Entscheidungsstichwort (Thema)

Paritätische Kommissionen für Verbesserungsvorschläge

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Ergebnis eines Schiedsgutachtens ist nur in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit – die sich aus dem Inhalt der Entscheidung und dem zugrunde liegenden Verfahren ergeben kann – sowie auf Verstöße gegen die zugrunde liegenden Vorschriften überprüfbar. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 12, § 51 Abs. 5; ArbnErfG §§ 2, 9; ArbNErfG § 20 Abs. 1; BGB § 317; ArbGG § 101; ZPO §§ 139, 130 Nr. 6

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 18.07.2002; Aktenzeichen 21 Sa 13/02)

ArbG Pforzheim (Urteil vom 20.11.2001; Aktenzeichen 1 Ca 387/01)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 18. Juli 2002 – 21 Sa 13/02 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Prämie für einen technischen Verbesserungsvorschlag (VV).

Der Kläger war in der Zeit von August 1996 bis einschließlich November 2000 als Montierer in der Niederlassung M… der Beklagten mit der Fertigung von Wasserkästen beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, welches insbesondere Kühlsysteme herstellt. In der Wasserkästen/Ölkühler-Montage (Kostenstelle 5299) wurden zu Beginn der Tätigkeit des Klägers ca. 230 Wasserkästen pro Schicht gefertigt. Dabei wurde zunächst der Ölkühler im Wasserkasten montiert, anschließend separat abgelegt und in einem zusätzlichen Arbeitsgang durch eine weitere Person auf Dichtheit überprüft und dann in einem Container abgelegt.

Im Oktober 1999 reichte der Kläger einen Verbesserungsvorschlag ein. Danach sollten durch eine rechtwinklige Anordnung der Montagetische und der Dichtprüfvorrichtung die Arbeitsvorgänge Montage und Dichtprüfen von einer Person gleichzeitig ausgeführt werden können. Dieser Vorschlag wurde vom zuständigen Meister befürwortet. Nach Berechnung des Klägers soll durch diese Arbeitsplatzanordnung die Fertigung auf 363 Wasserkästen pro Schicht, nach Angaben der Beklagten auf 357 Wasserkästen pro Schicht erhöht werden können. Die Beklagte bearbeitete den Verbesserungsvorschlag unter der Nr. 6835. Über die Prämierung von betrieblichen Verbesserungsvorschlägen bestand eine Gesamtbetriebsvereinbarung “Betriebliches Vorschlagswesen” vom 18. März 1991 (GBV-BVW).

In der GBV-BVW ist ua. bestimmt:

“3. Definition des Verbesserungsvorschlages (VV)

Verbesserungsvorschläge sind Anregungen, durch die ein Ablauf oder ein bestehender Zustand in unserem Unternehmen verbessert werden soll.

Verbesserungsvorschläge sollen einen wirtschaftlichen oder sonstigen Nutzen für das Unternehmen erbringen.

Es ist nicht erforderlich, daß die vorgeschlagene Maßnahme an sich neu ist. Lediglich Anwendungsbereich oder Anwendungszweck müssen neu sein.

Verbesserungsvorschläge können z.B. betreffen

b) Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeit, Verbesserung der Arbeitsbedingungen,

d) Verbesserungen im Arbeitsablauf, z.B. durch Senkung von Rüst- und Fertigungszeiten, Verkürzung von Transportzeiten und Transportwegen, Reduzierung von Stillstands- und Wartezeiten, Einführung von Arbeitserleichterungen,

Kein Verbesserungsvorschlag liegt vor, wenn

4. Die (Wieder-)Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes gefordert wird,

4. Einreichen und Bearbeiten eines Verbesserungsvorschlages (VV)

4.4 Weiterbearbeitung nach Entscheidung

Die Entscheidung über den Vorschlag wird dem Einreicher schriftlich bekanntgegeben. Eine Ablehnung ist zu begründen. Die Prämie wird in angemessener Form überreicht.

