Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsichtsanspruch in innerbehördlichen Schriftverkehr

 

Orientierungssatz

1. Anspruch einer im Fernmeldedienst beschäftigten Angestellten auf Einsichtnahme in eine bei der Oberpostdirektion geführte "Sachakte betrifft Übernahme in das Beamtenverhältnis".

2. Personalakten sind eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Bediensteten betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Sie sollen ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild über die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Bediensteten geben.

3. Vorgänge gehören dann nicht zu den Personalakten, wenn der Zweck, zu welchem sie angelegt worden sind, außerhalb des durch das konkrete Dienstverhältnis begründeten Rechts- und Pflichtkreis liegt, nämlich wenn diese Vorgänge besonderen von dem Dienstverhältnis und der Person gerade dieses Bediensteten sachlich zu trennenden Zwecken dienen.

 

Normenkette

TVG § 1; BBG § 90; BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 03.01.1983; Aktenzeichen 2 Sa 104/82)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 24.11.1981; Aktenzeichen 14 Ca 596/80)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 15. Juni 1971 als Angestellte für den mittleren Fernmeldedienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost - TVAng - vom 21. März 1961 in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Im Rahmen eines Verfahrens zwecks Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis forderte die zuständige Oberpostdirektion mit Verfügung vom 2. März 1979 eine vom Beschäftigungsamt der Klägerin, dem Fernmeldeamt 3, zu erstellende Beurteilung der Klägerin an. Die Beurteilung wurde am 14. März 1979 abgegeben und der Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 1980 bekannt gemacht. Hierin teilte die Beklagte mit näherer Begründung mit, die Klägerin biete nicht die gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 Bundesbeamtengesetz erforderliche Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten; von ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis müsse daher abgesehen werden. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juli 1980 Widerspruch ein.

In der Folgezeit nahm die Klägerin durch ihren jetzigen Prozeßbevollmächtigten zum Zweck der weiteren Vorbereitung des Widerspruchsverfahrens Einsicht in ihre Personalakten. Dabei stellte sie fest, daß sich die Verfügung der Beklagten vom 2. März 1979 und der in diesem Zusammenhang geführte Schriftwechsel zwischen der Beklagten und dem Beschäftigungsamt nicht in den Personalakten befinden. Die Beklagte hat diese Schreiben, bei denen es sich nach ihrer unwidersprochen gebliebenen Darstellung um verfahrensbedingten innerbehördlichen Schriftverkehr handelt, gesondert in der "Sachakte betreffend die Übernahme in das Beamtenverhältnis bei der Oberpostdirektion" abgeheftet. Sie lehnt die Einsichtnahme der Klägerin in diese Akten ab.

Die Klägerin ist der Auffassung, sämtliche sie betreffenden Schreiben seien Bestandteil der Personalakten. Ihr Einsichtrecht beziehe sich damit auch auf die Vorgänge, die das Zustandekommen der Beurteilung beträfen. Schon die Anforderung einer dienstlichen Beurteilung durch die Beklagte enthalte Aussagen über die Person und das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten. Auch sogenannte Verwaltungsermittlungen seien in die Personalakten aufzunehmen. Ferner erfordere der Grundsatz der Offenheit und des Vertrauens zwischen dem Bediensteten und seinem Dienstherrn, daß auch innerdienstliche Vorgänge dem Recht auf Einsichtgewährung unterlägen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Einsicht in

die Verfügung der Beklagten vom 2. März 1979

sowie in den im Zusammenhang mit der Beur-

teilung über sie vom 14. März 1979 mit dem

Fernmeldeamt 3 geführten Schriftwechsel zu

gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Einsichtnahme in den zwischen den Dienststellen der Deutschen Bundespost geführten Schriftverkehr. Wenn die vorgesetzte Dienstbehörde im Rahmen der Prüfung der Übernahme in das Beamtenverhältnis vom Beschäftigungsamt eine Beurteilung anfordere, so sei dieser Anforderung keine Aussage über die zu beurteilende Person oder deren Arbeitsverhältnis zu entnehmen. Der Schriftverkehr werde in Sachakten aufgenommen; er sei für die in die Personalakten aufzunehmende Beurteilung ohne rechtliche Bedeutung. Der Klägerin stehe ausreichender Rechtsschutz zur Verfügung, da sie die Beurteilung als solche angreifen könne.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die von der Beklagten geführte "Sachakte betreffend die Übernahme in das Beamtenverhältnis bei der Oberpostdirektion" hat.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich nicht aus § 12 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TVAng) vom 21. März 1961. Bei der Auslegung dieser Bestimmung sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 90 Bundesbeamtengesetz und zu den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen heranzuziehen. Zur "vollständigen Personalakte" gehörten danach alle den Angestellten betreffenden Vorgänge, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis stünden. Die Verfügung der Beklagten vom 2. März 1979 und der im Zusammenhang mit der Beurteilung der Klägerin vom 14. März 1979 mit dem Fernmeldeamt 3 geführte Schriftwechsel stünden nicht im Sinne der von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis der Klägerin. Sie seien als Sachakten zu qualifizieren. Denn es handele sich um von den Personalakten getrennt zu verwahrende Schriftstücke, die eine Entscheidung der Beklagten erst vorbereiten sollten. Zudem dienten diese Vorgänge einem besonderen verwaltungstechnischen, von dem Dienstverhältnis der Klägerin sachlich zu trennenden Zweck. Schließlich seien für eine Entscheidung über den von der Klägerin eingelegten Widerspruch allein die in ihm enthaltenen Wertungen und nicht etwa der vorbereitende innerbehördliche Schriftwechsel maßgeblich.

Zwar gehörten zu den Personalakten auch die Unterlagen, die die Art und Weise erhellen, in der die jeweilige Entscheidung vorbereitet worden sei, oder die Aufschluß über die Gesichtspunkte und Erwägungen gäben, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme maßgeblich gewesen seien. Das betreffe jedoch im wesentlichen lediglich vorbereitende Unterlagen mit eigenständigem Aussagewert, die von Dritten und nicht den Dienstherrn repräsentierenden Behörden erstellt worden seien. Es würde zwar dem Grundsatz, daß zwischen den Beamten und dem Dienstherrn Offenheit und Vertrauen herrschen solle, widersprechen, wenn von dem Recht auf Einsichtsgewährung innerdienstliche Vorgänge schlechthin ausgenommen wären. Doch müßten für das Einsichtsrecht auch insoweit die Voraussetzungen des materiellen Personalaktenbegriffs erfüllt sein. Bei den bezeichneten Sachakten gehe es schließlich nicht um sogenannte Verwaltungsermittlungen; diese würden im öffentlichen Dienst beim Verdacht von Verfehlungen durchgeführt, die die Möglichkeit eines Dienstvergehens einschlössen. Nicht zu entscheiden sei die Frage, ob der Dienstherr im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens die Aufbewahrung vorbereitender Schriftstücke und ihre Aufnahme in die Personalakten anordnen dürfe. Eine Verpflichtung hierzu bestehe jedenfalls nicht.

II. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann zwar im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung gefolgt werden.

1. Die von der Klägerin begehrte Einsichtnahme in die Verfügung der Beklagten vom 2. März 1979 sowie in den im Zusammenhang mit der Beurteilung über die Klägerin vom 14. März 1979 mit dem Fernmeldeamt 3 in Hamburg geführten Schriftwechsel findet in § 12 Abs. 1 Satz 1 TVAng bereits deshalb keine Grundlage, weil die Klägerin keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorgebracht hat, bei dem betreffenden Schriftverkehr handele es sich um Bestandteile der Personalakten im materiellen Sinne.

Der die Einsichtnahme in die Personalakten regelnde § 12 Abs. 1 Satz 1 TVAng lautet:

"(1) Der Angestellte hat, auch nach Beendigung

des Arbeitsverhältnisses, ein Recht auf Ein-

sicht in seine vollständigen Personalakten;

dazu gehören alle ihn betreffenden Vorgänge."

Wortlaut und Sinn der Bestimmung ergeben, daß ihr der materielle Personalaktenbegriff zugrunde liegt. Es kommt also nicht darauf an, welche Schriftstücke und Unterlagen der Arbeitgeber als Personalakten führt oder diesen als Bei-, Neben- oder Sonderakten zuordnet (Personalakten im formellen Sinne). Vielmehr bestimmt sich die Zugehörigkeit zu den Personalakten allein nach dem Inhalt des Vorgangs. Danach sind Personalakten eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Bediensteten betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Sie sollen ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild über die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Bediensteten geben (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts BAG 7, 267, 271, 272 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; BAG 24, 247, 256 = AP Nr. 9 zu § 611 BGB Öffentlicher Dienst, zu II 2 b der Gründe; Urteil vom 9. Februar 1977 - 5 AZR 2/76 - AP Nr. 83 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht, unter II 2 der Gründe; Urteil vom 7. Mai 1980 - 4 AZR 214/78 - ArbuR 1981, 124, 125). Unerheblich ist, wie der Arbeitgeber einen Vorgang, der zu den Personalakten gehört, bezeichnet und wo und wie er ihn führt und aufbewahrt (BAG Urteil vom 7. Mai 1980, aaO).

Dieser Begriffsbestimmung entspricht die Kommentarliteratur zu § 12 TVAng (Distel, Kommentar TVAng, § 12 Rz 4), zu dem insoweit gleichlautenden § 13 BAT ("der Angestellte hat ein Recht auf Einsicht in seine vollständigen Personalakten", vgl. nur Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Mai 1985, Bd. I, § 13 Erl. 2; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Juni 1985, Bd. I, § 13 Rz 2; Breier/Kiefer/Uttlinger, BAT, Stand Juli 1985, Bd. I, § 13 Erl. 2).

a) Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, daß zur Auslegung des § 12 TVAng beamtenrechtliche Vorschriften sinngemäß herangezogen werden können. Dafür spricht die Einheit des öffentlichen Dienstes. § 12 Abs. 1 Satz 1 TVAng entspricht in seinem Wortlaut dem für Bundesbeamte geltenden § 90 Satz 1 Bundesbeamtengesetz; sachlich gleiche Bestimmungen enthalten § 56 Satz 1 Beamtenrechtsrahmengesetz und die Landesbeamtengesetze. § 12 TVAng ist nach dem Vorbild des § 90 Bundesbeamtengesetz entstanden (Distel, aaO, § 12 Rz 1). Auch für § 13 BAT wird allgemein angenommen, daß die Tarifvertragsparteien von der seit langem bestehenden Rechtslage im Beamtenrecht ausgegangen seien und die dort entwickelten Grundsätze sinngemäß berücksichtigt werden könnten (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, § 13 Erl. 1; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, § 13 Rz 1; Breier/-Kiefer/Uttlinger, aaO, § 13 Erl. 1; Crisolli/Tiedtke/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Stand Juli 1985, § 13 BAT Erl. 1, 3). Dementsprechend hat sich das Bundesarbeitsgericht für die Bestimmung des Begriffs der Personalakten wiederholt auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu § 90 Bundesbeamtengesetz und die Literatur zu dieser Rechtsnorm gestützt (vgl. BAG 24, 247, 256 = AP Nr. 9 zu § 611 BGB Öffentlicher Dienst, zu II 2 b der Gründe; Urteil vom 9. Februar 1977, aaO; Urteil vom 7. Mai 1980, aaO, S. 126 f.).

b) Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zu der Frage, wann ein Vorgang in dem genannten Sinne in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht und damit den Beamten in seinem Dienstverhältnis betrifft, mehrfach geäußert. Danach gehören hierzu neben Personalunterlagen und dienstlichen Beurteilungen nicht nur die Vorgänge, die den Inhalt des Dienstverhältnisses insgesamt oder einzelner aus ihm fließender Rechte und Pflichten bestimmen oder verändern, sondern auch die Unterlagen, die die Art und Weise erhellen, in der die jeweilige Entscheidung vorbereitet worden ist, oder die Aufschluß über die Gesichtspunkte und Erwägungen geben, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, daß sie unterblieben ist, maßgebend waren (BVerwG Urteil vom 6. Januar 1972 - VI C 96.67 - Buchholz 232 § 90 BBG Nr. 16; BVerwGE 49, 89, 91; BVerwGE 59, 355, 359; BVerwGE 62, 135, 140 f.; BVerwG Urteil vom 30. Juni 1983 - 2 C 76.81 - Buchholz 237.0 § 113 LBG Baden-Württemberg Nr. 1; BVerwGE 67, 300, 302; BVerwG Urteil vom 5. Juni 1984 - 2 A 7.83 - Buchholz 232 § 90 BBG Nr. 27). Für den erforderlichen inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis kommt es entscheidend auf den Zweck an, dem die Vorgänge zu dienen bestimmt sind. Vorgänge gehören dann nicht zu den Personalakten, wenn der Zweck, zu welchem sie angelegt worden sind, außerhalb des durch das konkrete Dienstverhältnis begründeten Rechts- und Pflichtenkreises liegt, nämlich wenn diese Vorgänge besonderen von dem Dienstverhältnis und der Person gerade dieses Beamten sachlich zu trennenden Zwecken dienen (vgl. z. B. BVerwGE 12, 296, 300; BVerwGE 36, 134, 138; BVerwGE 55, 186, 190; BVerwGE 59, 355, 357; BVerwG Urteil vom 30. Juni 1983 - 2 C 11.83 - Buchholz 237.7 § 102 LBG NW Nr. 7; BVerwGE 67, 300, 302). Dies gilt auch dann, wenn das konkrete Dienstverhältnis zwar berührt wird, diese Berührung aber gegenüber einem außerhalb dessen liegenden prägenden Zweck, zu dem die Vorgänge angelegt sind, zurücktritt. Dienen Vorgänge nach dem Schwergewicht ihrer Zweckbestimmung einem über die Person des einzelnen Beamten hinausgreifenden Zweck, so vermag eine im Einzelfall gegebene tatsächliche Beziehung der Vorgänge zu einem Dienstverhältnis deren Zuordnung zu den Personalakten des betreffenden Beamten rechtlich nicht zu tragen (BVerwGE 67, 300, 302 f.).

An dem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis fehlt es nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere bei den eine dienstliche Beurteilung vorbereitenden Stellungnahmen anderer Beamter oder Richter des Dienstherrn. Danach stehen die dienstlichen Beurteilungen neben den eine Entscheidung vorbereitenden anderen Unterlagen. Sie setzen sich aus einer Fülle von Einzelbewertungen zusammen, bei denen von einer Regelung des Einzelfalles und damit von einer Entscheidung oder Maßnahme des Dienstherrn schon der Natur nach nicht die Rede sein kann. Solche Arbeitsunterlagen treten nach ihrem erkennbaren Ziel und Zweck an die Stelle unmittelbarer Erkenntnisse und Eindrücke des Beurteilenden bzw. ergänzen diese. Sie haben ihre Aufgabe mit der Abfassung der dienstlichen Beurteilung durch den hierfür zuständigen Beamten oder Richter erfüllt. Erst diese ist rechtlich relevant und kann den Beamten oder Richter in seinem Dienstverhältnis betreffen. Davon zu unterscheiden sind Unterlagen mit eigenständigem Aussagewert Dritter und nicht den Dienstherrn des Beamten repräsentierender Behörden (BVerwGE 62, 135, 140, 141). Auf derselben Linie liegt die Beurteilung eines "vorbereitenden Vermerks" und eines an den Bundesjustizminister gerichteten "Besetzungsberichts", welche der Präsident eines Bundesgerichts in der Frage der Besetzung von Vorsitzendenstellen abgegeben hatte. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen derartige Besetzungsvorgänge als Sachakten geführt werden; denn im Mittelpunkt der dort niedergelegten Überlegungen stünden die zu besetzenden Stellen und deren Anforderungen. Dagegen seien die Aussagen über die Eignung bestimmter Richter und die Vorbereitung einer Entscheidung im Rahmen von gerade deren Dienstverhältnis nicht ihr hauptsächlicher Zweck (BVerwGE 67, 300, 303).

