Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de Primera Instancia n. 10 de Sevilla – Spanien. Unmittelbare Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien – Richtlinie 87/102/EWG des Rates über den Verbraucherkredit. 1. Handlungen der Organe ° Richtlinien ° Unmittelbare Wirkung ° Grenzen ° Möglichkeit, sich gegenüber einem einzelnen auf eine Richtlinie zu berufen ° Ausschluß (EG-Vertrag, Artikel 189 Absatz 3). 2. Rechtsangleichung ° Verbraucherschutz auf dem Gebiet des Verbraucherkredits ° Richtlinie 87/102 ° Möglichkeit, bei unterbliebenen Umsetzungsmaßnahmen aus der Richtlinie die Berechtigung abzuleiten, Rechte gegen einen privaten Kreditgeber geltend zu machen ° Ausschluß ° Zuständigkeit der Gemeinschaft aus Artikel 129a ° Unbeachtlich (EG-Vertrag, Artikel 129a und 189 Absatz 3; Richtlinie 87/102 des Rates, Artikel 11). 3. Gemeinschaftsrecht ° Dem einzelnen verliehene Rechte ° Verstoß eines Mitgliedstaats gegen die Verpflichtung zur Umsetzung einer Richtlinie ° Pflicht zum Ersatz des dem einzelnen entstandenen Schadens ° Voraussetzungen (EG-Vertrag, Artikel 189 Absatz 3)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Möglichkeit, gegenüber den staatlichen Stellen Richtlinien in Anspruch zu nehmen, beruht auf dem verbindlichen Charakter der Richtlinien, der nur gegenüber den Mitgliedstaaten besteht, an die sie gerichtet sind; sie soll verhindern, daß ein Staat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen ziehen kann. Bei einer Ausdehnung dieses Grundsatzes auf den Bereich der Beziehungen zwischen einzelnen würde der Gemeinschaft die Befugnis zuerkannt, mit unmittelbarer Wirkung Verpflichtungen zu Lasten einzelner zu schaffen, obwohl sie dazu ausschließlich in den Fällen berechtigt ist, in denen sie die Befugnis zum Erlaß von Verordnungen oder Entscheidungen besitzt.

Folglich kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen einzelnen begründen, so daß ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist.

2. In Ermangelung von Umsetzungsmaßnahmen innerhalb der in der Richtlinie 87/102 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vorgeschriebenen Fristen kann ein Verbraucher selbst in Anbetracht von Artikel 129a des Vertrages auf die Richtlinie als solche keine Berechtigung stützen, wegen Mängeln bei der Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch den Lieferanten oder den Dienstleistenden, mit dem ein privater Kreditgeber eine Vereinbarung über die ausschließliche Gewährung von Krediten getroffen hat, Rechte gegen diesen Kreditgeber geltend zu machen, und kann sich auf eine derartige Berechtigung nicht vor einem nationalen Gericht berufen.

Artikel 129a hat nämlich eine begrenzte Tragweite. Er spricht zum einen die Verpflichtung der Gemeinschaft aus, einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus zu leisten. Zum anderen schafft er eine Gemeinschaftszuständigkeit für spezifische Aktionen im Zusammenhang mit der Verbraucherschutzpolitik, die über die im Rahmen des Binnenmarktes getroffenen Maßnahmen hinausgehen. Da sich dieser Artikel darauf beschränkt, der Gemeinschaft ein Ziel zu setzen und ihr hierfür Befugnisse einzuräumen, ohne daneben eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten oder einzelner aufzustellen, kann er es nicht rechtfertigen, daß klare, genaue und unbedingte Bestimmungen von Richtlinien über den Verbraucherschutz, die nicht fristgerecht umgesetzt worden sind, unmittelbar zwischen einzelnen in Anspruch genommen werden.

3. Falls das nach einer Richtlinie vorgeschriebene Ergebnis nicht durch Auslegung erreicht werden kann, verpflichtet das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden, die sie dem einzelnen durch die mangelnde Umsetzung der Richtlinie verursacht haben, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind. Zunächst muß die Richtlinie die Verleihung von Rechten an einzelne bezwecken. Ferner muß der Inhalt dieser Rechte auf der Grundlage der Bestimmungen der Richtlinie ermittelt werden können. Schließlich muß zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem eingetretenen Schaden ein Kausalzusammenhang bestehen.

 

Normenkette

EGVtr Art. 189 Abs. 3, Art. 129a (jetzt Art. 153 EG); EWGRL 102/87 Art. 11

 

Beteiligte

El Corte Inglés SA

Cristina Blázquez Rivero

 

Tenor

Der Verbraucher kann in Ermangelung fristgerechter Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit selbst in Anbetracht von Artikel 129a EG-Vertrag auf die Richtlinie als solche keine Berechtigung stützen, wegen Mängeln bei der Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch den Lieferanten oder den Dienstleistenden, mit dem ein privater Kreditgeber eine Vereinbarung über die ausschließliche Gewährung von Krediten getroffen hat, Rechte gegen diesen Kreditgeber geltend zu machen, und kann sich auf eine derartige Berechtigung...

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