Ebenso wie seitens der Verfassung (Art. 9 Abs. 3 GG) den Arbeitnehmern das Recht zum Streik eingeräumt wird, haben auch die Arbeitgeber das Recht, auf einen Streik zu reagieren bzw. selbst als Tarifvertragspartei einen Arbeitskampf einzuleiten, z. B. durch eine Angriffsaussperrung. Für den Arbeitskampf steht auf Arbeitgeberseite im Wesentlichen die Aussperrung und die suspendierende Stilllegung zur Verfügung.

Im Bereich des öffentlichen Dienstes sind die Arbeitskampfrichtlinien, nach denen sich die Arbeitgeber im Falle eines Arbeitskampfes unbedingt richten sollten, zu beachten. Die Arbeitskampfrichtlinien der VKA vom 13.05.1996[1] und der TdL vom 22.05.1996 sowie die Hinweise des Bundes für den Fall eines Arbeitskampfes vom Mai 1996 sind nahezu wortgleich.[2] Die Arbeitskampfrichtlinien geben die Rechtsprechung zum Streikrecht wieder, zudem sind die Erfahrungen aus vorangegangenen Arbeitskämpfen eingearbeitet. Sie enthalten u. a. eine Checkliste, einen Textvorschlag für ein Rundschreiben (Mitarbeiterbrief), Muster für Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie Muster für die Vereinbarung von Notdienstmaßnahmen.

[1] Abgedruckt: Clemens/Scheuring, Kommentar zum BAT, Anhang zu § 8 – Allgemeine Pflichten.
[2] Abgedruckt: Böhm/Spiertz, Teil VII, 1.3.

3.6.1 Aussperrung

Aussperrung bezeichnet die von seiten der Arbeitgeber planmäßig vorgenommene Arbeitsausschließung mehrerer Arbeitnehmer unter Verweigerung der Lohnfortzahlung zur Erreichung eines bestimmten Ziels, welches regelmäßig darin liegt, einen Streik durch Erhöhung des wirtschaftlichen Drucks auf die Gegenseite abzukürzen.[1]

Durch eine Aussperrung werden ebenso wie im Falle eines Streiks die Hauptleistungspflichten suspendiert, d. h. der Beschäftigungs- und der Vergütungsanspruch ruhen für diese Zeit. Dies gilt auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.[2] Die obigen Ausführungen zu den Folgen eines Streiks gelten für die Aussperrung entsprechend.

Eine Aussperrung im öffentlichen Dienst ist unüblich. Dies ergibt sich auch aus der besonderen Rücksicht der Arbeitgeber für die vom Arbeitskampf in erster Linie betroffenen Bürger.

 
Praxis-Tipp

Die Aussperrungserklärung muss nicht dem einzelnen Arbeitnehmer zugestellt werden, es genügt, wenn sie der Streikleitung zugeht. Sie ist an keine Frist gebunden.

Die Erklärung der Aussperrung muss eindeutig sein.[3]

Aussperrungen dürfen bei Auseinandersetzungen um Verbandstarifverträge allerdings nicht von einzelnen Arbeitgebern verhängt werden, ohne dass ein entsprechender Verbandsbeschluss vorliegt. Der Arbeitgeber muss daher stets die Entscheidung seines Verbandes abwarten. Die Gegenseite muss über den Inhalt diese Beschlusses informiert werden, damit sie erkennen kann, ob es sich um eine rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahme handelt.[4]

Auch sog. Warnstreiks dürfen mit Aussperrungen beantwortet werden.[5]

[1] Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 192 III 1.

3.6.1.1 Wirkungen der Aussperrung

Die Rechtmäßigkeit einer Aussperrung ist vom Bundesarbeitsgericht seit der Grundsatzentscheidung vom 28.01.1955[1] nicht mehr in Frage gestellt worden. Es handelt sich hierbei um einen eigenständigen Lösungsakt und es liegt im Ermessen des Unternehmers, ob er nach dem Ende des Arbeitskampfs die mit lösender Wirkung ausgesperrten Arbeitnehmer wieder einstellen will. Seine Ermessensfreiheit darf er nicht offensichtlich missbrauchen.[2] Bei Beendigung eines Arbeitskampfes klären die streikbeteiligten Parteien diese Frage regelmäßig durch eine Wiedereinstellungsklausel gesondert. Mitglieder des Personal- bzw. Betriebsrats können jedoch nur mit suspendierender Wirkung ausgesperrt werden.[3]

Spätere Entscheidungen, namentlich eine grundlegende des Bundesverfassungsgerichts, unterstellen dem Schutz der Koalitionsfreiheit ausdrücklich "Aussperrungen mit suspendierender Wirkung, die in Abwehr von Teil- und Schwerpunktstreiks der Herstellung der Verhandlungsparität dienen".[4] Erst wenn sich der Arbeitskampf, etwa durch längere Dauer und durch die Vernichtung von Arbeitsplätzen wegen schwerer Auftragsverluste verschärft, soll es dem Arbeitgeber freistehen, zur lösenden Aussperrung überzugehen.

Arbeitgeber dürfen nicht gezielt nur Gewerkschaftsmitglieder aussperren und nicht organisierte Arbeitnehmer von der Aussperrung verschonen, dies verletzt die positive Koalitionsfreiheit und ist gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG rechtswidrig.[5]

Es ist grundsätzlich zulässig, nur die streikenden Arbeitnehmer auszusperren. Dies ist keine sog. Selektivaussperrung, da nicht gezielt nur die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer ausgesperrt bleiben. Auch stellt die Aussperrung nur der Streikenden keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Maßregelungsverbot aus § 612 a BGB dar. Ferner liegt in der Aussperrung nur der streikenden Arbeitnehm...

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