Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderliche Verpflegungskosten bei Betriebsratsschulung

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6; LStDV § 5 Abs. 7; LStR 1987 Abschn. 8 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Beschluss vom 06.10.1988; Aktenzeichen 12 TaBV 13/88)

ArbG Kassel (Beschluss vom 10.12.1987; Aktenzeichen 4 BV 5/87)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Oktober 1988 – 12 TaBV 13/88 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die beteiligten Betriebsratsmitglieder bei der Abrechnung von Verpflegungskosten aus Anlaß ihrer Teilnahme an erforderlichen Schulungsmaßnahmen einen Abzug für häusliche Ersparnis entsprechend § 5 Abs. 7 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) hinzunehmen haben.

Der Antragsteller ist der Betriebsrat im Betrieb K der beteiligten Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2). Er beschloß, seine Mitglieder Frau D (Beteiligte zu 3) und Herrn G (Beteiligter zu 4) im Mai 1987 und seine weiteren Mitglieder Frau M (Beteiligte zu 5) und Frau S (Beteiligte zu 6) im September 1987 zu von der Gewerkschaft HBV gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG veranstalteten Schulungsmaßnahmen zu entsenden. Die Schulungsmaßnahmen wurden jeweils fünfeinhalb Tage in einem Tagungshotel in Ki durchgeführt. Die beteiligte Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat hinsichtlich aller vier Betriebsratsmitglieder vorab mit, sie sei mit deren Teilnahme einverstanden, mache aber darauf aufmerksam, daß sie Reisekosten nur im Rahmen der im Betrieb bekannten „Reisekostenrichtlinien” erstatten werde.

Diese Reisekostenrichtlinien im Betrieb der beteiligten Arbeitgeberin sehen nach Jahreseinkommen gestaffelte Verpflegungs- und Übernachtungspauschalen nach Maßgabe der Abschnitte 8 Abs. 2 und 25 Abs. 9 der Lohnsteuerrichtlinien 1987 (LStR 1987) vor; überschreiten die Kosten diese Pauschalsätze, so erfolgt eine Abrechnung nach Einzelbelegen unter Abzug einer Haushaltsersparnis nach Maßgabe der Lohnsteuerrichtlinien (Abschnitt 8 Abs. 2 Nr. 1 LStR 1987 i. Verb. m. § 5 Abs. 7 LStDV) für Verpflegungskosten.

Die Gewerkschaft HBV erteilte den vier Betriebsratsmitgliedern nach ihrer jeweiligen Teilnahme an der Schulung schriftliche Abrechnungen mit folgendem Inhalt:

„Aus Anlaß dieser Veranstaltung sind für Sie anteilige Kosten entstanden.

1)

Für Verpflegung und Übernachtung

436,50 DM

2)

Für Referentenkosten

308,35 DM

3)

Für Materialien

54,00 DM

Gesamtbetrag:

798,85 DM

In diesem Betrag ist die Mehrwertsteuer in Höhe von 96,39 DM enthalten (14 % – 94,66 DM, 7 % – 1,73 DM).

Sie haben bereits einen Betrag von 800,– DM als Kostenvorschuß bezahlt.

Wir überweisen Ihnen gleichzeitig die Differenz zum Rechnungsbetrag in Höhe von 1,15 DM auf Ihr Konto.

Bitte legen Sie die Abrechnung Ihrem Arbeitgeber auf dessen Verlangen vor.”

Die beteiligten Betriebsratsmitglieder legten der Arbeitgeberin diese Rechnungen der HBV vor. Die beteiligte Arbeitgeberin, die auf diese Rechnungen vorschußweise gezahlt hat, erteilte den beteiligten Betriebsratsmitgliedern jeweils Spesenabrechnungen. Hierin brachte sie ihnen fünfeinhalb Tagegeldpauschalen und fünf Übernachtungsgeldpauschalen in Höhe der lohnsteuerrechtlichen Regelungen gut. Die Abrechnungen ergaben Differenzbeträge zugunsten der beteiligten Arbeitgeberin, nämlich in Höhe von 30,50 DM bei der Beteiligten zu 3) (Frau D), in Höhe von jeweils 9,50 DM bei den Beteiligten zu 4) (Herrn G), zu 5) (Frau M) und zu 6) (Frau S).

Im Verlauf des ersten Rechtszugs des vorliegenden Beschlußverfahrens rechnete die beteiligte Arbeitgeberin mit diesen Erstattungsbeträgen gegenüber Gehaltsansprüchen der Frau D (Beteiligte zu 3) und des Herrn G (Beteiligter zu 4) auf. Gegenüber Frau M (Beteiligte zu 5) und Frau S (Beteiligte zu 6) kündigte sie an, jeweils 9,50 DM von ihnen zurückzufordern.

Der antragstellende Betriebsrat meint, die geltend gemachten Differenzbeträge stünden der beteiligten Arbeitgeberin nicht zu.

Er hat vorgetragen: Die Übernachtungs- und Verpflegungskosten seien für die teilnehmenden Betriebsratsmitglieder nicht beeinflußbar gewesen, weil es sich um von der Gewerkschaft HBV mit dem Tagungshotel vereinbarte Pauschalpreise handele, die die Gewerkschaft ohne Aufschlag weiterberechnet habe. Die beteiligten Betriebsratsmitglieder müßten auch keinen Abzug für ersparte Haushaltskosten hinnehmen. Überdies seien bei Herrn G auch keinerlei ersparte Haushaltskosten angefallen, weil er im Betrieb alle Mahlzeiten kostenlos einnehmen dürfe. Der Abzug sei auch deswegen nicht gerechtfertigt, weil allen vier teilnehmenden Betriebsratsmitgliedern für notwendige Getränke weitere Aufwendungen in Höhe von jeweils 31,50 DM entstanden seien, für die allerdings Belege nicht vorgelegt werden könnten. Hierbei handele es sich um ein Kännchen Kaffee zum Preis von 4,– DM nach der Ankunft im Tagungshotel sowie um jeweils ein Getränk zum Preis von 2,50 DM zum Mittagessen und zum Abendessen. Das Betriebsratsmitglied Frau S habe zudem für die Seminarwoche eine Zeitkarte für ihre Tochter kaufen müssen, da die Tochter bei den Eltern habe untergebracht werden müssen.

Die relativ geringfügige Überschreitung der in den Reisekostenrichtlinien festgesetzten Entschädigungssätze zeige zudem, daß die Ausgaben der Betriebsratsmitglieder für ihre Seminarteilnahme im Sinne von § 40 Abs. 1 BetrVG erforderlich gewesen seien.

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, an die Beteiligten zu 3) und 4) Beträge in Höhe von 30,50 DM bzw. 9,50 DM zu zahlen,
  2. festzustellen, daß der Beteiligten zu 2) gegenüber den Beteiligten zu 5) und 6) kein Erstattungsanspruch über jeweils 9,50 DM zustehe.

Die beteiligte Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat erwidert, sie sei nicht verpflichtet, die die Reisekostenrichtlinien übersteigenden Beträge von 30,50 DM bzw. 9,50 DM zu tragen, weil Betriebsratsmitglieder nach § 78 Satz 2 BetrVG gegenüber anderen Betriebsangehörigen keine Besserstellung erfahren dürften. Deswegen dürften ihnen auch keine höheren Reisekosten für die Teilnahme an den Seminaren erstattet werden, als bei einer Dienstreise anfielen. Reichten die den Betriebsratsmitgliedern nach den Reisekostenrichtlinien zustehenden Beträge nicht aus, so müßten die Betriebsratsmitglieder Seminare besuchen, die keinen höheren Kostenaufwand verursachten, oder die Differenz selbst tragen.

Die beteiligten Betriebsratsmitglieder haben sich im ersten Rechtszug den Anträgen des antragstellenden Betriebsrats angeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Hiergegen hat nur der antragstellende Betriebsrat Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der beteiligte Betriebsrat seine Anträge weiter, während die beteiligte Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Die beteiligten Betriebsratsmitglieder haben im zweiten und dritten Rechtszug keine Ausführungen zum Verfahren gemacht und keinen Sachantrag gestellt noch sich einem solchen angeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Zahlungsantrag (Antrag zu 1) war als in der gewählten Verfahrensart (Beschlußverfahren) unzulässig zurückzuweisen. Der Feststellungsantrag (Antrag zu 2) ist, wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, unbegründet. Der beteiligten Arbeitgeberin steht ein Anspruch auf Rückzahlung von vorschußweise gezahlten Verpflegungskosten gegenüber den beteiligten Betriebsratsmitgliedern Frau M (Beteiligte zu 5) und Frau S (Beteiligte zu 6) zumindest in Höhe von jeweils 9,50 DM zu, weil sich beide Betriebsratsmitglieder insoweit eine (pauschalierte) Haushaltsersparnis anrechnen lassen müssen.

I. Der Antrag des Betriebsrates, die beteiligte Arbeitgeberin zu verpflichten, an die Betriebsratsmitglieder Frau D (Beteiligte zu 3) 30,50 DM und Herrn G (Beteiligter zu 4) 9,50 DM zu zahlen, ist im Beschlußverfahren unzulässig, weil es sich hierbei nicht um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz handelt.

1. Das Gericht hat in jedem Stadium eines Verfahrens, also auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu prüfen, ob der Rechtsstreit in der zutreffenden Verfahrensart ausgetragen wird. Ergibt die Prüfung, daß die zutreffende Verfahrensart nicht eingehalten worden ist, so ist der Sachantrag als in der gewählten Verfahrensart unzulässig zurückzuweisen, sofern nicht der Verfahrensbetreiber einen – auch im dritten Rechtszug noch möglichen – Antrag auf Abgabe in die zutreffende Verfahrensart gestellt hat (BAG in ständiger Rechtsprechung, vgl. statt vieler: BAGE 45, 305, 312, 313 = AP Nr. 13 zu § 78 a BetrVG 1972, unter 6 und 7 der Entscheidungsgründe). Ein solcher Abgabeantrag ist hier nicht gestellt worden.

2. Mit dem Zahlungsantrag verfolgt der Betriebsrat einzelvertragliche Gehaltsforderungen seiner Mitglieder Frau D (Beteiligte zu 3) und Herrn G (Beteiligter zu 4). Die beteiligte Arbeitgeberin hat während des ersten Rechtszugs gegen deren Gehaltsforderungen mit ihr angeblich zustehenden Rückzahlungsansprüchen aus der vorschußweisen Überzahlung von Verzehrkosten in Höhe von 30,50 DM gegenüber Frau D und in Höhe von 9,50 DM gegenüber Herrn G die Aufrechnung erklärt und dementsprechend geringere Nettobeträge auf deren Gehaltsforderungen gezahlt. Der Betriebsrat macht geltend, die Gehaltsforderungen seien insoweit nicht erloschen, weil der beteiligten Arbeitgeberin die zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsforderungen nicht zuständen.

3. Ein Rechtsstreit über die Frage, ob Gehaltsansprüche (noch) bestehen oder ob sie – hier infolge Aufrechnung durch die Arbeitgeberin – erloschen sind, ist nicht im Beschlußverfahren, sondern im Urteilsverfahren auszutragen. Es handelt sich hierbei um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis. Für eine solche Streitigkeit ist das Urteilsverfahren die zutreffende Verfahrensart (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, Abs. 5 i. Verb. m. § 46 Abs. 1 ArbGG). Streitgegenstand sind nämlich die arbeitsvertraglichen Gehaltsansprüche der beteiligten Betriebsratsmitglieder. Diese sind individualrechtliche Ansprüche und keine Ansprüche aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Hieran ändert nichts, daß die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung eine solche betriebsverfassungsrechtlicher Art ist und bei isolierter Geltendmachung im Beschlußverfahren zu verfolgen wäre (vgl. § 2 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i. Verb. m. § 80 Abs. 1 ArbGG). Im Falle einer Aufrechnung wird der Streitgegenstand nicht durch den rechtlichen Charakter der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung bestimmt, sondern durch den der Forderung, die infolge der Aufrechnung erloschen sein soll.

