Entscheidungsstichwort (Thema)

Chefarzt. Rufbereitschaft. Bereitschaftsdienst. Vergütungserwartung. pauschale Abgeltung von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaft. Festlegung von Höchstzeiten. Arbeitsvertrag Chefarzt. gesonderte Vergütung bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Bestimmung im Arbeitsvertrag eines Chefarztes, wonach geleistete Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften mit der vereinbarten Vergütung pauschal abgegolten sind, kann gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein, wenn der Umfang der zu leistenden Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften vertraglich nicht hinreichend genau festgelegt ist. Eine gesonderte Vergütung für die geleisteten Rufbereitschaften und Bereitschaftsdienste nach § 612 BGB steht dem Chefarzt gleichwohl nicht zu, sofern er eine Gesamtvergütung bezieht, die die Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet.

 

Normenkette

BGB § 305

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 06.11.2012; Aktenzeichen 1 Ca 670/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 06.11.2012 - 1 Ca 670/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob vom Kläger in den Jahre 2009 bis 2011 geleistete Rufbereitschaftsdienste gesondert zu vergüten sind.

Die Beklagte betreibt in M1 das St. W1-Krankenhaus. Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.10.2004 als leitender Abteilungsarzt der Hauptabteilung Nephrologie beschäftigt.

Im Frühjahr 2004 verhandelten die Parteien über den Abschluss eines Dienstvertrags. Dabei brachte der Kläger mit Schreiben vom 22.03.2004 (Ablichtung Bl. 135 f. der Akten) seine Vorstellungen zum Ausdruck. Schließlich schlossen die Parteien am 12.05.2004 einen Dienstvertrag (Ablichtung Bl. 13-31 d.A.). Dieser enthält hinsichtlich der zu zahlenden Vergütung unter § 3 die nachfolgende Regelung:

Entgelte für die Tätigkeiten im dienstlichen Aufgabenbereich

(1) Vergütung

1. Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine monatliche, nachträglich zahlbare Vergütung, die sich aus einer dem Lebensalter entsprechenden Grundvergütung und dem Ortszuschlag zusammensetzt und in Anlehnung an die Vergütungsgruppe 1 der AVR in der jeweils geltenden Fassung berechnet wird.

2. Der Arzt erhält eine Weihnachtszuwendung in Anlehnung an die Bestimmungen in Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR in der jeweils geltenden Fassung.

3. Der Arzt erhält in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld in Anlehnung an die Bestimmungen in Abschnitt II der Anlage 14 zu den AVR in der jeweils geltenden Fassung.

4. Sollte der Dienstgeber mit den Beschäftigten bzw. der Mitarbeitervertretung Maßnahmen, die zur Sanierung des Krankenhauses beitragen, vereinbaren, so gelten diese auch für den Arzt.

5. Der Arzt erhält eine Zulage zur monatlichen Vergütung und zur Weihnachtszuwendung in Höhe von 2.140,- €. Diese Zulage unterliegt keinen tariflichen Anpassungen bzw. Gehaltserhöhungen.

Klarstellend wird festgehalten, dass der Arzt somit insgesamt (AVR-Vergütung nach Nr. 1, 2 und Nr. 3 sowie Zulage nach Nr. 5) ein Bruttoeinkommen von 100.000,- € (in Worten einhunderttausend Euro) erhält.

6. Mit der Zulage nach Nr. 5 sind Überstunden sowie Mehr-, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaftsdienste und Unterrichtserteilung abgegolten.

Nimmt der Arzt nach entsprechender Freistellung durch den Dienstgeber generell nicht am Rufbereitschaftsdienst und/oder an der Unterrichtserteilung anteilig teil, erstattet er dem Krankenhaus die dadurch entstehenden Kosten.

In § 4 des Anstellungsvertrages wurde dem Kläger ein Liquidationsrecht für gesondert berechenbare wahlärztliche Leistungen und für Gutachterhonorare eingeräumt.

Auf der Grundlage dieser vertraglichen Vereinbarungen erzielte der Kläger ein Festgehalt in Höhe von 102.657,54 € im Jahr 2009, von 105.826,25 € im Jahr 2010 und von 106.127,11 € im Jahr 2011. Aus Privatliquidationen erzielte der Kläger weitere 20.500,23 € im Jahr 2009, 19.617,20 € im Jahr 2010 und 16.516,62 € im Jahr 2011. Wegen der Zusammensetzung seiner aktuellen monatlichen Vergütung wird auf die Vergütungsabrechnung für den Monat Januar 2012 (Ablichtung Bl. 32 d.A.) Bezug genommen.

Hinsichtlich der Teilnahme des Klägers an Rufbereitschaftsdiensten trifft § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Dienstvertrags die nachfolgende Regelung:

Der Arzt ist innerhalb seines ärztlichen Aufgabenbereiches für den geordneten und wirtschaftlich geführten Dienstbetrieb in seiner Abteilung verantwortlich und hat ihn abzustimmen mit den anderen Diensten des Krankenhauses. Er hat die Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaftsdienste entsprechend den Regelungen der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) sicherzustellen.

Der Arzt ist verpflichtet, an diesen Diensten der Abteilung mit den anderen Fachärzten der Abteilung turnusgemäß im Wechsel teilzunehmen (durchschnittlich minde...

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