Entscheidungsstichwort (Thema)

Schichtzulage für Zeiten des Blockunterrichts

 

Leitsatz (redaktionell)

Krankenpflegeschüler haben für die Zeit eines Blockunterrichtes keinen Anspruch auf Zahlung der Schichtzulage nach § 33a Abs 2 Buchst b BAT.

 

Orientierungssatz

Auslegung des § 11 Abs 2 des Krankenpflegeschülertarifvertrages.

 

Normenkette

TVG § 1; BAT § 33a

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 18.12.1995; Aktenzeichen 19 Sa 83/95)

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 30.03.1995; Aktenzeichen 5 Ca 249/94)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Schichtzulage.

Die Kläger wurden am Klinikum der Universität Heidelberg zu Krankenpflegern ausgebildet. Nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege umfaßt die dreijährige Ausbildung mindestens 1600 Stunden theoretischen Unterricht und 3000 Stunden praktische Ausbildung.

Auf die Ausbildungsverhältnisse fand kraft Tarifbindung der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden (im folgenden: Krankenpflegeschüler-TV), Anwendung.

Während der praktischen Ausbildung auf den Krankenstationen nahmen die Kläger an der Früh- oder Spätschicht teil, die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wurde. Die theoretische Ausbildung fand als Blockunterricht in der Krankenpflegeschule zu festen Unterrichtszeiten statt.

Die Kläger sind der Auffassung, sie könnten auch für die Zeit der Teilnahme am Blockunterricht eine Schichtzulage beanspruchen.

Zur Schichtzulage ist in § 11 Abs. 2 Krankenpflegeschüler-TV folgendes bestimmt:

"(2) Bei Vorliegen der Voraussetzungen erhält

die Schülerin/der Schüler

a) ...

b) die Wechselschicht- und Schichtzulage

nach § 33 a BAT zu drei Vierteln."

Zur Schichtarbeit und deren Bezahlung bestimmt der BAT:

"§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7 BAT:

...

Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schicht-

plan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel

der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von

längstens einem Monat vorsieht."

§ 33 a

Wechselschicht- und Schichtzulagen

...

(2) Der Angestellte, der ständig Schichtarbeit

(§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7) zu leisten hat,

erhält eine Schichtzulage, wenn

...

b) die Schichtarbeit innerhalb einer

Zeitspanne von mindestens

...

bb) 13 Stunden

geleistet wird.

Die Schichtzulage beträgt in den Fällen des

a) ...

b) Unterabsatzes 1 Buchst. b

aa) ...

bb) Doppelbuchst. bb 70 DM

monatlich.

..."

Das beklagte Land zahlte an die Kläger über den gesamten Ausbildungszeitraum eine pauschalierte Schichtzulage in Höhe von 34,-- DM monatlich. Die Pauschalierung orientierte sich an der Relation zwischen theoretischen und praktischen Unterrichtsstunden (3/4 von 70,-- DM = 52,50 DM, hiervon 65,22 % = 34,-- DM).

Die Kläger verlangen die Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Zulage und der vollen tariflichen Schichtzulage für Auszubildende in Höhe von 18,50 DM monatlich; der Kläger zu 1) für die Zeit vom 1. August 1992 bis zum 30. September 1993 (14 Monate), der Kläger zu 2) für die Zeit vom 1. September 1992 bis zum 30. September 1994 (25 Monate), abzüglich von Zeiten des Erholungsurlaubs vor dem 1. August 1993.

Der Kläger zu 1) hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn

237,73 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich

hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 10. Sep-

tember 1994 zu zahlen.

Der Kläger zu 2) hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn

436,97 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich

hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 16. Sep-

tember 1994 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klagen abzuweisen.

Das beklagte Land vertritt die Ansicht, für die Zeiten der Teilnahme am Blockunterricht könnten die Auszubildenden keine Schichtzulage beanspruchen. Deshalb sei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung eine Pauschalierung der Zulage auf 34,-- DM monatlich gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist nicht begründet. Ihnen steht eine Schichtzulage für die Zeiten der Teilnahme am Blockunterricht an der Krankenpflegeschule nicht zu.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, den Krankenpflegeschülern stehe während des Blockunterrichts keine Schichtzulage zu, weil sie an den Unterrichtstagen nicht den Erschwernissen des Schichtdienstes ausgesetzt seien. Die Kürzung der Schichtzulage für Auszubildende auf drei Viertel der Zulage für examinierte Krankenpflegekräfte sei von den Tarifvertragsparteien nicht im Hinblick auf die schichtdienstfreie Unterrichtszeit der Auszubildenden erfolgt.

Diese Ausführungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen.

2.a) Um die Anspruchsvoraussetzungen für die geforderte Schichtzulage nach § 11 Abs. 2 Buchst. b Krankenpflegeschüler-TV i.V.m. § 33 a BAT zu erfüllen, müssen die Auszubildenden "ständig" nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt werden. Der Begriff "ständig" bezieht sich auf die Leistung von Schichtarbeit im Sinne von § 15 Abs. 8 Unterabs. 7 BAT. Der Auszubildende muß also auf Dauer aufgrund von Schichtplänen eingesetzt werden, die die Anforderungen nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 7 BAT erfüllen.

Für die Zeit der Teilnahme am Blockunterricht sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, weil die Auszubildenden an diesen Tagen nicht nach dem maßgebenden Dienstplan eingesetzt werden und damit nicht den besonderen Erschwernissen des Schichtdienstes ausgesetzt sind (ebenso: Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Teil V, Stand: Juli 1996, § 11; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Teil VI, Stand: Mai 1996, Erl. 3 zu § 11).

Nach dem Sinn und Zweck einer Schichtzulage soll dem Arbeitnehmer oder Auszubildenden ein finanzieller Ausgleich dafür gewährt werden, daß der Einsatz im Schichtdienst erheblich auf seinen Lebensrhythmus einwirkt und dadurch zu Erschwerungen führt. Wer dagegen während der üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten am Blockunterricht teilzunehmen hat, braucht schichtarbeitstypische Nachteile und Erschwernisse nicht auf sich zu nehmen.

Der Auszubildende hat daher für die Zeit des Blockunterrichts keinen Anspruch auf eine Schichtzulage.

b) Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Entscheidung des Vierten Senats, wonach die Voraussetzungen für die Gewährung einer Psychiatrie-Zulage entfallen, wenn eine Auszubildende für den Beruf der Krankenschwester in einem Nervenkrankenhaus am Blockunterricht teilnimmt (Urteil vom 22. August 1990 - 4 AZR 565/89 - ZTR 1990, 521).

Auch der Fünfte Senat hat in seinem Urteil vom 6. März 1985 (- 5 AZR 8/84 - BAGE 48, 179 = AP Nr. 11 zu § 33 BAT) entschieden, daß Auszubildende in der Zeit, in der sie extern außerhalb ihrer Stammklinik in anderen Krankenhäusern ausgebildet werden, keine Psychiatrie-Zulage beanspruchen können, wenn die besonderen Erschwernisse in dieser Zeit nicht vorliegen.

c) Entgegen der Auffassung der Kläger folgt aus dem Sinn und Zweck bzw. dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen über die Zahlung einer Schichtzulage an Auszubildende nicht, daß die Kürzung der Zulage an Auszubildende auf drei Viertel der vollen Zulage für Angestellte gerade im Hinblick auf die Zeiten des Blockunterrichts erfolgt ist. Die Tarifvertragsparteien haben in § 11 Abs. 2 Krankenpflegeschüler-TV vielmehr ausdrücklich festgelegt, daß die Schüler die Schichtzulage "bei Vorliegen der Voraussetzungen" nach § 33 a BAT erhalten. Folglich besteht nach dem eindeutigen Wortlaut der tariflichen Bestimmung ein Anspruch auf die Schichtzulage nur dann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen des § 33 a BAT auch tatsächlich erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen jedoch während der Teilnahme am Blockunterricht nicht vor, weil die Schüler nicht im Schichtdienst eingesetzt werden. Ein Verständnis der tariflichen Regelung, wie es die Kläger für richtig halten, würde dazu führen, daß auch diejenigen Krankenpflegeschüler nur die gekürzte Schichtzulage erhalten, deren theoretischer Unterricht nicht als Blockunterricht durchgeführt wird.

d) Schließlich findet auch die Auffassung der Kläger im Tarifvertrag keine Stütze, daß die Zulage für die Zeitdauer des Blockunterrichts zu zahlen sei, weil die Erschwernisse des Schichtdienstes "nachwirken". Die tarifliche Regelung in § 33 a BAT stellt auf solche nach Beendigung des Schichtdienstes möglicherweise auftretende Belastungen bzw. auf eine möglicherweise erforderliche Regenerationszeit nicht ab.

Nach allem ist für die Zeit des Blockunterrichtes eine Schichtzulage nicht zu zahlen. Die von dem beklagten Land vorgenommene pauschalierte Zahlung der gekürzten Schichtzulage für die gesamte Dauer der Ausbildungszeit ist von den Klägern nicht angegriffen worden.

Die Kosten der erfolglosen Revision haben die Kläger anteilig zu tragen, §§ 97, 100 Abs. 2 ZPO.

Matthes Hauck Mikosch

Burger Tirre

 

Fundstellen

BB 1996, 2472 (Leitsatz 1)

EBE/BAG Beilage 1996, Ls 333/96 (Leitsatz 1)

EzB BAT § 33a, Nr 1 (Leitsatz 1)

NZA 1997, 324

NZA 1997, 324 (Leitsatz 1 und Gründe)

RdA 1997, 63 (Leitsatz 1)

ZTR 1997, 36-37 (Leitsatz 1 und Gründe)

AP § 33a BAT (Leitsatz 1 und Gründe), Nr 11

ArbuR 1996, 504 (Leitsatz 1)

EzBAT § 11 TV, Nr 1 (Leitsatz 1)

EzBAT § 33a BAT, Nr 13 (Leitsatz 1 und Gründe)

MedR 1997, 116 (Leitsatz)

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