Februar 2006[1]

[1] Fassung gemäß Schreiben der Geschäftsstelle der TdL vom 19. Juni 2023

A Allgemeines

I. Zweck der Richtlinien

Mit diesen Richtlinien sollen den Verwaltungen/Betrieben Hinweise für die Fälle gegeben werden, in denen sie von Arbeitskampfmaßnahmen betroffen sind.

II. Arbeitskampfmaßnahmen und ihre rechtlichen Voraussetzungen

1. Rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahmen

Arbeitskampfmaßnahmen sind kollektive Maßnahmen, die darauf abzielen, eine bestimmte tarifliche Regelung der Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Sie sind mit Arbeitszeitausfall für die sich daran beteiligenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbunden. Gegebenenfalls kann Arbeitszeitausfall auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eintreten, die sich zwar nicht am Arbeitskampf beteiligen, die aber wegen des Arbeitskampfes nicht beschäftigt werden können.

Arbeitskampfmaßnahmen sind rechtmäßig, wenn sie von einer zuständigen Gewerkschaft nach Ablauf der Friedenspflicht und nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel als kollektive Maßnahme mit dem Ziel eingeleitet und durchgeführt werden, das Arbeitsentgelt oder sonstige Arbeitsbedingungen der Mitglieder zu verbessern oder Verschlechterungen zu verhindern. Rechtmäßig sind unter diesen Voraussetzungen auch Arbeitskampfmaßnahmen, die zwar nicht von der Gewerkschaft eingeleitet, von dieser aber nach Beginn übernommen werden.

2. Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen

Arbeitskampfmaßnahmen können vorbehaltlich der Nr. 3 rechtmäßig erst dann eingeleitet werden, wenn alle Verständigungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Eines vorgeschalteten Schlichtungsverfahrens bedarf es nicht. Die zwischen der TdL und den Gewerkschaften ver.di, dbb tarifunion und Marburger Bund geschlossene Schlichtungsvereinbarung vom 30. April 2002 wurde durch die TdL zum 30. September 2010 gekündigt.

3. Arbeitskampfmaßnahmen nach der Durchführung von Verhandlungen

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil v. 21.6.1988, 1 AZR 651/86 = AP Nr. 108 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, ZTR 1988 S. 464) können Arbeitskampfmaßnahmen nach dem Ende der Friedenspflicht und nach Durchführung von Verhandlungen über die erhobenen Forderungen zulässig sein. Die Arbeitskampfmaßnahmen müssen jedoch von der Gewerkschaft getragen werden. Hierfür genügt jede Erklärung der Gewerkschaft, die zur Arbeitsniederlegung führen soll (z. B. Aufruf zu einer Protestkundgebung während der Arbeitszeit). In solchen Fällen liegt in der Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen zugleich die Erklärung, dass die Gewerkschaft die Verständigungsmöglichkeiten für ausgeschöpft hält.

Mit der genannten Entscheidung vom 21. Juni 1988 hat das BAG die frühere Unterscheidung zwischen so genannten "Warnstreiks" und Erzwingungsstreiks aufgegeben. Nunmehr ist jede Arbeitskampfmaßnahme, wie immer die Gewerkschaft sie bezeichnet, als Erzwingungsstreik anzusehen.

4. Rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen

Arbeitskampfmaßnahmen müssen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Zunächst rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahmen können rechtswidrig werden, wenn Art und Umfang der Maßnahmen dazu führen, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die für eine rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahme maßgebend sind.

Sympathie-, Solidaritäts- oder Unterstützungsstreiks zur Durchsetzung der im Hauptarbeitskampf verfolgten Forderungen sind nach neuerer Rechtsprechung des BAG nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil der mit diesem Streik überzogene Arbeitgeber selbst nicht in der Lage ist, die Hauptforderung zu erfüllen. Die Zulässigkeit eines Sympathie-, Solidaritäts- oder Unterstützungsstreiks ist im Einzelfall nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen (vgl. BAG vom 19.6.2007, 1 AZR 396/06 = AP Nr. 173 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Entsprechende Streikmaßnahmen sind rechtswidrig, wenn sie unangemessen sind oder zur Unterstützung der Erreichung des mit dem Hauptarbeitskampf verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich sind. Anhaltspunkte für einen unangemessenen Unterstützungsstreik können neben der Dauer und dem Umfang der Maßnahmen z. B. auch die Rechtmäßigkeit des Hauptarbeitskampfes oder auch die Neutralität des betroffenen Arbeitgebers sowie dessen Nähe und Bezug zum Hauptarbeitskampf sein.

Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme, sollte zur Klärung dieser Frage, weil sie für die Rechtsfolgen und die zu treffenden Abwehrmaßnahmen von Bedeutung ist, Verbindung mit der vorgesetzten Behörde aufgenommen werden.

Mit dem Urteil vom 26.7.2016, 1 AZR 160/14 - hatte das BAG die Rechtswidrigkeit eines Streiks der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) festgestellt und auf Schadensersatzanspruch für die Betreibergesellschaft des Flughafens erkannt. Das Kampfziel des Streiks war zum Teil auf die Durchsetzung von Forderungen gerichtet, die noch nicht kündbar waren und die damit der tarifvertraglichen Friedenspflicht unterlagen. Das Gericht hat nicht zwischen Haupt- und Nebenforderungen der streikenden Gewerkschaft unterschieden, wie dies bislang von einem Teil der Literatur geschehen ist. Nach Auffassung des BAG war der Streik als einheitliche und un...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge