Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragszuschuß. Beitragsentlastung. Bedarfsgrenze. Einkommen. Verletztenrente, landwirtschaftliche. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ermächtigung. Beifügung Nebenbestimmung. Vorbehalt

 

Leitsatz (amtlich)

Verletztenrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, die der landwirtschaftliche Unternehmer oder seine Ehefrau beziehen, sind für Beitragszuschuß und Beitragsentlastung anzurechnendes Einkommen.

 

Normenkette

SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1, 3, § 32 Abs. 1; RVO § 538; GAL § 3c Abs. 2, § 10 Abs. 8; SVBEG §§ 2, 5

 

Verfahrensgang

SG Augsburg (Urteil vom 25.08.1994; Aktenzeichen S 10 Lw 2/94)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. August 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, der Kläger 3.386,00 DM an die beklagte Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) zahlen muß.

Der Kläger ist als landwirtschaftlicher Unternehmer beitragspflichtiges Mitglied der beklagten LAK. Seine Ehefrau bezieht von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Schwaben (LBG) für die Zeit seit Juli 1986 eine Verletztenrente aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Der Kläger erhält gleichfalls Verletztenrente von der LBG für die Zeit ab Oktober 1988, die in diesem Monat zunächst vorschußweise gezahlt wurde. Den Bezug dieser Renten teilte der Kläger der Beklagten nicht mit. In seinem Antrag auf Gewährung eines Beitragszuschusses und im Fragebogen zur Überprüfung eines Anspruchs auf Beitragszuschuß verneinte er den Bezug von Renten der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die beklagte LAK gewährte dem Kläger ab Januar 1986 “bis auf weiteres” einen Beitragszuschuß nach § 3c des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) von monatlich 25,00 DM (Bescheid vom 12. November 1986). Ferner bewilligte sie ihm “zusätzlich hierzu” ab 1986 eine Beitragsentlastung in Stufe 3 nach dem Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz (SVBEG) von jährlich 1.300,00 DM (Bescheid vom 8. Dezember 1986). Für das Jahr 1987 setzte sie dessen Höhe auf 1.481,00 DM fest (Bescheide vom 7. Mai 1987 und 7. September 1987), für das Jahr 1988 auf 1.734,00 DM (Bescheid vom 3. Februar 1988), für das Jahr 1989 auf 1.625,00 DM (Bescheide vom 3. Februar 1989 und vom 6. November 1989) und für das Jahr 1990 wieder auf 1.300,00 DM (Bescheid vom 6. März 1990). Da mit Ablauf des Jahres 1990 das SVBEG außer Kraft trat und die Regelungen über die Gewährung von Beitragszuschüssen nach dem GAL geändert worden waren, hob die Beklagte die Bewilligung der Beitragsentlastung mit Wirkung ab Januar 1991 auf und stellte den Betrag des monatlichen Beitragszuschusses für das Jahr 1991 auf 102,00 DM (Bescheid vom 23. Januar 1991) und für das Jahr 1992 auf 190,00 DM fest (Bescheid vom 13. Januar 1992). In die beiden letztgenannten Bescheide nahm sie unter Hinweis auf die Regelung in § 10 Abs 8 GAL nF einen Rücknahmevorbehalt auf.

Die Beklagte legte dem Kläger im Anhörungsschreiben vom 15. Juni 1993 dar, unter Einbeziehung der beiden Verletztenrenten (ab 1987 bzw ab 1989) hätte für das Jahr 1989 kein Anspruch auf Beitragszuschuß nach § 3c Abs 1 GAL zugestanden, sondern nur ein solcher nach § 3c Abs 8 GAL iVm der Beitragszuschußverordnung in Höhe von monatlich 20,00 DM und eine Entlastung nach dem SVBEG in Höhe von nur 1.375,00 DM; für das Jahr 1990 hätte sich kein Anspruch auf Beitragszuschuß und Beitragsentlastung ergeben; in den Jahren 1991/1992 hätte der Kläger Beitragszuschüsse in Höhe von monatlich nur 78,00 DM/158,00 DM beanspruchen können; deshalb seien insgesamt 3.386,00 DM zurückzuzahlen.

Mit Bescheid vom 19. August 1993, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 1993, hob die Beklagte die Bewilligungen von Beitragszuschüssen nach § 3c GAL und von Entlastungen nach dem SVBEG für die Jahre 1989 bis 1992 “gemäß § 48 SGB X” insoweit auf, als es wegen Nichtanrechnung der Verletztenrenten zu Überzahlungen gekommen war. Zugleich verpflichtete sie den Kläger, 3.386,00 DM zurückzuzahlen. Dieser habe grob fahrlässig seine Mitteilungspflichten verletzt. Der Bezug von Verletztenrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei anzurechnendes Einkommen iS von § 3c Abs 2 Buchst b GAL. Somit habe der Kläger nach Erlaß der Bewilligungen Einkommen erzielt, das zum Wegfall bzw zur Minderung der Ansprüche geführt habe.

Das Sozialgericht (SG) Augsburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. August 1994). Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen seien nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nrn 2 und 3 SGB X gerechtfertigt; für die Zeit ab Januar 1991 ergebe sich die Ermächtigung aus § 10 Abs 8 GAL. Die von der LBG Schwaben dem Kläger und seiner Ehefrau gewährten Verletztenrenten seien gemäß § 3c Abs 2 GAL und § 2 SVBEG zu berücksichtigen. Die rechtliche Bedeutung des Ausdrucks: “Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung” könne nicht auf Unfallrenten beschränkt werden, welche von anderen Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt würden (Hinweis auf BT-Drucks 10/3483 S 17 und 10/4246).

