Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung der Gewährung von Waisenrenten. Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Zuständigkeitswechsel für einen Anspruch auf Waisenrente nach dem Auslaufen der vom Wohnstaat gezahlten Familienleistungen. Folgen der in den Mitgliedstaaten bestehenden unterschiedlichen Altersgrenzen für einen Anspruch auf Waisenrente. Dauer des Anspruchs auf Waisenrente nach dem Tod eines Arbeitnehmers, der in verschiedenen Mitgliedstaaten Versicherungszeiten zurückgelegt hat. Verlust von Vergünstigungen der sozialen Sicherheit aufgrund des Unanwendbarwerdens eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens infolge des Inkrafttretens der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71

 

Normenkette

EGVtr Art. 234; EWGV 1408/71 des Rates Art. 6, 78; EWGV 2001/83 des Rates; EGV Art. 48, 51

 

Beteiligte

Gómez Rodríguez

Manuela Gómez Rodríguez

Gregorio Gómez Rodríguez

Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz

 

Verfahrensgang

BSG

 

Tenor

1.

Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, daß Ziffer ii dieser Vorschrift nicht anwendbar wird, wenn ein Anspruch auf eine Waisenrente, der zunächst aufgrund von Ziffer i im Wohnmitgliedstaat des Empfängers bestand, wegen Erreichung einer Altersgrenze weggefallen ist, während in einem anderen Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften für den Versicherten ebenfalls gegolten haben, bei Anwendung der Zusammenrechnungsregel des Artikels 79 der Verordnung auch über diesem Zeitpunkt hinaus ein Anspruch auf eine Waisenrente bestünde.

2.

Die Artikel 48 und 51 des Vertrages lassen es nicht zu, daß Arbeitnehmer Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlieren, weil ein bilaterales Abkommen über soziale Sicherheit infolge des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1408/71 unanwendbar geworden ist. Dieser Grundsatz kann jedoch insoweit nicht gelten, als bei der ersten Feststellung der Leistungen aufgrund der Verordnung bereits ein Vergleich der sich jeweils aus dieser und aus dem Abkommen ergebenden Vergünstigungen mit dem Ergebnis vorgenommen worden ist, daß die Anwendung der Verordnung günstiger ist als das Vertragsrecht.

 

Gründe

1.

Das Bundessozialgericht hat mit Beschluß vom 8. Februar 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 5. April 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 6 und 78 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6; im folgenden: Verordnung) geänderten und aktualisierten Fassung sowie der Artikel 48 und 51 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Manuela Gómez Rodríguez und Gregorio Gómez Rodríguez (Kläger des Ausgangsverfahrens) und der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz (Beklagte des Ausgangsverfahrens) über die Gewährung von Waisenrenten.

3.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens wohnen in Spanien. Ihr Vater, der spanischer Staatsangehöriger war, war als Arbeitnehmer 56 Monate in Deutschland und 80 Monate in Spanien versichert gewesen. Im Februar 1985 starb er in Spanien, ohne eine Rente bezogen zu haben.

4.

Mit Bescheiden vom 23. August 1988 gewährte die Beklagte des Ausgangsverfahrens den Klägern für die Zeit vom 7. Februar bis zum 31. Dezember 1985 jeweils Halbwaisenrente auf der Grundlage der Bestimmungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spanien über soziale Sicherheit vom 4. Dezember 1973 (BGBl. II 1977, S. 687) in der Fassung des Ergänzungsabkommens vom 17. Dezember 1975 (BGBl. II 1977, S. 722). Außerdem teilte die Beklagte ihnen mit, daß der spanische Versicherungsträger ab 1. Januar 1986, dem Tag des Beitritts des Königreichs Spanien zu den Europäischen Gemeinschaften, insbesondere gemäß Artikel 78 Absatz 2 der Verordnung, allein zuständig geworden sei.

5.

Diese Vorschrift sieht folgendes vor:

”Die Leistungen für Waisen werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Waisen oder die natürliche oder juristische Person, die ihren Unterhalt bestreitet, wohnen, wie folgt gewährt:

  1. für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats gegolten haben, gemäß den Rechtsvorschriften dieses Staates;
  2. für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben,

    i)nach den Rechtsvorschriften de...

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