II. Der auf die Feststellung gerichtete Antrag, daß der beteiligten Arbeitgeberin gegenüber den Betriebsratsmitgliedern Frau M (Beteiligte zu 5) und Frau S (Beteiligte zu 6) kein Erstattungsanspruch über jeweils 9,50 DM zustehe, ist verfahrensrechtlich unbedenklich. Er ist jedoch nicht begründet.

1.a) Gegenstand dieses Feststellungsantrages ist die Frage, ob sich die beteiligte Arbeitgeberin zu Recht eines Anspruchs auf Rückzahlung von jeweils 9,50 DM aus der Abrechnung über die vorschußweise Zahlung von Seminarkosten für die Teilnahme dieser beiden Betriebsratsmitglieder an einem nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen Seminar im September 1987 berühmt. Die beteiligten Betriebsratsmitglieder Frau M und Frau S (Beteiligte zu 5) und 6) haben im Rahmen ihrer Senminarkostenabrechnung mit der Rechnung des Seminarveranstalters (Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen) u. a. die dort ausgewiesenen Kosten für Übernachtung und Verpflegung in Höhe von insgesamt 436,50 DM geltend gemacht. Die beteiligte Arbeitgeberin hat die Rechnungen insgesamt vorschußweise ausgeglichen. Aus ihren den Betriebsratsmitgliedern erteilten Abrechnungen ergibt sich jedoch jeweils ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 9,50 DM, dessen sich die beteiligte Arbeitgeberin gegenüber den beiden Betriebsratsmitgliedern und dem antragstellenden Betriebsrat berühmt.

b) Dagegen ist nicht Gegenstand des Feststellungsantrags, ob die beteiligten Betriebsratsmitglieder M und S über die von ihnen gegenüber der beteiligten Arbeitgeberin jeweils geltend gemachten 436,50 DM für Verpflegung und Unterkunft hinaus weitere Ansprüche auf Kostenerstattung gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG haben, weil ihnen aus Anlaß ihrer Teilnahme an der Schulungsmaßnahme weitere erforderliche Kosten, z. B. für die Einnahme von Getränken, entstanden seien. Zwar hat der Betriebsrat im Beschwerderechtszug in seinem Schriftsatz vom 9. September 1988 vorgetragen, auch diesen beiden Betriebsratsmitgliedern seien aus Anlaß ihrer Teilnahme an der Schulungsmaßnahme über den Betrag von 436,50 DM hinaus weitere Kosten in Höhe von jeweils 31,50 DM entstanden, nämlich für die Einnahme des Kaffees (4,– DM) nach Ankunft im Tagungshotel sowie für die Einnahme jeweils eines Getränkes zum Mittagessen und zum Abendessen zum Preise von jeweils 2,50 DM. Diese weiteren Aufwendungen sind jedoch nicht Gegenstand der Abrechnung geworden, aus der die beteiligte Arbeitgeberin ihren Rückzahlungsanspruch in Höhe von 9,50 DM herleitet. Weder der antragstellende Betriebsrat noch seine Mitglieder Frau M und Frau S haben diese behaupteten Mehraufwendungen für Verpflegungskosten gegenüber der beteiligten Arbeitgeberin geltend gemacht. Ebenso verhält es sich mit den zusätzlichen Kosten, die der Beteiligten zu 6), Frau S, wegen der Unterbringung ihrer Tochter enstanden sein sollen. Die Beteiligten streiten vielmehr allein darum, ob der Arbeitgeberin aus der Abrechnung der geltend gemachten Kosten für Verpflegung im Hinblick auf deren vorschußweise Begleichung ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 9,50 DM zusteht.

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag als unbegründet zurückgewiesen, weil die beteiligten Betriebsratsmitglieder M und S sich jeweils einen Abzug für Haushaltsersparnis von den zu erstattenden Verpflegungskosten gefallen lassen müßten. Das ist zutreffend.

