Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständige Betriebsabteilung im Sinne des BRTV-Bau

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelverfahren zu dem Verfahren – 4 AZR 40/91 – Urteil vom 11. September 1991 – Geltungsbereich des Tarifvertrages für das Isoliergewerbe –

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Bau; BRTV-Bau § 1 Abschn. VI Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 15.10.1990; Aktenzeichen 5 Sa 9/90)

ArbG Hamburg (Urteil vom 09.11.1989; Aktenzeichen 2 Ca 5/89)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. Oktober 1990 – 5 Sa 9/90 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgericht Hamburg vom 9. November 1989 – 2 Ca 5/90 – abgeändert:

Die Klagen werden abgewiesen.

3. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Kläger Anspruch auf Fahrtkostenersatz sowie den Ersatz von Aufwendungen für den Einsatz auf auswärtigen Baustellen entsprechend den Regelungen des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 (BRTV-Bau) haben oder aber nach dem darüber hinausgehenden Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) vom 24. Juli 1987.

Die Kläger und die Beklagte sind Mitglied der Tarifvertragsparteien.

Die Beklagte hat ihr Unternehmen seit dem 1. Januar 1986 nach der sog. Matrix-Organisation gegliedert. Unterhalb der Geschäftsführungsebene bestehen fünf operative Bereiche, nämlich die Geschäftsbereiche technischer Wärmeschutz, Sonderbau, Innenausbau, Fassadentechnik und Schiffbau. Daneben besteht eine Reihe von Zentralbereichen als Stabsstellen, die die operativen Bereiche zu unterstützen haben und Koordinationsfunktionen erfüllen, so z.B. die Zentralbereiche Personal- und Sozialwesen, Finanzwesen, Entwicklung usw. Die einzelnen Geschäftsbereiche sind ihrerseits eigene sog. Profitcenter mit selbständiger Leitung, eigenem Personal, eigenen Materialien, eigenen Maschinen, eigener Akquisition und eigener Bauabrechnung. Sie arbeiten jeweils völlig unabhängig von den anderen Geschäftsbereichen, kein Geschäftsbereich leistet Vorarbeiten für einen anderen, jeder hat sein eigenes Produktionsziel, und der Einsatz der Arbeitnehmer erfolgt ausschließlich in dem Geschäftsbereich, in dem sie angestellt sind. Die Dienstleistungen der Zentralbereiche werden jeweils dem Geschäftsbereich, dem sie zugute kommen, intern in Rechnung gestellt.

Die Geschäftsbereiche sind ihrerseits in einen Zentralbereich sowie Gebietsbereiche gegliedert. Sämtliche Kläger sind im Geschäftsbereich Innenausbau, Gebietsbereich Nord, beschäftigt. Ihr Beschäftigungsbetrieb liegt in Hamburg. Dort sind außerdem die Geschäftsbereiche Technischer Wärme- und Schallschutz, Fassadentechnik und Schiffbau angesiedelt. Der Bereichsleiter für den Geschäftsbereich Innenausbau, Gebietsbereich Nord, hat seinen Sitz in Kiel.

Auf dem Betriebsgelände, von dem aus die Kläger eingesetzt werden, sind überwiegend Arbeitnehmer des Gebietsbereichs Nord des Geschäftsbereichs Technischer Wärmeschutz tätig.

Es bestand in dem hier streitigen Zeitraum – 1988 – ein einheitlicher Betriebsrat. Es gibt einen Niederlassungsleiter, der jedoch keine Entscheidungskompetenz in Personalangelegenheiten hat. Einstellungen und Entlassungen werden für den einzelnen Geschäftsbereich jeweils von den örtlichen Geschäftsbereichsleitern (Abteilungsleitern) vorgenommen. Die Arbeitszeiten werden für jeden Geschäftsbereich gesondert und untereinander teilweise abweichend von den Abteilungsleitern mit dem Betriebsrat geregelt. Die Reisekostenabrechnungen werden von der Hauptverwaltung vorgenommen, über Reisekostenvorschüsse entscheidet der Abteilungsleiter. Die Vorschüsse werden aus einer gemeinsamen Reisekostenvorschußkasse bezahlt.

Bis einschließlich Juni 1988 zahlte die Beklagte Fahrtkosten und Aufwendungsersatz für Mehraufwendungen anläßlich auswärtiger Beschäftigung nach den Regelungen des Zusatz-Isoliertarifvertrages vom 24. Juli 1987 (zuvor vom 27. Januar 1983). Da der Geschäftsbereich Innenausbau seit Jahren erhebliche Verluste erwirtschaftete, beabsichtigte die Beklagte bereits 1987, diesen Geschäftsbereich in eine selbständige GmbH zu überführen. Dem trat der Gesamtbetriebsrat entgegen. In einer Betriebsvereinbarung vom 15. Dezember 1987 ist niedergelegt, der Gesamtbetriebsrat erkenne die aus der bisher angewandten Regelung des Isolier-TV resultierenden erheblichen Mehraufwendungen in Höhe von knapp 2 Millionen DM an und schließe sich der Auffassung der Beklagten an, der Geschäftsbereich Innenausbau sei schon in seiner derzeitigen Form eine organisatorisch und wirtschaftlich selbständige Einheit, die Arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 und 37 BRTV-Bau ausführe, so daß allein dessen Regelungen auf die Arbeitsverhältnisse der in diesem Geschäftsbereich Beschäftigten anzuwenden seien. Durch eine weitere Betriebsvereinbarung vom 10. März 1988 wurden gegenüber der Regelung des § 7 BRTV-Bau günstigere Regelungen wegen des Fahrgeldes und der Arbeit mit nicht allseits abgedecktem Mineralfasermaterial ab 1. Juli 1988 vereinbart.

Die Beklagte zahlte daraufhin ab 1. Juli 1988 nur noch die nach BRTV-Bau in Verb. mit der Betriebsvereinbarung vom 10. März 1988 zu zahlenden Fahrtkosten und Mineralfaserzuschläge.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1990 hat die Beklagte den Geschäftsbereich Innenausbau in eine selbständige GmbH überführt, die die Arbeitsverhältnisse der Kläger mit allen Rechten und Pflichten (§ 613 a BGB) übernommen hat.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarungen vom 15. Dezember 1987 und 10. März 1988 seien wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Denn die Niederlassung der Beklagten in Hamburg sei ein einheitlicher Betrieb, in dem überwiegend Isolierarbeiten im Sinne des Isoliertarifvertrages ausgeführt würden.

Mit ihren Klagen machen sie die Differenz zwischen dem ihnen gezahlten Aufwendungsersatz und den sich bei Anwendung des Isoliertarifvertrages ergebenden Sätzen für die Monate Juli bis September und teilweise Oktober 1988 in rechnerisch unstreitiger Höhe geltend.

Sie haben behauptet, sämtliche in Hamburg angesiedelten Geschäftsbereiche stellten einen einheitlichen Betrieb dar. Keine Abteilung sei organisatorisch und personell selbständig. Dies folge schon aus dem Bestehen eines einzigen, gemeinsam gewählten Betriebsrates, aus der Existenz eines Niederlassungsleiters, einer gemeinsamen Vorschußkasse sowie dem Vorhandensein von Zentralbereichen am Unternehmenssitz und der einheitlichen Geschäftsführung des Unternehmens.

Die Kläger haben weiter vorgetragen, auch wenn man den Geschäftsbereich Innenausbau als selbständig ansehe, sei der Zusatztarifvertrag Isoliergewerbe anzuwenden. Denn auch in dieser Abteilung seien 90 % der anfallenden Arbeitsstunden Isolierarbeiten, da auch das Errichten von Zwischenwänden aus Rigips Isoliertätigkeit sei. Auch Zwischenwände dienten der Schall- und Wärmeisolierung. Das gleiche gelte für den Dachausbau und das Anbringen von Gipskartondecken. Gerade beim Innenausbau eines Gebäudes sei die Isolierwirkung und nicht baustatische Gesichtspunkte das Entscheidende. So enthielten alle verwendeten Fertigbauteile in irgendeiner Form Isoliermaterial.

Die Kläger haben beantragt,

  1. an den Kläger zu 1) Restlohn in Höhe von 639,62 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 12. Januar 1989 zu zahlen,
  2. an den Kläger zu 2) Restlohn in Höhe von 829,20 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 12. Januar 1989 zu zahlen,
  3. an den Kläger zu 3) Restlohn in Höhe von 1.429,20 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 12. Januar 1989 zu zahlen,
  4. an den Kläger zu 4) Restlohn in Höhe von 466,28 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 12. Januar 1989 zu zahlen,
  5. an den Kläger zu 5) Restlohn in Höhe von 876,88 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 12. Januar 1989 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Umorganisation zum 1. Januar 1986 sei der Geschäftsbereich Innenausbau schon in der streitbefangenen Zeit eine selbständige Betriebsabteilung innerhalb ihres Unternehmens. Die Kläger verwechselten die Begriffe „Betrieb” und „Unternehmen”. Innerhalb des Bereichs Innenausbau fielen höchstens 10 % Isolierarbeiten im Sinne des Tarifvertrages an. Der sog. Trockenbau falle nicht unter den Geltungsbereich des Zusatz-TV, weil es sich dabei allein um den sog. Innenausbau handele und nicht um spezielle Isolierarbeiten. Folge man der Auffassung der Kläger, unterfalle der gesamte Hoch- und Tiefbau dem Isolier-TV, denn alle Bauten dienten in irgendeiner Weise der Isolierung von Wärme. Kälte oder Schall.

