Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmereigenschaft. „Geschäftsführer” eines Vereins

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3b, § 5 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 29.11.1989; Aktenzeichen 2 Sa 828/89)

ArbG Aachen (Urteil vom 22.06.1989; Aktenzeichen 5 Ca 734/89)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29. November 1989 – 2 Sa 828/89 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22. Juni 1989 – 5 Ca 734/89 – abgeändert.

3. Das Bundesarbeitsgericht erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers an das Landgericht Aachen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war auf der Grundlage eines am 8. März 1984 geschlossenen Vertrages seit dem 1. April 1984 bei dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, als Geschäftsführer tätig. Der als Dienstvertrag bezeichnete Vertrag enthält u.a. folgende Vereinbarungen:

1. Der Dipl.-Kfm. … K. (künftig: Dienstnehmer) S. 41, … M. wird von M. e.V. (künftig: Dienstgeber) mit Wirkung vom 1. April 1984 als Geschäftsführer fest angestellt, und zwar zunächst bis zum 30.4.1987; der Vertrag wird automatisch um jeweils drei Jahre fortgesetzt, wenn er nicht von einer der beiden Vertragsparteien sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Vertragsperiode schriftlich gekündigt wird. Die Vertragsparteien beabsichtigen eine langfristige Zusammenarbeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres des Dienstnehmers.

Die Einstellung des Dienstnehmers erfolgt zunächst als Leiter der zentralen Verwaltung mit dem Ziel, Herrn K. nach einer Einarbeitung von sechs Monaten die Geschäftsführung des Vereins (gemäß Satzung) zu übertragen. Die Position ist dem Präsidenten bzw. dem stellvertretenden Präsidenten unterstellt.

2. Die Vergütung erfolgt in Anlehnung an die VergGr. BAT I b des Bundesangestelltentarifs für Kommunalverwaltungen in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Passung, …

Urlaubs- und Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfalle regeln sich in Anlehnung an den BAT.

4. Die Arbeitszeit regelt sich an Anlehnung an den BAT und nach der hauseigenen Gleitzeitordnung.

5. Im Krankheits- und anderen unvorhergesehenen Fällen, die ein Fernbleiben vom Dienst notwendig machen, ist der Gehaltsbuchhaltung unverzüglich Nachricht zu geben.

Gemäß § 11 Abs. 1 der Satzung des Beklagten in der damals geltenden Fassung vom 3. November 1971 bestand der Vorstand aus dem Vorsitzenden und bis zu zwei Stellvertretern, wobei dem Vorsitzenden und seinen Stellvertretern – und zwar jedem von ihnen allein – die Vertretungsmacht des Vereins i.S. von § 26 BGB übertragen war. Nach § 13 der Satzung oblag dem Vorstand die Geschäftsführung. Der Verwaltungsrat des Vereins hatte gemäß § 18 der Satzung über den Abschluß der Anstellungsverträge des Vereins mit den Mitgliedern des Vorstandes zu beschließen. Die am 13. November 1986 beschlossene Neufassung der Satzung enthält in ihren §§ 11 Abs. 1, 13 und 8 entsprechende Regelungen. Abweichend von der früheren Regelung wird der Verein nunmehr gerichtlich und außergerichtlich von zwei Mitgliedern des Vorstandes vertreten, § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung.

Dem Abschluß des Vertrages mit dem Kläger war ein Beschluß des Verwaltungsrates des Beklagten vom 22. April 1984 vorangegangen, in welchem der Kläger für die „Besetzung der Position eines zweiten Stellvertreters als Geschäftsführer” gewählt worden war.

Mit Verwaltungsratsbeschluß vom 8. Oktober 1985 wurde der Kläger „nach erfolgter Einarbeitung” in den Vorstand des Beklagten als Stellvertreter des Vorsitzenden berufen.

Mit Schreiben vom 18. April 1989, dem Kläger am darauffolgenden Tag zugegangen, kündigte der Beklagte den mit dem Kläger bestehenden Vertrag fristgemäß zum 30. April 1990. Eine Abberufung des Klägers als Vorstandsmitglied erfolgte zunächst nicht. Diese ist nach Angaben des Beklagten mit Ablauf der Kündigungsfrist vorgesehen.

Ein am 19. April 1989 eingeleitetes Schlichtungsverfahren blieb erfolglos.

Mit seiner am 3. Mai 1989 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt.

Er hat die Ansicht vertreten, mit dem Vertrag vom 8. März 1984 sei ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dies folge daraus, daß er hinsichtlich seiner Arbeitszeit kontrolliert worden sei. Auch habe er seine Abwesenheit aus krankheitsbedingten oder anderen Gründen unverzüglich der Lohnbuchhaltung anzeigen müssen. Seine Arbeit habe er nach Weisung geleistet, ohne Arbeitgeberfunktionen auszuüben. Er sei dem Präsidenten des beklagten Vereins unterstellt gewesen.