c) Diese vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze sind bei Auslegung des § 12 TVAng zu berücksichtigen. Besonderheiten des Beamtendienstverhältnisses, die eine andere Beurteilung ergeben könnten, sind insoweit nicht ersichtlich. Auch bei Angestellten des öffentlichen Dienstes muß es entscheidend auf den Zweck des jeweiligen Vorganges ankommen (vgl. BAG Urteil vom 7. Mai 1980, aaO, S. 126). Der dem Einsichtsrecht zugrunde liegende Schutzgedanke betrifft Beamte und Angestellte gleichermaßen; auch die Interessen des Dienstherrn liegen gleich.

d) Im Streitfall fehlt es bereits an der erforderlichen schlüssigen Darlegung der insoweit darlegungspflichtigen Klägerin, daß der im Rahmen der von der Klägerin angestrebten Übernahme in das Beamtenverhältnis geführte innerbehördliche Schriftwechsel in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Klägerin steht.

Die Klägerin hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgebracht, daß der im Zusammenhang mit der von der Klägerin angestrebten Übernahme in das Beamtenverhältnis entstandene innerbehördliche Schriftverkehr sich auf ihre Rechtsstellung als Arbeitnehmerin in irgend einer Weise auswirkt. Für die Annahme, daß der betreffende behördeninterne Schriftverkehr über den verfahrensbedingten verwaltungstechnischen Inhalt hinaus arbeitsrechtlich relevante Tatsachenbehauptungen oder Bewertungen enthält, hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin keine tatsächlichen Umstände vorgebracht, aus denen zwingend auf einen derartigen Inhalt des betreffenden behördeninternen Schriftverkehrs geschlossen werden könnte. Entgegen der Auffassung der Klägerin läßt sich eine derartige Schlußfolgerung auch nicht zwingend aus den in der Beurteilung des Fernmeldeamts 3 vom 14. März 1979 enthaltenen Formulierungen über ihre politischen Aktivitäten im inner- und außerdienstlichen Bereich entnehmen. Dabei kann es dahinstehen, ob die betreffenden Formulierungen den objektiven Gegebenheiten entsprechen, denn die Klage richtet sich nicht gegen die inhaltliche Richtigkeit dieser Feststellungen. Die von der Klägerin erwähnten Formulierungen sind auch nicht atypisch für innerdienstliche Beurteilungen durch eine Beschäftigungsdienststelle. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 TVAng gehört es zu den tarifvertraglich begründeten Pflichten der Klägerin, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung i.S. des Grundgesetzes zu bekennen. Eine Beurteilung der politischen Aktivitäten im inner- und außerdienstlichen Bereich hat somit ihre Grundlage in der erwähnten tarifvertraglichen Regelung und kann daher keineswegs als atypisch angesehen werden. Zumindest ergibt sich weder aus der Formulierung, die Klägerin "weiche Diskussionen, die nicht den dienstlichen Bereich beträfen, aus" noch aus den Feststellungen, die Klägerin sei "politisch während des Dienstes nicht in Erscheinung getreten, außerdienstliche Aktivitäten seien hier nicht bekannt" zwingend die Schlußfolgerung, die Verfügung der Beklagten vom 2. März 1979 sowie der im Zusammenhang mit der Beurteilung vom 14. März 1979 mit dem Fernmeldeamt 3 geführte Schriftwechsel enthalten über den verfahrensbedingten Inhalt hinaus arbeitsrechtlich relevante Aussagen, Feststellungen oder Bewertungen.

Das Landesarbeitsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht einen tarifvertraglichen Anspruch der Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 TVAng auf Einsicht in den betreffenden innerbehördlichen Schriftverkehr verneint.

2. Die Klägerin kann ihr Einsichtbegehren auch nicht mit Erfolg auf § 242 BGB i. V. mit § 810 BGB stützen, da es auch insoweit an der erforderlichen Darlegung von konkreten Anhaltspunkten für die Annahme fehlt, der betreffende innerbehördliche Schriftwechsel stehe in einem inneren Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

Die Revision der Klägerin war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Dr. Becker

Dr. Blaeser Bea

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441485

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