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dazu gehören auch die Kosten der Teilnahme eines Betriebsratsmitgliedes an einer nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen Schulungs- und Bildungsveranstaltung einschließlich etwaiger Kosten für Übernachtung und Verpflegung.

Im vorliegenden Fall hat die beteiligte Arbeitgeberin bei ihrer Abrechnung der Übernachtungs- und Verpflegungskosten der beteiligten Betriebsratsmitglieder M und S die in ihrem Betrieb geltende Reisekostenordnung zugrunde gelegt. Diese betriebliche Reisekostenordnung lehnt sich an die einschlägigen Bestimmungen der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) an. Sie sieht nach Jahreseinkommen gestaffelte Verpflegungs- und Übernachtungspauschalen nach Maßgabe der Abschnitte 8 Abs. 2 und 25 Abs. 9 LStR 1987 sowie, falls die effektiven Kosten die Pauschalsätze überschreiten, eine Abrechnung nach Einzelbelegen unter Abzug einer Haushaltsersparnis nach Maßgabe von Abschnitt 8 Abs. 2, Nr. 1 LStR 1987 i. Verb. m. § 5 Abs. 7 LStDV vor. Die beteiligte Arbeitgeberin hat die Pauschalabrechnung gewählt und dabei einen Kostenaufwand ermittelt, der für jedes der beiden genannten Betriebsratsmitglieder um 9,50 DM unter dem von der Schulungsveranstalterin für Übernachtung und Verpflegung in Rechnung gestellten Betrag von 436,50 DM liegt. Diese von der beteiligten Arbeitgeberin vorgenommene Abrechnung nach Pauschalsätzen entspricht weder der zwingenden Vorschrift des § 40 Abs. 1 BetrVG noch der betrieblichen Reisekostenordnung.

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Erstattung betriebsratsbedingt angefallener Übernachtungs- und Verpflegungskosten nach in einer betrieblichen Reisekostenordnung festgelegten Pauschalsätzen nur anerkannt, wenn diese Kosten in ihrer Höhe von dem einzelnen Betriebsratsmitglied beeinflußt werden können (BAG Beschluß vom 17. September 1974 – 1 ABR 98/73 – AP Nr. 6 zu § 40 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe). Die hier in Rede stehenden Übernachtungs- und Verpflegungskosten waren jedoch in ihrer Höhe von den einzelnen Schulungsteilnehmern nicht zu beeinflussen. Es handelt sich um pauschalierte Tagessätze, die die Gewerkschaft HBV als Veranstalterin der Schulungsmaßnahme den Schulungsteilnehmern für deren internatsmäßige Unterbringung in Rechnung stellt. Solche von dem einzelnen an der Schulung teilnehmenden Betriebsratsmitglied nicht beeinflußbaren Kosten sind vom Arbeitgeber auch bei einer etwa entgegenstehenden, eine Pauschalerstattung vorsehenden betrieblichen Reisekostenordnung in ihrer tatsächlichen Höhe zu übernehmen (BAG Beschluß vom 7. Juni 1984 – 6 ABR 66/81 – AP Nr. 24 zu § 40 BetrVG 1972, zu II 2 a der Gründe, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Die hier anzuwendende betriebliche Reisekostenordnung steht einer solchen Übernahme der den beiden Betriebsratsmitgliedern M und S tatsächlich entstandenen Übernachtungs- und Verpflegungskosten, wie sie von der Schulungsveranstalterin in Rechnung gestellt worden sind, aber auch gar nicht entgegen. Die Reisekostenordnung sieht nämlich eine Abrechnung nach Einzelbelegen vor, wenn die effektiven Kosten die Pauschalsätze überschreiten. Ein solcher Fall ist hier gegeben; denn die effektiven Kosten für Übernachtung und Verpflegung in Höhe von 436,50 DM übersteigen die Summe der den Betriebsratsmitgliedern M und S nach der betrieblichen Reisekostenordnung jeweils zustehenden Pauschalsätze um 9,50 DM. Für ihre Übernachtungs- und Verpflegungskosten haben die genannten Betriebsratsmitglieder auch einen Einzelbeleg vorgelegt; denn diese Kosten sind in der Rechnung der Gewerkschaft HBV über die Teilnahme des jeweiligen Betriebsratsmitglieds an dem Seminar als Kosten für Übernachtung und Verpflegung mit insgesamt 436,50 DM ausgewiesen.

Die betriebliche Reisekostenordnung sieht jedoch bei der Abrechnung der Verpflegungskosten nach Einzelbelegen den Abzug einer Haushaltsersparnis nach Maßgabe von Abschnitt 8 Abs. 2 Nr. 1 LStR 1987 i. Verb. m. § 5 Abs. 7 LStDV vor. Hiernach beträgt der Abzug für Haushaltsersparnis 20 % der durch Belege nach wiesenen Verpflegungskosten, höchstens aber 6,– DM pro Tag.

Mit dieser Regelung wird der Erfahrungstatsache Rechnung getragen, daß die Nichtinanspruchnahme häuslicher oder Kantinenverpflegung während der Dienstreise jedenfalls in der Regel zu Einsparungen führt, die sich der betreffende Arbeitnehmer anrechnen lassen muß. Eine solche Anrechnung der Haushaltsersparnis steht bei Betriebsratsmitgliedern auch in Einklang mit § 40 Abs. 1 BetrVG. Bei den danach vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten der Betriebsratstätigkeit kann es sich nur um die tatsächlich entstehenden bzw. entstandenen Kosten handeln, die sich hier aus den entstandenen Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung abzüglich der Einsparungen infolge nicht in Anspruch genommener häuslicher oder Kantinenverpflegung errechnen. Die Berücksichtigung dieser Haushaltsersparnis ist auch wegen des Begünstigungsverbots des § 78 Satz 2 BetrVG geboten; ohne den Abzug der Haushaltsersparnis würden die Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit finanzielle Vorteile erlangen, die sie sonst nicht hätten.

Eine Haushaltsersparnis wird in der Regel auch gegeben sein, wenn ein Angehöriger eines Familienhaushalts für mehrere Tage die häusliche Verpflegung nicht in Anspruch nimmt. Andererseits wird diese Ersparnis ebenso erfahrungsgemäß durch andere Aufwendungen, die der Arbeitnehmer zuhause nicht gehabt hätte, teilweise wieder aufgewogen. Für die Beantwortung der Frage, inwieweit erfahrungsgemäß anzurechnende Einsparungen verbleiben, geben die steuerrechtlichen Regelungen Hilfestellung, so daß auf diese zurückgegriffen werden kann. Das hat das Bundesarbeitsgericht wiederholt entschieden (Beschluß vom 29. Januar 1974 – 1 ABR 34/73 – AP Nr. 8 zu § 37 BetrVG 1972; Beschlüsse vom 17. September 1974 – 1 ABR 98/73 – und vom 29. April 1975 – 1 ABR 40/74 – AP Nr. 6 und 9 zu § 40 BetrVG 1972).

Die Betriebsratsmitglieder Frau M und Frau S müssen sich deshalb für die Gesamtdauer der Schulungsveranstaltung mindestens jeweils den vom beteiligten Arbeitgeber geforderten Betrag von 9,50 DM als Haushaltsersparnis anrechnen lassen. Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daß bei diesen beiden Betriebsratsmitgliedern ausnahmsweise keine Haushaltsersparnis eingetreten ist, sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.

Ob die beteiligte Arbeitgeberin darüber hinaus weitere Abzüge für Haushaltsersparnis bis zur Höhe von 6,– DM pro Tag, für fünfeinhalb Tage also bis zur Höhe von insgesamt 33,– DM, vornehmen dürfte oder ob sie gehalten ist, den Abzug so zu begrenzen, daß die lohnsteuerrechtlichen Pauschsätze für Übernachtung und Verpflegung nicht unterschritten werden, bedarf im vorliegenden Falle keiner Entscheidung, weil den Betriebsratsmitgliedern Frau M und Frau S Reisekosten in Höhe der Pauschsätze für Übernachtung und Verpflegung gutgebracht worden sind.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Becker, Schliemann, Gnade, Wagner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI969668

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