Der Niederlassungsleiter sei nicht der Vorgesetzte der Bereichsleiter. Er sei nur in bezug auf die von den Bereichsleitern angestrebten personellen Maßnahmen der Ansprechpartner des Betriebsrats.

Es liege auch keine personelle Verflechtung zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen vor. Ausnahmen seien nur dadurch gegeben, daß von dem Betriebsrat ständig gefordert worden sei, vor drohender Kurzarbeit zu prüfen, ob eine Beschäftigung in anderen Geschäftsbereichen im Raum Hamburg möglich sei. Diese Forderung habe auch Niederschlag in Sozialplänen gefunden, die anläßlich der Verlegung des Geschäftsbereichs Technische Wärme nach Bremen und der Verlegung des Sitzes der Niederlassung innerhalb Hamburgs abgeschlossen worden seien. Aus diesen Sonderregelungen könne nicht auf eine personelle Verflechtung zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen geschlossen werden.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen in vollem Umfang entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Denn der Geschäftsbereich Innenausbau, Gebietsbereich Nord, ist ein selbständiger Betriebsteil, der nicht dem Isolier-TV unterfällt.

I. Nach seinem betrieblichen Geltungsbereich werden von dem Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) vom 24. Juli 1987 (bzw. 27. Januar 1983) nur Betriebe des Isoliergewerbes erfaßt, die Arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 3, Abschn. V Nr. 8 des BRTV-Bau ausführen. Es muß sich also um Betriebe des Baugewerbes handeln, die Arbeiten nach § 1 Abschn. V Nr. 8 ausführen.

1. Zwischen den Parteien unstreitig und auch rechtlich unbedenklich unterfällt der Bereich Innenausbau der Beklagten in Hamburg dem betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau vom 3. Februar 1981 in der im Anspruchszeitraum geltenden Fassung vom 29. April 1988. Heranzuziehen ist dabei § 1 Abs. 2 BRTV-Bau mit folgendem Wortlaut:

(2) Betrieblicher Geltungsbereich

Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.

Abschnitt V

Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:

8. Dämm-(Isolier-)Arbeiten (z.B. Wärme-, Kälte-, Schallschutz-, Schallschluck-, Schallverbesserungs-, Schallveredelungsarbeiten) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktionen.

36. Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand- und Deckeneinbau bzw. Verkleidungen) einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern.

37. Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen

Abschnitt VI

Betriebe, soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. Selbständige Betriebsabteilungen sind Betriebe im Sinne dieses Tarifvertrages.

Werden in Betrieben des Baugewerbes in selbständigen Abteilungen andere Arbeiten ausgeführt, so werden diese Abteilungen dann nicht von diesem Tarifvertrag erfaßt, wenn sie von einem spezielleren Tarifvertrag erfaßt werden.

Da die Beklagte in ihrem Geschäftsbereich Innenausbau unstreitig überwiegend Trocken- und Montagebauarbeiten im Sinne der Nr. 36 und Verlegen von Fußböden in Verbindung damit im Sinne der Nr. 37 ausführt, fällt dieser Bereich schon allein deshalb unter den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau, ohne daß es auf die zwischen den Parteien streitige Frage ankommt, ob und in welchem Umfang sie auch Dämm-(Isolier-)Arbeiten im Sinne der Nr. 8 ausführt.

