Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Rechtsfragen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die Revision nicht zuzulassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukomme, kann nach § 72 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ArbGG nur in den dort aufgeführten Rechtsstreitigkeiten mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

2. Die Beschränkung der Nachprüfbarkeit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf die in den § 72 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ArbGG bezeichneten tariflichen und koalitionsrechtlichen Angelegenheiten ist verfassungsrechtlich unbedenklich (Anschluß an BAG Beschlüsse vom 3. September 1980 - 6 AZN 226/80 - und 24. September 1980 - 4 AZN 289/80 - AP Nr. 8 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz und BAGE 34, 182 = AP Nr. 9 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz).

 

Normenkette

ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 28.10.1998; Aktenzeichen 5 Sa 866/97)

ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 22.05.1997; Aktenzeichen 11 Ca 1152/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Oktober 1998 - 5 Sa 866/97 - wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.

Der Streitwert wird auf 22.181,09 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zum Ausgleich eines Rentenschadens verpflichtet ist.

Der 1928 geborene Kläger war vom Juni 1977 bis April 1990 in verschiedenen Betrieben des VEB Mansfeld Kombinat „Wilhelm Pieck” tätig. Zuletzt wurde er im Kombinatsbetrieb für Erze der Kupfer-Silber-Hütte „Fritz Beyling” beschäftigt. Für diese Beschäftigungszeit sind keine Beiträge zur bergbaulichen Versicherung entrichtet worden. Der Kläger hat die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Beschäftigungsbetriebes auf Schadenersatz gerichtlich in Anspruch genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vom Landesarbeitsgericht als unbegründet abgewiesen worden, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II. Die ausschließlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 72 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG).

1. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 72 a Abs. 1 und des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG dargelegt werden.

2. Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde hat geltend gemacht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Parteien „über grundsätzliche Rechtsfragen des allgemeinen Arbeitsvertragsrechtes in Verbindung mit Schadensersatzrecht” streiten.

Die Beschwerde verkennt, daß nach § 72 a Abs. 1 ArbGG eine Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nur dann zulässig ist, wenn die Rechtssache die besonderen in § 72 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ArbGG aufgeführten Rechtsstreitigkeiten betrifft. In allen anderen Rechtssachen kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, daß die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat und deshalb die Revision nicht zugelassen wird, nicht angefochten werden. Diese Beschränkung der Nichtzulassungsbeschwerde durch § 72 a Abs. 1 ArbGG ist verfassungsrechtlich unbedenklich (Anschluß an BAG Beschlüsse vom 6. Mai 1980 - 4 AZN 119/80 - AP Nr. 6 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz; 16. Juli 1980 - 4 AZN 231/80 - BAGE 34, 72 = AP Nr. 7 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz; 3. September 1980 - 6 AZN 226/80 - AP Nr. 8 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz und 24. September 1980 - 4 AZN 289/80 - BAGE 34, 182 = AP Nr. 9 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz). Daran ist festzuhalten. Weder gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG für jeden Rechtsstreit den Zugang zur Revisionsinstanz, noch verstößt die Privilegierung der in § 72 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ArbGG genannten tariflichen und vereinigungsrechtlichen Angelegenheiten gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Wegen der Bedeutung der Tarifautonomie für unsere Wirtschafts- und Sozialordnung beruht die in § 72 a Abs. 1 ArbGG getroffene Differenzierung auf Erwägungen, die sachlich gerechtfertigt sind.

Die der Beschwerde zugrunde liegende Rechtssache betrifft weder eine Rechtsstreitigkeit, an der tariffähige Parteien beteiligt sind (§ 72 a Abs. 1 Nr. 1 und 3 ArbGG), noch eine Rechtsstreitigkeit über die Auslegung eines Tarifvertrags (§ 72 a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG). Ob bei willkürlicher Verneinung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache durch das Landesarbeitsgericht eine Anfechtungsmöglichkeit besteht, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Beschwerde hat keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, daß das Landesarbeitsgericht dem Kläger willkürlich den Zugang zur Revisionsinstanz versperrt hat.

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Beschwerde nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 25 Abs. 2 GKG.

 

Unterschriften

Leinemann, Reinecke, Düwell, Fox, H. Unger

 

Fundstellen

BAGE, 334

DB 1999, 1564

ARST 2000, 20

FA 1999, 261

FA 1999, 262

NZA 1999, 896

ZTR 1999, 425

AP, 0

MDR 1999, 1201

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