Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe und die Dauer des zustehenden Krankengeldes

 

Beteiligte

…, Kläger und Revisionskläger

Innungskrankenkasse Bochum, Bochum, Universitätsstraße 68, Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe und die Dauer des dem Kläger zustehenden Krankengeldes.

Der Kläger, der seit Juli 1985 der Beklagten als Mitglied angehört, ist seit April 1986 als Tischler durchgehend arbeitsunfähig wegen zerebraler Durchblutungsstörungen. Er bezog zunächst Krankengeld in Höhe von 1.891,96 DM und ab Juni 1987 in Höhe von 1.946,91 DM netto monatlich. Nach Erschöpfung des Krankengeldanspruchs in der ersten Blockfrist meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt arbeitslos und bezog vom 3. Dezember 1987 bis 3. Juni 1989 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von zuletzt 339,00 DM wöchentlich (68% des Arbeitsentgelts).

Im April 1989 legte der Kläger der Beklagten eine Bescheinigung seines Hausarztes vor, nach der seit dem 7. Mai 1986 ununterbrochen wegen zerebraler Durchblutungsstörungen Arbeitsunfähigkeit bestanden habe und fortbestehe. Durch Schreiben vom 14. Juni 1989 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Beklagte mit, grundsätzlich bestehe ein Anspruch auf Krankengeld nach Ablauf der Leistungsfortzahlung durch das Arbeitsamt am 4. Juni 1989, aber nur in Höhe des zuletzt gezahlten Alg. Nach einer Bescheinigung des Hausarztes vom 30. November 1989 war der Kläger ab 7. Dezember 1989 wieder arbeitsfähig. Den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben der Beklagten vom 14. Juni 1989 wies die Beklagte mit Bescheid vom 25. April 1990 zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, das Krankengeld nach dem Regellohn zu berechnen (Urteil des SG Gelsenkirchen vom 30. August 1990). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen (Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 1992). Der Kläger habe nur Anspruch auf Krankengeld in Höhe des von ihm zuletzt bezogenen Alg. Im Hinblick auf die von ihm früher ausgeübte Tätigkeit als Tischler sei er wegen zerebraler Durchblutungsstörungen seit dem 24. April 1986 ununterbrochen arbeitsunfähig. Arbeitsfähigkeit habe bis einschließlich 6. Dezember 1989 nur für das Restleistungsvermögen bestanden, für das er sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe. Unter Berücksichtigung des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen neuen Rechts könne der Kläger nicht beanspruchen, daß ihm nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auch für leichtere Arbeiten als die des Tischlers ein höheres Krankengeld als das Alg gewährt werde. Die Verschärfung der Voraussetzungen für das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs in einer neuen Blockfrist (§ 48 Abs 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch [SGB V]) seien darauf gerichtet, den in der früheren Regelung enthaltenen Anreiz zu beseitigen, das wiederauflebende Krankengeld als Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen. Die Versicherten sollten angehalten werden, sich mit ihrem Restleistungsvermögen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, anderenfalls die Rentenversicherung in Anspruch zu nehmen. Diesem Anliegen der Neuregelung entspreche es, einem Versicherten, der für seine bisher ausgeübte Tätigkeit dauernd arbeitsunfähig sei und sich deshalb für leichtere Tätigkeiten der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe, Krankengeld - wie im vorliegenden Falle geschehen - nach § 158 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu gewähren, also in Höhe des Alg und nicht bemessen nach dem Regellohn der früheren Tätigkeit.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 48 SGB V, des Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) sowie der §§ 136 Abs 1 Nr 6 und 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er macht ua geltend: Nach § 48 Abs 2 SGB V lebe der Anspruch auf Krankengeld in einer neuen Blockfrist nur wieder auf, wenn der Versicherte zwischenzeitlich mindestens sechs Monate dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden oder eine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Da bei ihm, dem Kläger, bereits am 24. April 1989 auch für leichtere Arbeiten Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, sei es ihm nicht möglich gewesen, die Voraussetzungen des neuen Rechts zu erfüllen. Im Hinblick darauf, daß seine Anwartschaft auf das wiederauflebende Krankengeld durch Art 14 GG geschützt sei, dürfte § 48 Abs 2 SGB V erst auf diejenigen Fälle angewendet werden, in denen der Zeitpunkt des Wiederauflebens des Krankengeldanspruchs in die zweite Hälfte des Jahres 1989 oder einen späteren Zeitraum falle. Ihm sei deshalb Krankengeld, bemessen nach dem Regellohn des Tischlers, zu gewähren. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge und neues Recht anwende, richte sich die Leistung - entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht - nicht nach § 158 AFG. Maßgebend für Höhe und Berechnung des Krankengeldes sei die Vorschrift des § 47 SGB V. Danach betrage das Krankengeld 80 vH des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliege. Im vorliegenden Fall gelte dies in entsprechender Anwendung des § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V auch für Versicherte, die sich für leichtere Tätigkeiten entsprechend ihrem Leistungsvermögen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt hätten. Insofern sei nicht von einem "erzielten" Arbeitsentgelt auszugehen, sondern von dem auf dem Arbeitsmarkt "erzielbaren". Welches Arbeitsentgelt der Versicherte hätte erzielen können, ergebe sich aus dem für den Bezirk gültigen Tarifvertrag. Das LSG hätte deshalb prüfen müssen, für welche konkrete Tätigkeit der Kläger sich hinsichtlich seines Restleistungsvermögens dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt habe. Insoweit fehlten tatsächliche Feststellungen, die das LSG nachzuholen habe. Im übrigen fehlten in dem angefochtenen Urteil auch konkrete Feststellungen dazu, daß ab 7. Dezember 1989 wieder Arbeitsfähigkeit vorgelegen habe. Das Urteil stütze sich insoweit lediglich auf die Bescheinigung des Hausarztes vom 30. November 1989, sage aber nicht, für welche konkreten Tätigkeiten wieder Arbeitsfähigkeit eingetreten sei. Der Hinweis, daß er, der Kläger, sich für leichtere Arbeiten als denen des Tischlers zur Verfügung gestellt habe und daß er für diese Tätigkeit ab 7. Dezember 1989 wieder arbeitsfähig gewesen sei, genüge nicht. Dem angefochtenen Urteil fehlten insoweit die Entscheidungsgründe im Sinne von § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Dies sei ein wesentlicher Verfahrensmangel. Auf ihm könne auch das angefochtene Urteil beruhen. Denn es sei nicht auszuschließen, daß er, der Kläger, - entgegen der Bescheinigung seines Hausarztes - für die Tätigkeiten, für die er sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt habe, über den 6. Dezember 1989 hinaus arbeitsunfähig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 1992 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30. August 1990 mit der Maßgabe zurückzuweisen, die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld ab dem 24. April 1989 für 78 Wochen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).

II

Die Revision hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht nur für die Zeit vom 4. Juni bis 6. Dezember 1989 Krankengeld in Höhe des bis 3. Juni 1989 gewährten Arbeitslosengeldes zu. Der darüber hinaus geltend gemachte Krankengeldanspruch ist unbegründet.

Der Kläger war aufgrund des Alg-Bezuges ab 3. Dezember 1987 gemäß § 155 Abs 1 AFG für den Fall der Krankheit versichert. Nach § 158 Abs 1 Satz 1 AFG ist demjenigen, der über § 155 Abs 1 AFG krankenversichert ist, als Krankengeld der Betrag des Alg, der Arbeitslosenhilfe (Alhi) oder des Unterhaltsgeldes zu gewähren, den der Versicherte zuletzt bezogen hat. Die angefochtenen Bescheide stehen mit dieser Vorschrift in Einklang. Die beklagte Krankenkasse hat dem Kläger im Anschluß an die - gemäß § 105b AFG erfolgte - sechswöchige Leistungsfortzahlung durch die Arbeitsverwaltung Krankengeld in Höhe des zuletzt bezogenen Alg gewährt.

Entgegen der Auffassung der Revision ist die Höhe des Krankengeldes nicht nach dem Regelentgelt zu berechnen, das der Kläger als Tischler bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit im April 1986 hatte. Dies ergibt sich aus der hier bereits anwendbaren Vorschrift des § 48 Abs 2 SGB V. Danach besteht für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraumes ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und 2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen. Der Kläger hat im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit, nämlich der bei ihm seit 1986 bestehenden zerebralen Durchblutungsstörungen, für 78 Wochen Krankengeld bezogen. Er hat zwar in der Zwischenzeit - wie dies § 48 Abs 2 SGB V verlangt - mindestens sechs Monate der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Er war jedoch im Hinblick auf die von ihm früher ausgeübte Tätigkeit eines Tischlers durchgehend weiter wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig. Das Krankengeld wäre nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 48 Abs 2 SGB V nur dann nach dem früher erzielten Regelentgelt zu berechnen, wenn der Versicherte im bisher ausgeübten Beruf in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate arbeitsfähig gewesen wäre und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hätte. Der weitere Fall, daß er nicht wegen derselben Krankheit, sondern einer anderen Krankheit arbeitsunfähig gewesen wäre, kann hier vernachlässigt werden (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 3). Die ab 1. Januar 1989 aufgrund des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) verschärften Bedingungen für das Wiederaufleben des Krankengeldes sollen verhindern, daß der Versicherte das Krankengeld wie eine Rente in Anspruch nimmt (vgl dazu BT-Drucks 11/2237, S 181 zu § 47 Abs 2 des Gesetzentwurfs). Bei Dauerarbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit für den bisher ausgeübten Beruf will der Gesetzgeber mit der Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen die Bereitschaft fördern, zu einer anderen, noch möglichen Erwerbstätigkeit überzugehen oder zumindest sich für eine dem Restleistungsvermögen noch entsprechende Tätigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Nur wenn dies geschieht, kann es - trotz Fortbestehens derselben Krankheit - zum Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs in einer weiteren Blockfrist kommen. Denn nur dann ist der Versicherte nicht mehr wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, die im letzten Dreijahreszeitraum Arbeitsunfähigkeit (im bisherigen Beruf) begründet hat. Der Versicherte muß sich also, wenn die bei ihm bestehende Krankheit ihn für seinen bisherigen Beruf dauernd arbeitsunfähig macht, auf die neue Situation einstellen. Es erscheint deshalb auch konsequent, daß das ihm zu gewährende Krankengeld dann nicht mehr nach dem Regelentgelt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bezüglich der bisherigen Berufstätigkeit berechnet wird.

Auslösend für den Anspruch auf Krankengeld ist in der weiteren Blockfrist der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bezüglich der Tätigkeiten, für die sich der Versicherte der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat. War er bezüglich der bisher ausgeübten Berufstätigkeit auf Dauer arbeitsunfähig, so ist der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für das verbliebene Restleistungsvermögen ein davon zu differenzierendes Ereignis, das auch bei der Berechnung des Krankengeldes besonders zu berücksichtigen ist. Das Krankengeld kann dann nur in Höhe der zuletzt bezogenen AFG-Leistung gewährt werden (§ 158 Abs 1 Satz 1 AFG).

