2.4.1 Allgemeine Verlängerungen

 

Rz. 19

Befristete Arbeitsverträge können auch mit kürzeren Fristen abgeschlossen und dann bis zum Erreichen der jeweils vorgesehenen Höchstfristen verlängert werden (§ 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG a. F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 7 WissZeitVG n. F.). Zulässig ist auch eine mehrmalige Verlängerung.[1]

 
Hinweis

Trotz gleicher Terminologie gelten für eine "Verlängerung" i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG a. F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 7 WissZeitVG n. F. nicht dieselben Anforderungen wie an eine Verlängerung nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Insbesondere verlangt § 2 Abs. 1 WissZeitVG keine Ersteinstellungsbefristung, d. h. eine "Verlängerung" im Sinne von § 2 Abs. 1 ist auch zulässig und möglich, wenn es sich um einen Neuabschluss eines Vertrags nach einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses handelt (BAG, Urteil v. 9.12.2015, 7 AZR 117/14).[2]

 

Rz. 20

Zur alten Fassung des WissZeitVG hat der Siebte Senat entschieden, dass dem Begriff der "Verlängerung" keine gesonderte rechtliche Relevanz zukomme (BAG, Urteil v. 9.12.2015, 7 AZR 117/14, Rz. 40). Seit 17.3.2016 ist die vereinbarte Befristung nach dem neuen § 2 Abs. 1 Satz 3 aber "jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist" (hierzu näher oben Rz. 5 und 6). Diese Voraussetzung gilt nach Sinn und Zweck nicht nur für die Erstbefristung, sondern grundsätzlich auch für die Verlängerungen. Die Zulassung beliebig vieler Befristungen innerhalb des 6-Jahreszeitraums wäre jedenfalls bereits unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich.[3] Die Gesamtlaufzeit kann nicht beliebig gestückelt werden.[4] Auch eine Verlängerung darf nicht so kurz bemessen sein, dass mit ihr eine sinnvolle Verbesserung der wissenschaftlichen Qualifikation des Mitarbeiters nicht erreicht werden kann und konkrete (Zwischen-)Ergebnisse nicht erreicht werden können,[5] wobei die bisherige Befristungsdauer nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben kann. Die Beurteilung, was in diesem Zusammenhang "angemessen" ist, obliegt – wie bei der Erstbefristung – in erster Linie der dafür zuständigen Stelle der Hochschule.

Orientiert am gesetzgeberischen Ziel und Zweck, insbesondere missbräuchliche Kurzbefristungen zu verhindern, können auch Verlängerungen nach den Grundsätzen der Rechtsmissbrauchs-, Vertragsgestaltungs- oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) überprüft werden. Da nach der Neufassung des Gesetzes aber die Bemessung der "Befristung" der angestrebten Qualifizierung angemessen sein muss und nicht die der einzelnen "Verlängerung", kommt es bei der Beurteilung einer Verlängerung auf die Gesamtdauer der Befristung an, d. h. auch die bereits zurückgelegte Beschäftigungszeit ist bei der anlässlich der Verlängerung anzustellenden Prognose zu berücksichtigen. Dabei sind die Anforderungen an die Prognose aber deutlich niedriger, als im Rahmen von § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG[6], denn auch nach der Änderung des WissZeitVG handelt es sich bei der Befristung nach § 2 Abs. 1 um eine sachgrundlose Befristung; deshalb können die vom BAG für die Prognose bei Befristungen mit Sachgrund entwickelten Grundsätze nur sehr eingeschränkt herangezogen werden. Auch bei Verlängerungen liegt es aber nahe, das konkrete Qualifizierungsziel im Einzelfall zu dokumentieren.[7] Anhand der Festlegung kann dann die "angemessene" Laufzeit bestimmt werden.[8] Dabei können kurzfristige Verlängerungen für Abschlussarbeiten (z. B. an einer Dissertation) eventuell auch durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG) sachlich gerechtfertigt sein.[9] Dies, wenn das Interesse des Arbeitgebers, aus sozialen Erwägungen mit dem betreffenden Arbeitnehmer nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, auch angesichts des Interesses des Arbeitnehmers an einer unbefristeten Beschäftigung, schutzwürdig ist. Das ist der Fall, wenn es ohne den in der Person des Arbeitnehmers begründeten sozialen Zweck überhaupt nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags, auch nicht eines befristeten Arbeitsvertrags, gekommen wäre. In diesem Fall liegt es auch im objektiven Interesse des Arbeitnehmers, wenigstens für eine begrenzte Zeit bei diesem Arbeitgeber (noch) einen Arbeitsplatz zu erhalten. Die sozialen Erwägungen müssen dabei das überwiegende Motiv des Arbeitgebers sein. An einem sozialen Beweggrund für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags fehlt es, wenn die Interessen des Betriebs oder der Dienststelle und nicht die Berücksichtigung der sozialen Belange des Arbeitnehmers für den Abschluss des Arbeitsvertrags ausschlaggebend waren. Dazu bedarf es der Feststellung konkreter Anhaltspunkte (BAG, Urteil v. 24.8.2011, 7 AZR 368/10[10]). Den in der Person des Arbeitnehmers liegenden sozialen Zweck für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags muss der Arbeitgeber anhand nachprüfbarer Tatsachen darlegen und im Bestreitensfall beweisen (BAG, Urteil v. 21.1.2009, 7 AZR 630/07, Rz. 9[11]). Auch der Wunsch des Beschäftigten könnte – neben der sachgrundlos möglichen Verlängerung – einen Sachgrund für eine we...

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