5. Organe des Betrieblichen Vorschlagswesens (BVW)

5.1 Beauftragter für das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW)

Die Geschäftsführung bestimmt einen Beauftragten für das Betriebliche Vorschlagswesen. Dieser sorgt für die verwaltungsmäßige Bearbeitung der eingereichten Verbesserungsvorschläge. Der BVW-Beauftragte hat die Interessen der Einreicher unter Wahrung der Unternehmensbelange zu vertreten.

Er fordert bei den fachlich zuständigen Abteilungen Gutachten an und trifft alle Maßnahmen, die zur Vorbereitung und anschließenden Bewertung durch den Prämienausschuß erforderlich sind.

5.2 Gutachter

Die Gutachter in den Betrieben, Verwaltungen und Fachabteilungen sind verpflichtet, die Verbesserungsvorschläge sachlich neutral zu prüfen, alles Positive herauszustellen, auch wenn der Vorschlag nur zum Teil oder in anderer Form verwirklicht werden kann.

Insbesondere hat sich die Stellungnahme mit entsprechender Begründung zu beziehen auf:

  • Durchführbarkeit
  • Art der Vorteile
  • Angaben zur Ermittlung des Nutzens
  • Anwendungszeit, -häufigkeit und -orte
  • Angaben zur Ermittlung des Durchführungsaufwandes
  • eventuell Schutzrechtsfähigkeit

Das Gutachten ist innerhalb von 4 bis 6 Wochen zu erstellen. Unvermeidbare zeitliche Verschiebungen sind dem BVW-Beauftragten rechtzeitig zu melden.

5.3 Prämienausschuß

Als Prämienausschuß wird ein zentraler Ausschuß für alle inländischen Werke der Firma B… mit Sitz in F… gebildet.

Der Prämienausschuß ist paritätisch besetzt. Ihm gehören als ständige Mitglieder an:

  • 2 Firmenvertreter mit Stimmrecht oder deren Stellvertreter.
  • 2 Arbeitnehmervertreter mit Stimmrecht oder deren Stellvertreter.
  • Der BVW-Beauftragte ohne Stimmrecht als Vorsitzender.

Die Teilnehmer an den Ausschußsitzungen müssen den nhalt der Beratungen vertraulich behandeln.

5.4 Aufgaben des Prämienausschusses

Der Prämienausschuß hat die Aufgabe, die vom BVW- Beauftragten bearbeiteten Verbesserungsvorschläge daraufhin zu prüfen, ob die Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung beachtet wurden. Danach entscheidet er über die vom BVW-Beauftragten vorgeschlagene Prämie.

Die Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses werden in einer Niederschrift festgehalten, die von dem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern des Ausschusses unterschrieben werden.

6. Prämie

6.1 Prämien für Verbesserungsvorschläge mit errechenbarem Nutzen

Für eingeführte Verbesserungsvorschläge wird eine Prämie gewährt. …

7.8 Einspruchsmöglichkeit

Der Einreicher hat das Recht, innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Entscheidung über seinen Vorschlag bei dem BVW-Beauftragten Einspruch einzulegen.

Der Einspruch ist schriftlich zu begründen.

Der Prämienausschuß überprüft den Einspruch in sachlicher Hinsicht, sofern er auf bisher nicht bekannte Tatsachen gestützt wird. Die im Einspruchsverfahren durch den Prämienausschuß getroffene Entscheidung ist endgültig. Die Abstimmung über den Einspruch richtet sich nach 5.4.

8. Geltungsbereich

8.1 Persönlicher Geltungsbereich Verbesserungsvorschläge können von allen Betriebsangehörigen einschließlich der Praktikanten, Werksstudenten und Auszubildenden der B… GmbH & Co. eingereicht werden.

