Entscheidungsstichwort (Thema)

Niederlassungsfreiheit. Freier Dienstleistungsverkehr. Tätigkeit des Erstellens und Druckens von Lohnzetteln. Verpflichtungen bezüglich Beschäftigung, Vorsorge und Sozialversicherung von Arbeitnehmern

 

Normenkette

EGVtr Art. 43; EGV Art. 49

 

Beteiligte

Payroll Data Services u.a

Payroll Data Services (Italy) Srl

ADP Europe SA

ADP GSI SA

 

Verfahrensgang

Corte d' Appello Milano (Italien)

 

Tenor

Artikel 43 EG ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, die externe Datenverarbeitungszentren mit der Erstellung und dem Druck ihrer Lohnzettel betrauen möchten, nur solche Zentren in Anspruch nehmen können, die ausschließlich von Personen, die in diesem Mitgliedstaat in die Listen bestimmter Berufsstände eingetragen sind, errichtet wurden und aus solchen Personen bestehen, wenn nach diesen Rechtsvorschriften Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten externe Datenverarbeitungszentren mit derartigen Tätigkeiten betrauen können, sofern nur diese Zentren sich von einer oder mehreren solchen Personen unterstützen lassen.

 

Gründe

Die Corte d'appello Mailand hat mit Beschluss vom 29. Januar 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Februar 2001, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung der Artikel 43 EG und 49 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Diese Frage stellt sich in einem Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Tribunale Mailand, mit dem dieses die Genehmigung einer Änderung der Satzung der Payroll Data Services (Italy) Srl (im Folgenden: Payroll) abgelehnt hat.

Nationaler rechtlicher Rahmen

Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 12 vom 11. Januar 1979 zur Regelung des Berufes des Arbeitsberaters (Norme per l'ordinamento della professione di consulente del lavoro, GURI Nr. 20 vom 20. Januar 1979, S. 363, im Folgenden: Gesetz Nr. 12/1979) bestimmt:

„ Alle Verpflichtungen bezüglich Beschäftigung, Vorsorge und Sozialversicherung von Arbeitnehmern dürfen, wenn sie nicht vom Arbeitgeber unmittelbar oder über seine Arbeitnehmer erfüllt werden, nur von denjenigen übernommen werden, die entweder in der Liste der Arbeitsberater oder aber in der Liste der Rechtsanwälte, der Diplomkaufleute, der Buch- und der Wirtschaftsprüfer eingetragen sind, die in diesem Fall ihre Tätigkeit dem Arbeitsinspektor der Provinz anzeigen müssen, in der sie die genannten Verpflichtungen erfüllen wollen.?

Mit Artikel 58 Absatz 16 des Gesetzes Nr. 144 vom 17. Mai 1999 wurde Artikel 1 des Gesetzes Nr. 12/1979 folgende Bestimmung angefügt:

„ … Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, die sich für solche Tätigkeiten nicht eigener interner Strukturen bedienen, können diese auch eigens dazu errichteten oder externen Datenverarbeitungszentren übertragen, die jedoch von mindestens einer der in Absatz 1 bezeichneten Personen betreut werden müssen.

…?

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Payroll ist eine Gesellschaft italienischen Rechts, die am 29. Juli 1999 von zwei französischen Gesellschaften, der ADP Europe SA und der ADP GSI SA, die das gesamte Gesellschaftskapital halten, gegründet wurde. Diese Unternehmen bieten EDV-Dienstleistungen für die Berechnung von Arbeitsentgelten sowie die Erstellung und den Druck von Lohnzetteln an.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 1999 änderte die außerordentliche Gesellschafterversammlung von Payroll den in Artikel 4 ihrer Satzung niedergelegten Gesellschaftszweck wie folgt:

„ Zweck der Gesellschaft ist die Berechnung und der Druck im Zusammenhang mit den Verpflichtungen bezüglich Beschäftigung, Vorsorge und Sozialversicherung von Arbeitnehmern für Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. ?

Mit Beschluss vom 16. Oktober 2000 lehnte das Tribunale Mailand die Genehmigung dieses Beschlusses der außerordentlichen Gesellschafterversammlung von Payroll ab. Das Gericht begründete seinen Beschluss damit, dass die Satzungsänderung in Bezug auf den Zweck von Payroll gegen Artikel 1 des Gesetzes Nr. 12/1979 in der Fassung des Artikels 58 Absatz 16 des Gesetzes Nr. 144/1999 (im Folgenden: streitige Bestimmung) verstoßen könne.

Payroll, die ADP Europe SA und die ADP GSI SA (im Folgenden: Payroll u. a.) beantragten bei der Corte d'appello Mailand die Aufhebung dieses Beschlusses des Tribunale Mailand, weil die streitige Bestimmung aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit den sich aus den Artikeln 43 EG und 49 EG ergebenden Grundsätzen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nicht angewandt werden dürfe. Ihrer Auffassung nach dient die streitige Bestimmung allein dazu, die in eine berufsständische Liste eingetragenen Personen vor Konkurrenz zu schützen, ohne dass ein im Allgemeininteresse liegender Grund dies gebiete.

Da die Corte d'appello Mailand also der Ansicht ist, dass der Ausgang des bei ihr anhängigen Verfahrens von der Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften abhänge, hat sie dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Zur Vorlagefrage

Es ist davon auszugehen, dass da...

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