Beteiligte

Klägerin und Revisionsbeklagte

Beklagte und Revisionsbeklagte

Revisionsklägerin

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte trug die am 28. Oktober 1965 gegründete Transportbeton Geislingen GmbH & Co. KG (Klägerin), der inzwischen, 14 Gesellschafter angehören, am 27. Januar 1966 als Mitglied in das Unternehmerverzeichnis ein und teilte dies der Klägerin in dem Veranlagungsbescheid von demselben Tage mit.

Die Klägerin erhob Widerspruch mit der Begründung, sie sei Mitglied der Beigeladenen, da ihre Gesellschafter ausschließlich Bauunternehmer und deshalb Mitglieder der Beigeladenen seien.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück, da sie der für die Mörtelherstellung zuständige Versicherungsträger sei und die Betonherstellung aus heutiger technologischer Sicht der damaligen Mörtelherstellung entspreche.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 27. November 1969 die Klage abgewiesen und u.a. ausgeführt: Nach dem Bundesrats-Beschluß aus dem Jahre 1885 gehörten die Betriebe für Kies, Kalk, Zement sowie für die Mörtelbereitung der Beklagten als Mitglieder an. Aufgrund der technischen Weiterentwicklung seien die Transportbeton-Unternehmen an deren Stelle getreten und gehörten demnach ebenfalls der Beklagten an. Die Klägerin sei ein eingetragenes Unternehmen und kein Neben- oder Hilfsunternehmen der Bauunternehmungen ihrer Gesellschafter.

Die Klägerin und die Beigeladene haben Berufung eingelegt.

Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 20. März 1974 die Berufungen zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Die Klägerin sei kein Nebenunternehmen der die GmbH bildenden verschiedenen Bauunternehmen. Ein solches Nebenunternehmen setze voraus, daß eine wirtschaftliche Zusammengehörigkeit und eine gewisse räumliche Beziehung zu einem Hauptunternehmen bestünden, ohne daß ein selbständiger wirtschaftlicher Zweck verfolgt werde. Eine einheitliche kaufmännische Leitung und der gemeinsame Einsatz der Belegschaft allein genügten hierfür nicht. Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaften sei im vorliegenden Fall außerdem die Rechtsform des Unternehmens entscheidend. Die Beklagte sei der nach dem Bundesrats-Beschluß vom 21. Mai 1885 zuständige Versicherungsträger. Sie sei bereits im Jahre 1885 nicht nur für die Gewinnung der Baustoffe Kies, Kalk, Zement usw. zuständiger Versicherungsträger gewesen, sondern auch für deren fabrikmäßige Be- und Verarbeitung. Die fabrikmäßige Betonherstellung sei keine Bautätigkeit, die in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen würde. Der Umstand, daß Beton aus den angeführten Rohstoffen auch auf einer Baustelle hergestellt werden könne, führe zu keiner abweichenden Beurteilung; denn in diesen Fällen sei das hauptsächliche Gewerbe des Unternehmens die Bautätigkeit, der die Betonherstellung diene und ihr daher unterzuordnen sei.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beigeladene hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Sie trägt insbesondere vor: Die Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich nicht aus dem Bundesrats-Beschluß vom 21. Mai 1885. Mit der heutigen Betonherstellung sei die Mörtelstoff-Fabrikation nicht vergleichbar. Es bedürfe eines - zusätzlichen Arbeitsganges, um aus den Grundstoffen Sand und Kies in Verbindung mit einem Bindemittel (Kalk oder Zement) und unter Zugabe von Wasser sowie ggf. eines Fließmittels Beton herzustellen, der bereits 60 Minuten nach seiner Herstellung abbinde. Auch aus dem alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige, welche zu den einzelnen Berufsgenossenschaften (BGen) gehörten, lasse sich die Zuständigkeit der Beklagten nicht begründen, wie sich aus den Nrn. 2 und 5 der Vorbemerkung hierzu ergebe. Sie - die Beigeladene - sei vor allem nach § 647 der Reichsversicherungsordnung (RVO) der zuständige Unfallversicherungsträger. Entgegen der Auffassung des LSG könnten auch mehrere selbständige Unternehmen ein Gesamtunternehmen im Sinne des § 647 RVO sein. Ebenso könne auch ein Nebenunternehmen von verschiedenen Hauptunternehmen gegründet werden und ein unwesentlicher Bestandteil dieser Unternehmen sein. Die Klägerin sei katasterrechtlich ein Hilfsunternehmen. Sie verfolge keine eigenständige unternehmerische Zielsetzung, sondern diene der Belieferung der Firmen der Gesellschafter mit Beton.

Die Beigeladene beantragt,unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. März 1974 und unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 27. November 1969 festzustellen, daß die Beigeladene der, für die Versicherten der Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger ist,hilfsweise,das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Vordergericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Sie führt insbesondere aus: Mit Eintragung der KG im Handelsregister, Beschäftigung versicherungspflichtiger Personen unter eigener kaufmännischer und technischer Leitung, selbständigem Ein- und Verkauf usw. sei die Klägerin ein Unternehmen, das von den Gründern nicht als Teil einer Mehrzahl von Bauunternehmen, sondern als selbständige Einheit gewollt und von der Rechtsordnung anerkannt worden sei. Der Bundesrat habe in seinem Beschluß vom 21. Mai 1885 der Steinbruchs-BG die nicht-knappschaftlichen Bergwerke, Steinbrüche und Betriebe für Kies, Kalk, Zement usw. (Zementfabriken) zugewiesen. Aus dieser geschlossenen Zuweisung und der engen technologischen Verbindung der Mörtelfabrikation mit den Rohstoffen der Steine und Erden sei ihre Zuständigkeit für Unternehmen zur Herstellung von Mörtel hergeleitet worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

Die Beklagte ist die für die Klägerin zuständige BG.

Die Klägerin hat die Eintragung ihres Unternehmens in das Unternehmerverzeichnis der Beklagten angefochten. Die vom erkennenden Senat in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 30. Oktober 1974 (2 RU 42/73) dargelegten Rechtsgrundsätze für die Berichtigung des Unternehmerverzeichnisses wegen eines irrtümlich, aber aufgrund eines bindenden Verwaltungsaktes eingetragenen Unternehmers sind deshalb nicht anwendbar.

Nach § 646 Abs. 1 RVO sind - vorbehaltlich der hier nicht in Betracht kommenden §§ 653 bis 657 RVO - die in der Anlage 1 aufgeführten BGen die Träger der allgemeinen Unfallversicherung. Aus der Bezeichnung der BGen in der Anlage zu dieser Vorschrift ist nicht schon die zuständige BG für Transportbeton-Unternehmen zu ersehen. § 646 RVO enthält im übrigen keine Abgrenzung der einzelnen Zuständigkeitsbereiche. Nach § 646 Abs. 2 RVO bestimmt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der BGen nach Art und Gegenstand der Unternehmen. Eine Rechtsverordnung nach § 646 Abs. 2 RVO ist jedoch bisher nicht ergangen. Bis zur Änderung der Zuständigkeit durch eine nach § 646 Abs. 2 RVO erlassene Rechtsverordnung bleibt nach Art. 4 § 11 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 (BGBl. I 241) - UVNG - jeder Träger der Unfallversicherung, soweit das UVNG nicht etwas anderes bestimmt, für die Unternehmen zuständig, für die er bis zum Inkrafttreten des UVNG zuständig war. Art. 4 § 11 UVNG betrifft nur die Neuregelung der generellen Zuständigkeit der einzelnen BGen nach Art und Gegenstand der Unternehmen und berührt deshalb - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - nicht die Bestimmung der zuständigen BG für ein Unternehmen im Rahmen der geltenden Vorschriften.

Der die sachliche Zuständigkeit der BGen regelnde Bundesrats-Beschluß vom 21. Mai 1885 (AN S. 143) ist weiterhin geltendes Recht (BSG SozR Nr. 4 zum RAM-Erl. -Gemeindl. UV - Allg. vom 16.3.1942 und Nr. 1 zu § 646 RVO). In diesem Beschluß konnten - entsprechend dem damaligen technischen Stand - bei der Umschreibung der Zuständigkeitsbereiche der BGen die Herstellung und der Vertrieb von Transportbeton weder bei der Steinbruchs-BG noch bei den Bau-Gewerks-BGen aufgeführt werden. Die Herstellung von Transportbeton ist auch nicht in dem vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit (alphabetisches Verzeichnis) vermerkt (s. AN 1885, 254; 1886, 134; 1903, 404; 1906, 477; Handbuch der Unfallversicherung, Bd. III, 1910, S. 20 ff.). Ist ein Gewerbezweig in dem Bundesrats-Beschluß vom 21. Mai 1885 (a.a.O.) und im alphabetischen Verzeichnis (a.a.O.) nicht aufgeführt und liegen keine späteren Beschlüsse des Bundes- oder Reichsrates oder des Reichsarbeitsministers und auch keine späteren Zuweisungen des RVA vor, so ist in entsprechender Anwendung der bezeichneten Bestimmungen ein Unternehmen derjenigen BG zuzuweisen, der es nach Art und Gegenstand am nächsten steht. Die für diese Entscheidung als maßgebend angesehenen Kriterien sind nicht immer einheitlich gewesen. (vgl. Schiedsstelle EuM 39, 279, 281). Zum Teil ist der Beschaffenheit der vom Betrieb verarbeiteten Stoffe, zum anderen Teil der Herstellungsweise der Erzeugnisse und mitunter auch ihrem Verwendungszweck das ausschlaggebende Gewicht beigelegt worden. Immer mehr ist aber die Würdigung in den Vordergrund getreten, bei welcher BG die für das betreffende Unternehmen zweckmäßigste Unfall- und Krankheitsverhütung gewährleistet wird (Schiedsstelle a.a.O.; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 8. Aufl., S. 505; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 646 Anm. 28). Unter diesem Gesichtspunkt ist für die berufsgenossenschaftliche Eingliederung eines umstrittenen Unternehmens regelmäßig die Herstellungsweise des Erzeugnisses maßgebend (Schiedsstelle a.a.O.; Brackmann a.a.O.; Lauterbach a.a.O.). Des dabei in Betracht kommende Arbeitsverfahren und die dabei benutzten Betriebseinrichtungen hängen häufig, aber nicht immer, von der Art des Werkstoffes ab, so daß dieser u. U. mitbestimmend sein kann. Unabhängig sind sie durchweg von dem Verwendungszweck des Erzeugnisses; dieses ist ausschlaggebend ausnahmsweise dann, wenn in Betrieben verschiedener BGen etwa gleiche oder ähnliche Arbeitsverfahren, Betriebseinrichtungen und Werkstoffe vorkommen (Schiedsstelle a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sieht der erkennende Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen die Beklagte als die für die Klägerin zuständige EG an. Bereits seit dem Bundesrats-Beschluß vom 21. Mai 1885 (a.a.O.) ist die Steinbruchs-BG u.a. die für die Gewinnung von "Kies und Sand, Kalk, Cement, Traß, Gyps und Schwerspat (darunter Strontianit)" zuständige BG. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zwar nicht zu entnehmen, daß die Klägerin die für die Herstellung von Zement erforderlichen grobkörnigen, Zuschlagstoffe oder die hydraulischen Bindemittel (Zement, Kalk, Gips und Asphalt; s. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 4, 1972, S. 42) auch gewinnt. Entsprechende tatsächliche Feststellungen brauchen jedoch nicht nachgeholt zu werden. Die Zuständigkeit der Steinbruchs-BG ist auch in der Praxis der Schiedsstelle nicht entscheidend danach beurteilt worden, ob in den Unternehmen die Grundstoffe selbst gewonnen werden. Die Schiedsstelle hat vielmehr entsprechend den aufgezeigten allgemeinen Grundsätzen für die Zuständigkeit der Steinbruchs-BG ebenfalls die Herstellungsweise regelmäßig als maßgebend angesehen (Schiedsstelle EuM 39, 279, 281) und deshalb u.a. für die Kunststeinfabrikation unabhängig davon, ob die Grundstoffe selbst gewonnen werden, die Zuständigkeit der Steinbruchs-BG angenommen Schiedsstelle EuM 45, 173). Ebenso ist im alphabetischen Verzeichnis a.a.O.) die Steinbruchs-BG als die zuständige EG für die Mörtelfabrikation ohne Rücksicht darauf bezeichnet, ob das Unternehmen die hierfür erforderlichen Rohstoffe wenigstens zum Teil mit gewinnt. Das alphabetische Verzeichnis soll nach der Vorbemerkung des RVA für die Beurteilung der Frage, zu welcher EG ein Betrieb gehört, einen Anhalt bilden, ohne dadurch der Prüfung der Zugehörigkeit durch die EG und durch die - nunmehr zuständigen - Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im einzelnen Fall entscheidend vorzugreifen. Die diesem Verzeichnis zugrunde liegenden besonderen Erfahrungen rechtfertigen es jedoch, bei der Prüfung der berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit eines Gewerbezweiges grundsätzlich von diesem Verzeichnis auszugehen (s. Schiedsstelle EuM 39, 273, 275 und 279, 281; Brackmann a.a.O. S. 505). Entsprechend anwendbar ist es, wenn - wie hier - ein darin nicht aufgeführtes Gewerbe einer BG zugewiesen werden soll. Die Herstellung von Transportbeton ähnelt in der hier für die Unfall- und Krankheitsverhütung maßgebenden Verwendung von Naturprodukten und der technischen Herstellungsweise, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, der Mörtelfabrikation. Die Beigeladene sieht zu Unrecht insoweit einen wesentlichen Unterschied darin, daß es eines weiteren zusätzlichen Arbeitsganges bedürfe, um aus den Grundstoffen Sand und Kies in Verbindung mit einem Bindemittel und unter Zusatz von Wasser Beton herzustellen. Dieser zusätzliche Arbeitsvorgang zur Herstellung von Transportbeton zwingt jedoch unter Berücksichtigung der zweckmäßigsten Unfall- und Krankheitsverhütung nicht dazu, für die Unternehmen der Transportbeton-Herstellung anders als für die - hinsichtlich der für die Zuständigkeit der BG maßgebenden technischen Herstellung ähnlichen -Mörtelfabrikation die Zuständigkeit der Beigeladenen anzunehmen. Dem steht auch nicht, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, entgegen, daß die Fertigung von Mischbeton auf der Baustelle durch das Bauunternehmen als Teil der die verschiedensten Verrichtungen umfassenden Bautätigkeit angesehen wird und die Bau-BG auch für diese Tätigkeit ihres Mitgliedes der zuständige Unfallversicherungsträger ist. Diese Zuständigkeit der Beigeladenen wird durch die Entscheidung des Senats nicht berührt. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen aufgrund der vorliegenden Entscheidung des Senats in diesen Fällen weder eine gesonderte Veranlagung der Betonherstellung noch eine Verlagerung der Altlast für Arbeitsunfälle bei diesen Tätigkeiten erforderlich. Die Klägerin betreibt die Herstellung von Transportbeton jedoch nicht als Bauunternehmen in Verbindung mit einem jeweiligen einzelnen Bauvorhaben, sondern als Unternehmen eines selbständigen Gewerbezweiges. Der von der Beigeladenen unter Hinweis auf das Erfordernis eines schnellen Abbindens des Betons der gebräuchlichen Güteklassen hervorgehobene "unmittelbare Zusammenhang zwischen der Betonherstellung und der Bautätigkeit" zwingt ebenfalls zu keiner anderen Entscheidung. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Herstellung und der weiteren Verarbeitung eines Produktes ist, worauf die Beklagte mit Recht hinweist, in vielen Fällen der Zulieferindustrie gegeben, ohne daß sich daraus für das Zulieferunternehmen die Zuständigkeit der BG ergibt, deren Mitglied das Unternehmen ist, an das - ggf. ausschließlich - zugeliefert wird (vgl. auch BSG SozR Nr. 4670 zu § 2 Nr. 2; zum Tarifvertragsrecht s. BAG AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge. Bau - mit weitgehend zustim. Anm. von Hadding). Maßgebend für die Zuständigkeit der EG nach der Art und dem Gegenstand des Unternehmens ist vielmehr, wie bereits dargelegt, die u.a. durch das Arbeitsverfahren und die dabei benutzten Betriebseinrichtungen gekennzeichnete Herstellungsweise des Erzeugnisses. Der Verwendungszweck des Erzeugnisses ist dagegen, wie gleichfalls schon aufgezeigt, grundsätzlich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer BG - unter dem Gesichtspunkt, der zweckmäßigsten Unfall- und Krankheitsverhütung unerheblich. Die Zuständigkeit einer EG für ein Unternehmen ist deshalb auch nicht allein davon abhängig, ob es ein Vor-, Zwischen- oder Endprodukt herstellt oder der Verwendungszweck des Produktes eine schnelle weitere Verarbeitung des Erzeugnisses bedarf. Eine andere Entscheidung würde hier zudem bedeuten, daß die BG zuständig wäre, deren Mitglieder die Bauunternehmer sind, für deren Bauvorhaben der Transportbeton geliefert wird. Ein Unternehmen des Tiefbaus beliefernder Transportbeton-Hersteller würde Mitglied der Tiefbau-BG sein, während die Belieferung von Unternehmen des Hochbaus die Zuständigkeit der Bau-BG begründen würde. Schon diese durch die Mitgliedschaft bei der Beklagten vermeidbare Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Unternehmenszweig der Transportbeton-Herstellung würde dem Bestreben einer von der Herstellungsweise des Erzeugnisses geprägten zweckmäßigsten Unfallverhütung nicht entsprechen. Die Transportbeton-Hersteller beliefern außerdem zumindest häufig nicht ausschließlich Unternehmen des Hochbaus oder des Tiefbaus. Es kommen z.B. auch Unternehmen des Gartenbaus als wesentliche Abnehmer einer Transportbeton-Firma in Betracht. Daraus ergäben sich zusätzliche Schwierigkeiten, die zuständige BG für das Transportbeton-Unternehmen zu bestimmen. Eine Entscheidung z.B. nach dem Umfang der Lieferungen würde nicht nur die für die Zuständigkeit der BG an sich maßgebende Herstellungsweise des Erzeugnisses außer acht lassen, sondern könnte zudem bewirken, daß bei einer nicht seltenen wesentlichen Verschiebung der Verhältniszahlen die Zuständigkeit der BG wechseln würde.

