Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristungsgrund der Drittmittelfinanzierung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der wissenschaftliche Mitarbeiter wird bereits dann im Sinne des § 57b Abs 2 Nr 4 HRG überwiegend aus Drittmitteln vergütet, wenn bei Vertragsabschluß mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden konnte, daß seine Vergütung nur für den geringeren Teil der Vertragsdauer aus laufenden Haushaltsmitteln bestritten werden muß (im Anschluß an Senatsurteil vom 31. Januar 1990 7 AZR 125/89 = BAGE 65, 16 = AP Nr 1 zu § 57b HRG).

2. Der wissenschaftliche Mitarbeiter wird im Sinne des § 57b Abs 2 Nr 4 HRG entsprechend der Zweckbefristung der Drittmittel beschäftigt, wenn sein bei Vertragsabschluß vorgesehener bzw sein späterer von einem zum Vertragsabschluß Berechtigten gebilligter Einsatz die Interessen des Drittmittelgebers nicht beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung ist in aller Regel nicht bereits darin zu sehen, daß der Mitarbeiter im Austauschwege an einem Projekt eines anderen Drittmittelgebers eingesetzt wird, daß er in geringem Umfang auch allgemeine Hochschulaufgaben wahrnimmt und daß Zeiten, in denen der Mitarbeiter nicht für Drittmittelprojekte eingesetzt werden kann, durch die Zuweisung anderer Arbeiten überbrückt werden.

 

Normenkette

HSchulArbVtrG; HRG § 57b Abs. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 21.09.1994; Aktenzeichen 3 Sa 31/94)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 14.12.1993; Aktenzeichen 11 Ca 8411/92)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 1992 hinaus auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

Der am 28. September 1947 geborene Kläger ist promovierter Chemiker. Er war vom 1. Juli 1982 bis zum 30. Juni 1987 als "Zeitangestellter nach SR 2y BAT" befristet bei dem beklagten Land angestellt und an der Universität Stuttgart - Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft - beschäftigt.

Die Universität Stuttgart, vertreten durch das Institut, schloß mit dem Kläger am 4. Juni 1987 einen sog. "Werkvertrag" ab, in dem der Kläger die "Verkleidung eines fortgesetzten Arbeitsverhältnisses" erblickt. In diesem Vertrag verpflichtete sich der Kläger im wesentlichen, zwei Berichte bis zum 31. Dezember 1987 gegen Zahlung einer Vergütung von 44.700,-- DM zu erstellen. Dies geschah auch.

Unter dem 14. April 1988 schloß er mit dem beklagten Land einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1992 für eine Tätigkeit an dem Institut der Universität Stuttgart. In dem Vertrag wird die Befristung darauf gestützt, daß "... der Angestellte überwiegend aus Mitteln Dritter vergütet und entsprechend der Zweckbestimmung dieser Mittel beschäftigt wird (§ 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG)". In dem Einstellungsantrag vom 26. November 1987 ist die haushaltstechnische Herkunft der Mittel aufgeführt. Ferner findet sich als Projektbezeichnung bis 31. März 1988: Bestimmung von Schwermetallen in hochsalzhaltigen Lösungen (Willy-Hager-Stiftung) und ab 1. April 1988 Untersuchungen für das IEA-Projekt ... (BMFT).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung des letzten Arbeitsvertrages sei unwirksam. § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG sei wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 GG verfassungswidrig. Unter Berücksichtigung des "Werkvertrages" vom 4. Juni 1987 sei die Befristung des letzten Arbeitsvertrages wegen Überschreitung der Befristungshöchstgrenze von fünf Jahren nach § 57 c Abs. 2 HRG unwirksam. Der Werkvertrag vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1987 sei nach seiner tatsächlichen Handhabung ein Arbeitsvertrag gewesen. Er sei nach wie vor unter Aufsicht und Weisung beschäftigt gewesen und habe u.a. während dieser Zeit Großmeßgeräte gewartet, Versuche des chemischen Praktikums für Bauingenieure betreut, an Mitarbeiterseminaren und am Stuttgarter Wasserchemischen Kolloquium teilgenommen und auch die Strahlenschutztätigkeit auf Weisung weiter wahrgenommen. Auch die Voraussetzungen des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG seien nicht gegeben. Er sei nicht überwiegend aus Drittmitteln vergütet worden. Jedenfalls für den Zeitraum vom 1. November 1989 bis zum 31. März 1990 sei er ganz aus Eigenmitteln sowie für den Zeitraum vom 1. April 1990 bis zum 31. März 1991 zu 50 % aus Eigenmitteln vergütet worden. Er sei auch nicht projektbezogen aus den jeweiligen Projektdrittmitteln vergütet worden. Er sei - jedenfalls nicht durchgängig - auch nicht zweckgerecht beschäftigt worden, sondern mit Arbeiten an anderen Drittmittelprojekten befaßt gewesen und habe einen beträchtlichen Teil seiner Arbeitszeit den oben aufgeführten anderen wissenschaftlichen Routinetätigkeiten ohne Drittmittelbezug widmen müssen. Zwischen projektbezogener Tätigkeit und der zugehörigen Drittmittelvergütung müsse ein Gleichlauf bestehen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen

den Parteien über den 31. Dezember 1992 hinaus

unbefristet auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Fünfjahresgrenze des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG sei nicht überschritten; die Anrechnung eines Werkvertrages komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG seien für den Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1992 erfüllt: Vom 1. Januar 1988 bis zum 31. März 1988 habe der Kläger das Drittmittelprojekt "hochsalzhaltige Lösungen" bearbeitet (Drittmittelgeber Willy-Hager-Stiftung ≪WHS≫). Zeitgleich habe er für das "Projekt Aquifer" (Drittmittelgeber: BMFT) zu zwei Dritteln seiner Arbeitszeit gearbeitet. Bis zum 31. Oktober 1989 habe der Kläger am Aquifer-Projekt des BMFT gearbeitet; während dieses Zeitraums habe er ein Angebot für das Projekt "Sickerwasseruntersuchung Billigheim" erarbeitet, das von Juli bis August 1989 durchgeführt wurde. Vom 1. November 1989 bis zum 31. März 1990 habe sich der Kläger mit wissenschaftlichen Aufgaben in verschiedenen Forschungsprojekten und Untersuchungsaufträgen beschäftigt (Projekt Billigheim Fa. SBW; Projekt Daimler-Benz; weitere Untersuchungsaufträge für Dritte). Im Zeitraum vom 1. April 1990 bis zum 31. März 1991 sei er zu 50 % mit wissenschaftlichen Aufgaben beschäftigt gewesen, die durch verschiedene Projekte, Aufträge, Untersuchungen des Instituts aus "eigenverdienten Mitteln" finanziert wurden. Weiterhin habe der Kläger vom 1. April 1990 bis zum 31. Juli 1991 zu 50 % im Forschungsprojekt "Gase aus der Abwasserreinigung" der Fraunhofer-Gesellschaft (FHG) gearbeitet. Während dieses Zeitraums habe er zur Hälfte seiner Arbeitszeit ebenfalls am neuen Distickstoffoxydprojekt (Drittmittelgeber BMFT) gearbeitet. Vom 1. August 1991 bis zum 31. Dezember 1992 habe er vollständig für das Distickstoffoxydprojekt des BMFT gearbeitet. Er sei für folgende Zeiträume aus folgenden Drittmitteln vergütet worden: 1. Januar 1988 bis 31. März 1988: WHS; 1. April 1988 bis 31. Oktober 1989: BMFT; 1. November 1989 bis 31. März 1990: sog. Eigenprojekte des Instituts; 1. April 1990 bis 31. März 1991: 50 % Eigenprojekte des Instituts und 50 % FHG und BMFT; 1. April 1991 bis 31. Juli 1991: 50 % BMFT und 50 % FHG und BMFT und 1. August 1991 bis 31. Dezember 1992: BMFT. Die zeitlichen Überlappungen der Beschäftigung des Klägers an unterschiedlichen Drittmittelprojekten seien unvermeidbar, da die Drittmittelgeber oft mit den vereinbarten Zahlungen in Verzug seien, so daß kurzfristige Zwischenfinanzierungen durch andere Mittel des Instituts unumgänglich würden. Zudem würden Drittmittel regelmäßig nicht vor Beginn des Projektes zur Verfügung stehen; dann müsse vorläufig auf andere Drittmittel, und zwar auf sog. eigenverdiente, zurückgegriffen werden. Soweit der Kläger projektfremde Arbeiten in seiner Aufstellung aufführe, sei er dazu nicht verpflichtet gewesen. Der aufgeführte Zeitaufwand für projektfremde Arbeiten sei auch unerheblich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1992 rechtswirksam war.

I. Entgegen der Ansicht der Revision ist § 57 b HRG nicht verfassungswidrig. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. März 1994 (- 7 AZR 229/93 - AP Nr. 1 zu § 57 a HRG, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu III 2 der Gründe) näher ausgeführt. Hieran hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest, zumal auch der vorliegende Rechtsstreit insoweit keine neuen Gesichtspunkte ergeben hat.

II. Die Befristungshöchstgrenze des § 57 c Abs. 2 HRG ist nicht überschritten worden, weil der Werkvertrag keine Anrechnung findet.

1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, nach dem Inhalt der zu den Akten gegebenen Vertragsurkunde handele es sich bei dem mit Vertrag vom 4. Juni 1987 begründeten Rechtsverhältnis nicht um einen Arbeitsvertrag, sondern um einen Werkvertrag. Sei das Leistungsverhältnis einvernehmlich anders vollzogen worden, sei dieser Widerspruch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter dem Gesichtspunkt der Maßgeblichkeit des wirklichen Geschäftsinhaltes im Sinne der tatsächlichen Handhabung zu lösen. Unterstellt, die tatsächliche Handhabung sei von der Vertragsurkunde abgewichen, sei nicht ersichtlich, daß eine kraft Gesetzes oder aufgrund Rechtsgeschäftsvertretung der Universität befugte Person eine abweichende Handhabung gebilligt habe. Träfe das zu, hätte sie - im Lichte einer auf das beklagte Bundesland bezogenen Zurechnung - schuldhaft pflichtwidrig gehandelt und die Vertretungsbefugnis überschritten oder mißbraucht. Selbst wenn der Kläger das ohne Fahrlässigkeit nicht erkannt haben sollte, gebühre es sein Schutz als andere Vertragspartei angesichts des abgeschlossenen beiderseitigen Leistungsvollzuges nicht, das Rechtsverhältnis nachträglich dem Typus Arbeitsvertrag zu unterstellen.

2. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann zwar nicht in allen Teilen der Begründung, wohl aber im Ergebnis gefolgt werden.

a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. insbesondere Urteil vom 20. Juli 1994 - 5 AZR 627/93 - AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) für die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses vom Dienst- und Werkverhältnis nicht darauf abzustellen ist, wie die Parteien das Vertragsverhältnis bezeichnet haben, sondern wie der Vertrag praktisch durchgeführt worden ist. Wenn der Vertrag abweichend von der ausdrücklichen Vereinbarung vollzogen wird, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend, weil dies Rückschlüsse darauf zuläßt, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (vgl. BAGE 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe; Senatsbeschluß vom 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe).

b) Das Landesarbeitsgericht hat dann allerdings den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, eine von der Vertragsurkunde abweichende tatsächliche Handhabung sei der Universität nur dann zuzurechnen, wenn eine kraft Gesetzes oder aufgrund Rechtsgeschäfts zur Vertretung der Universität befugte Person diese abweichende Handhabung gebilligt habe. Hiermit ist das Landesarbeitsgericht von den weiteren Ausführungen im oben angeführten Urteil des Fünften Senats vom 20. Juli 1994 - 5 AZR 627/93 - abgewichen, nach denen dem Arbeitgeber eine abweichende Handhabung auch nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht zugerechnet werden kann. Wegen dieser vom Kläger gerügten Divergenz hatte der erkennende Senat durch Beschluß vom 15. Februar 1995 (- 7 AZN 1011/94 -) die Revision zugelassen.

c) Im vorliegenden Revisionsverfahren hat sich indessen herausgestellt, daß das Berufungsurteil auf dieser Divergenz nicht beruht, weil es sich auch auf der Grundlage der angeführten Rechtsprechung des Fünften Senats, der sich der erkennende Senat anschließt, als richtig erweist. Auch nach dieser Rechtsprechung ist Voraussetzung für die Zurechnung einer abweichenden Vertragsdurchführung nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht, daß der zum Vertragsabschluß Berechtigte diese Abweichung hätte erkennen und verhindern können und daß der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Verhalten des Vertreters.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargetan. Er hat insbesondere nichts Konkretes dafür vorgetragen, daß die zum Vertragsabschluß berechtigten Personen eine etwaige von der ausdrücklichen Vereinbarung abweichende Vertragshandhabung kannten oder hätten erkennen können.

III. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 14. April 1988 war nach § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG rechtswirksam.

1. Nach § 57 a Satz 1 HRG gelten für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge mit wissenschaftlichen Mitarbeitern im Sinne des § 53 HRG die Vorschriften der §§ 57 b bis 57 f HRG. Der Kläger war nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wissenschaftlicher Mitarbeiter, dem als wissenschaftliche Dienstleistung die Mitarbeit an verschiedenen Forschungsprojekten oblag (§ 53 Abs. 1 HRG in Verb. mit § 72 Abs. 1 Universitätsgesetz Baden-Württemberg).

2. Der Kläger wurde überwiegend aus Mitteln Dritter vergütet. Mittel Dritter sind nach den §§ 1, 2 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Forschungseinrichtungen in Verb. mit § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG diejenigen finanziellen Mittel, die den Forschungseinrichtungen über die von den Unterhaltsträgern zur Verfügung gestellten laufenden Haushaltsmittel und Investitionen hinaus zufließen. Dabei kann eine Drittmittelfinanzierung im Sinne von § 25 Abs. 1, § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG auch dann vorliegen, wenn die Forschungsmittel von dem Unterhaltsträger der Hochschule selbst stammen, sofern sie nur nicht zu den der Hochschule zur Verfügung gestellten laufenden Haushaltsmitteln gehören, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 31. Januar 1990, BAGE 65, 16 = AP Nr. 1 zu § 57 b HRG (mit zustimmender Anmerkung Wegener) entschieden hat. Der Senat vertritt insoweit einen weiteren Drittmittelbegriff als Teile der Literatur, die vom Träger der Hochschule zur Verfügung gestellte Gelder nicht als Drittmittel ansehen (vgl. KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b HRG Rz 25; Reich, HRG, 4. Aufl., § 57 b Rz 6).

Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die sich auf den zu den Akten gereichten Vergütungsabrechnungsbögen, der Zuteilung von Buchungsabschnittsnummern und der Erläuterung zum Staatshaushaltsplan in Verb. mit den vorgelegten Bewilligungsbescheiden von Drittmittelgebern stützen, sind nicht zu beanstanden. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, daß der Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 31. März 1988 aus Drittmitteln der Willy-Hager-Stiftung (Titelgruppe 84 sonstige Zuwendungen Dritter zur Förderung von Forschung oder Lehre) vergütet wurde, für den Zeitraum vom 1. April 1988 bis zum 31. Oktober 1989 aus Drittmitteln des Bundesministers für Forschung und Technologie (Aquifer-Projekt, Zuweisungen des Bundes zur Förderung von Forschung oder Lehre), in der Zeit vom 1. November 1989 bis zum 31. März 1990 aus sog. eigenverdienten Mitteln der Titelgruppe 92 (Zuwendungen aus Forschungsaufträgen und ähnlichen Aufträgen sonstiger Dritter). Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich auch dabei um Drittmittel verschiedener Drittmittelgeber, da es sich nicht um reguläre Haushaltsmittel des Instituts handelt. Die Vorschrift § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG findet auch dann Anwendung, wenn verschiedene Drittmittelgeber einen Finanzierungsbeitrag leisten (vgl. KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b Rz 25). Solche eigenverdienten Mittel, die von Dritten zu Zwecken auf dem Gebiet der Forschung zur Verfügung gestellt werden, sind Drittmittel (vgl. Buchner, RdA 1985, 258, 269 f.), soweit es sich nicht um laufende Haushaltsmittel handelt. Das beklagte Land hat dargelegt, daß der Kläger seine Vergütung in diesem Zeitraum aus Drittmitteln der Projekte "Sickerwasseruntersuchungen Billigheim" und der "Fa. Daimler-Benz" aus der Titelgruppe 92 erhielt. Für den Zeitraum 1. April 1990 bis zum 31. März 1991 wurde der Kläger zu 50 % aus eigenverdienten Mitteln dieser Titelgruppe und zu 50 % aus Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft und des BMFT aus dieser Titelgruppe vergütet. Das beklagte Land hat dargelegt, daß der Kläger für den Zeitraum 1. April 1991 bis 31. Juli 1991 zu 50 % aus Drittmitteln des BMFT aus der Titelgruppe 81 und zu 50 % aus der Titelgruppe 92 aus Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft und des BMFT vergütet wurde. Für den Zeitraum vom 1. August 1991 bis zum 31. Dezember 1992 wurde das Arbeitsentgelt des Klägers aus Mitteln des BMFT der Titelgruppe 81 finanziert. Die Herkunft dieser Mittel hat der Kläger auch nicht substantiiert bestritten.

Entgegen der Ansicht der Revision ist damit die Voraussetzung des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG, daß der wissenschaftliche Mitarbeiter überwiegend aus Drittmitteln vergütet wird, erfüllt. Da es auch insoweit für die Wirksamkeit der Befristung nur auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankommt und eine spätere abweichende Handhabung nur indizielle Bedeutung dafür haben kann, daß die Voraussetzungen einer wirksamen Befristung bei Vertragsabschluß in Wahrheit nicht vorlagen, genügen die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen für die Würdigung, daß der Kläger überwiegend aus Drittmitteln vergütet wurde. Denn diese Voraussetzung ist bereits dann gegeben, wenn bei Vertragsabschluß mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden konnte, daß die Vergütung des wissenschaftlichen Mitarbeiters jedenfalls nur für den geringeren Teil der vereinbarten Vertragsdauer aus laufenden Haushaltsmitteln erbracht werden muß.

3. Der Kläger ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch entsprechend der Zweckbestimmung der Drittmittel beschäftigt worden. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger im gesamten Befristungszeitraum gleichzeitig an mehreren unterschiedlichen Forschungsprojekten zum Teil zeitversetzt gearbeitet hat und der Zeitraum der Vergütung aus bestimmten Drittmitteln mit dem Zeitraum der Arbeit an diesen Projekten nicht immer übereinstimmt. Für eine Beschäftigung eines Mitarbeiters entsprechend der Drittmittelbestimmung ist nicht erforderlich, daß die Beschäftigung an einem bestimmten Forschungsprojekt jeweils zeitgleich mit der Vergütung aus den Mitteln des jeweiligen Projekts erfolgen muß. § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG erfordert kein zeitliches Zusammenfallen von tatsächlicher Beschäftigung und projektbezogener Vergütung. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck dieser Norm.

§ 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG soll dazu dienen, die Drittmittelforschung zu erleichtern. Mit der gesetzlichen Regelung sollten die arbeitsrechtlichen Risiken, die bis dahin den Abschluß befristeter Arbeitsverträge auf dem Gebiet der Drittmittelfinanzierung erschwerten, beseitigt und der Drittmittelforschung neue Impulse gegeben werden (vgl. KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b HRG Rz 22). Vor der gesetzlichen Regelung bestand einerseits die Gefahr, daß die zur Verfügung stehenden Drittmittel oftmals nicht ausgeschöpft werden konnten, da sich die Hochschulverwaltungen weigerten, Mitarbeiter trotz vorhandener Drittmittel einzustellen, weil sie befürchteten, daß die auf die Laufzeit der Drittmittel bezogenen Befristungsabreden unwirksam sind und die Mitarbeiter damit in unbefristeten Arbeitsverhältnissen stehen. Die Hochschulen waren damit ab dem Zeitpunkt, ab dem die Drittmittel nicht mehr gewährt wurden, mit den Personalkosten belastet. Eine Befristung war nach der vorherigen Rechtsprechung nur dann möglich, wenn die aus Drittmitteln finanzierten Projekte eine bestimmte Laufzeit aufwiesen und die Mitarbeiter speziell für dieses Projekt und dessen Laufzeit befristet angestellt wurden. Wurden bei längerer Laufzeit des Projektes Drittmittel nur für einen zeitlichen Teilabschnitt zugewiesen, rechtfertigte dies nicht schon die auf diesen zeitlichen Abschnitt bemessene Befristung von Arbeitsverhältnissen. Auch insoweit mußte die Hochschule einstehen, wenn Drittmittel später ausblieben, wodurch es dann zu einer Bindung der Haushaltsmittel der Hochschule selbst und damit einer entsprechenden Zurückhaltung gegenüber Einstellungen auf der Basis von Drittmitteln kam (vgl. Buchner, aaO, S. 269; vgl. auch KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b Rz 21 und 22 zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vom 14. Juni 1985).

Daß der Mitarbeiter entsprechend der Zweckbestimmung dieser Mittel beschäftigt werden muß, entspricht dem Interesse des Drittmittelgebers (vgl. Buchner, aaO, S. 269). Damit soll verhindert werden, daß die aus Drittmitteln finanzierten Mitarbeiter vertraglich oder mit Billigung der Hochschule anderweitig im Hochschulbetrieb eingesetzt werden, weil dann der angegebene Befristungsgrund der zeitlich begrenzten Drittmittelfinanzierung eines Forschungsvorhabens nur vorgeschoben wäre (vgl. KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b Rz 26). Soweit hingegen drittmittelfinanziertes Personal wegen der Art des Forschungsvorhabens zeitweise nur deshalb für andere Arbeiten eingesetzt wird, weil sich im Rahmen drittmittelfinanzierter Forschungsprojekte zwischendurch Zeitabschnitte ergeben, in denen das Personal nicht voll für die Forschungsarbeit eingesetzt werden kann, steht eine solche zeitweise anderweitige Verwendung der Zweckbestimmung der Mittel nicht entgegen, sofern die Interessen des Drittmittelgebers nicht beeinträchtigt werden (vgl. Buchner, aaO, S. 269, 270; KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b Rz 26). Eine solche Beeinträchtigung liegt in aller Regel nicht bereits darin, daß Mitarbeiter zwischen verschiedenen Drittmittelprojekten ausgetauscht werden, daß sie in geringem Umfang auch allgemeine Hochschulaufgaben wahrnehmen und daß ihnen in Zeiten, in denen sie nicht für Drittmittelprojekte eingesetzt werden können, auch andere Arbeiten zugewiesen werden, selbst wenn dies bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages vorgesehen war oder später von einem zum Vertragsabschluß Berechtigten gebilligt wurde. Denn hiervon geht ein Drittmittelgeber, der ein Hochschulinstitut beauftragt, regelmäßig selbst aus und nimmt es in Kauf.

Das beklagte Land hat dargelegt, in welchen Zeiträumen der Kläger in welchen drittmittelbezogenen Projekten gearbeitet hat. Es hat auch vorgetragen, daß es aus bestimmten Gründen zu zeitlichen Überlappungen und Überschneidungen der unterschiedlichen Projekte gekommen ist. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die vom Kläger angeführten Diskrepanzen jeweils auf der Notwendigkeit beruhten, zugesagte oder als hinreichend sicher in Aussicht gestellte Drittmittel vor- oder zwischenzufinanzieren, und daß die projektbezogenen Drittmittel letztlich bestimmungsgemäß verwendet wurden. Dem schließt sich der Senat an.

4. Auch soweit die Revision geltend macht, der Kläger habe während des gesamten Befristungszeitraumes vielfältige projektfremde Tätigkeiten ohne Drittmittelbezug ausgeübt, vermag dies der Revision nicht zu einem Erfolg zu verhelfen.

Selbst wenn der Kläger 5 % seiner Arbeitszeit für die Betreuung und Wartung von Großgeräten verwandt, in seiner Arbeitszeit an Mitarbeiterseminaren sowie am Stuttgarter Wasserchemischen Kolloquium teilgenommen, das chemische Praktikum für Bauingenieure betreut, am DIN-Arbeitskreis ICP OES teilgenommen, eine ICP-Zollsache bearbeitet und Strahlenschutztätigkeit wahrgenommen hat, kann daraus keine zweckfremde Beschäftigung des Klägers im Sinne des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG abgeleitet werden. Denn angesichts des zeitlich geringen Umfangs dieser etwaigen projektfremden Tätigkeiten ist nicht erkennbar, daß dadurch die Interessen der Drittmittelgeber berührt werden. Für den Befristungsgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG ist es unschädlich, wenn der Mitarbeiter zeitweise für projektfremde Arbeiten eingesetzt wird, weil sich im Rahmen drittmittelfinanzierter Forschungsprojekte aus unterschiedlichen Gründen Zeitabschnitte ergeben können, in denen er nicht voll für die Forschungsarbeit eingesetzt werden kann.

Zum anderen hat das Landesarbeitsgericht bei einem Teil der vom Kläger aufgeführten projektfremden Tätigkeiten zu Recht Zweifel geäußert, ob der Kläger zu diesen überhaupt arbeitsvertraglich verpflichtet war oder diese Tätigkeiten aus Gefälligkeit oder in der Absicht übernommen hat, den Projektleiter oder sonstige Dienstvorgesetzte zu veranlassen, im Anschluß an diesen Arbeitsvertrag weitere befristete Arbeitsverträge oder einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Dem ist die Revision nicht substantiiert entgegengetreten.

5. Die Revision kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf stützen, daß es nicht Sinn und Zweck des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG sei, Befristungen mit Arbeitnehmern von Universitätsinstituten zuzulassen, die 90 % ihrer Personalmittel aus Drittmitteln finanzieren. Denn der Befristungsgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG stellt nicht darauf ab, ob die Universität oder ein Forschungsinstitut überwiegend staatlich finanziert wird. Bei den Drittmitteln handelt es sich ohnehin überwiegend um staatliche Gelder (vgl. BT-Drucks. 10/225; Lübbert, Befristete Arbeitsverhältnisse im Hochschulbereich und in außeruniversitären Forschungseinrichtungen, 1985, S. 183 ff.), die in erster Linie über die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden (KR-Weller, 3. Aufl., § 57 b HRG Rz 25; Nagel, Fristverträge an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, 1986, § 57 b HRG Rz 21).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Steckhan Schmidt Fischermeier

Dr. Koch Meyer

 

Fundstellen

Haufe-Index 441155

BAGE 81, 300-310 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

BAGE, 300

BB 1996, 1511

BB 1996, 1511 (Leitsatz 1-2)

BB 1996, 1772

BB 1996, 1772-1774 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

DB 1997, 1138-1139 (Leitsatz 1-2)

EzB BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag, Nr 53 (Leitsatz 1-2)

EzB HRG §§ 57 b, c, Nr. 14 (Leitsatz 1-2)

NZA 1996, 1092

NZA 1996, 1092-1095 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

RdA 1996, 318-319 (Leitsatz 1-2)

RzK, I 9d Nr 38 (Leitsatz 1-2)

ZTR 1996, 476 (Leitsatz 1-2)

AP § 57b HRG (Leitsatz 1-2 und Gründe), Nr 8

AR-Blattei, ES 380 Nr 15 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

ArbuR 1996, 320 (Leitsatz 1-2)

EzA-SD 1996, Nr 14, 5 (Leitsatz 1-2)

EzA § 620 BGB Hochschulen, Nr 3 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

EzBAT SR 2y BAT Hochschulen, Forschungseinrichtungen Nr 22(Leitsatz 1-2 und Grün

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