2. Nach § 18 BRTV-Bau haben sich die Tarifvertragsparteien verpflichtet, besondere Lohn- und Arbeitsbedingungen u.a. für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe zu vereinbaren. In Erfüllung dieser Verpflichtung haben sie unter dem 24. Juli 1987 einen Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) abgeschlossen, der nach seiner Präambel den BRTV-Bau auch für Betriebe des Isoliergewerbes mit den besonders geregelten Abweichungen für anwendbar erklärt. Dieser Zusatztarifvertrag „ergänzt” unter I den § 3 – Arbeitszeit BRTV, unter III wird § 6 – Erschwerniszuschläge BRTV „durch die folgende Regelung ersetzt”, nach IV Akustik- und Trockenbauarbeiten gelten die §§ 3 und 6 BRTV-Bau mit der folgenden Ergänzung und schließlich wird unter V Fahrtkosten- und Mehraufwandsabgeltung der „§ 7 Nr. 3 BRTV-Bau durch die folgende Regelung ergänzt”. Das zeigt, daß die Tarifvertragsparteien mit dem Isolier-TV nicht etwa den BRTV-Bau für das Isoliergewerbe gänzlich ersetzen wollten, sondern lediglich in Teilbereichen zusätzliche, auf dieses Gewerbe zugeschnittene Regelungen vereinbart haben. Daraus folgt aber, daß die übrigen Bestimmungen des BRTV-Bau unverändert anzuwenden sind und die Begriffsbestimmungen in § 1 Abs. 2 Abschnitt VI BRTV-Bau für den Begriff „Betrieb” auch im Rahmen des Isolier-TV anzuwenden sind. Auf die in den Vorinstanzen behandelten Fragen der Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz kommt es daher nicht an.

3. Nach § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 1 BRTV-Bau fallen Betriebe, „soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden”, grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. Selbständige Betriebsabteilungen sind aber auch Betriebe im Sinne dieses Tarifvertrages (Abschn. VI Abs. 1 S. 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 19. September 1973, – BAGE 25, 313, 319 f. = AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Urteil vom 8. Oktober 1975 – 4 AZR 432/74 – AP Nr. 25 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) knüpfen die Tarifvertragsparteien bei ihrer Begriffsbildung in Abschn. VI des § 1 Abs. 2 BRTV-Bau an den allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff der Betriebsabteilung an (vgl. auch Blumensaat/Sperner/Unkelbach/Weimer, Kommentar zum BRTV-Bau 1972, § 1 Anm. 52, S. 122). Danach ist eine selbständige Betriebsabteilung eine Abteilung, die, bezogen auf einen konkreten Gesamtbetrieb, eine personelle Einheit darstellt, organisatorisch abgrenzbar ist, die über eigene technische Betriebsmittel verfügt sowie einen spezifischen eigenen Zweck verfolgt (vgl. hierzu auch schon BAG Urteil vom 30. Mai 1958 – 1 AZR 478/57 – AP Nr. 13 zu § 13 KSchG).

Die besonderen Kriterien einer selbständigen Betriebsabteilung sind darüber hinaus eine deutliche räumliche und organisatorische Abgrenzung sowie ein besonders ausgeprägter arbeitstechnischer Zweck (BAG Urteil vom 8. Oktober 1975, a.a.O.). Dem ist die Kommentarliteratur zum BRTV-Bau gefolgt (vgl. Brocksiepe/Sperner, BRTV-Bau. Sonderdruck 1981, S. 91/92; Karthaus/Müller, BRTV-Bau 1987, S. 58/59). Dabei ist ein nach Organisationseinheiten getrenntes Auftrags- und Rechnungswesen ein Indiz für die Aufgliederung in selbständige Betriebsabteilungen (vgl. LAG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. September 1980 – 5 Sa 1284/79 – nicht veröffentlicht; zum ganzen vgl. auch Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 4 Rz 16 bis 18).

4. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang mit der Bezugnahme auf den insoweit unstreitigen Sachvortrag der Parteien festgestellt, die einzelnen Geschäftsbereiche seien personell völlig voneinander getrennt. Jeder Arbeitnehmer sei nur in seinem Geschäftsbereich tätig. Vorgesetzter der Arbeitnehmer sei nicht der Leiter der Niederlassung, sondern der jeweilige Abteilungsleiter. Organisatorisch sei jeder Bereich ebenfalls selbständig, operiere selbständig am Markt, sei für das Hereinholen von Aufträgen selber zuständig, kalkuliere selbständig, erstelle seine eigenen Rechnungen und werde auch im Rahmen des Gesamtunternehmens als eigenes Profitcenter geführt. Kein Geschäftsbereich erbringe für den anderen Vorleistungen, jeder setze sein eigenes technisches Know-how selbständig ein. Der Niederlassungsleiter sei nicht berechtigt, den Arbeitnehmern der Geschäftsbereiche personelle, fachliche oder technische Weisungen zu erteilen. Er sei nicht der Gegenspieler des örtlichen Betriebsrats, weder in Fragen der Arbeitseinteilung noch in Personalangelegenheiten, sondern nur Ansprechpartner des Betriebsrates hinsichtlich der von den Bereichsleitern zu treffenden Entscheidungen.

Die Kläger haben hierzu im einzelnen nichts vorgetragen.

5. Diese Feststellungen sind daher für den Senat bindend (§ 561 ZPO). Danach stellt der Geschäftsbereich Innenausbau aber zumindest eine selbständige Betriebsabteilung der Beklagten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 1 Satz 2 BRTV-Bau dar. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, diese Regelung finde nur auf solche selbständigen Betriebsabteilungen von Betrieben Anwendung, die im übrigen branchenfremd organisiert sind und deshalb vom Geltungsbereich des BRTV-Bau nicht ausgeschlossen sind, findet weder im Wortlaut noch im Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages eine Stütze. Durch diese Regelung wird vielmehr klargestellt, daß zwar einerseits der BRTV-Bau alle diejenigen Betriebe insgesamt erfassen soll, in denen die in den Abschn. I bis V genannten Arbeiten überwiegend ausgeführt werden, andererseits jedoch selbständige Betriebsabteilungen nicht das rechtliche Schicksal des Gesamtbetriebes teilen müssen, sondern selbst als „Betrieb” im Tarifsinne gelten (vgl. Brocksiepe/Sperner, a.a.O., S. 91/92; Karthaus/Müller, a.a.O., S. 58). Daraus folgt aber, daß es auf die Verhältnisse innerhalb dieser selbständigen Betriebsabteilungen ankommt. Entscheidend ist also, ob und in welcher Form in dieser „Betriebsabteilung” bauliche Leistungen nach Abschn. V überwiegend erbracht werden.

6. Übertragen auf den Begriff „Betrieb” im Isolier-TV kommt es bei selbständigen Betriebsabteilungen im Sinne von Abschn. VI Abs. 1 Satz 2 des § 1 Abs. 2 BRTV-Bau darauf an, ob bei ihnen und nicht im „Gesamtbetrieb” Isolierarbeiten überwiegend ausgeführt werden, oder ob sie andere Bauarbeiten im Sinne der Abschn. I bis V ausführen. Je nachdem kommt entweder neben dem BRTV-Bau zusätzlich der Isolier-TV zur Anwendung oder es verbleibt bei den Regelungen des BRTV-Bau. Soweit das Landesarbeitsgericht meint, dies hätte eines ausdrücklichen Hinweises im Isolier-TV bedurft, übersieht es, daß es sich bei diesem nicht um einen eigenständigen Tarifvertrag, sondern um zusätzliche, ergänzende Regelungen, die die allgemeinen Regelungen des BRTV-Bau unberührt lassen, handelt. Darüber hinaus zeigt gerade der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien Isolierarbeiten einerseits, Trocken- und Montagearbeiten sowie das Verlegen von Bodenbelägen andererseits unterscheiden, daß sie – entsprechend auch die Blätter für Berufskunde – von verschiedenen Gewerken ausgehen. Im übrigen ist es für die Abgrenzung von Trockenbauarbeiten im Sinne von Abschn. V Nr. 36 bzw. Verlegen von Fußböden in Verb. mit anderen baulichen Leistungen im Sinn von Abschn. V Nr. 37 einerseits, Dämm-(Isolier-)Arbeiten nach Abschn. IV Nr. 3 und Abschn. V Nr. 8 andererseits entscheidend, ob es sich bei den ausgeführten Arbeiten um die Errichtung eines Gebäudes mit seinen Teilen im eigentlichen Sinne oder um die besondere Arbeitsleistung des „Dämmens (Isolierens)” handelt. Ob die Arbeiten auch der Standsicherheit des Gebäudes dienten, ist dagegen unerheblich. Es mag zutreffen, daß die Dachisolierung zwischen den Sparren beim Ausbau von Dachgeschossen Isoliertätigkeit im Sinne der Nr. 8 Abschn. V ist. Die Beklagte hat jedoch sowohl nach Arbeitszeit wie nach Kostenaufwand einen Anteil der Isoliertätigkeiten in Höhe von max. 10 % vorgetragen. Die Kläger haben weder hinreichend dargelegt, daß in dem Geschäftsbereich Innenausbau gleichwohl überwiegend Isolierarbeiten vorgenommen werden, noch haben sie diesen Vortrag der Beklagten substantiiert bestritten. Damit werden aber im Geschäftsbereich Innenausbau nicht überwiegend Isolier-Tätigkeiten ausgeführt, so daß für die Anwendung des Isolier-TV kein Raum besteht.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Etzel, Schneider, H. Wehner, Dr. W. Knapp

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1065172

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