Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Bußgeldsachbearbeiter

 

Orientierungssatz

1. Bedeutung des Aufgabenkreises für Sachbearbeiter von Ordnungswidrigkeiten.

2. Eingruppierung nach BAT Anlage 1a (VKA) Vergütungsgruppe IVa.

 

Normenkette

BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.04.1985; Aktenzeichen 3 Sa 1855/84)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 30.11.1984; Aktenzeichen 8 Ca 4819/84)

 

Tatbestand

Der Kläger steht seit dem 1. April 1972 als Angestellter in den Diensten des beklagten Kreises und ist als Sachbearbeiter sowie Vertreter des Abteilungsleiters in der zentralen Bußgeldstelle tätig. Ihm obliegen nach dem Dienstverteilungsplan des Beklagten folgende Einzelaufgaben zu den nachstehend genannten Zeitanteilen:

1) Verantwortliche Sachbearbeitung und selbständige

Entscheidung nach dem/der:

Gefahrgutgesetz i. V. m. Gefahrgut-VO, Güterkraft-

verkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz i.V.m.

BO Kraft, Fahrlehrergesetz, Bundesfernstraßen-

und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung/Gesetz

zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, Gewerbeordnung,

Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasser-

haushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesim-

missionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz,

Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tier-

schutzgesetz, Viehseuchengesetz u.a. 70 v.H.

2) Entgegennahme und Entscheidung über eingelegte

Rechtsmittel (Einsprüche, Anträge auf gericht-

liche Entscheidung), und ggf. Durchführung

weiterer Ermittlungstätigkeit. 10 v.H.

3) Entscheidung über Kostenerstattungsanträge und

Entgegennahme hierauf bezogener Anträge auf ge-

richtliche Entscheidung, Vorladung und Vernehmung

von Zeugen im Verfahren, Heranziehung von Sach-

verständigen, Festsetzung der hierbei zu erstat-

tenden Kosten nach dem Zeugen- und Sachverstän-

digenentschädigungsgesetz, bei unberechtigter

Zeugnisverweigerung bzw. der unberechtigten Weigerung

zur Abgabe eines Sachverständigengutachtens

Festsetzung von Ordnungsgeldern. 5 v.H.

4) Entgegennahme von Ratenzahlungs- bzw. Stundungs-

anträgen und ggf. Einholung der für die Entschei-

dung erforderlichen Unterlagen (Überprüfung der

wirtschaftlichen Verhältnisse); in Vertretung

des Abteilungsleiters Entscheidung über Stun-

dungs- bzw. Ratenzahlungsanträge. 5 v.H.

5) Rechtliche Beratung von Betroffenen, Zeugen und

sonstigen in Ordnungswidrigkeitenangelegenheiten

vorsprechenden Personen sowie Beratung von Be-

hörden über Rechts- und Sachfragen

- formelles und materielles Recht. 1O v.H.

Vergütet wird der Kläger nach VergGr. IV b BAT in der für den Bereich kommunaler Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (VKA). Eine mit Schreiben vom 28. April 1982 begehrte Höhergruppierung nach VergGr. IV a BAT (VKA) lehnte der Beklagte ab.

Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten begehrt, an ihn ab 1. November 1981 eine Vergütung nach VergGr. IV a BAT (VKA) zu zahlen. Hierzu hat er vorgetragen, er sei als Sachbearbeiter für eine Vielzahl verschiedenster Bußgeldverfahren zuständig, die 26 sehr unterschiedliche Rechtsgebiete beträfen. Hierfür müsse er nicht nur punktuell, sondern den gesamten Inhalt sowie die Systematik von mehr als 150 Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verordnungen beherrschen, wobei er mit Ausnahme der gängigen Strafrechtsliteratur kaum auf Kommentare oder andere Literatur zurückgreifen könne. Die Einordnung, Überprüfung und Anwendung der Gesetze und Verordnungen bedürften dementsprechend jeweils einer eigenständigen geistigen Leistung, die Rechtsfindung im Wortsinne darstelle. Er komme im Rahmen seiner Tätigkeit mit Richtern, Amtsanwälten und Rechtsanwälten in Kontakt und müsse sich mit deren akademischen Argumenten auseinandersetzen. Auf die Bearbeitung und Durchführung der Bußgeldverfahren entfielen 70 v. H. seiner Gesamtarbeitszeit. Diese Tätigkeit, die als ein Arbeitsvorgang anzusehen sei, erfordere den Einsatz gründlicher, umfassender Fachkenntnisse und setze selbständige Leistungen voraus. Darüber hinaus zeichne sich dieser Arbeitsvorgang nicht nur durch eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit aus, sondern sei auch von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung. Die besondere Schwierigkeit ergebe sich aus der Kompliziertheit der von ihm zu beherrschenden gesetzlichen Regelungen und der Fülle der sich ständig ändernden Vorschriften. Dabei gelte es, rechtliche Zusammenhänge zu erkennen sowie Rechtsprechung zu analysieren und zu verarbeiten. Seine Tätigkeit sei nicht Vollzug von Gesetzen im Rahmen allgemeinen Verwaltungshandelns, sondern Rechtsprechung im funktionellen Sinne. Dies habe existenzielle Auswirkungen auf Betroffene, die Allgemeinheit und den Beklagten. Allen von ihm bearbeiteten Bußgeldverfahren komme eine besondere Signalwirkung nach außen zu. Hieraus ergebe sich die besondere Bedeutung seiner Tätigkeit. Das zeige sich auch daran, daß er Geldbußen bis zu 100.000,-- DM verhängen könne und im Einzelfall auch Geldstrafen auf mehr als 30.000,--DM festgesetzt habe. Insgesamt habe er im Jahre 1981 Bußgelder in Höhe von 200.000,-- DM festgesetzt. Im Rahmen seines Aufgabenbereiches trage er nicht nur eine besondere, sondern eine überragende Verantwortung und übe ein Höchstmaß an staatlicher Machtfülle aus.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet

ist, an den Kläger ab 1. November 1981

Vergütung nach VergGr. IV a BAT zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, dem Kläger stehe die begehrte höhere Vergütung nicht zu. Er habe keine Tatsachen vorgetragen, aus denen auf das Vorliegen der tariflichen Tätigkeitsmerkmale geschlossen werden könne. Insbesondere könne sich der Kläger nicht darauf beschränken darzulegen, er hebe sich aus VergGr. IV b BAT (VKA) heraus, wobei nicht einmal erkennbar sei, daß der Kläger eine mehr als verantwortungsvolle Tätigkeit ausübe. Vielmehr müsse er im Hinblick auf die aufeinander aufbauenden tariflichen Merkmale vortragen, aufgrund welcher Tatsache der rechtliche Schluß auf das Vorliegen der qualifizierenden Merkmale möglich sei. Im übrigen habe der Kläger nur mit etwa 50 Gesetzen zu arbeiten, wobei punktuelle Kenntnisse ausreichend seien. Die zentrale Bußgeldstelle erhalte die Vorgänge von den Fachbereichen außerdem unter Angabe der verletzten Einzelvorschriften. Von den vom Kläger verhängten Geldbußen lägen 60 v. H. unter 200,-- DM, so daß nichts für eine besondere Bedeutung spreche. Denn die Auswirkungen derartiger Bußgeldbescheide auf die Lebensverhältnisse Dritter oder den Dienstherrn seien gering. Die Tätigkeit des Klägers sei auch nicht besonders schwierig. Entgegen der Auffassung des Klägers könnten auch nicht alle Bußgeldverfahren einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden, da sie sich in der Schwierigkeit unterscheiden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision war zurückzuweisen. Mit im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht nimmt für die Tätigkeit des Klägers vier Arbeitsvorgänge an. Soweit das Landesarbeitsgericht dabei die Tätigkeit des Klägers bei der Entscheidung über Kostenerstattungsanträge, die ihm übertragene Vertretung des Abteilungsleiters und die Tätigkeit des Klägers als Ausbildungsbeauftragter jeweils als einen Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne ansieht, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Richtig nimmt das Landesarbeitsgericht auch weiter an, daß die Sachbearbeitung und Entscheidung in Bußgeldverfahren als ein Arbeitsvorgang anzusehen ist. Es stellt fest, daß dem Kläger die Sachbearbeitung und Entscheidung des jeweiligen Bußgeldverfahrens zur verantwortlichen und selbständigen Bearbeitung übertragen worden ist. Arbeitsergebnis war insoweit der Abschluß der Bußgeldverfahren im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit. Mit dieser Begründung hat das Landesarbeitsgericht alle Arbeitsleistungen im Zusammenhang mit der Sachbearbeitung und Entscheidung eines Bußgeldverfahrens als eine Arbeitseinheit im tariflichen Sinne angesehen, weil maßgeblich das Ziel einer das Bußgeldverfahren jeweils abschließenden Entscheidung sei. Aus diesem Grunde rechnet das Landesarbeitsgericht auch die Tätigkeit des Klägers bei der Entgegennahme und Entscheidung über eingelegte Rechtsmittel und der eventuellen Durchführung weiterer Ermittlungen in den Bußgeldverfahren mit dieser Tätigkeit der Sachbearbeitung im Bußgeldverfahren zusammen. Es führt aus, daß mit diesen Arbeiten vom Kläger kein selbständiges Arbeitsergebnis erzielt werde, sondern diese Aufgaben vielmehr im Zusammenhang mit dem Arbeitsergebnis der jeweiligen abschließenden Bearbeitung der Bußgeldverfahren im Rahmen der Verwaltungstätigkeit stünden. Es meint dann weiter, daß nach der Organisation bei der Beklagten diese Aufgaben bei der Erledigung der Rechtsmittel mit der Sachbearbeitung und Entscheidung des jeweiligen Bußgeldverfahrens so eng verbunden seien, daß sie als unselbständiges Teilstück dieser Arbeitseinheit anzusehen seien.

Hiergegen könnten dann Bedenken angemeldet werden, wenn die Tätigkeiten bei der Entscheidung über eingelegte Rechtsmittel tatsächlich trennbar und rechtlich unter Umständen unterschiedlich zu bewerten sind. Für eine tatsächliche Trennbarkeit spricht, daß der Kläger selbst seine Tätigkeit im Zusammenhang mit den Rechtsmitteln gesondert bewertet und mit einem Zeitanteil von 10 v. H. der Gesamttätigkeit bewertet hat. Letztlich kommt es aber hierauf schon deshalb nicht an, weil eine Tätigkeit, die nur 1O v. H. der Gesamttätigkeit des Klägers ausmacht, für die Eingruppierung des Klägers nicht entscheidend werden kann. Es wirkt sich vielmehr im Ergebnis zugunsten des Klägers aus, wenn das Landesarbeitsgericht beide Tätigkeiten der Sachbearbeitung und der Rechtsmittelentscheidung im Bußgeldverfahren zusammenfaßt und damit insgesamt der Bewertung der auszuübenden Tätigkeit zugrunde legt.

Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht dann für diese von ihm bewerteten 80 v. H. der Gesamttätigkeit des Klägers bei der Sachbearbeitung Bußgeldverfahren davon aus, daß die Tätigkeitsmerkmale der begehrten VergGr. IV a BAT auf den Vergütungsgruppen IV b BAT und V b BAT aufbauen. Mit Recht zieht dazu auch das Landesarbeitsgericht die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heran. Die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten gehört zu den den Verwaltungsbehörden zugewiesenen Aufgaben. Der Kläger ist dementsprechend Verwaltungsangestellter und mit der Erledigung unmittelbarer Verwaltungsaufgaben betraut. Zutreffend prüft das Landesarbeitsgericht sodann zunächst, ob die Tätigkeit des Klägers den Merkmalen der VergGr. V b BAT Fallgr. 1 a (VKA) entspricht. Es verlangt für die Erfüllung der dort geforderten gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse zu Recht gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen in der niedrigeren Vergütungsgruppe eine Steigerung der Fachkenntnisse nach Tiefe und Breite. Auch für die daneben geforderten selbständigen Leistungen geht das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff aus, da es auf die von den Tarifvertragsparteien vorgegebene Begriffsbestimmung Bezug nimmt. Mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung bejaht es dann die Erfüllung dieser tariflichen Tätigkeitsmerkmale.

Hiervon ausgehend prüft das Landesarbeitsgericht sodann, ob die Tätigkeit des Klägers im Sinne der VergGr. IV b BAT Fallgr. 1 a (VKA) als besonders verantwortungsvoll anzusehen ist. Insoweit geht allerdings das Landesarbeitsgericht noch mit Bezug auf die Entscheidungen BAG AP Nr. 91, 99 zu §§ 22, 23 BAT, 45, 47 zu §§ 22, 23 BAT 1975 von einem Rechtsbegriff für die Verantwortung aus, der in dieser Weise nicht aufrecht erhalten werden kann. Wenn danach die Verantwortung aus den Auswirkungen auf den Behördenapparat oder auf die Lebensverhältnisse Dritter oder aus der Wahrnehmung ideeller oder materieller Belange des Dienstherrn hergeleitet worden ist, verwischt diese Erläuterung des tariflichen Begriffes der Verantwortung die unterschiedlichen Rechtsbegriffe der Verantwortung, der Schwierigkeit und der Bedeutung der Tätigkeit. Wenn die Tarifvertragsparteien als rechtliche Kriterien für die Eingruppierung der Angestellten verschiedene Begriffe verwenden, bringen sie damit zum Ausdruck, daß sie hiermit jeweils andere Voraussetzungen umschreiben und vorsehen wollen. Deshalb darf nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien ein tariflicher Begriff wie der der Verantwortung nicht mittels anderer von den Tarifvertragsparteien verwendeter Begriffe wie der Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit erläutert, begründet oder identifiziert werden. Vielmehr sind diese Rechtsbegriffe bei der Tarifanwendung voneinander zu trennen; das gilt unabhängig davon, daß die unterschiedlichen Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch und im Umgangsdeutsch weitgehend synonym verwendet werden. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat deshalb der Senat in seinen Entscheidungen vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/74 - und 16. April 1986 - 4 AZR 595/84 - (zur Veröffentlichung bestimmt) den Begriff der Verantwortung dahingehend erläutert, daß darunter die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen ist, dafür einstehen zu müssen, daß in dem ihm übertragenen Arbeitsbereich die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsgemäß ausgeführt werden. Aber auch unter diesem zutreffenden Rechtsbegriff hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt, daß der Kläger das Merkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit im Sinne der VergGr. IV b BAT Fallgr. 1 a erfüllt. Es führt nämlich aus, daß der Kläger für seine Tätigkeit die Verantwortung trägt, da er im Einzelfall die Entscheidung allein trifft und mit der Unterzeichnung des Bußgeldbescheides die Verantwortung für seine Entscheidung übernimmt. Damit hebt sich seine Tätigkeit auch im Maß der Verantwortung erheblich aus der Verantwortung heraus, die mit den Merkmalen der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 a verbunden ist. Daraus ergibt sich aber, daß das Landesarbeitsgericht den zutreffenden Schluß gezogen hat, daß der Kläger im Rahmen seines Aufgabengebietes der Sachbearbeitung und Entscheidung in Bußgeldverfahren für die sachgerechte, pünktliche und vorschriftsgemäße Erledigung seiner Aufgaben einzustehen hat und mit seinen Entscheidungen Rechtsverstöße Dritter feststellt und ahndet.

In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise lehnt dann das Landesarbeitsgericht die Erfüllung der Heraushebungsmerkmale der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 1 a ab. Hier meint es zwar, daß der Kläger mit seiner von ihm auszuübenden Tätigkeit nicht das Heraushebungsmerkmal der "besonderen" Bedeutung erfülle. Es übersieht dabei aber, daß die Merkmale der begehrten VergGr. IV a BAT Fallgruppe 1 a eine Heraushebung aus VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 a in zweifacher Weise im unterschiedlichen Ausmaße verlangen. Einmal wird nämlich dort eine Heraushebung durch besondere Schwierigkeit der Tätigkeit gefordert und daneben eine solche durch die Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit nur bezüglich der Schwierigkeit nicht nur jede Schwierigkeit, sondern eine besondere Schwierigkeit verlangt. Sie verlangen damit eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung über die Anforderungen der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 a hinaus. Dagegen fehlt in den Tätigkeitsmerkmalen bei der Bedeutung der Tätigkeit das Adjektiv "besondere". Die Formulierung ist zwar insoweit nicht ganz klar und eindeutig, weil man den Zusatz "besondere" auch auf die Bedeutung beziehen könnte. Der Wille der Tarifvertragsparteien, den Grad der Heraushebung bei Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit unterschiedlich zu gestalten, ergibt sich aber nicht nur aus dem Tarifwortlaut, sondern eindeutig aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang. Die Tarifvertragsparteien wollen nämlich sowohl bei den Verwaltungsangestellten wie bei den technischen Angestellten jeweils bei Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit ein einheitliches, gleichförmiges Ausmaß der Heraushebung. Sie wiederholen auch an anderer Stelle ausdrücklich das Wort "besondere", wenn sie es auf das zweite Merkmal bezogen wissen wollen, wie sich aus dem Klammerzusatz zu VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 über die Voraussetzung besonderer Fachkenntnisse und besonderer Erfahrung ergibt (vgl. BAG vom 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - zur Veröffentlichung bestimmt). Wenn auch das Landesarbeitsgericht damit durch das Erfordernis einer besonderen Bedeutung eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung statt einer nur deutlich wahrnehmbaren Heraushebung verlangt, geht es doch im übrigen insoweit für die Bedeutung vom zutreffenden Rechtsbegriff aus. Bei der Bedeutung des Aufgabengebietes knüpfen die Tarifvertragsparteien an die Auswirkungen der Tätigkeit an. Das entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach etwas von Bedeutung ist, wenn es von Belang oder großer Tragweite ist oder wenn es gewichtige Nachwirkungen hat. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff der Bedeutung in gleicher Weise z. B. in § 64 Abs. 3 Nr. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Deshalb kommt es maßgeblich darauf an, daß die Auswirkungen der Tätigkeit des Angestellten geeignet sind, die Bedeutung des Aufgabengebietes im tariflichen Sinne zu begründen. Diese Auswirkungen und Folgewirkungen müssen gemessen an den Anforderungen der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 a in der Tragweite der Tätigkeit des Angestellten deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sein (vgl. BAG vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 -, vom 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - beide zur Veröffentlichung bestimmt).

