Gesetzliche Gleichstellungsverpflichtungen gibt es im deutschen Arbeitsrecht aktuell lediglich für den öffentlichen Dienst, auf freiwilliger Basis auch in einigen privaten Unternehmen.[1] Für die Länderverwaltungen regeln dies verschiedene Frauenförder-, Gleichstellungs- und Gleichberechtigungsgesetze der Länder, für die Bundesbehörden das BGleiG (siehe Das Bundesgesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern). In diesem Zusammenhang sind mit den Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten Stellen der "institutionellen Verankerung" betrieblicher Gleichstellungspolitik entstanden, die die Gleichstellung von Männern und Frauen vorantreiben sollen.

Die entsprechenden Gesetze haben zum Ziel, auf allen Hierarchieebenen einen gleichmäßigen Anteil der Geschlechter unter den Beschäftigten zu erreichen ("Beseitigung bestehender Unterrepräsentanzen"). Dementsprechend konzentrieren sich die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten auf die Beteiligung an Personalentscheidungen und Entscheidungen über die Arbeitsbedingungen, insbesondere was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht. In diesem Zusammenhang werden häufig auch Aufgaben der Bekämpfung von Diskriminierung vorgesehen. In aller Regel sind diese Gleichstellungskonzepte mit Regelungen verbunden, nach denen Frauen bei Personalentscheidungen unter bestimmten Voraussetzungen zu bevorzugen sind (qualifikations-abhängige Entscheidungsquoten).

In der Praxis knüpfen die Gleichstellungsmaßnahmen, die bislang in Deutschland unter dem Begriff "Frauenförderung" firmieren, überwiegend an ganz bestimmten Entscheidungen, insbesondere Personalentscheidungen an, wo auch die rechtlichen Handlungsinstrumente am stärksten sind. Die "Querschnittsaufgabe" trat in den Hintergrund. Gleichstellung bedeutet in der Praxis ein eher reaktives Konzept. Vernachlässigt wird dabei nicht nur der konkrete Entscheidungsfindungsprozess. In den Hintergrund tritt so auch die Tatsache, dass einzelne Personalentscheidungen an Strukturentscheidungen anknüpfen, die bereits früher und zum Teil an anderer Stelle getroffen wurden. Das strukturelle Problem der gesellschaftlichen und betrieblichen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern wird damit in einer einzigen Personalentscheidung individualisiert, und "Frauenförderung" tritt den Handelnden als externer Rechtszwang gegenüber, der ihnen kaum Handlungsansätze und wenig Handlungsspielräume lässt. Diese Form der Gleichstellungspolitik wird dementsprechend in der betrieblichen Praxis häufig lediglich als "Karriereförderung" wahrgenommen, die nur solche Frauen unterstützen könne, die das gesellschaftliche Modell der "männlichen" Lebensweise gewählt haben.

Die Verpflichtung zur Erarbeitung so genannter "Frauenförder- oder Gleichstellungspläne", die zahlreiche der Ländergesetze enthalten und der auch das BGleiG besonderes Gewicht verleiht, hat diese Orientierung in der Praxis nicht aufheben können. Sie weist aber durchaus schon Elemente von Prozessorientierung auf, indem sie zum Beispiel eine Benennung gleichstellungspolitischer Ziele und einzelner Maßnahmen zur Umsetzung verlangt, wenn auch lediglich mit dem Blick auf die Beschäftigtenstruktur. Um diese Konzepte ist es nun nicht nur deshalb ruhiger geworden[2], weil die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Bevorzugungsregelungen für die Praxis im Wesentlichen geklärt erscheint (näher unter Das Bundesgesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern). Vielmehr ist auch das Gleichstellungskonzept, das hinter diesen Gesetzen und Regelungen steht, mittlerweile auf breiter Ebene durch ein neues Konzept ergänzt worden, das "Gender Mainstreaming", das Gleichstellung wieder als Querschnittsaufgabe sieht.

[1] Zu rechtspolitischen Bestrebungen für ein Gleichstellungsgesetz, das die Privatwirtschaft verpflichten soll, siehe Pfarr, RdA 2002, 120 ff.
[2] Die gesetzgeberischen Bestrebungen für ein bundesweit geltendes Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft (vgl. Pfarr, RdA 2002, 120 ff.) sind eingestellt worden.

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