Art und Gegenstand des Unternehmens der Klägerin rechtfertigen somit unter dem Gesichtspunkt der zweckmäßigsten Unfall- und Krankheitsverhütung die Zuständigkeit der Beklagten (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1971, 198).

Das LSG hat weiter jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Beigeladene auch nicht gemäß § 647 RVO der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger ist. Diese Vorschrift enthält eine besondere Zuständigkeitsregel für Bestandteile eines Unternehmens. Bestandteile eines Unternehmens sind Teile des Unternehmens, von denen jeder eine gewisse Selbständigkeit hat. Dient ein Bestandteil den Zwecken des anderen und hat er den Umfang eines Unternehmens, so ist er ein Hilfsunternehmen des anderen. Hat er nicht den Umfang eines Unternehmens, so stellt er Hilfstätigkeiten dar. Dient der eine Bestandteil dagegen nicht den Zwecken des anderen, sondern verfolgt er selbständige Zwecke, so ist er ein Nebenunternehmen des anderen, sofern er den Umfang eines Unternehmens hat. Hat der nicht dienende Teil dagegen nicht den Umfang eines Unternehmens, so stellt er Nebentätigkeiten dar (s. RVA AN 1921, 157; ebenso AN 1935, 280, 281; EuM 17, 88, 89; Handbuch der Unfallversicherung, Bd. I, S. 342; Mitglieder-Komm., 2. Aufl., § 631, Anm. 2 a bis 3; Moesle-Rabelling, Unfallversicherung, 3. Aufl., § 631m - Anm. 3 bis 7; Schulte-Holthausen, Unfallversicherung, 4. Aufl., § 631 Anm. 6 und § 539 Anm. 3; Schraeder-Strich, Die deutsche Unfallversicherung, § 631, Anm. 1 bis 3, 5; Brackmann a.a.O., S. 510; Lauterbach a.a.O., § 645 Anm. 4; Fleischauer, Zentralblatt der Reichsversicherung 1922, Sp. 321 - z.T. kritische hinsichtlich Hilfsbetrieb und Hilfstätigkeit). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG und dem insoweit unstreitigen Vortrag der Beigeladenen dient die Klägerin den Unternehmen ihrer Gesellschafter. Dennoch ist sie insoweit kein Bestandteil (Hilfsunternehmen) im Sinne des § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO. Dabei kann es dahinstehen, ob - wie das LSG meint - die Klägerin schon deshalb kein Bestandteil der Unternehmen ihrer Gesellschafter sein kann, weil sie als Gesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt (s. u.a. Schiedstelle BG 1931, Sp. 162) Hilfs- und Nebenunternehmen sind danach weiterhin unterschiedliche Begriffe, der gemeinsame Oberbegriff ist der des Gesamtunternehmens. Das Hauptunternehmen ist dabei das Unternehmen, das im Gesamtunternehmen hervortritt. Es gibt ihm "sein besonderes Gepräge und ist maßgebend für seine sozialversicherungsrechtliche Stellung" (RVA AN 1921, 157, 158). Daraus folgt aber, daß Hilf- und Nebenunternehmen im Sinne des § 647 Abs. 1 RVO nur innerhalb eines Gesamtunternehmens bestehen können, dem das Hauptunternehmen das Gepräge gibt. Das RVA hat diese aus der Begriffsbestimmung des Bestandteiles und Nebenunternehmens sich ergebende Einschränkung in seiner Entscheidung vom 22. November 1920 (AN 1921, 157, 158) zu § 631 RVO i.d.F. bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 (BGBl. I 241) ausdrücklich bestätigt, indem es ausgeführt hat: "Hiernach sind Hauptbetrieb, Nebenbetrieb (Nebentätigkeit), Hilfsbetrieb (Hilfstätigkeit) Bestandteile