8.2 Räumlicher Geltungsbereich

Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Verbesserungsvorschläge aus den inländischen Werken und Verwaltungen der B… GmbH & Co. …”

Die Erstbegutachtung der zuständigen Fachabteilung errechnete als Vorteil des klägerischen Verbesserungsvorschlags eine Reduzierung der Vorgabezeit von 185 Minuten auf 177 Minuten pro 100 Stück. Bei einer Schichtzeit von 453 Minuten sollte sich hieraus eine Gesamtzahl von 357 Wasserkästen pro Schicht und aus der daraus resultierenden Gesamteinsparung von 9,54 Minuten pro 100 Stück eine Gesamteinsparung von 3.802,05 DM ergeben. Mit Schreiben vom 29. September 2000 teilte der Bereich Vorschlagswesen der Beklagten dem Kläger daher mit, seine Prämie betrage 1.910,00 DM brutto. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit Schreiben vom 22. Februar 2001 teilte ihm der Bereich Vorschlagswesen mit, dass eine abschließende Begutachtung noch nicht möglich gewesen sei. Unter dem 19. Juni 2001 erfolgte eine Stellungnahme zu seinem Einspruch aus der zuständigen Fachabteilung. Dort heißt es ua.:

“Gesamtvorgabezeit nach diesem Arbeitsablauf betrug lt. Arbeitsplan 185 Min./100 Stück

Bemerkung: Der VV 6835 basiert aber nicht auf diesen vorgegebenen Ablauf !!

Da dieser Arbeitsplan auch zur Montage anderer Wasserkästen ohne anschließendes Dichtprüfen eingerichtet ist, wurden unter den typenbezogenen Prüftisch Rollen montiert. Bei Nicht- gebrauch wurde dieser zur Seite gerollt und bei Gebrauch wieder am Montageplatz in Position gebracht.

Aus der Skizze des Vorschlages 6835 geht eindeutig hervor, dass dieses nicht nach der Arbeitsplanvorgabe geschehen ist. (Daher auch die erneute ZA-BN 3483). Diese ZA wurde mit dem Vermerk: “Wenn trotzdem die Zeit nicht reicht, arbeiten die MA nicht nach vorgeschriebenem Ablauf” abgelegt.

2. Teilaspekt: Vorgabezeit

Die Vorgabezeit 185 Min./100 Stück war die Basiszeit zur Leistungsberechnung. D.h. bei einer Leistung von 140 % ergibt sich:

1,85/1,4 = 1,32 Min./Stück = 343 Wasserkästen/Schicht. (Schichtzeit = 453 Min.)

Bei einer ordnungsgemäßen Aufstellung des Arbeitsplatzes mit Prüfgerät hätte die oben genannte Vorgabezeit voll ausgereicht. Durch die Bearbeitung des VV wurden alle Beteiligten für die Problematik sensibilisiert und es erfolgte eine neue Zeitaufnahme.

Durch die ZA 5299/93 hat sich die Vorgabezeit von 185 Min. auf 177 Min./100 Stück reduziert. Somit ergibt sich bei einer Leistung von 140 %:

177 Min./1,4 = 1,27 Min./Stück = 357 Wasserkästen/Schicht. (Schichtzeit = 453 Min.)

Die Ermittlung des Nutzens bei einer Zeitreduzierung von 8 Min. + 1,54 Min. indirekte Tätigkeit ergibt eine Gesamteinsparung von 9,54 Min./100 Stück.

Die Gesamteinsparung in DM beläuft sich weiterhin auf DM 3.802,05.”

Der Leiter des Betrieblichen Vorschlagswesens bestätigte diese Begutachtung mit einem vom paritätisch besetzten Prämienausschuss freigegebenen Schreiben vom 27. Juni 2001. Dort heißt es ua.:

“Aufgrund des Einspruches seitens des Einreichers wurde der VV nochmals der zuständigen Fachabteilung zur Überprüfung zugeschickt.

Hierbei stellte sich jedoch heraus, daß nicht gemäß Arbeitsplanvorgabe gearbeitet wurde. Eine frühere Zeitaufnahme hatte nämlich eine rechtwinklige Anordnung des Montage- und Dichtprüfarbeitsplatzes vorgesehen. Und somit entspricht der Vorschlag dem bereits existierenden Arbeitsplan.

Ferner muß darauf hingewiesen werden, daß der vom VV betroffene Arbeitsplatz auch für die Montage anderer Wasserkästen eingerichtet ist. Aus diesem Grunde wurde die betroffene Dichtvorrichtung extra mit Rollen ausgestattet. Bei Nicht- gebrauch wird diese in den hierfür vorgesehenen Freiraum (Abstellbereich) geschoben. Der Vorschlag ist also nicht generell anwendbar, sondern nur für einen bestimmten Kühlertyp.

