8.1 Beseitigung durch gegenläufige betriebliche Übung?

Allein daraus, dass der Arbeitgeber einmalig die durch betriebliche Übung begründeten Ansprüche nicht erfüllt, lässt sich keine Aufgabe der betrieblichen Übung herleiten.[1]

Früher hatte das BAG die Auffassung vertreten, dass die alte betriebliche Übung einvernehmlich geändert wird, wenn der Arbeitgeber (bei jährlich erbrachten Leistungen) über einen Zeitraum von 3 Jahren zu erkennen gibt, dass er eine betriebliche Übung anders zu handhaben gedenkt als bisher und, die Beschäftigten der neuen Handhabung während des dreijährigen Zeitraums nicht widersprechen.[2] Diese Rechtsprechung wurde jedoch aufgegeben. Nach jetziger Ansicht kann eine 3-malige Nichtgeltendmachung von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer die betriebliche Übung des Arbeitgebers nicht beenden.[3]

Dies gilt insbesondere für Verträge, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1.1.2002 nach § 308 Nr. 5 BGB geschlossen worden sind. Für Altfälle, d. h. Arbeitsverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes begründet worden sind, soll es eine Ausnahme geben, wenn der Arbeitsvertrag im Vertrauen auf die damals geltende Gesetzeslage und die nicht den Wirkungen des AGB-Rechts unterworfene Rechtsprechung abgeschlossen worden sind. Hier besteht je nach Einzelfall weiterhin die Möglichkeit einer gegenläufigen betrieblichen Übung.[4]

8.2 Änderungskündigung

Eine entstandene betriebliche Übung kann nur durch Änderungsvertrag beseitigt werden bzw. durch Änderungskündigung, d. h., dass das bisherige Arbeitsverhältnis gekündigt und ein neues, ohne z. B. einen Gratifikationsanspruch, angeboten wird.

Lässt sich eine betriebliche Übung nicht einvernehmlich beenden und ist eine Änderungskündigung aufgrund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage eines Betriebs gewollt, so hat der Arbeitgeber substantiiert unter Beweisantritt darzulegen, dass die Änderungskündigung zur Lohnsenkung durch dringende betriebliche Belange sozial gerechtfertigt ist und dass andernfalls der Arbeitsplatz des Klägers bzw. die Arbeitsplätze aller Beschäftigten insgesamt gefährdet wären.[1]

8.3 Beseitigung durch Betriebs-, Dienstvereinbarungen?

Durch eine Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung kann eine betriebliche Übung nicht beseitigt werden, da es sich bei einer betrieblichen Übung um arbeitsvertragliche Ansprüche handelt, die nicht durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgeschafft werden können. Denkbar wäre allenfalls eine Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung, die eine betriebliche Übung näher regelt, ohne dass diese bei kollektiver Betrachtung ungünstigere Regelungen enthält.

8.4 Beseitigung bei Neueinstellungen

Der Arbeitgeber kann hinsichtlich der neu eingestellten Beschäftigten eine betriebliche Übung beseitigen, indem er die entsprechende Leistung im Arbeitsvertrag ausdrücklich ausschließt.[1]

 
Praxis-Tipp

Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot haben grundsätzlich alle Beschäftigten Anspruch auf die gleichen Leistungen. Der Ausschluss einzelner Beschäftigter ohne sachlichen Grund ist nicht zulässig. Es muss somit einen sachlichen Grund dafür geben, wenn Sie Beschäftigte unterschiedlich behandeln.[2] Anspruch auf die aus einer betrieblichen Übung erwachsenen Leistungen haben grundsätzlich alle Beschäftigte, mit denen während der Geltung dieser betrieblichen Übung ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Eine Ungleichbehandlung liegt jedoch nicht vor – da es sich dann um zwei unterschiedliche Gruppen von Beschäftigten handelt – wenn Sie an alle Beschäftigten, die ab einem bestimmten Datum eingestellt werden, keine Leistungen aus betrieblicher Übung mehr erbringen.

8.5 Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte

Hat ein Arbeitgeber unter dem Hinweis der Freiwilligkeit oder der Widerruflichkeit Leistungen erbracht, so kann er die zukünftige Leistungsgewährung grundsätzlich jederzeit verweigern bzw. widerrufen.

8.5.1 Freiwilligkeitsvorbehalte

Freiwilligkeitsvorbehalte verhindern die Entstehung einer betrieblichen Übung. Sie können sowohl im Arbeitsvertrag als auch im Zusammenhang mit der jeweiligen Erbringung einer Leistung abgegeben werden.[1]

Gegen Freiwilligkeitsvorbehalte bestehen auch nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform keine rechtlichen Bedenken.[2]

Unzulässig ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nach dem die Zahlung einer monatlichen Leistung freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt und ins Belieben des Arbeitgebers gestellt wird, d. h. in welchem alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst werden.[3]

Dies würde bedeuten, dass die Zahlungen grundlos und ohne jegliche Erklärung eingestellt werden könnten. Es würde den Beschäftigten entgegen dem Gebot von Treu un...

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