Vorliegend geschildert wird die allgemeine Rechtslage, die Basis jeder Auslagerung von Aufgaben ist, nicht nur der des öffentlichen Dienstes. Betroffen sind sowohl normativ wie auch nicht normativ tarifgebundene TVöD-TV-L-Anwender.

Darüber hinaus ergeben sich für die Auslagerung von Aufgaben aus dem öffentlichen Dienst weitere Besonderheiten, die unter Punkt 4 abgehandelt sind.

Die Besonderheiten des Umwandlungsgesetzes[1] sind berücksichtigt, soweit ein arbeitsrechtlicher Bezug besteht.

[1] Umwandlungsgesetz, BGBl. 1994 I S. 3210ff., in Kraft getreten am 1.1.1995.

3.1 Betriebsübergang nach § 613a BGB, Anwendungsbereich

Geht durch Rechtsgeschäft ein selbstständiger Betrieb oder ein abgrenzbarer Betriebsteil auf einen Erwerber über, so liegt ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vor. § 613a BGB bestimmt, dass der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs mit dem Veräußerer bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt.

 

§ 613a BGB gilt als bürgerlich-rechtliche Vorschrift[1] auch für den Staat, sonstige Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts[2] sowie für Tendenzunternehmen.[3]

Bei Umwandlungen oder Verschmelzungen nach dem Umwandlungsgesetz, insbesondere bei Ausgliederungen aus dem Vermögen von Gebietskörperschaften (§ 168 UmwG), findet § 613a Abs. 1 und 46 des BGB Anwendung (§ 324 UmwG). Die Voraussetzungen des § 613a BGB sind auch im Fall einer Umwandlung selbstständig zu prüfen.[4]

[1] BAG, Beschluss v. 7.11.1975, AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972; Urteil v. 22.2.1978, AP Nr. 11 zu § 613a BGB.
[2] BAG, Urteil v. 25.5.2000, 8 AZR 416/99,

Staudinger-Richardi, § 613a BGB Rdnr. 22; Wank, Münchener Handbuch Arbeitsrecht, § 120 Rdnr. 17.

[3] BAG, Beschluss v. 7.11.1975, AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972.

3.2 Begriff des Betriebsübergangs

3.2.1 Vorbemerkung

Der Begriff des Betriebsübergangs ist in den letzten Jahren durch das Eingreifen des Europäischen Gerichtshofs einer erheblichen Verunsicherung unterlegen.

Das BAG hatte jahrelang einen Betriebsübergang angenommen, wenn die wesentlichen materiellen bzw. immateriellen Betriebsmittel vom Erwerber übernommen wurden. Im Fall "Christel Schmidt" entschied dann der EuGH am 14.4.1994[1], dass eine bloße Funktionsnachfolge – die Übernahme der Tätigkeit einer einzelnen Putzfrau durch ein Reinigungsinstitut – bereits zu den Rechtsfolgen des § 613a BGB führe.

Die durch diese Entscheidung entstandene Rechtsunsicherheit wurde in der Folge durch eine weitere Begriffsdefinition des EuGH klargestellt: Nunmehr sollte es darauf ankommen, ob eine wirtschaftliche Einheit, die ihre Identität bewahrt, übergeht. Dabei soll diese wirtschaftliche Einheit auch gegeben sein, wenn ausschließlich eine Personenmehrheit übernommen wird.

Was zunächst die Rechtsfolge des § 613a BGB bildete – eine Anordnung des Übergangs der Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer – wurde zur Tatbestandsvoraussetzung des § 613a BGB deklariert. An die Stelle des bisherigen Betriebsbegriffs trat ein neuer Begriff, der ganz wesentlich von dem unternehmerischen und personellen Konzept des Erwerbers abhängig war. Damit hatte es zum Teil der neue Auftragnehmer in der Hand, einen Betriebsübergang herbeizuführen oder nicht.

Zu weiterer Verunsicherung der Praxis hat eine neue Entscheidung des EuGH geführt, wonach es nicht mehr erforderlich sein soll, dass der übernommene Betriebsteil seine organisatorische Selbstständigkeit beim Erwerber bewahrt.[2] Es müsse lediglich "der Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Sachzusammenhangs gewahrt" bleiben. Es wird befürchtet, dass ein Identitätsverlust nach dem neuen EuGH-Urteil nur noch in Ausnahmefällen angenommen werden kann, etwa bei einer vollständigen Zerschlagung der übernommenen Produktionsfaktoren durch den Erwerber oder einer vollständigen Ersetzung des bisherigen Betriebszwecks durch neue Tätigkeiten und Aufgaben der Mitarbeiter.[3]

Das BAG sah sich zu einer Präzisierung gerufen, in welchen Fällen die Rechtsfolgen des § 613a BGB zukünftig eintreten sollen. Im Folgenden wird – insbesondere in Ziffer 3.2.7 – auf die Inhalte dieser neuen Rechtsprechung des BAG eingegangen.

[1] EuGH, Urteil v. 14.4.1994, Rs. C-392/92,

"Christel Schmidt" DB 1994 S. 1370.

[2] EuGH, Urteil v. 12.2.2009, C-466/07 – [Klarenberg] Rn. 47 f., NZA 2009 S. 251.
[3] Grobys, "Europarichter erschweren Kündigung beim Betriebsübergang", in: FAZ, Nr. 173, v. 29.7.2009, S. 19.

3.2.2 Übergang einer wirtschaftlichen Einheit, die ihre Identität bewahrt

Kernpunkt der Klarstellung des Betriebsbegriffs ist nach der Rechtsprechung des EuGH das Bestehenbleiben einer wirtschaftlichen Einheit, die ihre Identität bewahrt ("Ayse Süzen"[1]). Der Begriff "Einheit" bezieht sich dabei grundsätzlich auf eine "organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung", wobei nach neuester Rechtsprechung des EuGH die organisatorische Selbstständigkeit in der aufnehmenden Einrichtung nicht mehr erhalten bleiben muss.[2]

Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche, den betreffenden Vorgang kennzeichnende Tatsachen berücksichtigt werden.

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