LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.11.2018, 7 Sa 963/18

Nach verfassungskonformer Auslegung des Berliner Neutralitätsgesetzes ist für ein allgemeines Verbot religiöser Symbole wie dem Kopftuch eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität erforderlich. Die Ablehnung einer Bewerberin wegen Tragens eines muslimischen Kopftuches ohne das Vorliegen einer solchen Gefahr stellt einen Verstoß gegen das AGG dar und begründet einen Entschädigungsanspruch.

Sachverhalt

Die Klägerin des vorliegenden Falles hatte sich erfolglos auf eine Stelle als Lehrerin an einer Berliner Schule beworben. Sie klagte nun auf Entschädigung nach dem AGG. Sie begründete dies damit, dass sie von dem beklagten Land deswegen nicht als Lehrerin eingestellt worden sei, weil sie ein muslimisches Kopftuch trage. Das beklagte Land berief sich auf das Berliner Neutralitätsgesetz, wonach religiöse oder weltanschauliche Symbole in öffentlichen Schulen – mit Ausnahme von beruflichen Schulen – von Lehrkräften nicht getragen werden dürften.

Die Entscheidung

Während die Klage vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg hatte, da nach dessen Ansicht das beklagte Land aufgrund des Neutralitätsgesetzes, welches auch verfassungsgemäß sei (s. hierzu LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.2.2017, 14 Sa 1038/16), die Klägerin nicht einstellen musste, gab das LAG der Klage statt.

Nach Auffassung des Gerichts wurde die Klägerin nach dem AGG benachteiligt, da sich das Land zur Ablehnung der Klägerin nicht mit Erfolg auf das Neutralitätsgesetz (Gesetz zu Art. 29 der Verfassung von Berlin vom 27.1.2005, GVBl. 2005, 92) berufen konnte; denn, bei der Auslegung dieses Gesetzes sei das Gericht an die einschlägige Entscheidung des BVerfG vom 27.1.2015 (1 BvR 471/10, 1 BvR1181/10) gebunden, wonach für ein gesetzliches allgemeines Verbot religiöser Symbole wie dem Kopftuch eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität erforderlich sei. Dies könne hier jedoch nicht festgestellt werden.

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