Zur Begründung der – vom SG zugelassenen – Revision trägt der Kläger vor, landwirtschaftliche Unfallrenten seien nicht als Erwerbs- bzw Erwerbsersatzeinkommen iS von § 3c Abs 2 GAL zu berücksichtigen. Mit der Einführung des Beitragszuschusses nach § 3c GAL und der Leistung nach dem SVBEG habe eine einkommensorientierte Sozialkostenentlastung für Klein- und Mittelbetriebe erreicht werden sollen. Maßgeblich sei das Gesamteinkommen; es werde landwirtschaftliches und außerlandwirtschaftliches Einkommen berücksichtigt. Weil das landwirtschaftliche Einkommen typischerweise nicht konkret und aktuell ermittelbar sei, sei der Wirtschaftswert als Einkommensersatzmaßstab ausgewiesen. Deshalb bleibe auch beim Erwerbseinkommen iS des § 3c Abs 2 Buchst a GAL das Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft ausdrücklich unberücksichtigt. Nur nichtlandwirtschaftliches Erwerbseinkommen solle angerechnet werden. Auch wenn § 3c Abs 2 GAL nach seinem Wortlaut “Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung” erfasse, könne nicht bezweckt sein, daß auch Unfallrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung aufgrund eines landwirtschaftlichen Arbeitsunfalls unter die außerlandwirtschaftlichen Erwerbseinkünfte zu rechnen seien. Nach Gesetzesbegründung und Gesetzesmaterialien sei diese Problematik nicht erörtert worden. Der auslegungsbedürftige Wortlaut müsse so verstanden werden, daß Verletztenrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung nicht erfaßt würden. Diese Renten sollten den unfallbedingten Ausfall von Erwerbseinkommen und Einkommensmöglichkeiten ausgleichen. Da aber durch die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) das landwirtschaftliche Einkommenspotential geschmälert werde, müsse die Rente als Ersatz hierfür dem landwirtschaftlichen Einkommen zugerechnet werden; eine Reduzierung des hierfür anrechenbaren Wirtschaftswertes erfolge aber gerade nicht. Auch bei den späteren Gesetzesänderungen sei diese Problematik nicht erkannt worden. Eine andere Auslegung verstoße gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) und das Sozialstaatsprinzip. Eine Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen ohne außerlandwirtschaftliches Einkommen und solchen mit landwirtschaftlichen Verletztenrenten und geminderter Erwerbsfähigkeit sei sachfremd und widerspreche sozialstaatlichen Grundprinzipien. § 48 SGB X sei nicht anwendbar, weil die Entlastung nach dem SVBEG jährlich neu bewilligt worden sei. Nach § 45 SGB X könnten die Bewilligungen wegen des schutzwürdigen Vertrauens des Klägers nicht zurückgenommen werden. Die Beklagte habe es auch rechtswidrig unterlassen, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (Hinweis auf Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 4300 § 155 Nr 1). Außerdem habe die Beklagte von dem Bezug der Verletztenrenten wissen müssen, weil die LBG Schwaben im gleichen Hause ihren Sitz habe. Jedenfalls habe der Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt. Ferner fehle eine Ermessensausübung, die nur zugunsten des Klägers ausgehen könne (Hinweis auf BSG SozR 1300 § 48 Nrn 22, 24, 25). Angesichts der groben Verwaltungsfehler liege ein atypischer Fall vor, so daß auch im Rahmen des § 48 SGB X die erforderliche Ermessensbetätigung fehle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Augsburg vom 25. August 1994 und den Bescheid vom 19. August 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 1993 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Wortlaut des § 3c Abs 2 GAL, der über § 1 Abs 1 Nr 3 SVBEG entsprechende Anwendung finde, sei eindeutig; gemäß § 538 der Reichsversicherungsordnung (RVO) umfasse der Ausdruck “Gesetzliche Unfallversicherung” die allgemeine Unfallversicherung, die See-Unfallversicherung und die landwirtschaftliche Unfallversicherung. Nach den Gesetzesmaterialien sei die Anbindung des beim Beitragszuschuß zu berücksichtigenden Einkommens an den altershilfespezifischen Einkommenskatalog der Übergangshilfe in § 9a GAL gewollt. Dort aber führten anerkanntermaßen die Leistungen auch aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zum Anspruchsausschluß, während jedes Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft außer Betracht bleibe. Die Zuschußberechtigung knüpfe an das im Wirtschaftswert ausgedrückte Einkommenspotential des landwirtschaftlichen Unternehmens an. Deswegen sei Arbeitseinkommen aus landwirtschaftlicher Betätigung und nach diesem berechnete Erwerbsersatzeinkommen nicht zu berücksichtigen (Hinweis auf BT-Drucks 10/3438). Da die Höhe der Verletztenrente vom Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung bestimmt sei, komme es auf eine konkrete Minderung des Erwerbseinkommens nicht an. Ein Redaktionsversehen liege schon deswegen nicht vor, weil die Anbindung an den Einkommenskatalog des § 9a GAL ausdrücklich beabsichtigt gewesen und in der späteren Gesetzgebung und insbesondere auch im Agrarsozialreformgesetz 1995 (ASRG 1995) beibehalten worden sei. Zutreffend sei § 48 SGB X angewandt worden. Die Entlastung nach dem SVBEG werde durch Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligt (Hinweis auf § 5 Abs 1 Satz 2 SVBEG und auf BSG SozR 3-5850 § 48 Nr 2 S 11). Die Ansprüche auf Entlastung nach § 3 Abs 1 bis 3 SVBEG entstünden jeweils monatlich und würden nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in einem “Jahresvorab-Betrag” gezahlt (Hinweis auf Breuer, SdL 1986, 229, 247; BSG SozR 3-1300 § 32 Nr 4). Die Erstbescheide über die Bewilligung von Beitragszuschuß und Beitragsentlastung seien rechtmäßig gewesen, erst in den Folgejahren 1989 bis 1992 sei eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten, da die Verletztenrenten zu einer Minderung bzw im Jahre 1990 zum Wegfall dieser Ansprüche geführt hätten. Im übrigen habe der Kläger seine Mitwirkungspflicht grob fahrlässig verletzt; ihr selbst sei kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Außerdem habe der Kläger Vermögen erzielt, das zum Wegfall bzw zur Minderung der bewilligten Ansprüche geführt habe (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Ein atypischer Fall, der eine Ermessensbetätigung verlange, habe nicht vorgelegen. Da die Überzahlung erst durch die Nachricht der LBG Schwaben vom 19. Mai 1993 bekannt geworden sei, sei die rückwirkende Aufhebung auch noch innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist erfolgt. Die Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 23. Januar 1991 und vom 13. Januar 1992 sei durch die Spezialregelung in § 10 Abs 8 GAL gedeckt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Dem SG ist beizupflichten, daß die Klage abzuweisen ist. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind nämlich rechtmäßig. Die Beklagte hat nach ordnungsgemäßer Anhörung des Klägers (§ 24 SGB X) von ihrer Ermächtigung aus § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X sowie von den Rücknahmevorbehalten in den Bescheiden vom 23. Januar 1991 und vom 13. Januar 1992 rechtmäßig Gebrauch gemacht und die ihr gemäß § 50 Abs 1 SGB X zustehende Forderung zutreffend iS von § 50 Abs 3 SGB X festgesetzt.

Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (ua) nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde (Nr 3 aaO). Demnach war die Beklagte befugt, die Bewilligung eines monatlichen Beitragszuschusses von 25,00 DM im Bescheid vom 12. November 1986 für das Jahr 1989 in Höhe von 5,00 DM und für das Jahr 1990 in vollem Umfang aufzuheben.

Diese Vorschrift ist anwendbar. Die Bewilligung eines Beitragszuschusses nach § 3c GAL (jeweils in der am 1. Januar 1986 eingeführten und in der mit Wirkung vom 1. Januar 1991 geänderten und mit Ablauf des 31. Dezember 1994 außer Kraft getretenen Fassung) war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; denn es wurden durch ihn monatlich wiederkehrende Ansprüche auf Geldleistungen zuerkannt. Keiner Darlegung bedarf, daß der Bescheid vom 12. November 1986 im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig war, weil auch unter der – hier streitigen – Anrechnung der Verletztenrente der Ehefrau des Klägers der Zuschuß rechtmäßig bewilligt worden ist. In den für diese Bewilligung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen trat – wie die Beklagte richtig ausführt – im Jahre 1988 eine für die Leistungen ab Januar 1989 wesentliche Änderung dadurch ein, daß auch der Kläger seit Oktober 1988 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhielt. Denn dadurch wurde – wie rechnerisch zwischen den Beteiligten nicht streitig und vom SG festgestellt worden ist – der nach § 3c Abs 3 GAL maßgebliche Grenzwert überschritten. Die tatsächliche Änderung, der Bezug einer Verletztenrente durch den Kläger, war “wesentlich”, weil unter den jetzt gegebenen Verhältnissen (zwei anrechenbare Verletztenrenten) der Beitragszuschuß nicht mehr hätte gewährt werde dürfen. Entgegen der Ansicht des Klägers sind nämlich auch Verletztenrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung nach § 3c Buchst b GAL als Einkommen anrechenbar:

Gemäß § 3c Abs 1 GAL in der bis zum 31. Dezember 1990 gültigen Fassung war nach § 14 aaO beitragspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmern ein Zuschuß zu ihrem Beitrag zu gewähren, wenn das im letzten Kalenderjahr erzielte Einkommen (Abs 2) des landwirtschaftlichen Unternehmers und seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten sowie der Wirtschaftswert (§ 1 Abs 5) des landwirtschaftlichen Unternehmens den Grenzwert nach Abs 3 nicht überschritten. Nach Abs 2 aaO waren Einkommen “nach Abs 1” ua

a) Arbeitsentgelte, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft,

b) Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung, …,

c) … Verletztengeld, soweit es nicht nach § 779c RVO gewährt wird.

Das SG hat die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob auch Verletztenrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung Einkommen iS von § 3c Abs 2 GAL sind, zutreffend bejaht. Verletztenrenten, die wegen eines Arbeitsunfalls in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung von einem Träger dieser Versicherung gewährt werden, sind Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung iS von § 3c Abs 2 Buchst b GAL. Der Wortlaut des Gesetzes knüpft an § 538 RVO an, nach dem die Unfallversicherung sich in die allgemeine Unfallversicherung, die landwirtschaftliche Unfallversicherung und die See-Unfallversicherung gliedert. Hätte das Gesetz – wie der Kläger meint – nicht alle Verletztenrenten aus der gesamten gesetzlichen Unfallversicherung, sondern nur solche aus zwei Teilbereichen hiervon gemeint, hätte es nahegelegen, den Zweig der gesetzlichen Unfallversicherung genau zu bezeichnen, dessen Verletztenrenten nicht als Einkommen berücksichtigt werden sollen. Es fehlen aber schon Anhaltspunkte dafür, daß das Gesetz die Sprachregelung des SGB, dessen Teil auch § 538 RVO ist, hat durchbrechen wollen.

