Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Soziale Gründe

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus sozialen Gründen befristeter Arbeitsvertrag mit einem Arzt im Anschluß an einen vorherigen, auf das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung gestützten befristeten Arbeitsvertrag.

 

Normenkette

BGB § 620; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Saarland (Urteil vom 25.09.1991; Aktenzeichen 1 Sa 69/91)

ArbG Saarbrücken (Urteil vom 05.03.1991; Aktenzeichen 1 Ca 5/91)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 25. September 1991 – 1 Sa 69/91 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis infolge wirksamer Befristung mit dem 31. Dezember 1990 sein Ende gefunden hat.

Der Kläger ist Arzt. Die Beklagte betreibt in S. ein Krankenhaus. Dort war der Kläger von 1981 an in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Assistenzarzt tätig. Auf seinen Wunsch schied er am 31. März 1989 einvernehmlich aus diesem Arbeitsverhältnis aus. Er wollte zu Weiterbildungszwecken ein Jahr in einem anderen, nicht von der Beklagten betriebenen Krankenhaus in Neunkirchen tätig sein. Aus diesem Anlaß teilte er der Klinikverwaltung der Beklagten in seinem Schreiben vom 17. März 1989 mit, er beantrage die Aufhebung seines Arbeitsvertrags zum 31. März 1989 und die Wiedereinstellung zum 1. April 1990. Die Beklagte antwortete dem Kläger mit ihrem Schreiben vom 29. März 1989, sie sei aufgrund des Antrags des Klägers mit der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 1989 einverstanden, über eine neue Einstellung zum 1. April 1989 (richtig wohl: 1990) könne erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Mit ihrem Schreiben vom 5. Juli 1989 teilte die Beklagte dem Kläger sodann mit, er sei am 31. März 1989 im Rahmen seiner Ausbildung aus den Diensten der Klinik S. ausgeschieden, sie sei bereit, ihn ab 1. April 1990 erneut als Assistenzarzt in der Klinik S. einzustellen.

Am 29. März 1990 schlossen die Parteien einen Formular-Arbeitsvertrag, in welchem es auszugsweise heißt, der Kläger werde „ab 1. April 1990 als Angestellte/r zur Weiterbildung zum Gebietsarzt (Chirurgie) befristet nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung … längstens bis zum 31.03.1992 eingestellt und im Rahmen der jeweiligen Aufgaben der Chirurgischen Abteilung als Arzt beschäftigt – (§ 1).” In dem Formularvordruck sind dabei die Rubrik „zur Weiterbildung zum Gebietsarzt” angekreuzt worden und die Gebietsangabe „(Chirurgie)” sowie die Worte „längstens bis zum 31.03.1992” und „Chirurgischen Abteilung” maschinenschriftlich eingesetzt worden.

Am 4. Dezember 1990 legte der Kläger erfolgreich seine Prüfung als Facharzt für Chirurgie ab. Dies teilte er dem Chefarzt und dem Leiter der Personalstelle des Knappschaftskrankenhauses S. der Beklagten am 5. Dezember 1990 mit. Er bat den Leiter der Personalstelle, den Zeugen S., um den Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages, weil sein Arbeitsverhältnis aufgrund des vorherigen Vertrages mit dem Bestehen der Facharztprüfung erloschen sei. Der Zeuge S. verwies den Kläger zuständigkeitshalber an den Verwaltungsleiter des Krankenhauses S. den Zeugen M.. Gleichzeitig bot er dem Kläger jedoch an, er, der Kläger, könne noch bis Ende Dezember 1990 im Krankenhaus S. tätig bleiben. Am 10. und nochmals am 14. Dezember 1990 sprach der Kläger mit dem Verwaltungsleiter M. über den Abschluß eines Arbeitsvertrages auf unbestimmte Zeit. Mit seinem Schreiben vom 14. Dezember 1990 teilte die Beklagte bzw. deren Verwaltungsleiter M. dem Kläger mit:

„Ihr Arbeitsverhältnis

Sehr geehrter Herr T.,

Sie wurden am 01.04.1990 im Rahmen und zum Zwecke der Weiterbildung als Gebietsarzt (Chirurgie) in der Klinik S. angestellt. Der Vertrag ist bis zur Anerkennung als Facharzt befristet, längstens jedoch bis 31.03.1992.