eines Gesamtunternehmens". Die Klägerin ist wirtschaftlich zwar eng mit den Firmen der Gesellschafter verbunden. Sie ist jedoch nicht Bestandteil eines dieser Unternehmen, sondern dient allen jeweils selbständigen - Unternehmen ihrer Gesellschafter (s. dazu auch RVA EuM 17, 94, 95). Insoweit unterscheiden sich der vorliegende Fall und der, welcher dem Urteil des LSG NRW vom 10. September 1968 - L 5 U 283/67 - zugrunde liegt. Dort war streitig, ob die Transportbeton GmbH & Co. KG Hilfsunternehmen nur einer anderen Firma war, deren Inhaber auch die Inhaber der GmbH & Co. KG waren. Die gegenteilige Auffassung der Beigeladenen, die Klägerin sei ein Hilfsunternehmen der - mehreren - Unternehmen ihrer Gesellschafter, läßt schon nicht das eine Gesamtunternehmen erkennen, dem die Klägerin als Hilfsunternehmen und die Unternehmen ihrer Gesellschafter als andere Bestandteile eines Gesamtunternehmens angehören, denn die Unternehmen der einzelnen Gesellschafter sind selbständige Bau-Unternehmen, die nicht gemeinsam mit der Klägerin als Hilfsunternehmen ein Gesamtunternehmen bilden. Die Beigeladene meint daher zu Unrecht, ein Unternehmen sei allein deshalb, weil es einem anderen Unternehmen dient, deren Bestandteil (Hilfsunternehmen) im Sinne des § 647 RVO. Haupt- und Hilfsunternehmen müssen zudem nicht nur wirtschaftlich, sondern auch technisch ein einheitliches Gesamtunternehmen bilden. Schon in technischer Hinsicht bilden die Klägerin und die Unternehmen ihrer Gesellschafter aber kein einheitliches Gesamtunternehmen. Unabhängig von wirtschaftlichen Erwägungen könnte die Klägerin technisch jederzeit durch ein entsprechendes anderes Transportbeton-Unternehmen ersetzt werden. Auch wirtschaftlich besteht weder eine gemeinsame Leitung für die Klägerin und die Unternehmen ihrer Gesellschafter noch ein Austausch von Arbeitskräften zwischen allen diesen Unternehmen und der Klägerin (s. Schiedsstelle EuM 40, 165, 166). § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO setzt schließlich voraus, daß nur ein Unternehmen das Hauptunternehmen ist, nach dessen Zugehörigkeit zur BG sich auch die Zuständigkeit dieser BG für das Hilfsunternehmen ergibt. Ein Unternehmen kann nicht Hilfs- oder Nebenunternehmen mehrerer "Hauptunternehmen" sein. Als Hauptunternehmen müßte hier die Gesamtheit der - selbständigen - Unternehmen der Gesellschafter gelten. Dem steht jedoch entgegen, daß in ihrem und ähnlichen Fällen die Gesellschafter mit ihren Unternehmen verschiedenen BGen angehören können, wenn z.B. die Gesellschafter mit ihren Unternehmen in Grenzgebieten zwischen zwei Zuständigkeitsbereichen Mitglieder verschiedener Bau-BGen oder zum Teil Mitglieder einer Bau-BG und zum Teil Mitglieder der Tiefbau BG sind. Es wäre dann in der Gesamtheit der Unternehmen der Gesellschafter ein "Hauptunternehmen" im Sinne des § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO vorhanden, das nicht - wovon diese Vorschrift ausgeht - nur einer BG angehört (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.)

Die Revision gegen das demnach jedenfalls im Ergebnis zutreffende Urteil des LSG war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

BSGE, 112

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