Weder die Systematik des § 3c GAL noch sein Zweck deuten darauf hin, der Gesetzeswortlaut sei zu weitreichend und müsse einschränkend ausgelegt werden. In § 3c Abs 2 GAL wird das Bemühen deutlich, nicht nur die Einkommensarten umfassend aufzuzählen, die den Entlastungsbedarf des Beitragspflichtigen mindern, ihn also in den Stand setzen, die von ihm geschuldeten Beiträge selbst zu tragen; vielmehr verdeutlichen die Differenzierungen in § 3c Abs 2 Buchst a und Buchst c GAL, daß die vom Kläger befürchteten Doppelberücksichtigungen vermieden werden sollten, die den Entlastungsbedarf nur dem Schein nach mindern könnten. Nach dem Gesetz sind nämlich Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft (Buchst a) und Verletztengeld (Buchst c), das aus dem vor dem Unfall erzielten Arbeitseinkommen im wesentlichen wie Krankengeld zu berechnen ist (§ 779d RVO), kein für den Entlastungsbedarf bedeutsames Einkommen. In ihnen wird nämlich die konkrete Nutzung des landwirtschaftlichen Betriebes und seines wirtschaftlichen Potentials greifbar, so daß ihre Anrechnung zu einer Doppelberücksichtigung desselben Faktors bei der Ermittlung des Zuschußbedarfs des landwirtschaftlichen Unternehmers führen würde. Die Vorschrift unterscheidet also zwischen dem Einkommen (bzw dem Einkommensersatz) aus aktiver Unternehmertätigkeit (Buchst a und c) und sonstigen Einkünften.

Zu diesen zählen Verletztenrenten aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Sie werden – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – nicht nach dem Wert der unfallbedingt ausgefallenen Nutzung des landwirtschaftlichen Unternehmens, sondern nach dem abstrakten Verlust an Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Prinzip der abstrakten Schadensberechnung) bemessen. Sie sind also – anders als das Verletztengeld – kein wirtschaftlicher Gegenwert für den Ausfall einer konkreten Nutzung der Wirtschaftskraft des Betriebes, sondern ein Ausgleich für den Verlust des Verletzten an abstrakter Fähigkeit, sich einer gewinnbringenden Erwerbstätigkeit zu widmen. Durch ihre Berücksichtigung als Einkommen wird also gerade nicht die Nutzung der Wirtschaftskraft des Unternehmens zweifach angesetzt, sondern eine zusätzliche (privilegierende) Begünstigung des landwirtschaftlichen Unternehmers vermieden, der – anders als zB ein Nachbar mit einer gleichhohen Verletztenrente aus der allgemeinen Unfallversicherung – eine wegen eines Unfalls in der Landwirtschaft gewährte Rente bezieht. Auch sein Entlastungsbedarf ergibt sich nur aus der Wirtschaftskraft seines landwirtschaftlichen Unternehmens und der Höhe seiner Einkünfte, soweit diese nicht Entgelt (oder Entgeltersatz) für wirklich geleistete landwirtschaftliche Arbeit im Unternehmen sind.