Da Sie nach eigenen Angaben im Dezember 1990 Ihre Prüfung abgelegt haben und damit als Facharzt für Chirurgie anerkannt werden, endet ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats Dezember 1990.”

Der Kläger antwortete hierauf mit seinem Schreiben vom 18. Dezember 1990, welches auszugsweise lautet:

„Sehr geehrter Herr M.

Wie bekannt bin ich seit 1. Februar 1981 im Krankenhaus S. als Assistenzarzt beschäftigt und habe meine Tätigkeit lediglich aus Ausbildungsgründen mit dem Einverständnis meines Chefs, Herrn Dr. W. und von Ihnen unterbrochen. Das erfolgreiche Bestehen meiner Facharztprüfung am 4.12.1990 nehmen Sie nun zum Anlaß, mein Beschäftigungsverhältnis nach 10 Jahren kommentarlos zu beenden. Das kann ich nicht akzeptieren.

Ich beantrage hiermit die Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, was mir übrigens auch von Herrn Personalchef S., Herrn Dr. W. und Ihnen zugesagt war.

P.S. Die von Ihnen vorgelegten Schriftstücke, nach denen ich entweder die Kündigung zum 31.12.1990 akzeptiere, oder eine Weiterbeschäftigung bis zum 30.6.1991 erfolgt unter der Voraussetzung, daß ich dann freiwillig auf eine Weiterbeschäftigung verzichte, werde ich nicht unterzeichnen, ich lasse mich nicht erpressen.”

Der Verwaltungsleiter M. antwortete für die Beklagte mit seinem Schreiben vom 19. Dezember 1990:

„Ihr Schreiben vom 18.12.1990 habe ich erhalten.

Ihrem Antrag auf Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis können wir nicht entsprechen.

Weder Herr S. noch ich haben Ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zugesagt, was im übrigen auch in dem am 29.03.1990 geschlossenen Arbeitsvertrag zum Ausdruck kommt. Dieser Arbeitsvertrag wurde befristet bis zum erfolgreichen Abschluß der Weiterbildung zum Gebietsarzt (Chirurgie), längstens jedoch bis zum 31.03.1992.

Wie wir in unserem Schreiben vom 14.12.1990 an Sie mitteilten, haben Sie uns angegeben, daß Sie im Dezember Ihre Prüfung zum Arzt für Chirurgie erfolgreich abgelegt haben. Somit ist Ihr Arbeitsverhältnis zum 31.12.1990 beendet.

Da es sich hierbei um keine Kündigung handelt, sind kündigungsschutzrechtliche Gründe nicht zu erörtern. Wie Sie uns selbst schriftlich mitteilen, sind Sie nicht bereit, die Weiterbeschäftigung bis 30.06.1991 zu akzeptieren. (Ausschließlich aus sozialen Aspekten wurde Ihnen diese Weiterbeschäftigung angeboten.) Demnach endet das Arbeitsverhältnis mit Ihnen zum 31.12.1990.”

Der Kläger arbeitete als Arzt im Krankenhaus S. der Beklagten bis Ende Dezember 1990 weiter. Am 2. Januar 1991 versuchte er vergebens, dort seine Arbeit als Krankenhausarzt fortzusetzen. Die Beklagte verwies ihn des Hauses.

Gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses setzt sich der Kläger mit seiner am 4. Januar 1991 eingereichten Klage zur Wehr. Er hat geltend gemacht: Das gemäß dem Vertrag vom 29. März 1989 befristete Arbeitsverhältnis sei am 5. Dezember 1990 beendet gewesen, nachdem der Kläger am 4. Dezember 1990 seine Facharztprüfung bestanden gehabt habe. Da er im Anschluß hieran jedoch weitergearbeitet habe, bestehe gemäß § 625 BGB ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, Denn er habe nach Erlangen der Facharztreife seine Arzttätigkeit mit Wissen der Beklagten fortgesetzt. Erst später habe die Beklagte seiner weiteren Tätigkeit widersprochen. Bei Gesprächen mit dem Verwaltungsleiter M. am 10. und 14. Dezember 1990 habe M. gesagt, es werde noch beraten, ob eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger erfolge. Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung habe es an einem rechtfertigenden Grund gefehlt. Die Tätigkeit in S. habe, nachdem er, der Kläger, von Neunkirchen dorthin zurückgekehrt sei, nicht mehr der Ausbildung des Klägers zum Facharzt gedient. Zudem habe der Verwaltungsleiter M. dem Kläger nach der Rückkehr aus Neunkirchen den Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages zugesagt. Als der Kläger dem ihm dann vorgelegten befristeten Arbeitsvertrag widersprochen habe, habe der Zeuge M. zum Kläger gesagt, die Befristung diene der Beschleunigung des Prüfungsabschlusses des Klägers, danach werde ein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden. Noch bis 18. Dezember 1990 sei das Verhalten aller Beteiligten in der Klinik S. einschließlich des Verwaltungsleiters des Knappschaftskränkenhauses auf eine unbefristete Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ausgerichtet gewesen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Fristablauf zum 31.12.1990 geendet hat, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert: Dem Kläger sei keine unbefristete Wiedereinstellung zugesagt worden. Vielmehr sei am 29. März 1990 ein eindeutig befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Darin sei auch keine Verpflichtung zur Übernahme des Klägers nach Ablegung der Facharztausbildung enthalten gewesen. Die Behauptung des Klägers, die Befristung im Vertrag vom 29. März 1990 sei nur vereinbart worden, um ihn anzuspornen, sei ebenso unrichtig wie der Vortrag des Klägers, er habe diesen Vertrag nur unter Protest unterschrieben. Auf § 625 BGB könne sich der Kläger nicht stützen. Er habe am 5. Dezember 1990 den Zeugen S. um den Abschluß eines unbefristeten Vertrages gebeten, worauf dieser geantwortet habe, darüber habe der derzeit abwesende Verwaltungsleiter M. zu entscheiden, der Kläger könne aber vorerst bis Monatsende weiterarbeiten. Hierin sei ein unverzüglicher Widerspruch der Beklagten im Sinne des § 625 BGB zu sehen. Der Kläger habe dieses Angebot konkludent angenommen. Der Vertrag vom 29. März 1989 sei wirksam befristet. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung umfasse auch Zeiten, die über die Mindestweiterbildungszeiten hinausgingen. Auch solche Zeiten seien der Weiterbildung dienlich und nützlich. Der Vertrag sei bis zum Ablegen der Facharztprüfung befristet gewesen und habe daneben eine Höchstbefristung zum 31. März 1992 enthalten. Die Befristung auf den Abschluß der Facharztprüfung sei im Sinne des § 1 des genannten Gesetzes kalendermäßig bestimmbar. Zudem stelle die Möglichkeit zur Weiterbildung als Gebietsarzt auch nach allgemeinen Regeln einen sachlichen Grund für die Rechtfertigung der Befristung bis zum Ablegen der entsprechenden Prüfung dar.

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen S. und M. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt der Kläger seinen Antrag aus der Vorinstanz weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Klage ist zu Recht abgewiesen worden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat infolge wirksamer Befristung gemäß § 620 Abs. 1 BGB mit dem 31. Dezember 1990 sein Ende gefunden. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwischen den Parteien habe zunächst ein befristeter Arbeitsvertrag aufgrund des schriftlichen Vertrages vom 29. März 1989 für die Dauer der Weiterbildung des Klägers zum Facharzt für Chirurgie bis zum Ablegen der Facharztprüfung, längstens bis zum 31. März 1992, bestanden. Nachdem dieser Vertrag am 4. Dezember 1990 sein Ende gefunden habe, weil der Kläger seine Facharztprüfung abgelegt habe, habe sich ein weiterer Vertrag, befristet für die Zeit vom 5. bis 31. Dezember 1991, angeschlossen. Das Landesarbeitsgericht hat beide Verträge daraufhin geprüft, ob die Befristung jeweils wirksam war und diese Frage jeweils bejaht.

1. Gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, zwischen den Parteien sei aufgrund des Angebots des Zeugen S. an den Kläger, er Könne bis zum 31. Dezember 1990 weiterarbeiten, und dessen konkludenter Annahme durch die weitere Durchführung der Tätigkeit durch den Kläger ein auf die Zeit bis 31. Dezember 1990 befristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen, wendet sich die Revision nicht. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind auch von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Seine Würdigung, ein befristeter Arbeitsvertrag sei durch das wörtliche Angebot auf der Seite der Beklagten und die konkludente Annahme auf der Seite des Klägers zustande gekommen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts machen jedoch deutlich, daß es die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage, welcher von mehreren befristeten Arbeitsverträgen der Befristungskontrolle durch die Gerichte zugänglich sei, unberücksichtigt gelassen hat.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist für die Prüfung, ob ein Arbeitsverhältnis infolge wirksamer Befristung sein Ende gefunden hat oder infolge Unwirksamkeit der Befristung auf unbestimmte Zeit fortbesteht, nur auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Parteien abzustellen. Ob die vorangegangenen Verträge wirksam befristet waren, ist grundsätzlich unerheblich. Durch den vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Will der Arbeitnehmer dieses Ergebnis vermeiden und sich seine Rechte aus einer etwaigen Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Arbeitsvertrages sichern, so muß er mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Vorbehalt des Inhaltes vereinbaren, daß der neue befristete Vertrag nur gelten soll, wenn die Parteien nicht schon aufgrund des vorangegangenen Vertrages in einem unbefristeten oder auch nur länger befristeten Arbeitsverhältnis stehen (vgl. statt vieler: BAGE 65, 16, 21 = AP Nr. 1 zu § 57 b HRG, unter I 1 der Gründe, m.w.N.).

b) Ein solcher Vorbehalt ist nach dem festgestellten Sachvortrag des Klägers und der Beklagten für den Arbeitsvertrag der Parteien, der befristet für die Zeit vom 5. bis 31. Dezember 1990 zustande gekommen ist, nicht vereinbart worden. Für die Prüfung, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam befristet worden ist, kommt es daher nur auf diesen letzten befristeten Arbeitsvertrag an.

c) Zwar kann ausnahmsweise der Befristungskontrolle nicht der letzte, sondern der vorletzte Arbeitsvertrag zugrunde zu legen sein, nämlich dann, wenn es sich bei dem letzten Arbeitsvertrag nur um einen sog. unselbständigen Annex-Vertrag zum vorhergehenden Arbeitsvertrag handelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist von einem Annex-Vertrag jedoch nur auszugehen, wenn es den Parteien darum gegangen ist, die Laufzeit des alten Vertrages wegen unvorhergesehener zwischenzeitlicher Verzögerungen mit dem Sachgrund zu dessen Befristung wieder in Einklang zu bringen, so daß der bisherige Vertrag nur hinsichtlich seines Beendigungszeitpunktes mit Rücksicht auf zwischenzeitlich eingetretene, verzögernde Umstände für eine kurze Zeitspanne angepaßt wird. Insgesamt muß sich der zeitlich letzte Vertrag nach den Umständen des Falles lediglich als ein unselbständiger Annex des vorhergehenden Vertrages darstellen und es muß deshalb anzunehmen sein, daß beide Parteien dem letzten Vertrag keinerlei eigenständige Bedeutung beigemessen haben, sondern durch ihn den bisherigen Vertrag nur hinsichtlich seines Beendigungszeitpunktes modifizieren wollten. Zur Annahme eines solchen Parteiwillens reicht es allerdings nicht aus, daß der letzte und der vorletzte befristete Arbeitsvertrag in den Vertragsbedingungen ansonsten übereinstimmen und auch die zu erfüllende Arbeitsaufgabe die gleiche bleibt. Denn dies allein spricht noch nicht gegen den Willen der Parteien, ihr Arbeitsverhältnis für die Zukunft auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, damit aus dem letzten befristeten Vertrag geschlossen werden kann, hinsichtlich des Sachgrundes für die Befristung solle der vorletzte Vertrag weiterhin gelten. Derartige besondere Umstände liegen vor, wenn es sich bei dem Anschlußvertrag lediglich um eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunktes handelt, diese Korrektur sich am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrages orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragszeit an später eingetretene, nicht vorhersehbare verzögernde Umstände besteht (vgl. BAGE 65, 16, 21 = AP Nr. 1 zu § 57 b HRG, zu I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, unter I 2 der Gründe, m.w.N.).

