Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Gewährung von Kindergeld für ein in einem anderen Mitgliedstaat lebendes, unterhaltsberechtigtes Kind. Wohnsitzerfordernis des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG). Anspruch auf Kindergeld aus Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 als Ruhestandsbeamter. Polizeibeamter im Ruhestand als „Beamter” im Sinne des Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Anspruch auf Kindergeld trotz Abwanderns des unterhaltsberechtigten Kindes mit dem früheren Ehegatten innerhalb der Gemeinschaft

 

Normenkette

EGVtr Art. 234; EWGV 1408/71 des Rates Art. 2 Abs. 3, Art. 73, 77; EWGV 2001/83 des Rates; EWGV 3427/89 des Rates; EWGV 1247/92 des Rates

 

Beteiligte

Kulzer

Hilmar Kulzer

Freistaat Bayern

 

Verfahrensgang

BSG

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.06.1998; Aktenzeichen B 14 KG 2/98 R)

 

Tenor

1.

Artikel 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung, erneut geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 3427/89 des Rates vom 30. Oktober 1989 und die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992, in Verbindung mit Anhang I Teil I C der Verordnung ist im Hinblick auf die Gewährung von Kindergeld nach den deutschen Rechtsvorschriften dahin auszulegen, daß er nicht für eine Person gilt, die die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzt und nach den Rechtsvorschriften dieses Staates als Beamter im Ruhestand eine Altersversorgung erhält, wenn diese Person nur in dem Mitgliedstaat, dem sie angehört, gearbeitet hat und ihr unterhaltsberechtigtes Kind mit ihrem früheren Ehegatten innerhalb der Gemeinschaft zu- oder abgewandert ist.

2.

Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 in der geänderten Fassung ist dahin auszulegen, daß er nicht die Situation einer Person erfaßt, der nur Versorgungsbezüge nach einem Sondersystem für Beamte und ihnen Gleichgestellte zustehen.

 

Gründe

1.

Das Bundessozialgericht hat mit Beschluß vom 30. April 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juni 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 2 Absatz 3, 73 und 77 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung, erneut geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 3427/89 des Rates vom 30. Oktober 1989 (ABl. L 331, S. 1) und die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 1) (im folgenden: Verordnung), zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Kulzer und dem Freistaat Bayern über die Gewährung von Kindergeld für sein unterhaltsberechtigtes Kind.

Gemeinschaftsrecht

3.

Die vierte und die fünfte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1408/71 lauten in der ursprünglichen Fassung (ABl. 1971, L 149, S. 2) wie folgt:

”Wegen der zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in bezug auf den persönlichen Geltungsbereich bestehenden großen Unterschiede ist es besser, grundsätzlich davon auszugehen, daß die Verordnung für alle Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten gilt, die im Rahmen der für Arbeitnehmer geschaffenen Systeme der sozialen Sicherheit versichert sind.

Die Vorschriften über die Koordinierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die soziale Sicherheit fügen sich in den Rahmen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Staatsangehörige der Mitgliedstaaten sind, ein und sollen dementsprechend zur Verbesserung der Lebenshaltung und der Beschäftigungsbedingungen dieser Arbeitnehmer beitragen; sie sollen innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen, daß alle Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gleich behandelt werden und die Arbeitnehmer und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen unabhängig von ihrem Arbeits- oder Wohnort in den Genuß der Leistungen der sozialen Sicherheit kommen.”

4.

Artikel 1 Buchstabe a der Verordnung enthält für die Anwendung der Verordnung folgende Begriffsdefinition:

”a)

‚Arbeitnehmer’ oder ‚Selbständiger’: jede Person,

i)

die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige erfaßt werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist;

ii)

die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit...

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