Hierzu hat aber das Landesarbeitsgericht ausgeführt, daß es eine Bedeutung der Tätigkeit des Klägers nach seinem Tatsachenvortrag nicht erkennen könne. Der bloße Hinweis auf eine Sachbearbeitung nach dem 0,8 Promille-Gesetz reiche nicht. Auch durch die Auswirkungen auf Dritte hebe sich die Bedeutung der Tätigkeit des Klägers nicht besonders heraus, da die Adressaten der vom Kläger bearbeiteten Bußgeldbescheide nicht bedeutsamer betroffen würden als Adressaten von Bußgeldbescheiden, die andere Mitarbeiter erstellen. Der Vortrag des Klägers, seine Tätigkeit übe Signalwirkung aus, enthalte lediglich das eigene Werturteil über die Tätigkeit und keine Tatsachen, aus denen Folgerungen gezogen werden könnten. Mit Recht lehnt es das Landesarbeitsgericht auch weiter ab, aus der besonderen Schwierigkeit und dem Maß der Verantwortung der Tätigkeit des Klägers auf die besondere Bedeutung seiner Tätigkeit zu schließen. Es geht vielmehr völlig zu Recht davon aus, daß das Tätigkeitsmerkmal der Bedeutung neben den übrigen Merkmalen erfüllt sein muß. Lehnt aber damit das Landesarbeitsgericht überhaupt das Herausheben der Tätigkeit des Klägers durch die Bedeutung aus VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 a ab, wird das Herausheben insgesamt und zwar sowohl deutlich wahrnehmbar als auch in beträchtlicher, gewichtiger Weise abgelehnt. Damit erweist es sich aufgrund dieser Subsumtion des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als unschädlich, daß es beim Rechtsbegriff zunächst von dem Erfordernis einer besonderen Bedeutung ausgeht. Fehlt es an einer Bedeutung insgesamt, liegt sie auch nicht in dem nach dem zutreffenden Rechtsbegriff ausreichenden Maße vor. Damit erweist sich das Urteil des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis auch dann als zutreffend und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn man von der neueren Rechtsprechung des Senats ausgeht, die das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung noch nicht kennen konnte.

Die von der Revision erhobenen Einwendungen greifen demgegenüber nicht durch. Sie macht geltend, daß Ordnungswidrigkeitenverfahren entgegen der Auffassung der Vorinstanzen keinen Bagatellcharakter hätten, zumal die Sanktionsmöglichkeiten von erheblicher Bedeutung seien und bis zur finanziellen und persönlichen Existenzvernichtung reichen könnten. Bußgeldverfahren seien auch von erheblicher, spezial- und generalpräventiver Bedeutung mit einschneidenden Wirkungen auf die Lebensstellung Dritter. Es gehe um die Feststellung von Schuld oder Nichtschuld, um den persönlichen Vorwurf geknüpft an den Verdacht einer strafbaren Handlung, was stets als besonders bedeutsam anzusehen sei. Damit setzt aber die Revision nur eine andere Bewertung an die Stelle der Beurteilung der Vorinstanzen. Zwar kann der Tätigkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren eine Bedeutung zugemessen werden. Daraus folgt aber nicht zwingend, daß eine solche Tätigkeit immer bedeutungsvoll sein muß. Die vom Kläger verhängten Bußgelder lassen in der Höhe jedenfalls in den weitaus meisten Fällen nicht erkennen, inwieweit damit in die Lebensverhältnisse Dritter eingegriffen wird. Auch konnte der Kläger nichts dazu vortragen, was eine grundsätzliche Bedeutung oder richtungweisende Entscheidung ausmachen muß. Vielmehr hat der Kläger wie andere Verwaltungsangestellte auch die Aufgabe, Lebenssachverhalte unter Rechtsvorschriften zu subsumieren und im Rahmen eines bestimmten Entscheidungsspielraumes das Bußgeld festzulegen. Dabei kommt dem Bußgeldverfahren auch keineswegs zwangsläufig gegenüber anderen Bereichen der Verwaltung eine höhere Bedeutung zu. Maßgeblich ist allein, ob die Angestelltentätigkeit den tariflichen Merkmalen entspricht. Das konnte unter den gegebenen Umständen das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes ablehnen.

Die Revision war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel

Dr. Börner H. Hamm

 

Fundstellen

Haufe-Index 439451

ZTR 1987, 93-94 (T)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge