Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag mit wissenschaftlichem Assistenten. Befristeter Arbeitsvertrag mit wissenschaftlichem Assistenten Befristungsrecht

 

Orientierungssatz

  • § 48 Abs. 3 Satz 1 und 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG (aF) normieren für Arbeits-verhältnisse wissenschaftlicher Assistenten einen besonderen funktionsbezogenen Befristungsgrund.
  • Für die Frage, ob ein Angestellter wissenschaftlicher Assistent ist, kommt es darauf an, ob die Arbeitsvertragsparteien die in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG (aF) genannten Rechte und Pflichten arbeitsvertraglich vereinbart haben und der Angestellte die formellen Einstellungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 3 HRG (aF) erfüllte.
  • Aus der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses können allenfalls Rück-schlüsse auf den Willen der Vertragsparteien gezogen werden.
 

Normenkette

HRG § 48 Abs. 1 Sätze 1-2, 4, Abs. 3, § 53 Abs. 1-3; HRG (in der bis 22. Februar 2002 geltenden Fassung, aF) § 47 Abs. 1-3, § 57b Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 17.08.2000; Aktenzeichen 8 Sa 55/00)

ArbG Cottbus (Urteil vom 17.11.1999; Aktenzeichen 7 Ca 2273/99)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 17. August 2000 – 8 Sa 55/00 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 31. Dezember 1999 geendet hat.

Der Kläger war von 1984 bis zum 31. Dezember 1993 zunächst an der Ingenieurhochschule Cottbus und anschließend der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus als wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistent unbefristet beschäftigt. Nachdem dem Kläger im Zuge der Umstrukturierung des Hochschulwesens die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt worden war, schlossen der zu diesem Zeitpunkt bereits promovierte Kläger und das beklagte Land am 7. Dezember 1993 einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1996. Dieser Vertrag sieht ua. vor:

§ 1

  • Herr Dr. B. wird vom 01.01.1994 an für die Technische Universität Cottbus eingestellt.
  • Herr Dr. B. wird als wissenschaftlicher Mitarbeiter (§ 53 HRG, § 62 BBHG) beschäftigt.
  • Das Arbeitsverhältnis ist nach § 45 BBHG in Verbindung mit § 57b Abs. 2 Nr. HRG befristet und dient seiner Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs.

    Es endet spätestens am 31.12.1996, ohne daß es einer Kündigung bedarf.

§ 2

  • Herr Dr. B. hat wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen.
  • Die Beschäftigung gibt die Gelegenheit zur Vorbereitung einer Habilitation.

§ 5

(1) Für das Arbeitsverhältnis gelten die Rechte und Pflichten, die sich für wissenschaftliche Mitarbeiter aus dem BBHG sowie aus den weiteren zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen ergeben.”

Am 6. Mai 1996 beantragte Prof. Dr. Ba., dem der Lehrstuhl für Technikgeschichte im Oktober 1994 übertragen und dem der Kläger seitdem zugeordnet war, die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses des Klägers um weitere drei Jahre. Als Stellenbezeichnung war in dem Antrag “wissenschaftlicher Mitarbeiter”, als Befristungsgrund “§ 57b Abs. 2 HRG/Habilitation” angegeben. In der Begründung dieses Antrags vom 7. Mai 1996 heißt es ua., schon allein um die Fertigstellung der Habilitationsschrift zu ermöglichen, sei die Verlängerung angemessen. Nachdem das beklagte Land den zuständigen besonderen Personalrat zunächst um Verlängerung des Arbeitsverhältnisses um weitere zwei Jahre “gemäß § 57c Abs. 2” ersucht hatte, schrieb Prof. Dr. Ba. am 25. Juni 1996 an die Personaldezernentin der Universität, ihm sei bekannt, daß eine Verlängerung um drei Jahre möglich sei, wenn der Kläger nicht als wissenschaftlicher Mitarbeiter, sondern als Assistent “definiert” werde; er bitte dieses zu tun, da ihm bei seiner Berufung gesagt worden sei, daß er seine Mitarbeiter sowohl als wissenschaftliche Mitarbeiter wie auch als wissenschaftliche Assistenten einstellen könne. Auf der Grundlage eines weiteren Antrags des beklagten Landes vom 5. September 1996 stimmte der besondere Personalrat der nunmehr “gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 BbgHG” beantragten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses um drei Jahre vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1999 zu. In diesem Antrag war die Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1996 als die eines wissenschaftlichen Assistenten bezeichnet. Am 2. Oktober 1996 bat die Personaldezernentin Prof. Dr. Ba., den Kläger davon in Kenntnis zu setzen, daß der Verlängerung als wissenschaftlicher Assistent zugestimmt werde und der entsprechende Arbeitsvertrag vorbereitet werde. Am 15. Oktober 1996 schlossen die Parteien einen “Änderungsvertrag”. Mit diesem wurde “folgende Änderung zum Arbeitsvertrag vom 7.12.1993 vereinbart:

§ 1

(4) Das Arbeitsverhältnis von Herrn Dr. B. an der Brandenburgischen Technischen Universität ist gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 BbgHG befristet. Es wird gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 BbgHG um drei Jahre vom 01.01.1997 bis 31.12.1999 verlängert.

Es endet somit am 31.12.1999, ohne daß es einer Kündigung bedarf.”

Nach § 5 (1) gelten für das Arbeitsverhältnis “die Rechte und Pflichten, die sich für wissenschaftliche Mitarbeiter aus dem BbgHG sowie aus den weiteren zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen ergeben”. Nach dem Schlußsatz des Änderungsvertrags bleiben alle anderen Regelungen des Arbeitsvertrags unberührt.

Während des Arbeitsverhältnisses nahm der Kläger regelmäßig Aufgaben in Forschung und Lehre wahr und führte insbesondere Seminare durch. Außerdem war er mit Verwaltungs- und Repräsentationsaufgaben befaßt. Daneben war er in unterschiedlichem Umfang mit seiner Habilitation beschäftigt. In einer Hausmitteilung des Rektors der Technischen Universität Cottbus vom 25. Mai 1998 wurde der Kläger gefragt, ob nach Auslaufen seines Arbeitsvertrags “als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Aufnahme eines Habilitationsverfahrens, d.h. der Übergang in eine Qualifikationsstelle als wissenschaftlicher Assistent, vorgesehen”, sei.

Mit der am 2. August 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Befristung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1999 sei unwirksam. Nach dem Wortlaut des Änderungsvertrags vom 15. Oktober 1996 habe er davon ausgehen müssen, daß er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und nicht als wissenschaftlicher Assistent weiterbeschäftigt werde. Auch sein Status habe nicht dem eines wissenschaftlichen Assistenten, sondern dem eines wissenschaftlichen Mitarbeiters entsprochen. Dem Kläger sei keine ausreichende Zeit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit gegeben worden. Daher sei die nach § 57c Abs. 2 HRG für wissenschaftliche Mitarbeiter zulässige Höchstgrenze von fünf Jahren überschritten.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß über den 31. Dezember 1999 hinaus zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Aus den gesamten Umständen im Zusammenhang mit dem Abschluß und der Verlängerung des Arbeitsvertrags ergebe sich, daß mit dem Kläger eine Beschäftigung als wissenschaftlicher Assistent vereinbart worden sei. Der Kläger habe die Voraussetzungen hierfür erfüllt und sei auch tatsächlich so eingesetzt worden. Entgegen dem Wortlaut des ersten Vertrags sei der Kläger bereits damals als wissenschaftlicher Assistent beschäftigt worden. Dies sei bei der Verlängerung schriftlich festgelegt worden. Eine Verlängerung des Arbeitsvertrags um drei Jahre sei daher zulässig gewesen. Dem Kläger sei auch ausreichend Zeit zur Arbeit an seiner Habilitation eingeräumt worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt die Abweisung der Klage nicht. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ermöglichen dem Senat auch keine abschließende Beurteilung, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund der streitbefangenen, mit dem Änderungsvertrag vom 15. Oktober 1996 für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1999 vereinbarten Befristung geendet hat. Dies hängt davon ab, ob der Kläger auf Grund dieses Vertrags wissenschaftlicher Assistent iSv. § 48 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 bis 3 HRG (in der bis 22. Februar 2002 geltenden Fassung, aF) war.

  • § 48 Abs. 3 Satz 1 und 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG (aF) normieren für Arbeitsverhältnisse wissenschaftlicher Assistenten iSv. § 47 HRG (aF) einen besonderen, funktionsbezogenen Befristungsgrund (BAG 28. Januar 1998 – 7 AZR 656/96 – BAGE 87, 358 = AP HRG § 48 Nr. 1, zu 2a der Gründe; 27. Juni 2001 – 7 AZR 443/00 – EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 30, zu I der Gründe). Nach § 48 Abs. 3 Satz 1 und 2 iVm. § 48 Abs. 1 Satz 1 HRG (aF) kann mit diesen Beschäftigten für die Dauer von drei Jahren ein befristetes Angestelltenverhältnis begründet werden. Dieses soll nach § 48 Abs. 3 Satz 1 und 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 HRG (aF) mit Zustimmung des Assistenten spätestens vier Monate vor seinem Ablauf um weitere drei Jahre verlängert werden, wenn der Assistent die weitere wissenschaftliche Qualifikation erworben hat oder zu erwarten ist, daß er sie in dieser Zeit erwerben wird. Eine weitere Verlängerung ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 4 HRG (aF) grundsätzlich nicht zulässig.

    • Voraussetzung des funktionsbezogenen Befristungsgrundes des § 48 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 HRG (aF) ist, daß es sich bei dem Angestellten um einen wissenschaftlichen Assistenten iSv. § 47 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 HRG (aF) handelt. Für die Frage, ob der Angestellte wissenschaftlicher Assistent iSv. § 47 Abs. 1 bis 3 HRG (aF), wissenschaftlicher Mitarbeiter iSv. § 53 Abs. 1 bis 3 HRG (aF) oder ein sonstiger nichtakademischer Mitarbeiter der Hochschule (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 3 HRG aF) ist, kommt es entscheidend auf die vertragliche Vereinbarung an. Aus der späteren tatsächlichen Durchführung können allenfalls Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien gezogen werden. Auch die im Vertrag verwendete Bezeichnung ist, sofern sich die Parteien über den vereinbarten Status streiten, lediglich ein bei der Auslegung der Vereinbarung zu berücksichtigender Umstand. Letztlich entscheidend kommt es für die Frage, ob das Anstellungsverhältnis als das eines wissenschaftlichen Assistenten iSv. § 47 Abs. 1 bis 3 HRG (aF) zu qualifizieren ist, darauf an, ob die Parteien die in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG (aF) genannten Rechte und Pflichten arbeitsvertraglich vereinbart haben und der Angestellte die formellen Einstellungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 3 HRG erfüllte.

      • Erforderlich ist daher nach § 47 Abs. 1 Satz 1 HRG (aF), daß der Angestellte vertraglich verpflichtet ist, wissenschaftliche Dienstleistungen in Forschung und Lehre zu erbringen, die auch dem Erwerb einer weiteren wissenschaftlichen Qualifikation förderlich sind. Dabei gehört nach § 47 Abs. 1 Satz 3 HRG (aF) zu diesen wissenschaftlichen Dienstleistungen auch, den Studenten Fachwissen und praktische Fertigkeiten zu vermitteln und sie in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden zu unterweisen. Anders als gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 HRG (aF) bei einem wissenschaftlichen Mitarbeiter genügt es für das Rechtsverhältnis eines wissenschaftlichen Assistenten nicht, daß ihm wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen. Vielmehr muß es sich um wissenschaftliche Dienstleistungen in Forschung und Lehre handeln, “die auch dem Erwerb einer weiteren wissenschaftlichen Qualifikation förderlich sind”. Diese bestand nach der bisher im Hochschulrahmengesetz vorgesehenen Personalstruktur regelmäßig in der Habilitation (Hailbronner/Geis HRG Stand Mai 2001 § 47 Rn. 8). Dies schließt freilich nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum nicht aus, daß die Förderung der Habilitation auch im Rahmen der Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter erfolgen und dann gemäß § 57b Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. HRG (aF) einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses darstellen kann (BAG 14. Dezember 1994 – 7 AZR 342/94 – AP HRG § 57b Nr. 3 = EzA BGB § 620 Nr. 129, zu II 1 und 2 der Gründe; Hailbronner/Geis HRG Stand Mai 2001 § 57b Rn. 21 mwN; aA Zimmerling ZTR 1998, 15, 17). Gleichwohl kann die vertraglich vereinbarte Förderung der Habilitation einen Umstand darstellen, der im Zweifel für das Arbeitsverhältnis eines wissenschaftlichen Assistenten spricht. Dem entspricht auch, daß nach § 53 Abs. 2 Satz 3 HRG (aF) das Landesrecht vorsehen kann, daß wissenschaftlichen Mitarbeitern auch Gelegenheit zur Promotion gegeben werden kann, während die Vorbereitung einer Habilitation hier nicht genannt ist.
      • Nach § 47 Abs. 1 Satz 2 HRG (aF) ist dem wissenschaftlichen Assistenten entsprechend seinem Fähigkeits- und Ausbildungsstand ausreichend Zeit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit zu geben. Dies setzt voraus, daß der Arbeitsvertrag selbst dem Angestellten einen vertraglichen Anspruch auf ausreichende Zeit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit gibt. Dagegen ist es für die Wirksamkeit der Befristung weder erforderlich noch genügend, daß der Arbeitnehmer während des Vollzugs seines Arbeitsverhältnisses tatsächlich Gelegenheit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit hat. Der tatsächliche Vollzug des Arbeitsverhältnisses kann lediglich, sofern er nicht im Gegensatz zu den bei Vertragsschluß getroffenen Vereinbarungen steht, zur Auslegung dafür herangezogen werden, was die Parteien tatsächlich gewollt haben (BAG 27. Juni 2001 – 7 AZR 443/00 – EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 30, zu I 1b der Gründe mwN). Wissenschaftliche Arbeit iSd. § 47 Abs. 1 Satz 2 HRG (aF) ist dabei dem Zweck der Regelung nach primär die eigene Forschung, die dem Erwerb der weiteren Qualifikation dient (so auch Hailbronner/Geis HRG Stand Mai 2001 § 47 Rn. 14). Zu der Frage, welche Zeit “ausreichend” ist, verhält sich das Gesetz nicht ausdrücklich. Der Gesetzgeber hat insoweit davon abgesehen, eine bestimmte zeitliche Quote festzulegen. Dementsprechend genügt es, wenn sich der vertraglichen Vereinbarung ein Anspruch auf ausreichende Zeit entnehmen läßt. Die konkrete Bestimmung hat sodann erforderlichenfalls nach § 315 Abs. 1 BGB zu erfolgen.
      • Schließlich normiert § 47 Abs. 3 Satz 1 HRG (aF) für die Einstellung wissenschaftlicher Assistenten bestimmte formelle Voraussetzungen.
    • Die nach § 48 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 3 Satz 1 und 2 HRG (aF) zulässige einmalige Verlängerung des Angestelltenverhältnisses um weitere drei Jahre setzt voraus, daß der zu verlängernde Vertrag die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 und 3 HRG (aF) erfüllte. Vorangegangene Arbeitsverhältnisse, bei denen diese Voraussetzungen nicht vorlagen, sind für die Befristungsmöglichkeit nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG (aF) unbeachtlich. Sie können weder nach § 48 Abs. 1 Satz 2 HRG (aF) verlängert werden, noch stehen sie dem erstmaligen Abschluß eines Vertrags nach § 48 Abs. 1 Satz 1 HRG (aF) entgegen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 HRG (aF) soll die Verlängerung spätestens vier Monate vor Ablauf des zu verlängernden Vertrags erfolgen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß eine später vereinbarte befristete Verlängerung unwirksam wäre. Die 4-Monats-Frist dient erkennbar dazu, dem Assistenten rechtzeitig Klarheit über den Verlängerungsvertrag zu verschaffen. Dagegen ist ihre Einhaltung keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristungsabrede (BAG 27. Juni 2001 – 7 AZR 443/00 – EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 30, zu I 2 der Gründe).
  • Hiernach hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

    1. Das Landesarbeitsgericht hat für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger wissenschaftlicher Assistent iSv. § 47 Abs. 1 bis 3 HRG (aF) oder wissenschaftlicher Mitarbeiter iSv. § 53 HRG (aF) war, rechtsfehlerhaft ausschließlich auf die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses abgestellt und die erforderliche Prüfung unterlassen, welche Rechte und Pflichten die Parteien in dem maßgeblichen, am 15. Oktober 1996 geschlossenen Vertrag vereinbart haben. So hat das Landesarbeitsgericht insbesondere nicht geprüft, ob der Kläger nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung einen vertraglichen Anspruch auf ausreichend Zeit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit hatte. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Lehrtätigkeit und die Arbeiten an der Habilitationsschrift hätten insgesamt der Tätigkeit des Klägers das Gepräge gegeben, ist insoweit nicht ausreichend. Die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses kann zwar als ein Umstand zur Auslegung dafür herangezogen werden, was die Parteien tatsächlich gewollt haben. Gleichwohl ist für die Frage, ob zwischen den Parteien das Rechtsverhältnis eines wissenschaftlichen Assistenten iSv. § 47 Abs. 1 bis 3 HRG (aF) begründet wurde, nicht die tatsächliche Durchführung, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt der vertraglichen Vereinbarung entscheidend. Diese erforderliche Auslegung hat das Landesarbeitsgericht unterlassen.

  • Dem Senat ist eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich.

    • Der Senat kann die vom Landesarbeitsgericht unterlassene Auslegung des Änderungsvertrags vom 15. Oktober 1996 auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen nicht selbst vornehmen. Nachdem es sich bei der auszulegenden Vereinbarung nicht um typische Willenserklärungen handelt, wäre eine Sachentscheidung durch den Senat nur möglich, wenn sämtliche für die Auslegung des Vertrags erforderlichen Umstände vom Landesarbeitsgericht festgestellt wären und weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten wäre (BAG 17. Mai 1984 – 2 AZR 161/83 – AP BAT § 55 Nr. 3, zu II 3a der Gründe; 28. Februar 1991 – 8 AZR 89/90 – BAGE 67, 279 = AP ZPO § 550 Nr. 21, zu 2b bb der Gründe).

      Dies ist nicht der Fall. Zwar liegen die maßgeblichen Vertragsurkunden sowie mehrere im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß – zwischen dem beklagten Land, dem besonderen Personalrat und Prof. Dr. Ba. – gewechselte Schreiben vor. Die darin verwendeten Begriffe “wissenschaftlicher Assistent” und “wissenschaftlicher Mitarbeiter” lassen aber zuverlässige Schlüsse auf die mit dem Vertrag vom 15. Oktober 1996 vereinbarten Rechte und Pflichten nicht zu. Der ersichtlich sorglose Umgang der Beteiligten mit diesen Begriffen spricht vielmehr dafür, daß ihnen deren unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen nicht immer bewußt waren.

      Nach der vorliegenden Vertragsurkunde vom 15. Oktober 1996 kann allerdings davon ausgegangen werden, daß der Kläger, wie gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 HRG (aF) erforderlich, wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen hatte, die auch dem Erwerb einer weiteren wissenschaftlichen Qualifikation förderlich sind. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 und 2 des – insoweit durch den Änderungsvertrag vom 15. Oktober 1996 unverändert gebliebenen – Arbeitsvertrags vom 7. Dezember 1993.

      Der bereits bei Abschluß des Vertrags vom 7. Dezember 1993 promovierte Kläger erfüllte auch die nach § 47 Abs. 3 Satz 1 HRG (aF) erforderliche formelle Voraussetzung für eine Einstellung als wissenschaftlicher Assistent.

      Nicht zuverlässig beurteilen kann der Senat nach den bisher getroffenen Feststellungen dagegen die Frage, ob der Kläger auf Grund des Vertrags vom 15. Oktober 1996 einen vertraglichen Anspruch auf ausreichend Zeit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit hatte. Dies wird das Landesarbeitsgericht nach der Zurückverweisung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles zu prüfen haben. Nachdem nach dem Schlußsatz des Änderungsvertrags vom 15. Oktober 1996 “alle anderen Regelungen des Arbeitsvertrags” vom 7. Dezember 1993 unberührt bleiben sollten, kann es für die Auslegung auch von Bedeutung sein, ob der Kläger bereits nach dem Vertrag vom 7. Dezember 1993 einen Anspruch auf ausreichend Zeit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit hatte. Sollte dies der Fall gewesen sein, könnte bereits der Vertrag vom 7. Dezember 1993 – trotz der Bezeichnung des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter – der Sache nach ein “Assistentenvertrag” iSv. § 48 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 HRG (aF) gewesen sein und sich der Vertrag vom 15. Oktober 1996 als zulässige Verlängerung im Sinne der 2. Alternative des § 48 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 3 HRG (aF) darstellen. Der Umstand, daß der Vertrag vom 15. Oktober 1996 nicht spätestens vier Monate vor dem Ablauf des zu verlängernden Vertrags unterzeichnet wurde, wäre unschädlich (vgl. BAG 27. Juni 2001 – 7 AZR 443/00 – EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 30, zu II 3 der Gründe).

    • Der Klage kann nicht etwa mit der Begründung entsprochen werden, die letzte Befristung verstoße gegen § 48 Abs. 1 Satz 4 HRG (aF). Der Kläger hat weder behauptet noch näher dargetan, daß er bereits in der Zeit von 1984 bis 1993 wissenschaftlicher Assistent iSv. § 47 Abs. 1 bis 3 HRG (aF) gewesen sei (vgl. in diesem Zusammenhang BAG 27. Juni 2001 – 7 AZR 443/00 – aaO, zu II 2 der Gründe).
 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Linsenmaier, Nottelmann, Hökenschnieder

 

Fundstellen

Haufe-Index 784826

NZA 2002, 1111

ZTR 2003, 200

EzA-SD 2002, 10

EzA

NJOZ 2003, 1493

SPA 2002, 4

Tarif aktuell 2002, 2

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