Fazit: Diesem Einspruch kann nicht entsprochen werden.

Sowohl die Erstbegutachtung, wie auch die erneute Überprüfung des Vorschlages wurde durch den paritätisch besetzten Prämienausschuß freigegeben.”

Die Stellungnahme wurde dem Kläger durch den Bereich Betriebliches Vorschlagswesen mit Schreiben vom 27. Juni 2001 zugeleitet.

Der Kläger hat vorgetragen, vor der Einreichung seines VV seien pro Schicht täglich nur 230 Wasserkästen pro Arbeit hergestellt worden. Nach Umsetzung seines Verbesserungsvorschlages habe sich die Zahl auf durchschnittlich 363 pro Schicht erhöht. Es stehe ihm daher nicht eine Prämie von 1.910,00 DM, sondern eine Prämie von 18.145,00 DM zu. Er habe deshalb Anspruch auf Zahlung von weiteren 16.235,00 DM.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.300,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keine Verbesserung vorgeschlagen, sondern nur die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes. Ein Anspruch auf Prämienzahlung sei daher nach der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht gegeben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision seinen Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht keine Prämie für den von ihm eingebrachten Vorschlag Nr. 6835 zu.

  • Die Klage ist trotz fehlender Unterschrift auf der Klageschrift (§ 130 Nr. 6 ZPO) zulässig. Das Landesarbeitsgericht ist von der Heilung des Mangels gem. § 295 ZPO ausgegangen. Dies ist durch die Revisionsbeklagte nicht mit einer Gegenrüge angegriffen worden.
  • Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat auf Grund seines Vorschlages Nr. 6835 keinen weiteren Zahlungsanspruch gegen die Beklagte.

    I. Ansprüche aus dem ArbNErfG kommen nicht in Betracht. Es liegt weder eine Erfindung (§§ 2, 9 ArbNErfG) noch ein technischer Verbesserungsvorschlag vor, der eine ähnliche Vorzugsstellung wie ein gewerbliches Schutzrecht gewährt (§ 3, § 20 Abs. 1 ArbNErfG).

    II. Dem Kläger steht auch nach Ziff. 6 der GBV-BVW kein Prämienanspruch zu. Der Kläger hat keine Verbesserung iSd. GBV-BVW vorgeschlagen.

    1. Die GBV-BVW findet nach Ziff. 8.1 GBV-BVW auf den Verbesserungsvorschlag des Klägers Anwendung. Der Kläger war zum Zeitpunkt seines Vorschlages Betriebsangehöriger der Beklagten.

    2. Der Kläger hat keinen zu prämierenden Verbesserungsvorschlag iSd. GBV-BVW eingereicht, da er nur die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes vorschlug. Nach Ziff. 3.4 der GBV-BVW liegt in einem solchen Fall kein zu prämierender Verbesserungsvorschlag vor.

    a) Der nach Ziff. 5.3 GBV-BVW gebildete paritätische Prämienausschuss hat in seiner Einspruchsentscheidung festgestellt, dass der Vorschlag des Klägers dem bereits existierenden Arbeitsplan entspreche und lediglich bisher noch nicht umgesetzt worden sei. Es liegt zwar keine schriftliche Einspruchsentscheidung des Prämienausschusses vor. Die ablehnende und abschließende Stellungnahme des Leiters des Betrieblichen Vorschlagswesens vom 27. Juni 2001 wurde nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aber vom Prämienausschuss geprüft und bestätigt. Sie ist damit Bestandteil der ablehnenden Entscheidung des Prämienausschusses geworden. Danach hat somit der Prämienausschuss festgestellt, dass der Kläger lediglich die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes vorgeschlagen hat.

    b) Diese Tatsachenfeststellung der paritätischen Kommission ist zwischen den Parteien gem. Ziff. 7.8 Abs. 3 der GBV-BVW verbindlich.

    aa) Die Regelung der GBV-BVW zur eingeschränkten Überprüfbarkeit der Feststellungen des Prämienausschusses ist wirksam.

