2.4.1 Kein Beschäftigter darf wegen eines Diskriminierungsmerkmals benachteiligt oder belästigt werden

In § 7 AGG ist als Kernstück des 2. Abschnitts das Benachteiligungsverbot wegen der Merkmale des § 1 AGG geregelt. Arbeitgeber, Arbeitskollegen und Dritte (wie z. B. Kunden oder Geschäftspartner des Arbeitgebers) dürfen Beschäftigte nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligen oder belästigen. Dabei ist nach der Gesetzesbegründung[1] zu beachten, dass sich die Zielsetzung benachteiligenden oder belästigenden Verhaltens nicht immer eindeutig aus dem Verhalten ergebe (verdeckte Diskriminierung). Selbst wenn der Benachteiligende das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals nur annimmt, dieses in Wirklichkeit jedoch gar nicht vorliegt, kann er wegen eines Merkmals aus § 1 AGG diskriminieren (§ 7 Abs. 1 Satz 2 AGG).

 
Praxis-Beispiel

Ein (heterosexueller) Arbeitnehmer wird von den Mitgliedern seiner Arbeitsgruppe deshalb verspottet, weil ihn die Kollegen für schwul halten. Ihm werden nur die Aufgaben zugewiesen, die sonst niemand erledigen will.

Nach § 7 Abs. 3 AGG ist jede Benachteiligung durch den Arbeitgeber oder Arbeitskollegen als Verletzung vertraglicher Pflichten zu bewerten. Damit folgt jede Benachteiligung durch den Arbeitgeber oder seiner Beschäftigten dem allgemeinen Recht der Leistungsstörungen (nach bürgerlichem Recht). Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber das Verhalten sog. "Erfüllungsgehilfen" (§ 278 BGB), also im Wesentlichen seiner Beschäftigten, stets zu vertreten hat.

[1] BT-Drs. 16/1780, S. 34.

2.4.2 Vereinbarungen dürfen keine benachteiligenden Inhalte haben

§ 7 Abs. 2 AGG erklärt alle Bestimmungen in individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, für unwirksam. Das ist für sich genommen eine Selbstverständlichkeit (§ 134 BGB). Man geht auf den ersten Blick davon aus, dass sich nicht viele diskriminierende Vereinbarungen finden werden. Galten doch schon bislang die Diskriminierungsverbote des § 4 TzBfG, der §§ 611a und b a. F., 612 Abs. 3 a. F. BGB, § 81 Abs. 2 a. F. SGB IX, Art. 141 EG. Generell wurde im Individualarbeitsrecht mithilfe des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Art. 3 GG im Arbeitsverhältnis angewandt. Die Tarifvertragsparteien sind an Art. 3 GG gebunden[1] und für die Betriebsparteien galt schon lange § 75 BetrVG. Allerdings liegt hier bei näherem Hinsehen durchaus Zündstoff. Bisher aus Diskriminierungssicht rechtssichere Regelungen werden mithilfe der Beweiserleichterungen des AGG auf den Prüfstand kommen. Hier öffnet sich die Tür zu ganz erheblicher Rechtsunsicherheit, v. a. in Bezug auf kollektivrechtliche Vereinbarungen.

[1] BAG, Urteil v. 16.8.2006, 9 AZR 378/03, ZTR 2006 S. 265.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge