3.1 Allgemeines

 

Rz. 41

Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen finanzieren ihre zeitlich befristeten Forschungsprojekte häufig über Drittmittel. Daher sind sie in beträchtlichem Maße darauf angewiesen, das wissenschaftliche und künstlerische Personal, aber auch das akzessorische Personal, also das nichtwissenschaftliche und nicht-künstlerische Personal, das für die Realisierung dieser Projekte benötigt wird, rechtssicher und für beide Seiten transparent befristet zu beschäftigen.[1]

Der Bundesgesetzgeber hatte die über Drittmittel finanzierten Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bisher nicht gesondert geregelt; dies wurde durch das WissZeitVG unter Hinweis auf den erheblich angestiegenen Drittmittelanteil an den Einnahmen der Hochschulen geändert.[2] Mit der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Drittmittelfinanzierung als sachlich rechtfertigender Befristungsgrund soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Drittmittelforschung und damit zur Pflege der freien Wissenschaft in Deutschland geleistet werden, nachdem sich das allgemeine Arbeitsrecht und insbesondere das TzBfG mit seinen Befristungsmöglichkeiten im Bereich der Wissenschaft nicht als sehr praxistauglich herausgestellt haben. Die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, und ist nur für 2 Jahre möglich. Zahlreiche Drittmittelprojekte haben aber eine längere Laufzeit.

Ein sachlicher Grund für den Abschluss eines befristeten Vertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG dann vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich auch auf die Fälle der Drittmittelfinanzierung der Wissenschaft anwendbar. Allerdings ist erforderlich, dass das Ende des Forschungsprojekts bzw. der endgültige Wegfall der Drittmittel am Fristende bei Vertragsabschluss hinreichend sicher prognostiziert werden kann.[3] Forschungsprojekte laufen aber vielfach über einen ersten Mittelbewilligungszeitraum hinaus und Anschlussbewilligungen können oftmals nicht von vornherein ausgeschlossen werden.[4]

[1] So die Beschreibung der Problemlage im Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/3438 S. 1.
[2] Allein zwischen 1995 und 2003 sollen die Drittmitteleinnahmen der Hochschulen von knapp 2,1 Mrd. EUR auf 3,4 Mrd. EUR, d. h. um über 60 % gestiegen sein; BT-Drucks. 16/3438 S. 8.
[3] S. Gräfl, § 14 TzBfG, Rz. 287, Rz. 297 ff.
[4] BT-Drucks. 16/3438 S. 6, 7.

3.2 Voraussetzungen der Drittmittelbefristung

 

Rz. 42

Für die befristete Beschäftigung bei Drittelmittelfinanzierung müssen 3 Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Beschäftigung muss überwiegend aus Drittmitteln finanziert sein.
  2. Die Finanzierung muss für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt sein.
  3. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter muss überwiegend der Zweckbestimmung der Drittmittel entsprechend beschäftigt werden.

3.2.1 Überwiegende Drittmittelfinanzierung

 

Rz. 43

Eine Finanzierung durch Drittmittel liegt nach der Rechtsprechung des BAG vor, wenn ein Projekt nicht aus den der Hochschule oder Forschungseinrichtung zur Verfügung stehenden regulären Haushaltsmitteln, sondern anderweitig finanziert wird (vgl. z. B. BAG, Urteil v. 15.1.1997, 7 AZR 158/96[1]). Die Beschäftigung ist "überwiegend aus Drittmitteln finanziert", wenn das Personal zu mehr als 50 % aus Drittmitteln finanziert wird (BAG, Urteil v. 23.5.2018, 7 AZR 875, 16[2]). So ist es durchaus zulässig, dass ein drittmittelfinanzierter Vertrag aus Haushaltsmitteln "aufgestockt" wird oder auch "gestreckt" wird. Das wissenschaftliche Personal ist bereits dann überwiegend aus Drittmitteln vergütet, wenn bei Vertragsabschluss mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden konnte, dass seine Vergütung nur für den geringeren Teil der Vertragsdauer aus laufenden Haushaltsmitteln bestritten werden muss (BAG, Urteil v. 22.11.1995, 7 AZR 248/95[3]; BAG, Urteil v. 31.1.1990, 7 AZR 125/89[4]).

 
Hinweis

Das Tatbestandsmerkmal "überwiegende Drittmittelfinanzierung" bezieht sich auf die Personalausgaben für den befristet beschäftigten Mitarbeiter oder die befristet beschäftigte Mitarbeiterin. Das Tatbestandsmerkmal bezieht sich dagegen nicht auf die Gesamtkosten des Projekts.[5]

[1] NZA 1998, 29.
[2] NZA 2018, 1399, Rn. 18.
[3] NZA 1996, 1092.
[4] ZTR 1990, 526.
[5] BT-Drucks. 16/3438 S. 14; Sievers, TzBfG, 6. Aufl. 2019, § 23 TzBfG, Rz. 152.

3.2.2 Bewilligung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer

 

Rz. 44

Die Finanzierung aus Drittmitteln muss für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt sein. Diese Tatbestandsvoraussetzung knüpft an die Rechtsprechung des BAG an, wonach eine pauschale Bestimmung von Mitteln ohne konkrete und nachvollziehbare Zweckbindung nicht ausreicht (vgl. BAG Urteil v. 26.8.1988, 7 AZR 101/88[1]; BAG, Urteil v. 15.1.1997, 7 AZR 158/96[2]). Mit dem Tatbestandsmerkmal "Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt" ist das Erfordernis einer konkreten aufgaben- und zeitbezogenen Mittelzuweisung ...

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