Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 29.07.1992)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Juli 1992 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten, ob der Kläger für die Mitarbeit seiner Mitglieder bei der Neuerrichtung der Sportanlagen Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung an die Beklagte zu zahlen hat.

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Sportverein. Infolge der Verlegung einer Bundesstraße wurde es im Jahre 1986 notwendig, das Sportplatzgelände und das auch dem Sportbetrieb dienende Vereinshaus neu zu errichten. Die Mitgliederversammlung des Klägers beschloß am 4. April 1986 die Verpflichtung der Mitglieder, den Neubau der Sportanlagen „durch Leistung von Hand- und Spanndiensten zu unterstützen”. Im Oktober 1986 meldete der Kläger als Bauherr bei der Beklagten den Bau eines Sportheims mit Umkleidekabinen und Duschräumen sowie zweier Rasenspielfelder mit Trainingsbeleuchtung an. Von den mit 602.340,– DM (Sportheim 271.000,– DM; Restbetrag für Außensportanlagen) veranschlagten Baukosten sollte ein Betrag von 123.000,– DM durch Eigenleistungen der Vereinsmitglieder eingespart werden. In dem Nachweis für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten führte der Kläger für die Zeit vom 12. September bis 26. November 1986 namentlich die einzelnen bei den Bauarbeiten tätig gewordenen Vereinsmitglieder (77 Mitglieder) unter Angabe der von ihnen geleisteten Arbeitsstunden auf. In einem weiteren Nachweis für das vom 15. Februar bis 31. August 1987 fortgesetzte Bauvorhaben wurde nach dem gleichen Modus die Mitarbeit von 56 Mitgliedern gemeldet. Diesen Nachweisen entsprechend betrug die Gesamtarbeitszeit von September bis November 1986 insgesamt 1985 Arbeitsstunden und von Februar bis August 1987 insgesamt 4270 Arbeitsstunden. Die Zahl der erbrachten Arbeitsstunden war nicht auf alle Mitglieder gleichmäßig verteilt; sie schwankte zwischen mindestens 1,5 und 221 Stunden (492 Stunden im zuletzt genannten Zeitraum).

Mit Bescheid vom 8. Januar 1988 idF des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1988 zog die Beklagte den Kläger zur Zahlung von Beiträgen für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten in Höhe von 8.007,14 DM heran. Die Vereinsmitglieder hätten die Arbeiten nicht aufgrund ihrer Mitgliedspflichten erbracht, sondern seien zumindest wie Beschäftigte des Klägers nach § 539 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) tätig geworden; damit hätten sie dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstanden.

Das Sozialgericht (SG) hat die gegen den Beitragsbescheid vom 8. Januar 1988 (idF des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1988) sowie gegen den im erstinstanzlichen Verfahren erlassenen Bescheid vom 24. November 1988 über einen Säumniszuschlag in Höhe von 432,– DM gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Oktober 1991). Eine mitgliedsrechtliche Pflicht zur Arbeitsleistung sei weder der Satzung noch dem Beschluß der Mitgliederversammlung vom 4. April 1986 zu entnehmen. Der Beschluß sei zu allgemein gehalten, als daß er einen durchsetzbaren Anspruch des Klägers gegen seine Mitglieder darstelle. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 29. Juli 1992). Die von den Vereinsmitgliedern tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen könnten nicht als durch Satzung, Beschluß oder Vereinszweck gedeckt angesehen werden. In dem Beschluß vom 4. April 1986 sei zwar ordnungsgemäß eine Selbstverpflichtung der Mitglieder zur Unterstützung des Sportanlagenneubaus durch Leistung von Hand- und Spanndiensten zustandegekommen. Diese Selbstverpflichtung reiche jedoch nicht aus, die umfangreichen tatsächlichen Arbeitsleistungen als eine durch Beschluß begründete Mitgliedspflicht zu werten. Die Mitgliederversammlung habe bei der Beschlußfassung die Vorstellung gehabt, daß die Mitarbeit eines Mitglieds ungefähr einen Arbeitstag bzw einen Arbeitseinsatz im Wert von 150,– DM betragen sollte. Die Wirklichkeit des Bauverlaufs sei jedoch anders gewesen. Nach schlechten Erfahrungen mit beauftragten Baufirmen habe der Vorstand beschlossen, sämtliche Arbeiten in Eigenregie durchzuführen. Aufgrund dieser hohen Belastung der Mitglieder sei der Rahmen der Mitgliedspflichten überschritten und weder vom Vereinszweck noch von Beschlüssen der Mitgliederversammlung gedeckt. Es sei auch nicht ersichtlich, daß zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Beschluß, die Eigenarbeiten in Eigenregie durchzuführen, eine weitere Entscheidung der Mitgliederversammlung herbeigeführt worden wäre.

Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er meint, das LSG habe in rechtsfehlerhafter Anwendung der §§ 723 Abs 1, 725 Abs 1 RVO und des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO, § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO eine Beitragspflicht gegenüber der Beklagten bejaht. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls hätte das Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß die Tätigkeit der Mitglieder auf ihren Mitgliedspflichten beruht habe. Ziehe man die Vereinswirklichkeit in Betracht, die darin bestehe, daß die Neuanlage dringend notwendig gewesen sei – und das die Mitglieder auch einsähen –, berücksichtige man ferner die für Mitglieder eines dörflichen Vereins typische Bereitschaft zur starken „Unterstützung” ihres Vereins und würdige man schließlich den Beschluß des Vereins vom 4. April 1986, so könnten die von den Mitgliedern erbrachten Leistungen nur als Mitgliedschaftspflichten qualifiziert werden. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), insbesondere dem vom Berufungsgericht zugrundegelegten Urteil des Senats vom 24. Januar 1992 (- 2 RU 3/91 – HV-Info 1992, 955) sei kein fester Maßstab zu entnehmen, in welchem Umfang Arbeiten der Mitglieder noch vom Vereinszweck bzw von Beschlüssen gedeckt sei. Im vorliegenden Fall gehe es um eine Beschäftigung von 10 Stunden pro Monat. Die Differenz von zwei Stunden im Vergleich zu der angezogenen Entscheidung des BSG vom 24. Januar 1992 (aaO) sei nicht so schwerwiegend, als daß ohne Rechtsfehler hierzu eine andere Entscheidung gerechtfertigt wäre. Auch hier sei die Gesamtanlage auf Jahrzehnte hin angelegt. Das Vorhaben überschreite auch nicht den unbedingt erforderlichen Umfang, zumal die Räume im Vereinsheim und die Sportfelder für den ordnungsgemäßen Trainings- und Spielbetrieb zwingend notwendig seien. Rechtlich zu beanstanden sei die Auffassung des LSG, wegen des Umfangs „eines derartigen Großprojektes” sei es vom finanziellen und auch vom zeitlichen Einsatz her geboten, die zur Mitarbeit herangezogenen Mitglieder unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen. Diese Rechtsauffassung finde in der Rechtsprechung des BSG keine Stütze, sondern stehe im Gegensatz zu ihr.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Juli 1992 und das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Oktober 1991 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1988 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. November 1988 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie meint, die Entscheidung des LSG diene im Ergebnis den Interessen der Vereinsmitglieder und entspreche den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte Anspruch auf die von ihr geforderten Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (§ 723 Abs 1, § 725 Abs 1 RVO) hat.

Nach § 723 Abs 1 RVO werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht, die selbst versichert sind oder Versicherte beschäftigten. Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) war der Kläger für die Errichtung des Vereinshauses und der Sportanlagen Unternehmer (§ 658 Abs 2 Nr 1 RVO; s BSGE 14, 1, 2; Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Auflage, § 658 RdNr 2; KassKomm-Ricke, Sozialversicherungsrecht, § 658 RVO RdNr 6) nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten (§ 728 Abs 3 RVO; s Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Auflage, S 531/532 mwN), denn der wirtschaftliche Wert der zu errichtenden Neuanlagen fiel ausschließlich dem klagenden Verein als solchem zu (s BSGE 14, 1, 2).

Wie der Kläger zwar zutreffend darauf hinweist, liegt eine zur Beitragszahlung verpflichtende Tätigkeit nicht vor, wenn aus der Verrichtung eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers nicht erwachsen kann (BSGE 14, 1, 2); die Beitragspflicht setzt also das Bestehen eines gesetzlichen Versicherungsschutzes für die tätig gewordenen Mitglieder des Vereins bei der Errichtung der Neuanlage des Sportgeländes voraus (s BSG Urteil vom 24. Januar 1992 – 2 RU 3/91 – HV-Info 1992, 955). Entgegen der Auffassung des Klägers standen die bei dem Bauvorhaben tätig gewordenen Vereinsmitglieder in dem Zeitraum von Juni 1986 bis August 1987 jedoch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Folge, daß für ihre Verrichtungen Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung an die Beklagte zu entrichten sind. Entsprechend den vom LSG getroffenen Feststellungen bestand eine Unfallversicherung der mithelfenden Mitglieder, weil sie zumindest wie Beschäftigte nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO tätig waren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Unfallversicherung bei nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten schließt die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO nicht von vornherein aus (BSG 14, 1, 3; 52, 11, 12; BSG SozR 2200 § 539 Nrn 114 und 123; BSG Urteil vom 19. Mai 1983 – 2 RU 55/82 – USK 8366; BSG Urteil vom 24. Januar 1992 – 2 RU 3/91 – aaO, jeweils mwN). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses iS des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO steht nicht entgegen, daß die Tätigkeiten der einzelnen helfenden Vereinsmitglieder nur vorübergehend waren. Dagegen fehlt es nach den vom LSG getroffenen Feststellungen an einer persönlichen Abhängigkeit (s Brackmann aaO S 470d/e) zwischen den Helfenden und dem Kläger.

Scheidet aus diesem Grunde die Anwendbarkeit des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO aus, so sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO gegeben. Ein Vereinsmitglied kann grundsätzlich nicht nur – wie dargelegt, – als, sondern dementsprechend auch „wie” ein nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO Beschäftigter für den Verein tätig und nach § 539 Abs 2 RVO versichert sein (BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG Urteil vom 22. September 1988 – 2/9b RU 78/87 – HV-Info 1988, 2178). Danach sind gegen Arbeitsunfall Personen versichert, die wie ein nach Abs 1 des § 539 RVO Versicherter tätig werden. Die Anwendung der Vorschrift erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, daß sie eine Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Die hier zu beurteilende – unentgeltliche – Mithilfe der Vereinsmitglieder stellt eine ernsthafte, dem Willen des Klägers entsprechende Arbeitsleistung dar. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO nicht (BSGE 5, 168, 171; 17, 211, 216; BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG Urteil vom 22. September 1988 – 2/9b RU 78/87 – aaO; Brackmann aaO S 475m ff mwN).

Der Versicherungsschutz ist im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, weil – entgegen der Auffassung der Revision – sich die Tätigkeit der Vereinsmitglieder als Ausfluß ihrer Mitgliedschaft im Verein darstellt. Es trifft zwar zu, daß auch im Rahmen des § 539 Abs 2 RVO der Versicherungsschutz ausscheidet, wenn die Vereinsmitglieder bei ihrer Verrichtung in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten gehandelt haben (Brackmann aaO S 476f mwN). Entscheidend für die Beurteilung ist die Vereinswirklichkeit in Übereinstimmung mit der Satzung, den Beschlüssen der zuständigen Gremien und der allgemeinen Übung (BSG SozR 2200 § 539 Nrn 101 und 123; BSG Urteil vom 24. Januar 1992 – 2 RU 3/91 – aaO).

Zu den auf allgemeiner Übung beruhenden Mitgliedspflichten zählen geringfügige Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden (BSGE 14, 1, 3; 17, 211, 216 sowie eingehend BSG Urteil vom 22. September 1988 – 2/9b RU 78/87 – aaO), wie zB regelmäßige Arbeiten zur Herrichtung und Reinigung von Sportplätzen, Verkauf von Eintrittskarten, Ordnungsdienste bei Veranstaltungen. Die Arbeiten der Vereinsmitglieder des Klägers bei der Neuerrichtung des Sportheims und der Sportanlagen gehören jedenfalls nicht zu den geringfügigen Tätigkeiten, die ein Sportverein von seinen Mitgliedern ohne weiteres verlangen kann. Auch die Tatsache, daß es sich – worauf die Revision besonders hinweist – um einen ländlichen Verein mit engen Verbindungen der Mitglieder untereinander handelt, macht bei dem vom LSG festgestellten großen Umfang die Mitarbeit nicht zu einer auf allgemeiner Übung beruhenden Mitgliedspflicht. Ande-renfalls würde dies entgegen der Rechtsprechung des Senats zum gesetzlichen Sinn und Zweck unfallversicherungsrechtlichen Schutzes von Vereinsmitgliedern bei Tätigkeiten im Verein gerade diejenigen von diesem Schutz ausschließen, die sich mit besonderer Tatkraft für den Bestand und die Fortentwicklung eines Vereins einsetzen (s BSGE 52, 11, 15).

Bei über den dargestellten Rahmen hinausgehenden umfangreicheren Arbeitsleistungen kann eine Mitgliedspflicht nur angenommen werden, wenn im Rahmen des Vereinszwecks die Satzung dies vorsieht oder ein entsprechender Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines sonstigen dafür zuständigen Vereinsgremiums gefaßt ist. Wie der Senat in seinem Urteil vom 24. Januar 1992 (2 RU 3/91 – aaO) näher dargelegt hat, steht insoweit den dafür zuständigen Vereinsgremien ohne Verstoß gegen § 32 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) in angemessenem Rahmen eine Gestaltungsmöglichkeit zu, von den Mitgliedern des Vereins Arbeitsleistungen entweder aufgrund eines – unfallversicherten und damit auch beitragspflichtigen – Beschäftigungsverhältnisses zum Verein, gegebenenfalls wie Beschäftigte iS des § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO, oder – ohne den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung – aufgrund einer durch Beschluß begründeten Mitgliedspflicht erbringen zu lassen. Maßgebend ist nicht irgendein Ausfluß der Mitgliedschaft, sondern eine Tätigkeit aufgrund von Mitgliedspflichten im Rahmen des Vereinszwecks. Der Senat hat deshalb in seinem Urteil vom 31. Januar 1961 (BSGE 14, 1, 4), auf dessen Grundsätze die Revisionsbeklagte besonders hinweist, den Versicherungsschutz nicht bereits deshalb bejaht, weil es sich um umfangreichere Bauarbeiten zur Errichtung eines Vereinshauses gehandelt hat, sondern weil die Arbeitsleistungen nicht aufgrund von Mitgliedspflichten erbracht worden waren, dh die Arbeitsleistungen der mithelfenden Vereinsmitglieder kein Ausfluß ihrer Vereinszugehörigkeit waren (ebenso BSG SozR 2200 § 539 Nr 68). In seinem Urteil vom 12. Mai 1981 (BSGE 52, 11, 15) hat der Senat als Beispiel von Arbeiten, die den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins überschreiten, auch den Bau eines Vereinshauses angeführt. Da der Senat jedoch auf die „gewöhnlichen” Zwecke „eines” Vereins abgestellt hat und für dieses Beispiel somit vom Regelfall ausgegangen ist, erübrigt sich auch nach dieser Entscheidung nicht die Prüfung, ob im zu entscheidenden Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Neuerrichtung eines Vereinshauses und der Sportanlagen doch noch vom Zweck des Vereins umfaßt wird (s BSG Urteil vom 24. Januar 1992 – 2 RU 3/91 – aaO).

Von diesen Grundsätzen ausgehend waren die Arbeitsleistungen der Mitglieder des Klägers aber nicht Ausfluß mitgliedschaftlicher Vereinspflichten. Den Umfang der tatsächlich erbrachten Verrichtungen bestimmte im Rahmen des Vereinszwecks weder die Satzung des Klägers noch – entgegen der Auffassung der Revision – der Beschluß der Mitgliederversammlung vom 4. April 1986.

Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) handelte es sich bei den Baumaßnahmen nicht um gewöhnliche Instandsetzungs- oder Erweiterungsbauten, sondern um die infolge der Verlegung einer Bundesstraße notwendig gewordene vollständige Neuanlage der Sportplätze und des Vereinshauses. Da die Satzung den Vereinsmitgliedern lediglich eine Instandhaltungspflicht auferlegt (s Nr 1 Buchst b der Satzung vom 3. Juni 1965), scheidet hier eine Satzungsregelung als verpflichtende Grundlage für die geleisteten Arbeiten aus.

Nach den weiteren Feststellungen des LSG enthält der Beschluß vom 4. April 1986 zwar eine Selbstverpflichtung der Mitglieder zur Unterstützung des Sportanlagenneubaus durch Leistung von Hand- und Spanndiensten; diese Selbstverpflichtung reicht jedoch nicht aus, die umfangreichen tatsächlichen Arbeitsleistungen als pflichtgemäße Erfüllung einer durch diesen Beschluß begründeten Mitgliedspflicht zu werten. Unter Hinweis auf die Vorgeschichte des Beschlusses vom 4. April 1986 hat das LSG festgestellt, daß sich die Mitgliederversammlung bei der Beschlußfassung von der Vorstellung leiten ließ, die Mitarbeit eines Mitglieds sollte ungefähr einen Arbeitstag bzw einen Arbeitseinsatz im Wert von 150,– DM betragen. Die Wirklichkeit des Bauverlaufs und der dadurch entstandenen Arbeitseinsätze der Vereinsmitglieder war jedoch anders, nachdem der Vorstand nach schlechten Erfahrungen mit Baufirmen beschlossen hatte, sämtliche Arbeiten in Eigenregie durchzuführen. Sie betrugen im ersten Bauabschnitt 1985 Arbeitsstunden (dh bei 77 mitarbeitenden Mitgliedern durchschnittlich 25 Stunden) und im zweiten Bauabschnitt 4270 Arbeitsstunden (dh bei 56 mitarbeitenden Mitgliedern durchschnittlich 76 1/4 Stunden). Aus diesen Feststellungen hat das LSG ohne Rechtsfehler die Schlußfolgerung gezogen, daß die hohe tatsächliche Belastung der Mitglieder nicht von dem Beschluß vom 4. April 1986 gedeckt ist; dies gilt um so mehr, als zu einem späteren Zeitpunkt, nachdem beschlossen war, die Arbeiten in Eigenregie durchzuführen, eine weitere Entscheidung der Mitgliederversammlung nicht mehr herbeigeführt wurde.

Soweit sich die Revision gegen diese Feststellungen wendet und meint, mit der im Beschluß vom 4. April 1986 enthaltenen Formulierung „unterstützen” sei nichts anderes ausgedrückt worden, als die Verpflichtung der Mitglieder, an der Maßnahme mitzuarbeiten, rügt der Kläger im Kern, das LSG habe die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 SGG überschritten. Die Beweiswürdigung steht in der Regel im Ermessen des Tatsachengerichts. Das Revisionsgericht darf nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat (s BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 mwN). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze enthält die Revision keine substantiierte Rüge.

Da im vorliegenden Fall nach den somit bindenden Feststellungen des LSG weder in der Satzung des Klägers noch durch Beschluß der Mitgliederversammlung vom 4. April 1986 eine mitgliedschaftliche Verpflichtung für die Vereinsmitglieder festgeschrieben war, bei dem Gesamtbauvorhaben in dem tatsächlich erbrachten Umfang Arbeiten zu verrichten, kann unentschieden bleiben, ob die Mitgliederversammlung eine Tätigkeitspflicht in diesem Umfang rechtswirksam hätte festlegen können und inwieweit – wie das LSG angenommen hat – bei einem derartigen Bauvolumen der Rahmen des Vereinszwecks überschritten wurde. In diesem Zusammenhang hat das LSG darauf hingewiesen, daß nahezu das den Bau des Vereinsheims um mehr als den gleichen Umfang übersteigende gesamte Bauvorhaben, das ursprünglich von Fremdfirmen ausgeführt werden sollte, unter der Regie des Klägers und dem Einsatz zahlreicher Mitglieder vonstatten gegangen war. In Anbetracht eines derartigen Großprojektes entspricht es dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung, daß die zur Mitarbeit herangezogenen Mitglieder ihrem Schutz unterstehen. Dabei dürfte zudem nicht maßgebend nur auf den monatlichen Durchschnittsaufwand an Arbeitsstunden abgestellt werden. Anderenfalls könnte durch eine zeitliche Streckung der Arbeiten die Arbeitslast der Vereinsmitglieder – ohne Erhöhrung des monatlichen Durchschnitts – wesentlich vergrößert werden.

Die Beklagte als für die Beitragsforderung zuständiger Versicherungsträger (BSG 17, 211, 217) hat daher zu Recht den Beitragsbescheid vom 8. Januar 1988 (idF des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1988) und den Bescheid über den Säumniszuschlag vom 24. November 1988 erlassen. Diese Bescheide sind nach den Feststellungen des LSG der Höhe nach nicht zu beanstanden. Einwendungen hiergegen hat auch die Revision nicht erhoben.

Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1173585

SpuRt 1994, 251

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