d) Das Landesarbeitsgericht hat diese Frage nicht geprüft. Aufgrund des vom Landesarbeitsgericht festgestellten, durch Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Sachverhalts (vgl. § 561 ZPO) ist der Senat indessen selbst in der Lage, diese Frage zu entscheiden. Die Voraussetzungen dafür, im letzten Vertrag lediglich einen Annex-Vertrag zum vorherigen Arbeitsvertrag der Parteien zu sehen, liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Den Parteien ist es nicht darum gegangen, mit dem für die Zeit vom 5. bis 31. Dezember 1990 befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag die Befristungsdauer gleichsam nur wegen zwischenzeitlich veränderter Umstände an den Sachgrund der Befristung des vorherigen Arbeitsvertrages (Weiterbildung des Klägers zum Gebietsarzt) anzupassen. Mit dem anschließenden befristeten Arbeitsvertrag haben die Parteien nicht mehr eine Fortdauer der Weiterbildung des Klägers zum Gebietsarzt bezweckt, sondern andere Ziele verfolgt. Es sollte – so die Beklagte – aus sozialen Gründen bzw. aus Gründen der Patientenbetreuung vermieden werden, daß der Kläger sofort aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, andererseits sollte aber insoweit nur eine Bindung bis zum Monatsende bestehen. Bereits dies schließt die Annahme aus, es könne sich bei dem letzten Vertrag lediglich um einen Annex-Vertrag zum vorherigen Arbeitsvertrag der Parteien handeln. Auch aus der Sicht des Klägers sollte der letzte Vertrag nicht mehr seiner Weiterbildung zum Gebietsarzt dienen. Denn er ging jedenfalls damals davon aus, seine Weiterbildung spätestens mit dem Ablegen der Gebietsarztprüfung abgeschlossen zu haben.

3. Das Landesarbeitsgericht hat ferner angenommen, die Befristung dieses letzten Arbeitsvertrages sei aus zwei Gründen sachlich gerechtfertigt. Zum einen sei der Kläger im Rahmen eines Aushilfsarbeitsverhältnisses tätig geworden. Zum anderen sei die Befristung auch aus sozialen Gründen sachlich gerechtfertigt. Solche lägen in der befristeten Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers nach Beendigung seiner Ausbildungszeit, um dem Arbeitnehmer die Chance zu geben, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen, wie überhaupt, um ihm die Gelegenheit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen.

Auch diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts werden von der Revision nicht angegriffen. Die Befristung des Arbeitsvertrags der Parteien ist aus sozialen Gründen sachlich gerechtfertigt.

a) Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Prüfung zutreffend davon ausgegangen, die Befristung dieses nur einen Zeitraum von 27 Tagen umfassenden Arbeitsvertrages habe eines sie sachlich rechtfertigenden Grundes bedurft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 (BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nach § 620 BGB grundsätzlich möglich. Wird jedoch dem Arbeitnehmer durch die Befristung der Schutz zwingender Kündigungsschutzbestimmungen entzogen, so bedarf die Befristung eines sie sachlich rechtfertigenden Grundes. Fehlt es an einem sachlich rechtfertigenden Grund für die Befristung, so liegt eine objektiv Funktionswidrige und deshalb mißbräuchliche Vertragsgestaltung mit der Folge vor, daß sich der Arbeitgeber nicht auf die Befristung stützen kann. Ein derart sachlich rechtfertigender Grund ist im vorliegenden Fall erforderlich. Der zuletzt abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag umfaßte zwar nur einen Zeitraum von 27 Kalendertagen. Gleichwohl steht dem Kläger der Schutz des Kündigungsschutzgesetzes im Fall einer Kündigung zur Seite, denn trotz der Kürze des letzten Arbeitsverhältnisses ist die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt, weil auf sie die Dauer des vorherigen Arbeitsverhältnisses ab 1. April 1990 anzurechnen ist.

b) Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt anerkannt, daß der soziale Überbrückungszweck eines Arbeitsvertrages dessen Befristung sachlich rechtfertigen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer im Anschluß an ein beendetes Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis zur Überwindung von Übergangsschwierigkeiten aus sozialen Gründen, zum Beispiel, um dem Arbeitnehmer die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu erleichtern, einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag anbietet (vgl. BAG Urteil vom 12. Dezember 1985 – 2 AZR 9/85 – AP Nr. 96 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 4 a der Gründe, m.w.N.).

c) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagten habe bei Abschluß des letzten, für die Zeit vom 5. bis 31. Dezember 1990 befristeten Arbeitsvertrages ein derartiger sozialer Grund zur Seite gestanden, so daß die Befristung sachlich gerechtfertigt sei. Dies wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Die Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist auch nicht von Rechts wegen zu beanstanden. Die Würdigung des Berufungsgerichts, ob ein sachlicher Befristungsgrund vorliegt, unterliegt in der Revisionsinstanz nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Bei dem Begriff der sachlichen Rechtfertigung einer Befristung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüft werden kann. Eine nachprüfbare Rechtsverletztung liegt nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (BAG Urteil vom 7. Dezember 1988 – 7 AZR 138/88 – AP Nr. 8 zu § 543 ZPO 1977, insoweit in BAGE 60, 270 nicht abgedruckt; BAGE 40, 177, 179 = AP Nr. 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 1 der Gründe). Solch ein revisibler Rechtsfehler liegt hier nicht vor.

d) Ob der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag daneben auch noch als Aushilfsarbeitsverhältnis wirksam befristet war oder nicht, kann dahinstehen. Denn seine Befristung erweist sich bereits aus den dargestellten sozialen Gründen als sachlich gerechtfertigt und wirksam. Infolge dieser wirksamen Befristung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31. Dezember 1990 sein Ende gefunden.

II. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, zwischen den Parteien gelte nicht gemäß § 625 BGB ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als zustande gekommen. Nach dieser Bestimmung gilt ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn es nach Ablauf des Arbeitsvertrages vom Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird, sofern nicht der Arbeitgeber unverzüglich widerspricht. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, der Personalleiter S. der Beklagten habe der unbefristeten Weiterarbeit des Klägers am 5. Dezember 1990 dadurch konkludent widersprochen, daß er dem Kläger angeboten habe, er könne befristet bis 31. Dezember 1990 weiterarbeiten, nachdem der Kläger ihm in dem Gespräch mitgeteilt habe, er habe am Vortag seine Prüfung zum Gebietsarzt abgelegt und bitte um einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, gegen die sich der Kläger nicht wendet, halten der Prüfung in der Revision stand. Im Angebot eines befristeten Arbeitsvertrages liegt zugleich inhaltlich ein Widerspruch gegen eine unbefristete Weiterarbeit des Arbeitnehmers im Sinne des § 625 BGB. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, daß die Erklärung unverzüglich erfolgt sei, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zudem hat der Kläger das Angebot, befristet bis zum 31. Dezember 1990 weiterzuarbeiten, nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts konkludent angenommen.

III. Das Landesarbeitsgericht hat desweiteren gemeint, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, ab 1. Januar 1991 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei der Beklagten zu arbeiten, und ausgeführt, die insoweit vom Kläger behaupteten Zusagen der Beklagten zum Abschluß eines solchen Vertrages träfen sachlich nicht zu und seien vom Kläger nicht unter Beweis gestellt bzw. bewiesen worden.

Auch hiergegen wendet sich die Revision nicht. Auf diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kommt es indessen schon mit Rücksicht auf den Streitgegenstand nicht an. Der Kläger will nach seinem Antrag, wie auch nach seiner Begründung, festgestellt wissen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Fristablauf am 31. Dezember 1990 geendet habe, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Für diesen Streitgegenstand, bei dem es um die Feststellung eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses geht, ist rechtlich unerheblich, ob sich die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet hat, mit dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1991 einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen oder nicht. Selbst wenn sich die Beklagte derart verpflichtet hätte, folgt hieraus noch nicht, daß ein Arbeitsvertrag bereits zustande gekommen wäre. Nur die Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung eines bereits zustande gekommenen Arbeitsvertrages ist aber Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

IV. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob der mit dem Kläger am 29. März 1989 abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag zum Zwecke seiner Weiterbildung als Gebietsarzt für das Gebiet der Chirurgie wirksam befristet war oder nicht.

Denn dieser Arbeitsvertrag unterliegt nicht der gerichtlichen Befristungskontrolle (vgl. oben I 2).

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Steckhan, Kremhelmer, Schliemann, Lappe, Dr. Gerschermann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081346

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