Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung nach Unterstellung von Ärzten

 

Orientierungssatz

1. Eingruppierung nach BAT Anlage 1a Vergütungsgruppe Ia.

2. Unterstellung von mindestens 5 Ärzten; ausdrückliche Anordnung; Stellenplanbesetzung mit Ärzten, Psychologen oder Diplom-Pädagogen.

 

Normenkette

BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Entscheidung vom 17.02.1989; Aktenzeichen 2 Sa 34/88)

ArbG Berlin (Entscheidung vom 12.10.1988; Aktenzeichen 33 Ca 31/88)

 

Tatbestand

Der 39jährige Kläger besitzt seit 6. Juli 1978 seine Approbation als Arzt. Seit 1. April 1981 steht er in den Diensten des beklagten Landes und wird in der Heiltherapeutischen Abteilung der Nervenklinik in B beschäftigt. Dort war er zunächst als Assistenzarzt tätig. In der Zeit vom 1. Dezember 1986 bis 30. November 1987 wurde er als kommissarischer Oberarzt in der Heiltherapeutischen Abteilung eingesetzt. Seit 1. Dezember 1987 ist er Oberarzt und stellvertretender Leiter der Heiltherapeutischen Abteilung. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in seiner jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Seit 22. August 1984 erhält der Kläger Vergütung nach VergGr. I b BAT.

In der Heiltherapeutischen Abteilung der Nervenklinik werden 180 geistig behinderte Patienten behandelt. Leiter der Abteilung ist ein Diplom-Psychologe, dessen Stelle das beklagte Land mit VergGr. I a BAT bewertet, der aber übertariflich eine Vergütung nach VergGr. I BAT bezieht. Die Position des stellvertretenden Abteilungsleiters, die der Kläger innehält, muß im Stellenplan mit einem Arzt besetzt werden. Dieser ist weisungsbefugt gegenüber den in der Abteilung tätigen Ärzten. In dem Stellenplan für die Heiltherapeutische Abteilung sind außer dem Leiter und dem stellvertretenden Leiter sieben weitere Stellen für hochschulmäßig vorgebildete Mitarbeiter ausgewiesen, die wahlweise mit Psychologen, Ärzten oder Diplom-Pädagogen besetzt werden können. Zur Zeit sind drei Stellen mit Ärzten und vier mit Psychologen oder Diplom-Pädagogen besetzt.

Der Kläger hat mit der Klage in erster Linie geltend gemacht, daß ihm Vergütung nach VergGr. I BAT Fallgruppe 4 zustehe und hilfsweise, daß er Vergütung nach VergGr. I a BAT Fallgruppe 8 beanspruchen könne. Er hat vorgetragen, als ständiger Vertreter des Abteilungsleiters erfülle er die Voraussetzungen der VergGr. I BAT Fallgruppe 4. Für die Eingruppierung nach VergGr. I a BAT Fallgruppe 8 sei maßgebend, daß nach dem Stellenplan sieben Stellen mit Ärzten besetzt werden könnten, die ihm unterstellt seien.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet

ist, ab 1. Februar 1987 die Vergütung nach

VergGr. I der Anlage 1 a zum BAT zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, eine Eingruppierung des Klägers nach VergGr. I BAT Fallgruppe 4 scheitere daran, daß er nicht ständiger Vertreter eines leitenden Arztes sei. Vergütung nach VergGr. I a BAT stehe dem Kläger nicht zu, weil ihm nicht mindestens fünf Ärzte unterstellt seien. Insoweit sei es unerheblich, daß dies stellenplanmäßig möglich sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger hilfsweise beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflich-

tet sei, ihm ab 1. Februar 1987 Vergütung nach

VergGr. I a der Anlage 1 a zum BAT zu zahlen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nur noch seinen Hilfsantrag weiter. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die in der Revisionsinstanz noch anhängige Klage mit Recht abgewiesen. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab 1. Februar 1987 Vergütung nach VergGr. I a BAT zu zahlen. Denn dem Kläger sind entgegen seiner Auffassung nicht mindestens fünf Ärzte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des BAT als Vertragsrecht Anwendung. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt danach davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von dem Kläger für sich beanspruchten VergGr. I a BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, § 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 53, 8, 13 = AP Nr. 125 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m.w.N.).

Beide Vorinstanzen befassen sich zwar nicht mit der Frage der Arbeitsvorgänge des Klägers. Das ist jedoch unschädlich. Der Senat hat nämlich in Eingruppierungsprozessen die rechtliche Möglichkeit, die Arbeitsvorgänge eines Angestellten selbst zu bestimmen (BAGE 53, 8, 13 = AP Nr. 125 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m.w.N.). Vorliegend kommt die Eingruppierung des Klägers als "Arzt" in Betracht. Damit haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, daß alle Tätigkeiten, die zum Aufgabenbereich eines Arztes gehören, einheitlich zu bewerten und nicht weiter aufspaltbar sind. Arbeitsergebnis der Tätigkeit des Klägers ist die Behandlung geistig behinderter Patienten der Heiltherapeutischen Abteilung der Nervenklinik. Alle ärztlichen Tätigkeiten des Klägers dienen diesem Arbeitsergebnis. Auch soweit der Kläger als stellvertretender Abteilungsleiter Weisungen an die ihm unterstellten Ärzte und andere Mitarbeiter erteilt, dient dies dem Arbeitsergebnis "Behandlung von Patienten". Damit ist von einem einzigen großen Arbeitsvorgang bei der Tätigkeit des Klägers auszugehen.

Für die Eingruppierung des Klägers nach VergGr. I a BAT kommt allein die Fallgruppe 8 in Betracht, die lautet:

Ärzte, denen mindestens fünf Ärzte oder Zahnärzte

durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt

sind.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 4)

Protokollnotiz Nr. 4:

Bei der Zahl der unterstellten Ärzte, Apotheker,

Tierärzte und Zahnärzte zählen nur diejenigen

unterstellten Ärzte, Apotheker, Tierärzte und

Zahnärzte mit, die in einem Angestellten-, Beamten-

oder Soldatenverhältnis zu demselben Arbeitgeber

(Dienstherrn) stehen oder im Krankenhaus von

einem sonstigen öffentlichen Arbeitgeber (Dienst-

herrn) zur Krankenversorgung eingesetzt werden.

Gegen Stundenvergütung tätige Ärzte, Apotheker,

Tierärzte und Zahnärzte, die im Jahresdurchschnitt

nicht mehr als 18 Stunden wöchentlich zur Arbeits-

leistung herangezogen werden, und gegen Stückver-

gütung tätige Tierärzte zählen nicht mit.

Der Kläger ist Arzt. Für die ständige Unterstellung anderer Ärzte durch ausdrückliche Anordnung reicht es nach der Senatsrechtsprechung aus, wenn sich dies aus Dienstanweisungen, Verwaltungsverfügungen und Geschäftsverteilungsplänen ergibt, die dem Angestellten zugehen (BAG Urteil vom 11. November 1987 - 4 AZR 336/87 - AP Nr. 140 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies trifft vorliegend ersichtlich zu; denn beide Parteien berufen sich auf den Stellenplan der Heiltherapeutischen Abteilung. Sowohl der Kläger als auch das beklagte Land haben einen Stellenplan zu den Akten gereicht. Daher ist davon auszugehen, daß die im Stellenplan aufgeführten Ärzte dem Kläger durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

Dem Kläger sind jedoch nicht mindestens fünf Ärzte unterstellt, sondern nach dem Stellenplan zur Zeit nur drei Ärzte. Entgegen seiner Auffassung genügt es zur Erfüllung der tariflichen Anforderungen nicht, daß weitere vier Stellen mit Ärzten besetzt werden können. Nach der insoweit eindeutigen tariflichen Regelung ist eine tatsächliche Unterstellung erforderlich und nicht nur eine theoretische, nach dem Geschäftsverteilungsplan eröffnete Möglichkeit der Unterstellung.

Hierbei kann offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn der Stellenplan Arztstellen aufwiese, die nicht besetzt sind. Denn im vorliegenden Fall sind Arztstellen besetzt, aber nicht in dem tariflich erforderlichen Umfang mit Ärzten.

Es kann ferner offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn der Stellenplan Arztstellen aufwiese, das beklagte Land aber diese Stellen mit Nichtärzten besetzt hätte. Denn die strittigen Stellen können nach dem Stellenplan sowohl mit Ärzten als auch mit Psychologen oder Diplom-Pädagogen besetzt werden. Diese Anforderungen erfüllen alle Stelleninhaber. Das beklagte Land hat somit die Stellen entsprechend dem Stellenplan besetzt. Aus dieser Besetzung ergibt sich, daß dem Kläger nur drei Ärzte unterstellt sind.

Es ist rechtlich unbedenklich, wenn der Haushaltsgesetzgeber oder die für Stellenbesetzungen zuständige Stelle in einem Stellenplan vorsieht, daß bestimmte Stellen mit unterschiedlich qualifizierten Mitarbeitern besetzt werden können. Es ist ohne weiteres denkbar - und dies scheint vorliegend auch zuzutreffen -, daß die Aufgaben, die einem Stelleninhaber obliegen, von unterschiedlich qualifizierten Mitarbeitern gleich gut wahrgenommen werden können.

Wenn es dadurch der Dienstherr in der Hand hat, ob einem Arzt durch entsprechende Stellenbesetzung soviel Ärzte unterstellt werden, daß dies für eine Höhergruppierung genügt oder sowenig Ärzte unterstellt werden, daß eine Höhergruppierung nicht möglich ist, ist dies nicht ungewöhnlich und entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht rechtlich bedenklich. Es liegt stets im Organisationsermessen des Arbeitgebers, wieviel andere Ärzte er einem Arzt unterstellt. Wenn er dies von Fall zu Fall ohne vorher festgelegten Geschäftsverteilungsplan entscheidet, macht er von seinem Organisationsermessen Gebrauch. Nichts anderes kann aber gelten, wenn er durch einen Geschäftsverteilungsplan praktisch Richtlinien für die Stellenbesetzung festlegt. Insoweit erlegt er sich ohne rechtlichen Zwang sogar eine interne Selbstbindung auf. Wenn der Dienstherr dann entsprechend diesen Richtlinien Stellen besetzt, handelt er im Rahmen seines Organisationsermessens.

Die Frage, ob der Dienstherr, der einem Arzt mindestens fünf Ärzte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt und ihm dadurch die Eingruppierung nach VergGr. I a BAT Fallgruppe 8 ermöglicht, die Unterstellung von soviel Ärzten wieder entziehen kann, daß die Zahl der unterstellten Ärzte unter fünf sinkt und damit eine Herabgruppierung verbunden ist, kann hier offenbleiben.

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZP0 die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel

Scheerer Dr. Konow

 

Fundstellen

Haufe-Index 439031

ZTR 1989, 353-354 (ST1)

ArztR 1990, 235-236 (KT)

EzBAT §§ 22, 23 BAT B4, VergGr Ia Nr 2 (ST1)

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