Infolge des Zuflusses der Verletztenrente des Klägers hatten er und seine Ehefrau ab Oktober 1988 Einkommen, das im Jahre 1989 zur Minderung (wegen des Beitragszuschusses nach § 3c Abs 8 GAL aF iVm der Beitragszuschußverordnung) und im Jahre 1990 zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde, wenn nicht der Bewilligungsbescheid vom 12. November 1986 fortbestanden hätte. Gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 und Satz 3 SGB X durfte die Beklagte diesen insoweit ab Beginn des Anrechnungszeitraumes, dh ab 1. Januar 1989, aufheben. Hierbei hat sie auch die nach § 48 Abs 4 Satz 1 iVm § 45 Abs 3 Satz 3 und Abs 4 SGB X maßgeblichen Fristen beachtet: Sie hat die streitige Entscheidung im August 1993, also entsprechend § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X binnen eines Jahres nach Kenntniserlangung von der wesentlichen Änderung der Verhältnisse erlassen. Denn die LBG Schwaben hatte ihr erst im Mai 1993 mitgeteilt, daß der Kläger und seine Ehefrau diese Renten bezogen. Entgegen der Ansicht des Klägers muß die Beklagte sich die Kenntnis der LBG nicht zurechnen lassen. Diese ist – entgegen der Revisionserwiderung – keine andere Behörde desselben Leistungsträgers, sondern ein von der Beklagten unabhängiges eigenständiges Verwaltungsrechtssubjekt (Leistungsträger), das nicht in den Vollzug der Altershilfe für Landwirte sowie der hierzu ergangenen Beitragsentlastungsregelungen gesetzlich eingeschaltet ist. Auf die materiellen Voraussetzungen des § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X kommt es bei der entsprechenden Anwendung im Rahmen des § 48 Abs 4 aaO nicht an, weil die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung wegen nachträglicher wesentlicher Änderung der Verhältnisse in § 48 Abs 1 Satz 2 und 3 speziell und abschließend geregelt sind. Keiner Darlegung bedarf ferner, daß die LAK die Bewilligungsentscheidungen entsprechend § 45 Abs 3 Satz 3 SGB X binnen zehn Jahren nach Eintritt der wesentlichen Änderung aufheben durfte; auch insoweit kommt es auf die in § 45 Abs 3 Satz 3 SGB X genannten materiell-rechtlichen Voraussetzungen nicht an (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 22 S 32).

Die Teilaufhebung der Bewilligung von Beitragszuschüssen für die Jahre 1989 und 1990 ist nicht wegen fehlender Ermessensausübung aufzuheben, weil der Beklagten Ermessen nicht eingeräumt war. Nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X “soll” die Bewilligung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Das bedeutet, daß die Beklagte rückwirkend aufheben muß, soweit nicht – ausnahmsweise – ein sog atypischer Fall vorliegt. Entgegen der Ansicht des Klägers gibt es keinen Hinweis darauf, es könne ein atypischer Fall gegeben sein. Es ist gerade ein vom Gesetz ausgestalteter Regelfall, daß der durch den Verwaltungsakt Begünstigte nach dessen Erlaß Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des in dem Verwaltungsakt zuerkannten Anspruchs führt. Es kann offenbleiben, ob und ggf in welchem Umfang ein Fehlverhalten der Verwaltung bei der Herbeiführung eines Aufhebungstatbestandes iS von § 48 Abs 1 Satz 2 Nrn 2 bis 4 SGB X dazu führen kann, daß eine atypische Fallgestaltung vorliegt, in welcher der Verwaltungsträger Ermessen zu betätigen hätte. Denn die Beklagte hat sich nicht fehlerhaft verhalten. Insbesondere hat sie entgegen dem Vorbringen der Revision ihre Amtsermittlungspflicht nicht verletzt. Sie hat den Sachverhalt im Zeitpunkt der Bewilligung durch die auf dem Antragsformular von ihr gestellten Fragen von Amts wegen aufzuklären versucht. Ferner hat sie den Kläger auf seine Pflicht hingewiesen, Erwerbsersatzeinkommen, ua Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, anzugeben. Schließlich hat sie den Sachverhalt durch Übersendung eines Überprüfungsbogens aufzuklären versucht. Hingegen war sie jedenfalls nicht verpflichtet, “ins Blaue hinein” Auskünfte von der LBG Schwaben einzuholen, weil für sie kein Anhalt bestand, der Kläger oder seine Ehefrau könnten Verletztenrenten beziehen. Letztlich beruht die Unkenntnis der Beklagten im wesentlichen darauf, daß der Kläger deren Fragen nicht richtig beantwortet und den Bezug dieser Unfallrenten nicht mitgeteilt hat.

