In einer Zeit knapper Haushaltsmittel des öffentlichen Dienstes sowie starken Konkurrenzdrucks durch privatrechtlich organisierte Betriebe – vor allem im Bereich sozialer Dienstleistungen – gewinnt das Thema "Flexibilisierung der Arbeitszeit" zunehmend an Bedeutung.

Feste Arbeitszeiten bedeuten, dass der Mitarbeiter für seine Anwesenheit auch dann bezahlt wird, wenn keine Arbeit anfällt. Treten dagegen Arbeitsspitzen auf, müssen über die Normalarbeitszeit hinaus zuschlagspflichtige Überstunden angeordnet werden.

Beim konsequenten Einsatz flexibler Arbeitszeiten wird dagegen nur gearbeitet, wenn die Arbeit anfällt. Überstunden/Mehrarbeit sind nicht mehr erforderlich.

Die Personalkosten können über die Erarbeitung speziell auf die Einrichtung bezogener Arbeitszeitmodelle erheblich reduziert werden.

8.1 Ziele der Flexibilisierung

Aus Sicht des Arbeitgebers hat die Arbeitszeitflexibilisierung folgende Zielsetzung:[1]

  • Wirtschaftliche Aufgabenerledigung

Der Aufgabenanfall ist nach der besonderen Aufgabenstellung der Einrichtung durchaus unterschiedlich.

Soll wirtschaftlich gearbeitet werden, so darf sich die Arbeitszeit der Mitarbeiter nicht auf die Fünf-Tage-Woche bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage beschränken.

 
Praxis-Beispiel

In Freizeiteinrichtungen wird im Bereich der Sommermonate täglich länger gearbeitet. Dafür verkürzt sich im Winter die wöchentliche Arbeitszeit. Die Mitarbeiter erhalten jeden Monat ein gleichbleibendes Gehalt.

Gearbeitet werden muss zu dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsleistung nachgefragt ist.

 
Praxis-Beispiel

Stehen die Patienten in einem Krankenhaus für Behandlungen der Bäderabteilung nur zu bestimmten Zeiten zur Verfügung, so muss sich die Arbeitszeit der betroffenen Mitarbeiter diesen Zeiten anpassen.

  • Bürger-/Kundennahe Erledigung der Aufgaben

Die Aufgabenstellung der Einrichtung kann nur dann zur Zufriedenheit des Bürgers/Kunden erledigt werden, wenn die Arbeitsleistung zur richtigen Zeit erbracht wird, nämlich zum Zeitpunkt der Nachfrage durch den Bürger/Kunden, selbst wenn diese Zeiten üblicherweise in den Feierabend des "Normalarbeitnehmers" fallen.

 
Praxis-Beispiel

Im Kulturbereich wird verstärkt in den Abendstunden gearbeitet. Ein entsprechender Ausgleich findet tagsüber statt. Gleiches gilt für die Jugendarbeit an Wochenenden.

Bei verstärkter Nachfrage nach einer Dienstleistung müssen die Öffnungszeiten eines Amtes bedarfsgerecht gestaltet, unter Umständen verlängert werden, was einen flexiblen Arbeitseinsatz der Mitarbeiter bedingt.

  • Verbesserung des Images der öffentlichen Verwaltung bzw. verwaltungsnaher Einrichtungen

Über eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung, die sich an den Bedürfnissen der Bürger/Kunden orientiert, kann das Bild der Verwaltung in der Öffentlichkeit – der Presse, den Medien, dem Bürger selbst – erheblich verbessert werden.

 
Praxis-Beispiel

Aufgrund des erhöhten Interesses der Steuerpflichtigen an einer raschen Bearbeitung der Lohnsteuerjahresausgleiche/Ausgleichsveranlagungen wird in den ersten Monaten des Jahres bis zu 10 Stunden täglich gearbeitet. Der Ausgleich erfolgt durch eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit in den verbleibenden Kalendermonaten.

Über die Einführung flexibler Arbeitszeiten kann auch wesentlich leichter auf sich verändernde Bedürfnislagen reagiert werden. Die öffentliche Verwaltung kann so Flexibilität beweisen, eine Eigenschaft, die man ihr im Normalfall abspricht.

  • Personalgewinnung

Flexibilisierungsmodelle können den individuellen Interessen der Mitarbeiter Rechnung tragen, weitgehend sogar auf Freiwilligkeit des Arbeitseinsatzes beruhen, soweit sichergestellt ist, dass die Arbeit insgesamt rechtzeitig erledigt wird.

Qualifiziertes Personal kann in Konkurrenz zu anderen, unter Umständen höher vergütenden Anbietern gewonnen werden, wenn der Bewerber Arbeitszeit und Arbeitsumfang bestimmen kann.

Wie angedeutet, muss flexible Arbeitszeit nicht zu Lasten der Interessen der Mitarbeiter gehen, sondern kann durchaus sozialverträglich gestaltet sein.

Die Rahmenregelung des § 4 BeschFG bietet den Arbeitnehmern bereits einen gewissen Mindestschutz: Einem Abruf zur Arbeitsleistung ohne Ankündigung vier Tage im Voraus braucht der Mitarbeiter nicht nachzukommen. Die Arbeitsaufnahme ist freiwillig.

Über Dienst-/Betriebsvereinbarungen mit Personal-/Betriebsräten – die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle ist mitbestimmungspflichtig – kann und sollte der Schutz des Arbeitnehmers noch ausgedehnt werden:

Das für die jeweilige Einrichtung erarbeitete Arbeitszeitmodell muss sowohl von der Lage der Arbeitszeit als auch von der Vergütung her dem Mitarbeiter Anreize bieten. Die Arbeitszufriedenheit des Mitarbeiters, der Zeitsouveränität gewinnt, beeinflusst letztlich wiederum die Personalkosten günstig, z.B. durch geringere Fluktuation und Fehlzeiten.

Nach Umfragen in der Schweiz und in der Bundesrepublik Deutschland sind 70 % der Angestellten und 30 % der Facharbeiter für eine flexible Regelung der Arbeitszeit, sofern dadurch das Einkommen nicht wesentlich geschmälert wird.[2...

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