Entscheidungsstichwort (Thema)

ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: CONSEIL D'ETAT – GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG. WIRTSCHAFTSPRUEFER – ERFORDERNIS EINER BERUFLICHEN NIEDERLASSUNG IN EINEM MITGLIEDSTAAT. 1. Freizuegigkeit – Niederlassungsfreiheit – Mehrere Stätten für die Ausübung einer Tätigkeit im Gebiet der Gemeinschaft – Wirtschaftsprüfer (EWG-Vertrag, Artikel 52). 2. Freizuegigkeit – Dienstleistungsfreiheit – Arbeitnehmer – Wirtschaftsprüfer – Zugang zum Beruf – Beschränkungen, die durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind – Zulässigkeit – Voraussetzungen (EWG-Vertrag, Artikel 48 und 59)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach den Vorschriften des EWG-Vertrags über das Niederlassungsrecht ist es einem Mitgliedstaat verwehrt, einer Person deshalb zu verbieten, sich in seinem Hoheitsgebiet niederzulassen und dort den Beruf des Wirtschaftsprüfers auszuüben, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat als Wirtschaftsprüfer niedergelassen und zugelassen ist.

2. Es verstösst nicht gegen die Artikel 48 und 59 EWG-Vertrag, wenn ein Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung des Berufs des Wirtschaftsprüfers durch eine Person, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat zur Ausübung dieses Berufs zugelassen ist, von Voraussetzungen abhängig macht, die sachlich geboten sind, um die Einhaltung der Berufsregelungen zu gewährleisten, und die das ständige Vorhandensein der für die Ausführung der Arbeiten erforderlichen Einrichtungen, die tatsächliche Anwesenheit in diesem Mitgliedstaat und die Überwachung der Einhaltung der Standesregeln betreffen, sofern die Einhaltung dieser Regelungen und Voraussetzungen nicht bereits durch eine in diesem Mitgliedstaat niedergelassene natürliche oder juristische Person gewährleistet ist, die als Wirtschaftsprüfer zugelassen ist und in deren Dienst derjenige, der den Beruf des Wirtschaftsprüfers ausüben möchte, für die Dauer der Arbeiten steht.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 52, 48, 59

 

Beteiligte

Claus Ramrath

Ministre de la Justice

l'Institut des réviseurs d'entreprises

 

Tenor

1) Nach den Vorschriften des EWG-Vertrags über das Niederlassungsrecht ist es einem Mitgliedstaat verwehrt, einer Person deshalb zu verbieten, sich in seinem Hoheitsgebiet niederzulassen und dort den Beruf des Wirtschaftsprüfers auszuüben, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat als Wirtschaftsprüfer niedergelassen und zugelassen ist.

2) Es verstösst nicht gegen die Artikel 48 und 59 EWG-Vertrag, wenn ein Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung des Berufs des Wirtschaftsprüfers durch eine Person, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat zur Ausübung dieses Berufs zugelassen ist, von Voraussetzungen abhängig macht, die sachlich geboten sind, um die Einhaltung der Berufsregelungen zu gewährleisten, und die das ständige Vorhandensein der für die Ausführung der Arbeiten erforderlichen Einrichtungen, die tatsächliche Anwesenheit in diesem Mitgliedstaat und die Überwachung der Einhaltung der Standesregeln betreffen, sofern die Einhaltung dieser Regelungen und Voraussetzungen nicht bereits durch eine in diesem Mitgliedstaat niedergelassene natürliche oder juristische Person gewährleistet ist, die als Wirtschaftsprüfer zugelassen ist und in deren Dienst derjenige, der den Beruf des Wirtschaftsprüfers ausüben möchte, für die Dauer der Arbeiten steht.

 

Gründe

1 Der luxemburgische Conseil d' État hat mit Urteil vom 12. März 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 3. April 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Vorschriften des EWG-Vertrags über die Freizuegigkeit zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Claus Ramrath (Kläger) und dem luxemburgischen Ministre de la Justice (Beklagter), zu dem das Institut des réviseurs d' entreprises beigeladen ist.

3 Der Rechtsstreit betrifft den vom Beklagten 1989 angeordneten Entzug der Zulassung des Klägers als Wirtschaftsprüfer.

4 Der Beruf des Wirtschaftsprüfers ist in Luxemburg durch Gesetz vom 28. Juni 1984 (veröffentlicht im Mémorial 1984, S. 1346) geregelt. Artikel 3 dieses Gesetzes bestimmt:

„Die Pflichtprüfung der in Artikel 1 genannten Unterlagen darf nur von Personen durchgeführt werden, die vom Minister der Justiz zugelassen sind.

(1) Natürliche Personen müssen für die Zulassung folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. Sie müssen Angehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft … sein;
  2. sie müssen den Nachweis der fachlichen Eignung und der beruflichen Ehrenhaftigkeit erbringen …
  3. sie müssen in Luxemburg eine berufliche Niederlassung haben.

(2) Juristische Personen müssen für die Zulassung die in Nr. 1 Buchstaben a und c genannten sowie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Die natürlichen Personen, die die Pflichtprüfung der in Artikel 1 genannten Unterlagen im Namen der juristischen Person durchführen, müssen die in Nr. 1 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen und ermächtigt sein, die juristische Person zu verpflichten;

(3) Der Minister der Justiz entzieht den Personen die Zulassung, die eine der vorstehe...

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