Für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spreche auch die im Vertrag erklärte Absicht der langfristigen Zusammenarbeit der Vertragspartner bis zum Erreichen seines 65. Lebensjahres. Ebenso dokumentierten die stark eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten, daß es sich um eine durch Arbeitsvertrag begründete Lebensstellung handele. Das so begründete Arbeitsverhältnis habe nach der Berufung in den Vorstand keine inhaltliche Änderung erfahren. Die Trennung beider Rechtsverhältnisse werde durch den Umstand verdeutlicht, daß er bislang aus dem Vorstand nicht abberufen worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 18. April 1989, zugegangen am 19. April 1989, nicht aufgelöst worden sei;
  2. die sachliche Zuständigkeit in einem Zwischenverfahren im Sinne von §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 280 ZPO zu klären.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er rügt die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und macht geltend; Der Kläger sei kein Arbeitnehmer, da er kraft Satzung zu seiner, des Beklagten, Vertretung berufen sei. Wie bereits der Beschluß des Verwaltungsrates vom 22. Februar 1984 zeige, sei von Anfang an vorgesehen gewesen, dem Kläger als Geschäftsführer die Position eines stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden zu übertragen. Ein anderer Einsatz sei nicht erwogen worden.

In seinem Tätigkeitsbereich – Organisation und Personalverwaltung – habe der Kläger alleinige Entscheidungsbefugnis innegehabt. Auch wenn der Kläger innerhalb der Hierarchie im Vorstand dem Präsidenten untergeordnet gewesen sei, so sei dies jedoch typisch für einen mehrgliedrigen Vorstand und kein Anhaltspunkt für eine Weisungsgebundenheit. Es stelle eine Selbstverständlichkeit dar, daß alle Mitglieder des Vorstandes in Angelegenheiten von Bedeutung eine Entscheidung des Vorstandes herbeigeführt haben.

Die Begründung einer Lebensstellung sei nicht beabsichtigt gewesen. Insoweit enthalte der Vertrag eine nicht verbindliche Absichtserklärung. Die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten seien als Äquivalent für den fehlenden Kündigungsschutz eines Organmitgliedes zu verstehen.

Das Arbeitsgericht hat in dem über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen geführten Zwischenverfahren die Klage als unzulässig abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter, hilfsweise beantragt er, den Rechtsstreit an das Landgericht Aachen zu verweisen, der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Unter Aufhebung des Berufungsurteils und unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils war der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers an das zuständige Landgericht Aachen zu verweisen.

I. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen verneint.

1. Die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG sind nicht erfüllt. Danach sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. § 5 ArbGG regelt abschließend, wer. Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten nicht als Arbeitnehmer Personen in Betrieben einer juristischen Person, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zu Vertretern der juristischen Person berufen sind.

Mit dieser Ausnahmevorschrift hat der Gesetzgeber keine eigenständige (negative) Regelung des Arbeitnehmerstatus getroffen. Vielmehr hat er durch eine negative Fiktion die bezeichneten Personengruppen ohne Rücksicht darauf, ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis angesehen werden müßte, wegen ihrer organschaftliche Stellung aus dem Zuständigkeitsbereich herausgenommen. Dies gilt auch dann, wenn der Organvertreter an sich wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person i.S. von § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ArbGG anzusehen wäre (BAGE 49, 81, 88 = AP Nr. 3 zu § 5 ArbGG 1979, zu B II 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 12. März 1987 – 2 AZR 336/86 – EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 4, zu II 1 a der Gründe).

2, Der Kläger war durch seine Bestellung zum Geschäftsführer durch den Beschluß des hierfür nach § 18 Abs. 1 der Satzung des Beklagten (in der Fassung vom 3. November 1971) zuständigen Verwaltungsrates vom 8. Oktober 1985 gemäß § 26 BGB zur Vertretung des Beklagten berufen.

Von dieser durch den Organisationsakt der Bestellung begründeten Organstellung ist das schuldrechtliche Vertragsverhältnis zu unterscheiden, das Rechtsgrundlage für die Bestellung ist und als „Anstellungsvertrag” bezeichnet wird. Wird der Geschäftsführer gegen Entgelt tätig, so ist sein Anstellungsvertrag als Dienstvertrag zu qualifizieren, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 BGB). Ob im Falle der Entgeltlichkeit der Anstellungsvertrag (materiell-rechtlich) auch ein Arbeitsvertrag sein kann, ist umstritten (gegen die Möglichkeit einer Arbeitnehmereigenschaft eines Geschäftsführers einer GmbH grundsätzlich insbesondere BGH in ständiger Rechtsprechung; so BGHZ 79, 291 = AP Nr. 14 zu § 622 BGB, m.w.N.; vgl. zum Meinungsstand im Schrifttum die Nachweise im Senatsurteil vom 9. Mai 1985, BAGE 49, 81, 88, 89 = AP, a.a.O., zu B II 1 b der Gründe). Die einen Arbeitsvertrag ablehnende Meinung wird damit begründet, der Geschäftsführer nehme als Vertretungsorgan der Gesellschaft Arbeitgeberfunktionen wahr. Dieser Streit ist jedoch für den Geltungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ohne Bedeutung. Denn diese Vorschrift sieht auch die Geschäftsführer einer juristischen Person ohne Rücksicht auf die materiell-rechtliche Natur ihres Anstellungsvertrages nicht als Arbeitnehmer an und nimmt Streitigkeiten zwischen ihnen und der juristischen Person von der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen aus (BAGE 49, 81, 88, 89 = AP, a.a.O., zu B II 1 b der Gründe).

