Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung nach Einigungsvertrag

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 20, 37; Einigungsvertrag Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1; PersVG-DDR §§ 79, 82 Abs. 6, § 116b Abs. 2

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 28.10.1992; Aktenzeichen 3 Sa 138/92 L.)

KreisG Leipzig-Stadt (Urteil vom 12.05.1992; Aktenzeichen 20 Ca 177/91)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1992 – 3 Sa 138/92 L. – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 des Einigungsvertrages (fortan: Abs. 4 Ziff. 1 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.

Der 1959 geborene Kläger war seit 1980 als Lehrer im Schuldienst tätig. Von 1982 bis 1987 war er als Lehrer an der Zentralhilfsschule G. beschäftigt. Während dieser Zeit absolvierte der Kläger ein berufsbegleitendes Fernstudium, das er 1987 als Diplomlehrer für Sonderschulen abschloß. Desweiteren besitzt der Kläger den Fachschulabschluß als Lehrer für untere Klassen. Vom 1. September 1987 bis 31. Juli 1990 arbeitete der Kläger hauptamtlich als stellvertretender Vorsitzender der Pionierorganisation des Kreises G., Ab 1. August 1990 kehrte er in den Schuldienst zurück und war seither wieder als Lehrer an der Lernbehindertenschule G. tätig.

Mit Schreiben des Oberschulamtes Leipzig vom 24. Oktober 1991 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1991 unter Hinweis auf die frühere Tätigkeit des Klägers als hauptamtlicher stellvertretender Vorsitzender der Pionierorganisation des Kreises G. wegen fehlender persönlicher Eignung.

Mit der am 7. November 1991 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Er hat vorgetragen, die Kündigung sei bereits wegen fehlender Personalratsbeteiligung unwirksam. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, vor Ausspruch der Kündigung dafür zu sorgen, daß ein Bezirkspersonalrat bei der zuständigen Behörde gewählt werde. Kündigungsgründe lägen nicht vor. Es treffe nicht zu, daß er sich als besonders linientreu erwiesen und in seiner Stellung die verfehlte Bildungspolitik der SED kompromißlos unterstützt habe. Die Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden der Pionierorganisation habe er lediglich zwei Jahre ausgeübt. Dann sei er dazu verpflichtet worden, die Pionierorganisation aufzulösen und abzuwickeln. Die Funktion hätte von vornherein befristet ausgeübt werden sollen. Er habe prüfen wollen, ob er genügend Organisationstalent besitze, um als Schuldirektor tätig werden zu können. Zudem habe er sich im Bereich Freizeitpädagogik weiterqualifizieren wollen. In seiner hauptamtlichen Funktion in der Pionierorganisation sei er vor allem verpflichtet gewesen, Verwaltungs- und Organisationsaufgaben auszuführen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 24. Oktober 1991 beendet worden sei, sondern über den 31. Dezember 1991 hinaus unverändert fortbestehe, ferner – für den Fall, daß er mit dem Feststellungsantrag obsiege – den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes seien nicht verletzt, da eine mitwirkungsberechtigte Stufenvertretung zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht gebildet gewesen sei. Die Kündigung sei schon wegen mangelnder fachlicher Qualifikation des Klägers gerechtfertigt. Die Ausbildung zum Sonderschulpädagogen lediglich im Rahmen eines Fernstudiums sei nicht vergleichbar mit einer Ausbildung im Sinne der Lehrerbildungsgesetze der alten Bundesländer. Der Kläger sei auch persönlich nicht geeignet. Als stellvertretender Vorsitzender der Pionierorganisation des Kreises Grimma habe der Kläger eine wichtige politische Funktion in der DDR ausgeübt. Aufgabe der Pionierorganisation sei es gewesen, unmündige und beeinflußbare Kinder gezielt bereits im ganz frühen Alter einseitig politisch zu beeinflussen. Wer in einer solchen Organisation an hervorgehobener Stelle tätig gewesen sei, sei heute nicht mehr tragbar, um als Lehrer Schüler im Sinne der freiheitlichen, demokratischen Grundordung glaubwürdig zu erziehen.

Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (§ 565 Abs. 1 ZPO).

A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Kündigung des Klägers sei nach Abs. 4 Ziff. 1 EV weder wegen mangelnder fachlicher Qualifikation noch wegen mangelnder persönlicher Eignung gerechtfertigt.

Die Qualifikationen in Form eines Fachschulabschlusses für den Unterricht in den unteren Klassen sowie eines Abschlusses als Diplomlehrer für Sonderschulen aufgrund eines Fernstudiums an der Humboldt-Universität Berlin seien dem Kläger gem. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 EV erhalten geblieben. Der Kläger verfüge damit weiterhin über Befähigungsnachweise zum Einsatz an den Schulen des Beklagten.

Der Kläger sei nicht deshalb persönlich ungeeignet, weil er von 1987 bis 1990 hauptamtlicher stellvertretender Vorsitzender der Pionierorganisation des Kreises G. und damit hauptamtlicher PDJ-Funktionär gewesen sei. Hierbei habe es sich um eine untere Parteifunktion gehandelt. In der Bevölkerung sei deren Träger nicht allgemein mit Mißtrauen begegnet worden. Der Beklagte habe nicht dargetan, daß der Kläger sich in dieser Funktion bei den von ihm geforderten politischen Unterweisungen der Pioniere besonders hervorgetan habe. Der Kläger gebe das Bild eines engagierten Sonderschullehrers ab, der seine frühere Tätigkeit nicht doktrinär, repressiv oder inhuman ausgeübt habe.

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Kündigung nicht schon wegen fehlender Personalvertretungsbeteiligung für unwirksam erachtet.

1. Gemäß § 82 Abs. 1 PersVG-DDR, der wortgleich mit § 82 Abs. 1 BPersVG ist, wäre die Stufenvertretung bei der für die Kündigung zuständigen Dienststelle, die hier das Oberschulamt Leipzig war, zu beteiligen gewesen. Unstreitig bestand beim Oberschulamt Leipzig zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs keine Stufenvertretung, so daß eine Beteiligung entfiel. Wie der Senat schon mit Urteil vom 9. Juni 1993 (– 8 AZR 659/92 –, n.v.) in einem insoweit vergleichbaren Fall entschieden hat, war keine andere Vertretung etwa nach § 82 Abs. 6, § 116 b Abs. 2 Nr. 5 PersVG-DDR zu beteiligen (vgl. Senatsurteil, a.a.O., zu B II 2 der Gründe).

2. Die Bildung der Stufenvertretung während des Kündigungsrechtsstreits hat die personalvertretungsrechtliche Wirksamkeit der Kündigung nicht berührt, weil es hierfür allein auf die notwendige Beteiligung zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ankommt. War zu diesem Zeitpunkt, wie hier, keine beteiligungsfähige zuständige Personalvertretung vorhanden, kann die einmal in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht wirksame Kündigung nicht nachträglich unwirksam werden.

3. Die Unwirksamkeit der Kündigung kann auch nicht daraus abgeleitet werden, daß das Sächsische Staatsministerium für Kultus die Einleitung der Wahl eines Hauptpersonalrates bzw. Bezirkspersonalrates unterlassen haben soll. Eine Rechtsvorschrift, aus der eine solche Folge hergeleitet werden könnte, existiert nicht und kann auch nicht aus der Denkschrift zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 entnommen werden. Dem dort geäußerten Anliegen hat das PersVG-DDR bereits Rechnung getragen.

II. Die Kündigung ist nicht wegen mangelnder fachlicher Qualifikation des Klägers gemäß Abs. 4 Ziff. 1 EV wirksam. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht richtig entschieden.

1. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder fachlicher Qualifikation den Anforderungen nicht entspricht.

Abs. 4 Ziff. 1 EV wird ergänzt durch Art. 37 EV. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 EV gelten in der Deutschen Demokratischen Republik erworbene oder staatlich anerkannte schulische, berufliche und akademische Abschlüsse oder Befähigungsnachweise in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) weiter.

2. Der Kläger hat die Qualifikation eines Fachhochschulabschlusses für den Unterricht in den unteren Klassen sowie eines Abschlusses als Diplomlehrer für Sonderschulen aufgrund eines Fernstudiums an der Humboldt-Universität Berlin. Beide Qualifikationen bleiben dem Kläger gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 EV erhalten. Ob diese Qualifikationen entsprechenden Ausbildungsgängen in den alten Bundesländern gleichwertig wären, kann dahingestellt bleiben. Der Kläger war bereits von 1982 bis 1987 an der Zentralhilfsschule in G. als Sonderschullehrer beschäftigt. Mit dem 1987 erworbenen Diplom als Sonderschullehrer kann seine fachliche Qualifikation als Sonderschullehrer nicht in Frage gestellt werden.

III. Ob die Kündigung wegen mangelnder persönlicher Eignung des Klägers wirksam ist, kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend beurteilt werden.

1. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entspricht. Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne dieser Bestimmung ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die sich auch aus der bisherigen Lebensführung herausgebildet haben kann. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volks Souveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (vgl. BVerfGE 2, 1 – Leitsatz 2 –).

Die hiernach zu stellenden Anforderungen haben sich an den Aufgaben des Angestellten auszurichten. Ein Lehrer muß den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln. Er muß insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß er in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen zu den Grundwerten der Verfassung steht (BVerfG Beschluß vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – BVerfGE 39, 334 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG; BAG Urteil vom 18. März 1993 – 8 AZR 356/92 – zur Veröffentlichung bestimmt, unter B III l, 2 der Gründe).

Der Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV liegt zugrunde, daß Arbeitnehmer von einem früheren Arbeitgeber eingestellt worden sind, mit denen der jetzige Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er an ihrer persönlichen Eignung berechtigte Zweifel gehabt hätte. Abs. 4 Ziff. 1 EV erlaubt daher – auch – eine Prüfung, ob der früher eingestellte Arbeitnehmer für die jetzige Tätigkeit persönlich geeignet ist, ohne daß bereits Vertragsverletzungen und damit konkrete Störungen des Arbeitsverhältnisses eingetreten sein müßten. Die Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV zwingt den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber im übergeordneten stattlichen Interesse nicht, gleichsam die rechtsstaatliche Einstellung eines Arbeitnehmers in jedem Falle zunächst zu erproben (BAG Urteil vom 18. März 1993, a.a.O.). Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 EV ist damit nicht verbunden. Es gelten nicht die Grundsätze für Einstellungen in den öffentlichen Dienst, sondern die für Kündigungen (vgl. zum Beurteilungsspielraum BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 456/82 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II 2 a aa der Gründe; BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – zur Veröffentlichung bestimmt, zu III der Gründe; BVerwG Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38.79 – AP Nr. 10 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Volksschulen; BVerwG Urteil vom 28. November 1980 – 2 C 24.78 – AP Nr. 12 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Entlassung eines Beamten auf Probe), denn durch eine auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung wird in besonderer Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit des einzelnen Beschäftigten eingegriffen. Ein Beurteilungsspielraum kann sich nur im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung auf eine Abwägung besonders belastender Umstände bei der Identifikation mit den Staats- und Parteizielen in der ehemaligen DDR gegenüber spezifisch entlastenden Tatsachen zur persönlichen Eignung des Arbeitnehmers beziehen. Darum geht es im Streitfalle jedoch nicht.

Ein Lehrer ist nicht schon deshalb ungeeignet, weil er nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen bei der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitzuwirken hatte. Eine mangelnde persönliche Eignung ist aber indiziert, wenn er sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig Funktionen wahrgenommen hat, aufgrund derer er in hervorgehobener Position oder überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte. Der kündigende Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat die vom Arbeitnehmer wahrgenommene Funktion einschließlich ihrer Grundlagen und ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, die Annahme der besonderen Identifikation durch substantiierten Sachvortrag zu entkräften.

2. Die Revision rügt zu Recht, daß dem Landesarbeitsgericht bei der Bewertung der Funktion des Klägers als stellvertretender Vorsitzender der Pionierorganisation des Kreises und als hauptamtlicher FDJ-Funktionär Rechts fehler unterlaufen sind. Das Landesarbeitsgericht durfte den Vortrag des Beklagten zur politischen Aufgabe dieser Ämter nicht außer Acht lassen und sich mit der Feststellung begnügen, es habe sich lediglich um untere Parteifunktionen gehandelt, deren Trägern in der Bevölkerung nicht allgemein mit Mißtrauen begegnet worden sei. Aufgrund der Darlegungen des Beklagten hätte das Landesarbeitsgericht darüber befinden müssen, ob feststeht, daß der Inhaber dieser Ämter in der Pionierorganisation überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte oder ob diese Ämter – wie der Kläger behauptet – sich auf Verwaltungs- und Organisationsarbeit beschränkten. Nach der Richtlinie zur Tätigkeit der hauptamtlichen Freundschaftspionierleiter (Arbeitsrichtlinie) und Regelungen für die Leitungen der PDJ zur Auswahl, zur Delegierung und zum Einsatz der Freundschaftspionierleiter nach dem Beschluß des Sekretariats der FDJ vom 17. April 1984 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung vom 22. August 1984 S. 77) liegt die Annahme nahe, der Kläger habe als hauptamtlicher FDJ-Funktionär in der Pionierorganisation erhebliche Kontroll- und Überwachungsfunktionen gegenüber der Schulleitung und den in den Schulen tätigen Freundschaftspionierleitern gehabt. Hatte der Kläger aber als stellvertretender Vorsitzender der Pionierorganisation des Kreises überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken, wäre seine mangelnde persönliche Nichteignung wegen dieses Amtes indiziert.

Der Kläger kann die Annahme der besonderen Identifikation mit dem SED-Staat durch substantiierten Sachvortrag entkräften. Damit ist der Vortrag des Klägers zu würdigen, er habe sein Amt in der Pionierorganisation von vornherein nur auf zwei Jahre befristet ausüben sollen, er sei nur noch zur Abwicklung der Pionierorganisation im Jahre 1990 verpflichtet worden. Dem Kläger ist Gelegenheit zu geben, für die Behauptung der Befristung seines Amtes die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel zu benennen. Neben diesen Umständen wären im Rahmen der Einzelfallprüfung auch sonstige die Eignung des Klägers begründende Tatsachen zu berücksichtigen. Demgegenüber könnte der Beklagte darlegen, daß die behaupteten Tatsachen nicht vorliegen oder daß trotz dieser Umstände aus weiteren Tatsachen auf eine Ungeeignetheit zu schließen sei. Die Beweislast für die Nichteignung des gekündigten Arbeitnehmers obliegt dem Arbeitgeber (vgl. Urteil des Senats vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Unterschriften

Dr. Ascheid, Dr. Wittek, Dr. Mikosch, Brückmann, Richter Dr. Meyer ist infolge eines längeren Auslandsaufenthalts an der Leistung der Unterschrift verhindert. Dr. Ascheid

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1079670

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