Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Lehrerin nach Psychologiestudium

 

Leitsatz (redaktionell)

Anwendung von staatlichen Lehrerrichtlinien auf eine Lehrerin im kirchlichen Dienst

 

Normenkette

Runderlaß des Kultusministers NW vom 20. November 1981 über die „Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen” Abschn. 4.2 (VergGr. II a

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 18.12.1990; Aktenzeichen 9 Sa 525/90)

ArbG Köln (Urteil vom 01.03.1990; Aktenzeichen 11 Ca 8891/89)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten und des Streithelfers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Dezember 1990 – 9 Sa 525/90 – aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. März 1990 – 11 Ca 8891/89 – wird das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die 43jährige Klägerin hat im Jahre 1972 ein Hochschulstudium an der Universität des Saarlandes mit der Diplom-Hauptprüfung in Psychologie in folgenden Einzelfächern abgeschlossen:

Psychologische Diagnostik

Angewandte Psychologie

Pädagogische Psychologie

Tiefenpsychologie

Sozial- und Kulturpsychologie

Allgemeine Psychopathologie

Zulassungsvoraussetzung zur Diplom-Hauptprüfung waren nach der Studienordnung der Universität des Saarlandes u.a. spezielle Nachweise „für den Ausbildungsschwerpunkt „Klinische Psychologie””. Nach § 16 der vorläufigen Prüfungsordnung für Diplom-Psychologen der Universität des Saarlandes erstreckt sich die mündliche Hauptprüfung u.a. auf das Fach „Pädagogische Psychologie (einschließlich Heilpädagogik)”. Nach Abschluß ihres Studiums war die Klägerin nahezu sieben Jahre hauptberuflich als Diplom-Psychologin in Erziehungsberatungsstellen – darunter drei Jahre als Leiterin – tätig.

Seit 1. Oktober 1985 steht die Klägerin als Lehrerin in den Diensten des beklagten Bistums und wird an den berufsbildenden Schulen des Erzbistums beschäftigt. Sie unterrichtet dort zur Zeit in der Fachschule für Sozialpädagogik insgesamt vier Stunden in einem Pflichtfach Psychologie und in einer Arbeitsgemeinschaft Heilpädagogik sowie in der Fachschule für Heilpädagogik insgesamt 14 Stunden in den Pflichtfächern Psychologie und Allgemeine Heilpädagogik und in einem Wahlpflichtfach Klientenzentrierte Gesprächsführung als heilpädagogische Methode mit Übungen.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 4. September 1985 heißt es u.a.:

§ 1

Frau K. S. wird als hauptberufliche Lehrer(in) für die Fächer:

Psychologie und Heilpäd. Methode: Klientenzentrierte Gesprächsführung

bei der Berufsbildenden Schule am Sachsenring

für die Zeit vom 01.10.1985 bis auf weiteres eingestellt.

§ 3

Die Vergütung (der) Frau K. S. wird nach Maßgabe der tarifrechtlichen Bestimmungen errechnet, die für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst gelten.

Frau K. S. wird in Vergütungsgruppe IV a des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 (MBl. NW. S. 375 f.) eingestuft. Die Grundvergütung wird nach den für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen im Einvernehmen mit der oberen Schulaufsichtsbehörde entsprechend der Zahl der wöchentlich zu erteilenden Unterrichtsstunden bruchteilmäßig festgesetzt.

§ 9

Der von der oberen Schulaufsichtsbehörde geprüfte Arbeitsvertrag wird nach seiner Aushändigung an Frau K. S. mit Wirkung vom 01.10.1985 rechtswirksam.

In § 3 des Arbeitsvertrags war zunächst Vergütung nach VergGr. III BAT vorgesehen, die vom Regierungspräsidenten jedoch handschriftlich in „IV a” mit dem Vermerk abgeändert wurde: „Vergütungsgruppe gemäß Haushaltsbegleitgesetz 1984 abgesenkt”. In dieser Fassung wurde der Arbeitsvertrag der Klägerin am 7. November 1985 ausgehändigt.

Das beklagte Erzbistum erhält nach dem Ersatzschulfinanzierungsgesetz Nordrhein-Westfalen die Personalkosten im Rahmen der von der oberen Schulaufsichtsbehörde genehmigten Eingruppierung erstattet. Es versuchte auch nach Abschluß des Arbeitsvertrags vergeblich, beim Regierungspräsidenten in Köln die Genehmigung zur Vergütung der Klägerin nach VergGr. II a BAT zu erreichen.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe eine Vergütung nach VergGr. II a BAT zu. Davon seien die Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrags ausgegangen. Nur wegen des sogenannten Absenkungserlasses aufgrund des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 sei vom Beklagten zunächst von der VergGr. III BAT ausgegangen worden. Spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach ihrer Einstellung bei dem Beklagten stehe ihr nunmehr Vergütung nach VergGr. II a BAT zu. Sie erfülle die Merkmale des Landes nach dem sogenannten Nichterfüllererlaß zur Eingruppierung in die VergGr. II a BAT. Hierfür sei erforderlich, daß sie ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule aufzuweisen habe, aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern besitze und überwiegend in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach unterrichte. Diese Voraussetzungen würden von ihr erfüllt. Sie besitze aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in den Fächern Psychologie und Heilpädagogik. Heilpädagogik habe sie im Rahmen ihres Studiums der Psychologie studiert, da Heilpädagogik nichts anderes sei als ein Teilbereich der „Angewandten Psychologie”, nämlich der klinischen Psychologie, unterstützt von der Sozialpsychologie, der pädagogischen Psychologie und der Tiefenpsychologie, teilweise sogar der Psychiatrie.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Erzbistum verpflichtet ist, an die Klägerin ab Zustellung der Klageschrift (6. Dezember 1989) Vergütung nach VergGr. II a BAT zu zahlen.

Das beklagte Erzbistum hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, der Feststellungsantrag sei unzulässig, da er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe und das Erzbistum aufgrund eines reinen Feststellungsurteils keine Zahlung leisten werde. Im übrigen erfülle die Klägerin nicht die Merkmale des Eingruppierungserlasses für die VergGr. II a BAT, da sie nicht die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern durch ihr Hochschulstudium erworben habe. Insoweit müsse mindestens das Hauptunterrichtsfach mit dem Ziel, Lehrer zu werden, studiert worden sein. Auch nach § 62 LVO NW besitze die Klägerin nicht die Befähigung für die Laufbahn des Lehramtes für die Sekundarstufe II, da diese Vorschrift das Studium einer Fachrichtung voraussetze. Psychologie sei aber keine Fachrichtung, sondern nur ein Unterrichtsfach.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz ist das Land Nordrhein-Westfalen nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung, aber noch vor Verkündung des Urteils des Landesarbeitsgerichts, dem Rechtsstreit auf selten des beklagten Bistums beigetreten und hat sich den Anträgen des Bistums angeschlossen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Bistums zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstreben das beklagte Bistum und der Streithelfer die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Klageabweisung. Das beklagte Bistum ist nicht verpflichtet, an die Klägerin ab Zustellung der Klageschrift (6. Dezember 1989) Vergütung nach VergGr. II a BAT zu zahlen. Denn die Klägerin erfüllt nicht die Merkmale der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Richtlinien für eine Vergütung nach VergGr. II a BAT.

Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und des Streithelfers zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage. Für diese ist das Rechtsschutzinteresse auch dann zu bejahen, wenn der Beklagte aufgrund eines Feststellungsurteils keine Zahlung leisten sollte. Denn mit der Eingruppierungsfeststellungsklage wird der gesamte rechtliche „Status” der Klägerin geklärt. Im öffentlichen Dienst sind an die Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe üblicherweise zahlreiche Rechtsfolgen geknüpft (z.B. Urlaub, Sonderzuwendungen, Beihilfe, Bewährungsaufstieg). Für diese einzelnen Rechtsbeziehungen wird durch ein Feststellungsurteil Rechtsklarheit geschaffen, auch wenn das Feststellungsurteil als solches nicht vollstreckungsfähig ist. Im übrigen richtet sich die Eingruppierungsfeststellungsklage auf die Zukunft, für die wegen der Ungewissen Höhe der künftigen Gehaltsentwicklung keine Leistungsklage erhoben werden kann (vgl. BAG Urteil vom 20. Juni 1984 – 4 AZR 208/82 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel).

Auch die Nebenintervention ist zulässig. Der Streithelfer kann auch noch nach Schluß der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz dem Rechtsstreit beitreten, muß ihn allerdings dann in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet (vgl. §§ 67, 68 ZPO). Das Gericht ist weder berechtigt noch verpflichtet zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Streithilfe vorliegen (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl. 1977, § 71 Rz 1).

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen das beklagte Bistum keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT. Aus dem Arbeitsvertrag der Parteien läßt sich ein solcher Anspruch nicht unmittelbar herleiten. Im Arbeitsvertrag war zunächst in § 3 die VergGr. III BAT vorgesehen, die dann vom Regierungspräsidenten handschriftlich in VergGr. IV a BAT abgeändert wurde. Gleichgültig, wann die Klägerin diesen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, ob vor oder nach der Abänderung durch den Regierungspräsidenten, sieht dieser keine Vergütung nach VergGr. II a BAT vor, auch nicht nach Ablauf der niedriger zu vergütenden Zeiten gemäß dem Absenkungserlaß. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß nach § 9 des Arbeitsvertrags dieser erst nach seiner Aushändigung wirksam werden soll. In diesem Zeitpunkt war unstreitig die VergGr. IV a BAT im Arbeitsvertrag vorgesehen.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Klägerin Vergütung nach VergGr. II a BAT nach dem Rechtsgedanken des Vertrauensschutzes nicht zusteht. Im Arbeitsvertrag ist ausdrücklich vorgesehen (§ 3), daß die Grundvergütung der Klägerin „im Einvernehmen mit der oberen Schulaufsichtsbehörde” festgesetzt wird und der Arbeitsvertrag erst mit Aushändigung an die Klägerin rechtswirksam wird. Selbst wenn bei der Klägerin aufgrund vorangegangener Vertragsverhandlungen mit dem Beklagten der Eindruck erweckt worden sein sollte, sie werde von dem Beklagten Vergütung nach VergGr. II a BAT erhalten, war dieses Vertrauen der Klägerin jedoch spätestens bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags durch die Klägerin zerstört worden, weil sie nunmehr aufgrund der dort getroffenen Regelung wußte, daß das Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde von dem Beklagten herzustellen war und der Arbeitsvertrag erst mit der Aushändigung an die Klägerin wirksam wurde. Mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags hat sie sich auf diese Bedingungen eingelassen und mit ihnen einverstanden erklärt.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß der Beklagte nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags durch sie bei ihr den Eindruck erweckt hat, unabhängig von dem Einvernehmen mit der oberen Schulaufsichtsbehörde werde die Klägerin vom Beklagten Vergütung nach VergGr. II a BAT erhalten. Vielmehr hat sich der Beklagte unstreitig beim Regierungspräsidenten um eine Eingruppierung der Klägerin nach VergGr. II a BAT bemüht. Gerade daraus ist ersichtlich, daß der Beklagte nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags durch die Klägerin sich nicht unabhängig von der Entscheidung des Regierungspräsidenten zur Zahlung einer Vergütung nach VergGr. II a BAT verpflichten wollte.

Auch nach den für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen steht der Klägerin kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT zu. Die Anwendung der für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen bei der Festsetzung der Grundvergütung haben die Parteien in § 3 des Arbeitsvertrags vereinbart. Wenn insoweit von einem Einvernehmen mit der oberen Schulaufsichtsbehörde die Rede ist, besagt dies nur etwas über die Verfahrensweise bei der Festsetzung der Grundvergütung. Im übrigen soll aber ersichtlich die Grundvergütung gezahlt werden, die das Land vergleichbaren Angestellten im öffentlichen Dienst gewährt. Danach sind die entsprechenden Vorschriften für die Eingruppierung der Klägerin heranzuziehen.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß für die Eingruppierung der Klägerin der sogenannte Nichterfüllererlaß des Landes Nordrhein-Westfalen anzuwenden ist, d.h. der Runderlaß des Kultusministers vom 20. November 1981 (GABl. NW, 1982 S. 7) über die „Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen”. Dieser Erlaß sieht in seinen im Klagezeitraum (ab 6. Dezember 1989) geltenden Vorschriften u.a. vor:

5. Lehrer an berufsbildenden Schulen

5.1 Lehrer in der Tätigkeit von Technischen Lehrern …

5.2 Lehrer in der Tätigkeit von Technischen Lehrern …

5.3 Lehrer in der Tätigkeit von Fachlehrern oder Werkstattlehrern …

Die übrigen Lehrer werden wie die entsprechenden Lehrer an Gymnasien eingruppiert.

4. Lehrer an Gymnasien

4.2 Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach unterrichten

II a

4.3 Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule,

die überwiegend in einem ihrem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach Unterricht erteilen

III

Da für die Klägerin keine speziellen Merkmale für Lehrer an berufsbildenden Schulen gelten, ist sie wie entsprechende Lehrer an Gymnasien zu vergüten (Nr. 5.3 Nichterfüllererlaß). Insoweit kommt eine Vergütung der Klägerin nach VergGr. II a BAT nur gemäß Nr. 4.2 des Erlasses in Betracht. Die dort genannten Voraussetzungen für eine Vergütung nach VergGr. II a BAT erfüllt die Klägerin jedoch nicht. Denn sie hat aufgrund ihres Studiums nicht die Fähigkeit zum Unterrichten „in zwei Fächern” im Sinne des Erlasses, selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, „die Fähigkeit zum Unterrichten” im Sinne des Erlasses könne auch außerhalb eines Lehrerstudiums erworben werden.

Durch das Studium der Psychologie hat die Klägerin höchstens die Fähigkeit zum Unterrichten in einem Fach, nämlich dem Fach Psychologie, erworben. Heilpädagogik ist kein Fach im Sinne des Erlasses. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Heilpädagogik im allgemeinen Sinne und im Sinne des vom beklagten Erzbistum organisierten Unterrichts um ein besonderes Unterrichtsfach neben der Psychologie handelt. Denn entscheidend für die Auslegung des Eingruppierungserlasses des Landes Nordrhein-Westfalen kann nur sein, was das Land in seinen Bestimmungen unter dem Begriff „Fach” versteht. Hierbei ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, daß der Kultusminister in seinen Eingruppierungserlassen den Begriff „Fach” im gleichen Sinne verwendet wie in den einschlägigen Verordnungen des Landes.

In der Ordnung der Ersten Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen (Lehramtsprüfungsordnung – LPO) in der Fassung vom 18. November 1985 (GVBl. NW, 1985 S. 777) unterscheidet das Land bei der Lehrerausbildung zwischen Fächern, Unterrichtsfächern, beruflicher Fachrichtung, sonderpädagogischer Fachrichtung und Lernbereich der Primarstufe. In § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPO ist geregelt, daß die Erste Staatsprüfung u.a. aus folgendem Prüfungsteil besteht: „Einer schriftlichen Hausarbeit in einem Fach (Unterrichtsfach, berufliche Fachrichtung, sonderpädagogische Fachrichtung oder Lernbereich der Primarstufe).” Fach ist damit der Oberbegriff für Unterrichtsfach, berufliche Fachrichtung, sonderpädagogische Fachrichtung und Lernbereich der Primarstufe. Psychologie gehört zu den Unterrichtsfächern (§ 38 Abs. 2 LPO). Demgegenüber sind als berufliche Fachrichtung aufgeführt: Wirtschaftswissenschaft, Maschinentechnik, Elektrotechnik, Bautechnik, Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaft (§ 38 Abs. 3 LPO); ferner Chemietechnik, Gestaltungstechnik, Textil- und Bekleidungstechnik und Sozialpädagogik (§ 38 Abs. 4 LPO). Heilpädagogik wird weder als besonderes Unterrichtsfach noch als berufliche Fachrichtung, sonderpädagogische Fachrichtung oder im Lernbereich der Primarstufe aufgeführt.

Für das Unterrichtsfach Psychologie in dem Studiengang mit dem Abschluß „Erste Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II” sieht Anlage 22 zu § 48 b LPO in der Fassung vom 20. Juni 1986 (GVBl. NW, 1986 S. 529) vor:

  1. Grundstudium

    1.1 Das Grundstudium umfaßt Allgemeine Psychologie, Methologie, psychologische Forschung, Grundlagen der Differenziellen Psychologie, der Entwicklungspsychologie und der Sozialpsychologie sowie Einführung in die anwendungsbezogenen Bereiche des Hauptstudiums.

    1.2 Das Grundstudium soll durch eine Zwischenprüfung abgeschlossen werden.

  2. Hauptstudium

    2.1 Das ordnungsgemäße Studium (§ 5) setzt für das Hauptstudium Studienleistungen im Rahmen folgender Bereiche und Teilgebiete nach näherer Bestimmung der Studienordnung voraus:

    Bereich

    Teilgebiet

    A.

    Differenzielle

    Psychologie

    1.

    Persönlichkeitstheorie

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des Lehrangebots

    der Hochschule

    B.

    Entwicklungspsychologie

    1.

    Theorien der Entwicklung

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des

    Lehrangebots der Hochschule

    C.

    Sozialpsychologie

    1.

    Anwendungsbezüge der

    Sozialpsychologie

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des Lehrangebots

    der Hochschule

    D.

    Pädagogische

    Psychologie

    1.

    Instruktionspsychologie

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des Lehrangebots

    der Hochschule

    E.

    Klinische

    Psychologie

    1.

    Psychologische Interventionsverfahren

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des Lehrangebots

    der Hochschule

    F.

    Arbeits-, Betriebs und

    Organisationspsychologie

    1.

    Organisationspsychologie

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des

    Lehrangebots der Hochschule

    G.

    Didaktik der

    Psychologie

    1.

    Curriculumpsychologie

    2.

    Weiteres Teilgebiet

    nach Maßgabe des Lehrangebots

    der Hochschule

Damit setzt im Lande Nordrhein-Westfalen das Studium des Unterrichtsfachs Psychologie auch das Studium der klinischen Psychologie und der pädagogischen Psychologie voraus, zu denen nach der Darlegung der Klägerin die Heilpädagogik gehört, was gemäß der Anlage 22 bei entsprechendem Lehrangebot der Hochschule (s. Ziff. 2.1 D 2 und E 2) auch im Rahmen des Studiums der Psychologie vermittelt werden kann. Heilpädagogik ist damit im Sinne der Bestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen Teil des Unterrichtsfachs Psychologie und wird folgerichtig als Unterrichtsfach in der LPO überhaupt nicht erwähnt. Damit besitzt die Klägerin aufgrund ihres Studiums der Psychologie allenfalls die Fähigkeit zum Unterrichten in einem Fach.

Eine Eingruppierung der Klägerin nach Richtlinien für Lehrer, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen (sogenannter Erfüllererlaß) kommt nicht in Betracht, da die Klägerin nicht zu diesem Personenkreis gehört. Entgegen ihrer Auffassung erfüllt sie nicht die Laufbahnvoraussetzungen nach § 62 der Verordnung über die Laufbahn der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung – LVO NW) in der Fassung vom 15. Dezember 1988 (GVBl. NW, 1989 S. 1), der wie folgt lautet:

Befähigung für die Laufbahn des Lehramtes für die Sekundarstufe II mit einer beruflichen Fachrichtung an Fachschulen

(1) Die Befähigung für die Laufbahn des Lehramtes für die Sekundarstufe II mit einer beruflichen Fachrichtung an Fachschulen besitzt auch, wer

  1. das für die Fachrichtung erforderliche Studium an einer Universität, einer technischen Hochschule oder einer anderen gleichstehenden Hochschule mit einer Ersten Staatsprüfung oder Hochschulprüfung abgeschlossen,
  2. nach Bestehen der Prüfung eine mindestens vierjährige, der Vorbildung entsprechende und für die Laufbahn geeignete hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt,

    hat.

Diese Vorschrift kommt nur zur Anwendung, wenn ein Lehrer eine bestimmte Fachrichtung studiert hat und damit die Befähigung für die Laufbahn der entsprechenden Fachrichtung besitzt. Psychologie ist jedoch keine Fachrichtung, sondern nur Unterrichtsfach. Als Fachrichtung, die der Psychologie in etwa zugeordnet werden kann, kommt z.B. Sozialpädagogik in Betracht (vgl. § 38 Abs. 4 LPO). Eine solche Fachrichtung hat die Klägerin jedoch nicht studiert. Eine Befähigung für die Laufbahn des Lehramtes nach allgemeinen Vorschriften kommt für die Klägerin nicht in Betracht, da dies ein Lehrerstudium mit Abschluß der Ersten Staatsprüfung und einen Vorbereitungsdienst mit Abschluß der Zweiten Staatsprüfung nach dem Gesetz über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen (Lehrerausbildungsgesetz – LABG) in der Fassung vom 23. Juni 1989 (GVBl. NW, 1989 S. 421) voraussetzt.

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob § 62 LVO NW überhaupt für Lehrer an berufsbildenden Schulen anwendbar ist. Insoweit bestimmt § 50 LVO NW:

(1) Die Befähigung für die Lehrerlaufbahn des Lehramtes

7. an berufsbildenden Schulen

wird nach den Bestimmungen des Lehrerausbildungsgesetzes erworben.

(2) Die Befähigung für sonstige Lehrerlaufbahnen wird nach den Bestimmungen dieses Abschnitts erworben.

§ 50 LVO NW steht in Abschnitt V. § 62 LVO NW ist im selben Abschnitt V unter der Überschrift des Unterabschnitts

„3. Lehrer an beruflichen Schulen (§§ 58 bis 62).”

enthalten. Ob die Klägerin als Lehrerin an den berufsbildenden Schulen des beklagen Bistums als Lehrer an beruflichen Schulen im Sinne der §§ 58 bis 62 LVO angesehen werden kann, erscheint fraglich.

Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Dr. Etzel, Koerner, Müller-Tessmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073392

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge