Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung von Verhalten
oder Leistungen der Arbeitnehmer (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)

Diese Vorschrift ist die Schlüsselbestimmung für die Einführung und Anwendung von Personalinformationssystemen und anderen EDV-gestützten Systemen zur arbeitnehmerbezogenen Datenverarbeitung. Schutzzweck dieses Mitbestimmungsrechts ist es, den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers mittels technischer Kontrolleinrichtungen nur nach Mitbestimmung des Betriebsrats zuzulassen. Von diesem Schutzzweck ausgehend hat das Bundesarbeitsgericht in einer Reihe von Entscheidungen das Mitbestimmungsrecht äußerst extensiv ausgelegt. Begonnen hat diese Rechtsprechung u. a. bereits 1975 mit der "Produktographen-Entscheidung".[1] Danach genügt es, wenn das System auf technischem Weg zur Gewinnung und Aufzeichnung von Informationen über das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer durch vorhandene und verwendete Programme objektiv bestimmt ist und eine Auswertung der Arbeitnehmerdaten unmittelbar und aktuell möglich ist. Nicht erforderlich ist, dass eine Überwachung erfolgt oder dass mit der Informationsverarbeitung eine Überwachungsabsicht verbunden ist. Auch muss ein erhobenes personenbezogenes Datum nicht zwingend einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden können. Nach der "Kienzle-Schreiber-Entscheidung"[2] genügt es, dass das Datum einer überschaubaren Gruppe zugeordnet werden kann und der damit verbundene Überwachungsdruck auf den einzelnen Mitarbeiter durchschlägt. Diese Rechtsprechung ist mit der "Bildschirmentscheidung"[3] der "Techniker-Berichtssystementscheidung"[4] der "TÜV-Prüfbelegeentscheidung"[5] der "Textsystem-Entscheidung"[6] und der "PAISY-Entscheidung"[7] unter kontinuierlicher Erweiterung des Mitbestimmungsrechtes fortgesetzt werden.

Die Situation, wie sie sich im einzelnen auf der Grundlage dieser Rechtsprechung darstellt, wird in den folgenden Unterpunkten näher erläutert.

2.3.5.1 Erfordernis einer technischen Einrichtung

Der Begriff der "technischen Einrichtung" ist weit zu fassen. Hierunter fallen alle optischen, akustischen, mechanischen und auch elektronischen Geräte wie z. B. EDV-Anlagen. Allerdings besteht kein Mitbestimmungsrecht bezüglich der vom Arbeitgeber eingesetzten Hardware (Bildschirm/Terminals und Rechner bzw. Computer), da erst ein wie auch immer geartetes Programm die Hardware geeignet machen kann, die Arbeitnehmer zu überwachen. Daher ist der Arbeitgeber bezüglich der zur Anwendung kommenden Hardware in seiner Entscheidung frei. Das gilt auch für etwaige spätere Veränderungen.

2.3.5.2 Erfordernis der Bestimmung zur Leistungs- oder ­Verhaltensüberwachung

Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Mitbestimmungsrecht bei der Software gegeben ist, hängt davon ab, ob ein Programm Leistungs- oder Verhaltensdaten der Arbeitnehmer auswertet oder auswerten kann. Dabei ist unerheblich, ob die Verhaltens- und Leistungsdaten vom Betriebsprogramm oder von Anwendungsprogrammen ermittelt und aufgezeichnet werden. Auch ist nicht erforderlich, dass das Programm selbst die Verhaltens- und Leistungsdaten ermittelt und aufzeichnet. Es genügt auch, wenn anderweitig erhobene Daten (z. B. durch Personalfragebogen) durch das Gerät ausgewertet werden können. Allerdings müssen die ermittelten aufgezeichneten Verhaltens- und Leistungsdaten auch einzelnen Mitarbeiternzugeordnet werden können, der einzelne Arbeitnehmer muss also identifizierbar sein. Das Erfassen der Leistung oder des Verhaltens einer ganzen Abteilung oder Gruppe reicht generell nicht aus, so dass insbesondere anonyme Statistiken nicht mitbestimmungspflichtig sind. Etwas anderes gilt im Ausnahmefall einer Kleingruppe, da hier der auf der Kleingruppe lastende "Überwachungsdruck" auf das einzelne Mitglied durchschlägt. Nicht erforderlich ist, dass eine subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers vorliegt oder dass eine Auswertung seitens des Arbeitgebers tatsächlich erfolgt. Allein entscheidend ist, ob die technische Einrichtung objektiv geeignet ist, Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.

2.3.5.3 Erfordernis der Überwachung von "Verhalten oder Leistung"

"Leistung" ist das vom Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Arbeitspflicht geleistete Arbeiten. Leistungsdaten sind daher Daten, die hierüber Auskunft geben, wie etwa die Ist-Leistung im Vergleich zur Soll-Leistung bei Akkordarbeit, die erbrachte Leistung im Vergleich zur Prämienausgangsleistung oder der Zeitaufwand eines Kundesdiensttechnikers für einzelne Einsatzarbeiten, die Reisezeit für den Kundenbesuch oder die Zeit für die Beschaffung eines Ersatzteils.

"Verhalten" umfasst die willentlich gesteuerte Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Als Verhalten des Arbeitnehmers kann deshalb gewertet werden die Verweigerung eines Teils der geschuldeten Arbeit, die Abl...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge