Wie ausgeführt, dient die BV der Verwirklichung der Mitbestimmungsrechte.

Ebenso wie der TV enthalten die BV/DV Rechtsnormen, die unmittelbar und zwingend gelten (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, der auch bei der Dienstvereinbarung entsprechend angewandt wird).

Das bedeutet:

Unmittelbare Wirkung

Regelt eine BV/DV den Inhalt der einzelnen Arbeitsverhältnisse, werden diese entsprechend umgestaltet bzw. ausgestaltet.

Die Normen der Betriebs-Dienstvereinbarung wirken also wie ein Gesetz auf die Arbeitsverhältnisse ein. Abweichendes wird verdrängt, fehlendes ergänzt. Auch sog. negative Inhaltsnormen, z.B. ein Verbot der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf, sind möglich.[1]

Zwingende Wirkung

Die Normen der Betriebsvereinbarung können nicht durch einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zuungunsten des Arbeitnehmers abbedungen werden.

Aber: für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen dürfen zwischen ihnen getroffen werden (Günstigkeitsprinzip). Dieses Günstigkeitsprinzip ist zwar nur im Tarifvertragsrecht ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 4 Abs. 3 TVG), während hiervon in § 77 BetrVG nichts steht.

Dennoch: § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG will das Günstigkeitsprinzip nicht ausschließen. Dieses ist Ausdruck des allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzprinzips.[2]

Deshalb geht in der Grafik über die Rangordnung der Rechtsgrundlagen vom Arbeitsvertrag ein "Günstigkeitspfeil" an der Betriebsvereinbarung vorbei nach oben.

Bei vertraglichen Einheitsregelungen (der AG unterbreitet den Arbeitnehmern ein Angebot, das von diesen angenommen wird) oder einer Gesamtzusage (z.B. Aushang am schwarzen Brett) oder bei betrieblicher Übung ist jedoch für die AN erkennbar, das sie nur als Teil einer Gruppe behandelt werden. Damit muss hier ein kollektiver Günstigkeitsvergleich stattfinden.[3] Es ist hier zu fragen, obdie neue BV insgesamt für die Belegschaft ungünstiger ist oder nicht. Deshalb geht in der Grafik über die Rangordnung der Rechtsgrundlagen von der Rubrik "Betriebliche Übung ..." ein "kollektiver Günstigkeitspfeil" an der Betriebsvereinbarung vorbei nach oben.

[2] BAG, Urt. v. 16.09.1986 – AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972; F/A/K/H § 77 BetrVG Rdnr. 44.
[3] BAG, Großer Senat, AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972; F/A/K/H § 77 BetrVG Rdnr. 47; zur Kritik an der Entscheidung des Großen Senats: Richardi in: Die Arbeitsgerichtsbarkeit, 1994, S. 545.

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