Zwar haben der 8. Senat und der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in den Urteilen vom 2. Februar 1984 - 8 RK 43/82 - (SozR 4100 § 158 Nr 6) und vom 27. Februar 1984 - 3 RK 8/83 - (USK 8415 = EzS 95/19) angenommen, daß auch dann, wenn der Versicherte sich für eine andere Tätigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, das Krankengeld nach der zuletzt (vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit) ausgeübten Tätigkeit zu berechnen ist, solange die Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes erfolglos geblieben sind. In der Entscheidung des 8. Senats wird dazu ua ausgeführt, die Gewährung von Alhi und die ihr vorhergehende Meldung als Arbeitsuchender verpflichteten die Krankenkasse nicht, bei der Berechnung des zustehenden Krankengeldes von einer Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit auszugehen und demzufolge einen neuen Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach dem Alhi-Bezug anzunehmen. Die Arbeitsunfähigkeit sei nicht deshalb entfallen, weil sich der Kläger beim Arbeitsamt arbeitsuchend gemeldet habe. Soweit er sich damit bereit gefunden habe, eine seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechende Tätigkeit aufzunehmen, habe er sich noch keinem neuen Beruf mit der Folge zugewandt, daß die für seinen Krankengeldanspruch maßgebliche Arbeitsunfähigkeit nicht mehr an der früheren Tätigkeit zu messen und daher entfallen wäre. Nur wenn der Versicherte tatsächlich wieder eine berufliche Tätigkeit aufnehme, könnten sich in bezug auf den Krankengeldanspruch andere Konsequenzen ergeben.

Der erkennende Senat läßt offen, ob dieser Rechtsprechung für das alte Recht zu folgen ist. Jedenfalls nach dem ab 1. Januar 1989 geltenden Recht kommt es für das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs - wie schon dargelegt - entscheidend darauf an, ob der Versicherte nach Erschöpfung des Krankengeldanspruchs in der vorhergehenden Blockfrist für mindestens sechs Monate arbeitsfähig war und eine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hat oder aber nicht wegen derselben, sondern einer anderen Krankheit arbeitsunfähig gewesen ist. Bei einem für seine bisherige Tätigkeit dauernd wegen derselben Krankheit Arbeitsunfähigen ist deshalb nicht die Arbeitsunfähigkeit für die bisherige Berufstätigkeit maßgeblich, sondern der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für eine andere, trotz der fortbestehenden Krankheit (zeitweise) möglichen Erwerbstätigkeit. Damit hat sich die Rechtslage - soweit es um die Voraussetzungen für den Bezug von Krankengeld in einer weiteren Blockfrist geht - wesentlich geändert. Der erkennende Senat ist deshalb durch die bisherige Rechtsprechung des 3. und 8. Senats des BSG nicht gehindert, § 158 Abs 1 Satz 1 AFG auf die Fälle anzuwenden, in denen - bei Dauerarbeitsunfähigkeit für die bisher ausgeübte Tätigkeit - ein Versicherter sich mit seinem Restleistungsvermögen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt und dann auch hinsichtlich dieses Restleistungsvermögens arbeitsunfähig wird, ohne zuvor eine entsprechend leichtere Tätigkeit aufgenommen zu haben. Nur ein solches Ergebnis entspricht auch dem erkennbaren Sinn und Zweck des § 48 Abs 2 SGB V.

Gegen die Anwendung des § 48 Abs 2 SGB V sprechen im vorliegenden Fall auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar unterliegt die Anwartschaft auf Krankengeld nach Auffassung des Senats (s dazu Vorlage-Beschluß vom 10. Dezember 1991, SGb 1992, 508 mit Anm v. Wallerath) vor Beginn einer neuen Dreijahresfrist der Eigentumsgarantie des Art 14 GG. Die Neuregelung führt hier indessen nicht zu einem entschädigungslosen Verlust des Eigentumsrechts, sondern lediglich zu einer Leistungsbeschränkung. Mit derartigen Leistungsbeschränkungen müssen Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung aber immer rechnen. Sie können nicht erwarten, daß die im Gesetz vorgesehenen Leistungen auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzlichen Sozialversicherungen sind Solidargemeinschaften, die sich im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen, zB aus Gründen der Finanzierbarkeit, anpassen müssen (BSGE 69, 76, 80 = SozR 3-2500 § 59 Nr 1).

Soweit der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 26. November 1991 - 1/3 RK 19/90 - meint, § 48 Abs 2 SGB V dürfe in seinem Fall deshalb nicht angewendet werden, weil die erneute Arbeitsunfähigkeit in der ersten Hälfte des Jahres 1989 eingetreten sei, vermag dies seine Klage ebenfalls nicht zu stützen. Denn die Erwägungen des Senats in der genannten Entscheidung betrafen einen Fall, in dem der Kläger weder eine Erwerbstätigkeit ausgeübt noch sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hatte. Hier war in der Tat zu überlegen, ob der Gesetzgeber den Versicherten nicht Gelegenheit geben mußte, sich dem neuen Recht anzupassen. Dies trifft aber auf den vorliegenden Fall nicht zu. Denn der Kläger hat sich bereits am 2. Dezember 1987, also über ein Jahr vor Inkrafttreten des neuen Rechts, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Bei ihm konnte deshalb die Anwartschaft auf Krankengeld in einer neuen Dreijahresfrist durch die Neuregelung nicht untergehen.

Nicht gefolgt werden kann der Revision auch insoweit, als sie hilfsweise geltend macht, das Krankengeld müsse im vorliegenden Falle in Anwendung des § 47 Abs 1 SGB V nach der konkreten leichteren Tätigkeit berechnet werden, für die sich der Kläger zur Verfügung gestellt hat. Die genannte Vorschrift ist - wie ihr Wortlaut bereits deutlich macht - nur anwendbar, wenn regelmäßiges Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen erzielt worden ist. Das ist aber bei einem Arbeitslosen, der sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, eine Tätigkeit aber aufgrund entsprechender Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes noch nicht ausgeübt hat, nicht der Fall.

Im übrigen stand der Kläger nach den Tatsachenfeststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 SGG gebunden ist, der Arbeitsvermittlung auch nicht nur für eine bestimmte Tätigkeit zur Verfügung, sondern für alle Tätigkeiten, die er mit seinem Restleistungsvermögen noch ausüben konnte. In derartigen Fällen ist eine Berechnung des Krankengeldes nach § 47 SGB V nicht möglich. Sie kann nur - wie dies § 158 Abs 1 Satz 1 AFG vorsieht - unabhängig von den dem Arbeitslosen noch möglichen Erwerbstätigkeiten bemessen werden. Das Gesetz sieht für Arbeitslose vor, daß das Krankengeld in Höhe der bisher bezogenen AFG-Leistung gewährt wird. Dabei kommt dem Versicherten zugute, daß die Höhe der AFG-Leistung von dem bisher erzielten Arbeitsentgelt abhängig ist (vgl dazu §§ 111 und 112 AFG). Die vom Kläger gewünschte Bemessung des Krankengeldes nach dem erzielbaren Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung des für den Bezirk gültigen Tarifvertrags wäre praktisch undurchführbar.

Die Revision rügt schließlich zu Unrecht eine Verletzung des § 103 SGG und des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Das LSG hat unter Hinweis auf die Bescheinigung des Hausarztes vom 30. November 1989 angenommen, daß der Kläger ab 7. Dezember 1989 wieder mit seinem Restleistungsvermögen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Das bedeutet: Er konnte wieder eine Vielzahl leichterer Berufstätigkeiten ausüben. Es trifft zwar zu, daß die Arbeitsunfähigkeit normalerweise in bezug auf eine bestimmte Tätigkeit festzustellen ist. Bei Arbeitslosen, die sich der Arbeitsvermittlung aber mit ihrem Restleistungsvermögen zur Verfügung gestellt haben, ist eine derartige Feststellung in bezug auf bestimmte Tätigkeiten nicht sinnvoll. Es genügt vielmehr die Feststellung, daß der Versicherte, nachdem er zeitweilig krankheitsbedingt keinerlei Erwerbstätigkeit ausüben konnte, von einem bestimmten Zeitpunkt zur Verrichtung von beruflichen Arbeiten wieder in der Lage ist. Diesen Anforderungen entsprechen die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Das LSG hat damit nicht die ihm gemäß § 103 SGG obliegende Aufklärungspflicht verletzt. Es kann auch keine Rede davon sein, daß seiner Entscheidung - soweit es um die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit für das Restleistungsvermögen des Klägers geht - die Gründe fehlen.

Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

BSGE, 121

Breith. 1994, 268

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