3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch bei einem den Anstellungsvertrag betreffenden Streit der Parteien die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen verneint. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG fingiert, daß der Organvertreter einer juristischen Person kein Arbeitnehmer und sein der Organstellung zugrundeliegendes Anstellungsverhältnis demgemäß kein Arbeitsverhältnis ist (BAGE 49, 81, 90 = AP, a.a.O., zu B II 1 d der Gründe; Senatsurteil vom 12. März 1987, a.a.O., zu II 1 d der Gründe).

4. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, ein Arbeitsverhältnis bestehe neben dem Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer des Beklagten nicht.

a) Mach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann neben einem Anstellungsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen ein Arbeitsverhältnis vorliegen. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAGE 24, 383 = AP Hr. 4 zu § 626 BGB Ausschlußfrist; Urteil vom 10. Juli 1980 – 3 AZR 68/79 AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1979; BAGE 39, 16 = AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969) entschieden, wenn der Prokurist einer KG später Geschäftsführer der persönlich haftenden GmbH werde und die KG den Vertrag kündige, erlösche durch die Bestellung zum Geschäftsführer nicht ohne weiteres das Arbeitsverhältnis zur KG mit der Folge der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

Auch die Möglichkeit des Bestehens zweier Rechtsverhältnisse zu einer juristischen Person, von denen eines ein Arbeitsverhältnis ist, wurde vom Bundesarbeitsgericht bejaht (Urteil vom 17. Oktober 1950 – 5 AZR 578/59 – AP Nr. 14 zu § 5 ArbGG 1953; Urteil vom 24. August 1972 – 2 AZR 437/71 – AP Nr. 2 zu § 611 BGB Gemischter Vertrag). Voraussetzung hierfür ist aber eine klar unterscheidbare und trennbare Doppelstellung als Arbeitnehmer und Organvertreter.

Nach den im Senatsurteil vom 9. Mai 1985 aufgestellten Grundsätzen kann auch ein zwischen einer GmbH und ihrem Arbeitnehmer begründetes Arbeitsverhältnis nach dessen Bestellung zum Geschäftsführer im Zustand des Ruhens der beiderseitigen Rechte und Pflichten fortbestehen und nach der Abberufung wieder auf seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden (vgl. dazu auch das Senatsurteil vom 27. Juni 1985 – 2 AZR 425/84 – AP Nr. 2 zu § 1 AngestelltenkündigungsG, zu III 3 der Gründe). Änderten sich dagegen die bisherigen Vertragsbedingungen nicht oder nur unwesentlich, so sei im Zweifel anzunehmen, daß der Arbeitnehmer nicht in die Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses einwilligen wolle. Dazu bedürfe es dann einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen der GmbH und ihrem nunmehrigen Geschäftsführer.

Der Senat hat diese Grundsätze in seiner Entscheidung vom 12. März 1987 (– 2 AZR 336/86 – EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 4) bestätigt und sie auch auf den Fall übertragen, daß die Abberufung als Geschäftsführer und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gleichzeitig ausgesprochen werden.

Auch in diesem Falle mache der Dienstverpflichtete, soweit er sich gegen die Kündigung des nach seiner Ansicht als ruhend fortbestehendes Arbeitsverhältnis wende, keine Rechte aus dem nachwirkenden Anstellungsvertrag, sondern allein Rechte aus einem Arbeitsverhältnis geltend, das eindeutig abgrenzbar von dem mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer begründeter. Dienstvertrag als ruhendes fortbestanden habe und mit der Abberufung auf seinen ursprünglichen Inhalt zurückgeführt werde. Die zeitliche Abfolge von Abberufung als Geschäftsführer und Kündigung des ruhenden Arbeitsverhältnisses sei somit für die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung über die Kündigung unerheblich.

b) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die genannten von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ließen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, ist zutreffend.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sich für die Annahme einer Doppelstellung des Klägers zu Recht keine. Anhaltspunkte. Das Landesarbeitsgericht hat dazu rechtsfehlerfrei ausgeführt, der Kläger habe keine voneinander abgrenzbaren unterschiedlichen Funktionen inne gehabt, die sich als Arbeitnehmertätigkeiten einerseits und Wahrnehmung von Aufgaben als Vertretungsorgan andererseits voneinander abgrenzen ließen. Unstreitig habe der Kläger von Anfang an die Geschäftsführung des beklagten Vereins als Aufgabenbereich übernommen und diesen auch beibehalten, als er entsprechend dem Beschluß des Verwaltungsrats vom 22. Februar 1984 und der Absichtserklärung im Anstellungsvertrag vom 8. März 1984 zum Vorstandsmitglied berufen worden sei, wobei in dem Beschluß des Verwaltungsrates vom 8. Oktober 1985 zum Ausdruck gebracht worden sei, der Kläger werde nunmehr „nach erfolgter Einarbeitung in den Vorstand des Vereins berufen”, womit wiederum an den Anstellungsvertrag angeknüpft worden sei.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung hat das Berufungsgericht die Abgrenzbarkeit der Tätigkeiten gefordert. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß der Kläger eine Veränderung seiner Tätigkeit nicht aufgezeigt hat. Der Kläger hat auf der Grundlage des Vertrages vom 8. März 1984 die Tätigkeit eines Geschäftsführers ausgeübt. Er war zuständig für Organisation und Personalangelegenheiten. Der Kläger hat weder eine Erweiterung seines Aufgaben- und Kompetenzbereiches noch andere Veränderungen der von ihm zu erbringenden Tätigkeiten aufgezeigt.

Desweiteren hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, selbst wenn zu Gunsten des Klägers angenommen würde, zunächst habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, so sei dies entsprechend der vertraglichen Planung mit Berufung des Klägers in den Vorstand aufgehoben worden; das Rechtsverhältnis habe nicht als ruhendes fortbestanden. Anders als in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen sei der Kläger nicht aus einem langjährigen Arbeitsverhältnis, sondern aus einem eigens geschlossenen Dienstverhältnis in den Vorstand als Geschäftsführer bestellt worden.

Zur Begründung dafür, daß das Vertragsverhältnis eigens zur Übertragung der Geschäftsführertätigkeit geschlossen worden sei, hat es auf das Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 8. Oktober 1985 und auf den Vertrag vom 8. März 1984 abgestellt. Insoweit handelt es sich um die Auslegung atypischer Willenserklärungen, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin nachgeprüft werden können, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln, Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (BAG Urteil vom 27. Juni 1963 – 5 AZR 383/62 – AP Nr. 5 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß; Senatsurteil vom 2. März, 1989 – 2 AZR 320/88 n.v., zu III 2, der Gründe). Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das Urteil stand.

Das Landesarbeitsgericht konnte die Berufung in den Vorstand als einen ein etwaiges Arbeitsverhältnis beendenden Umstand ansehen. Der Kläger ist anders als in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen kein langjähriger Mitarbeiter des Beklagten gewesen. Vielmehr ist er im Hinblick auf die Bestellung in den Vorstand eingestellt worden. Die Bestellung in den Vorstand war von dem Beklagten von Beginn an geplant und dem Kläger bekannt gewesen. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß die vorgeschaltete Einarbeitungszeit von sechs Monaten und die tatsächlich erst nach 18 Monaten erfolgte Berufung in den Vorstand keine anderen Beurteilungen rechtfertigen. Dies gilt auch für die vertraglich vereinbarte längere Kündigungsfrist und die im Vertrag erklärte Absicht der langfristigen Zusammenarbeit. Eine Übereinstimmung der satzungsgemäßen bzw. gesetzlichen Kündigungsfristen von Organmitgliedern mit den Regelungen in den der Bestellung zum Vorstand zugrundeliegenden Rechtsverhältnissen ist zwar für die Abwicklung eines Rechtsverhältnisses nach Beendigung des anderen Rechtsverhältnisses von Vorteil, gesetzlich jedoch nicht erforderlich. Beide Rechtsverhältnisse können sich unabhängig voneinander entwickeln.

II. Auf den Hilfsantrag des Klägers, der auch noch in der Revisionsinstanz gestellt werden kann (BAG Beschluß vom 11. Juni 1975 – 5 AZR 85/75 – AP Nr. 1 zu § 48 ArbGG 1953; BGHZ 16, 393, 395; 68, 127, 132; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 281 Anm. 2 I A; Zöller/Stephan, ZPO, 15. Aufl., § 281 Rz 9; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 48 a Rz 9), war der Rechtsstreit an das örtlich und sachlich zuständige Landgericht Aachen zu verweisen. Dieses wird auch über die Kosten der Anrufung der unzuständigen Gerichte zu entscheiden haben.

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Dr. Ascheid, Peter Jansen, Strümper

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073780

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