    (1) Es handelt sich nicht um eine gegen § 101 ArbGG verstoßende Schiedsklausel, sondern um die Vereinbarung eines materiell-rechtlich wirkenden Schiedsgutachterverfahrens. Denn die Entscheidung der Kommission führt nicht zu einer verbindlichen Feststellung mit prozessualer Bindungswirkung (vgl. BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 468/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 146 = EzA TVG § 4 Schiedsgutachten Nr. 1). Die für das arbeitsgerichtliche Verfahren aus der Gutachtenabrede folgende Bindung ist allein materiell-rechtlicher Natur und führt zur entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff. BGB (BAG 18. Dezember 1980 – 2 AZR 934/78 – BAGE 34, 365; 16. Oktober 1957 – 4 AZR 257/55 – BAGE 5, 38). Eine unzulässige Schiedsgerichtsvereinbarung liegt erst vor, wenn einer dritten Stelle nicht nur die Feststellung von Tatsachen, sondern darüber hinaus auch deren verbindliche Subsumtion unter einzelne Tatbestandsmerkmale, etwa im Bereich der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe übertragen wird (Senat 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zur Veröffentlichung vorgesehen [zVv.] mwN). Das ist hier nicht der Fall. Gem. Ziff. 5.4 GBV-BVW entscheidet der Prämienausschuss über die vorgeschlagene Prämie. Im Einspruchsverfahren entscheidet er gem. Ziff. 7.8 der GBV-BVW endgültig. Es wird aber nicht der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ausgeschlossen, so dass der Prämienausschuss über die Feststellung von Tatsachen hinaus nicht verbindlich entscheidet. Mit der Entscheidung der paritätischen Kommission im Einführungsverfahren ist lediglich das betriebliche Beurteilungsverfahren abgeschlossen.

    (2) Die Schiedsgutachtenabrede ist wirksam durch die Gesamtbetriebsvereinbarung zustande gekommen.

    Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien folgt aus § 51 Abs. 5, § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG, der für den Gesamtbetriebsrat gem. § 51 Abs. 5 BetrVG Anwendung findet, hat der Betriebsrat über die Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens mitzubestimmen. Das schließt auch die Einrichtung von paritätischen Ausschüssen ein, die verbindlich die maßgeblichen Tatsachen feststellen sollen (Senat 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zVv.).

    bb) Die ablehnende Mehrheitsentscheidung der paritätischen Kommission ist auch nicht ausnahmsweise voll überprüfbar.

    (1) Das Ergebnis eines Schiedsgutachtens ist nur in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit – die sich aus dem Inhalt der Entscheidung und dem zugrunde liegenden Verfahren ergeben kann – sowie auf Verstöße gegen die zugrunde liegenden Vorschriften überprüfbar. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können (vgl. Senat 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zVv.).

    (2) Gemessen daran ist die Entscheidung des Prämienausschusses nicht zu beanstanden.

    (2.1) Die Revision rügt ohne Erfolg die nicht vorschriftsgemäße Besetzung des Prämienausschusses. Das Landesarbeitsgericht hat die paritätische Besetzung des Prämienausschusses in seinen Entscheidungsgründen festgestellt. Diese Feststellungen hat der Kläger nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht pauschal mit Nichtwissen die vorschriftsgemäße Besetzung des Prämienausschusses bestreiten kann. Die Darlegungslast für Verfahrensfehler trägt die Partei, die sie behauptet. Dies setzt einen substantiierten und schlüssigen Tatsachenvortrag voraus. Ein einfaches Bestreiten löst eine Darlegungslast des Prozessgegners nur aus, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Erkenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (Zöller/Greger ZPO 24. Aufl. § 138 Rn. 8b). Eine solche besondere Sachnähe ist auch bei der Beklagten im Hinblick auf das Verfahren des Prämienausschusses nicht gegeben. Gem. Ziff. 5.3 der GBV-BVW ist der Prämienausschuss paritätisch mit zwei Firmenvertretern und zwei Arbeitnehmervertretern besetzt. Eine besondere Informationspflicht des Ausschusses hinsichtlich seines Verfahrens gegenüber dem Arbeitgeber besteht nicht. Mit Ziff. 5.3 GBV-BVW ist der Inhalt der Beratung sogar vertraulich zu behandeln. Eine besondere Sachnähe des Arbeitgebers ist daher nicht gegeben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich daher bei Mitgliedern des Ausschusses erkundigen, falls sie Informationen über das Verfahren insbesondere auch über die Besetzung erhalten wollen. Dem Kläger wäre es daher zumutbar und möglich gewesen, entsprechende Erkundigungen bei den Arbeitnehmervertretern des Ausschusses durchzuführen.

    (2.2) Ebenso erfolglos ist die Rüge, der Beauftragte für das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) habe entgegen Ziff. 5.1 GBV-BVW kein Gutachten bei den fachlich zuständigen Abteilungen eingeholt. Der Einspruchsentscheidung des Prämienausschusses lag die gutachterliche Stellungnahme der Fachabteilung vom 19. Juni 2001 vor. Diese erfüllt die Anforderungen von Ziff. 5.2 der GBV-BVW. Sie erfolgte durch die fachlich zuständige Abteilung und enthält insbesondere Angaben zur Durchführbarkeit und Art der Vorteile des Verbesserungsvorschlages.

    (2.3) Unschädlich ist auch das Fehlen einer eigenen umfassenden schriftlichen Entscheidungsbegründung des Prämienausschusses. Dieser gab die schriftliche abschließende Stellungnahme des Leiters des Betrieblichen Vorschlagswesens vom 27. Juni 2001 frei und bestätigte sie. Damit liegt eine vom Prämienausschuss autorisierte schriftliche Begründung, wenn auch nicht von ihm selbst formuliert, vor.

    (2.4) Die Entscheidung ist nicht deswegen grob unrichtig, weil der Prämienausschuss die zugrunde liegenden Tatsachen falsch bewertet haben soll.

    Eine Entscheidung der paritätischen Kommission ist grob unbillig, wenn sich die Unrichtigkeit jedermann oder wenigstens dem sachkundigen Beobachter unmittel- bar aufdrängt (BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 468/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 146 = EzA TVG § 4 Schiedsgutachten Nr. 1).

    Der Prämienausschuss ist nicht von offensichtlich unzutreffenden Tatsachen ausgegangen. Er hat vielmehr die Stellungnahme des Fachvorgesetzten eingeholt. Dieser stellte gutachterlich iSv. Ziff. 5.2 der GBV-BVW fest, dass die vom Kläger vorgeschlagenen Verbesserungen bereits einer Arbeitsablaufplanung entsprachen, die aber lediglich nicht umgesetzt worden war. Zur Umsetzung der Arbeitsplanvorgabe waren sogar unter dem Prüftisch Rollen montiert worden. Für die paritätische Kommission bestand keinerlei Veranlassung, an der Richtigkeit der Stellungnahme der Fachabteilung zu zweifeln. Der Kläger bestreitet selbst nicht, dass unter den Prüftischen bereits Rollen montiert waren.

    (2.5) Die Revisionsrüge des Klägers gem. § 139 ZPO, das Landesarbeitsgericht hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass er die Darlegungs- und Beweislast für die grobe Unrichtigkeit der Entscheidung des Prämienausschusses habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Revision macht geltend, sie hätte bei gehöriger Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht vorgetragen, dem Meister B… und dem Sachbearbeiter M… sei der bereits existierende Arbeitsplan nicht bekannt gewesen. Dies hätte zu keiner anderen Entscheidung geführt. Die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes setzt voraus, dass der tatsächliche Zustand nicht ordnungsgemäß war. Das ist objektiv zu beurteilen. Auf die Kenntnis einzelner Mitarbeiter kommt es dabei nicht an.

  • Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
 

Unterschriften

Düwell, Zwanziger, Krasshöfer, Jungermann, Starke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1170801

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