Aus den vorgenannten Gründen ist auch die Teilaufhebung der Bewilligung von Beitragsentlastung nach dem SVBEG für die Jahre 1989 und 1990 rechtmäßig. Auch im Blick auf diese Leistung hat die Beklagte § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X zutreffend angewandt. Diese Vorschrift ist entgegen der Ansicht des Klägers anwendbar. Der Senat hat bereits zweimal (BSG SozR 3-1300 § 32 Nr 4; SozR 3-5850 § 48 Nr 2) darauf hingewiesen, daß der einmal gestellte Entlastungsantrag nach § 5 Abs 1 Satz 2 SVBEG zugleich für die folgenden Kalenderjahre wirkt, so daß die Erstbewilligung dieser Leistung ein subjektives Recht (sog Stammrecht) auf die Bewilligung von jeweils monatlich entstehenden Entlastungsansprüchen begründet, die in einem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zu einem “Jahresvorab-Betrag” kraft Gesetzes zusammengefaßten Betrag als “jährliche” Entlastung gemäß der festgesetzten Stufe erfüllt werden. Soweit in den folgenden Jahren keine Entscheidungen über den Grund oder die Höhe der Ansprüche zu treffen sind, handelt es sich bei den jährlichen SVBEG-Bescheiden um bloße wiederholende Verfügungen, also nicht um (materielle) Verwaltungsakte. Die Beklagte hatte in den Folgejahren – insoweit nicht streitbefangene – Entscheidungen nur über die Höhe der Entlastung getroffen. Demgemäß hat die Beklagte in dem Bewilligungsbescheid vom 8. Dezember 1986 dem Kläger Beitragsentlastung in Stufe 3 (§ 2 Abs 1 Nr 1c SVBEG) gewährt und ausgeführt, diese betrage in voller Höhe jährlich 1.300,00 DM. Zugleich ist ihm erläutert worden, daß die Höhe der Beitragsentlastung sich nach der Klasse richtet, nach der dem Kläger ein Anspruch auf Beitragszuschuß zusteht. Sofern – wie hier – konkrete Anhaltspunkte dafür nicht vorliegen, die Voraussetzungen für die Grundbewilligung nach dem SVBEG könnten entfallen sein, muß die LAK im Rahmen des SVBEG von Amts wegen die bestandskräftig zuerkannte Klasse der Beitragszuschußberechtigung des Begünstigten prüfen. Deswegen bedeutete es – entgegen der Ansicht der Revision – keine unzulässige Verlagerung von Amtsermittlungsaufgaben der Behörden auf den Sozialleistungsberechtigten, wenn die Beklagte sich auf ihre nach § 3c GAL getroffenen Entscheidungen über den Beitragszuschuß und auf den Entlastungsbewilligungsbescheid stützte. Denn hinsichtlich der darin getroffenen Regelungen war gerade der Kläger kraft Gesetzes verpflichtet, Veränderungen ua in seinem Erwerbsersatzeinkommen anzuzeigen.

Bezüglich der Teilaufhebung der Bewilligungen von Beitragszuschüssen für die Jahre 1991 und 1992 kann die Beklagte sich auf die wirksamen Aufhebungsvorbehalte in den Bescheiden vom 23. Januar 1991 und vom 13. Januar 1992 stützen. Darin hatte sie sich ua jeweils vorbehalten, den Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn das der Berechnung zugrunde gelegte Einkommen, das in dem Bescheid jeweils ausdrücklich benannt worden war, überschritten ist. Entgegen der Auffassung des SG ist § 10 Abs 8 GAL nicht selbst Ermächtigungsgrundlage zur Rücknahme von Bewilligungsbescheiden. Die Vorschrift ermächtigt vielmehr den Verwaltungsträger, den Bewilligungsbescheiden, auf deren Erlaß ein Anspruch besteht, die im Gesetz genannte Nebenbestimmung beizufügen (§ 32 Abs 1 SGB X). Wird von dieser Ermächtigung zur Beifügung einer Nebenbestimmung im jeweiligen Verwaltungsakt kein Gebrauch gemacht, kann auf § 10 Abs 8 GAL eine Rücknahme oder Aufhebung nicht gestützt werden (vgl BSG SozR 3-5870 § 11 Nr 1). Die Beklagte hat jedoch in den beiden Bewilligungsbescheiden diesen Vorbehalt ordnungsgemäß aufgenommen, dessen Voraussetzungen – wie oben ausgeführt – vorliegen. Die rechtmäßige Beifügung eines derartigen Vorbehaltes ermächtigt zur Aufhebung der Bewilligung wegen nachträglich erlangten Einkommens, ohne daß die Voraussetzungen des § 48 SGB X im übrigen vorliegen müssen (vgl BSG SozR 3-1300 § 32 Nr 4 S 33 mwN).

Nach alledem war die Revision des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Haufe-Index 946327

SozSi 1997, 79

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