Regierung will bessere Bezahlung von Pflegekräften

Im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege will die Bundesregierung eine bessere Bezahlung durchsetzen, um mehr Fachkräfte zu gewinnen. Außerdem sollen die Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellten am 4. Juni Vorschläge der «Konzertierten Aktion Pflege» vor, die sie vor knapp einem Jahr gestartet hatten. Daran beteiligten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Krankenkassen. Es geht etwa um attraktivere Arbeitsbedingungen und mehr Ausbildung. Offen sind allerdings teils noch die konkrete Umsetzung und die Finanzierung weiter steigender Kosten. Für Angehörige von Pflegebedürftigen sollen Entlastungen kommen.

Viele Stellen unbesetzt

In der Alten- und Krankenpflege sind rund 1,6 Millionen Menschen beschäftigt, fast 40.000 Stellen sind unbesetzt. Die Regierung will vor allem im Inland mehr Fachkräfte gewinnen, ergänzend aber auch aus dem Ausland. Dafür sollen bestimmte Anforderungen vereinfacht werden. Ein Problem ist, dass bei strapaziösen Bedingungen viele nur noch Teilzeit arbeiten oder ganz aus dem Beruf aussteigen. Vereinbart worden sei nun auch, Rückgewinnungsprogramme auf den Weg zu bringen.

Allgemeinverbindliche Tarifverträge oder Festlegung einer Lohnuntergrenze

Zentraler Punkt ist, zu spürbar höheren Löhnen in der Altenpflege zu kommen. Allein garantieren kann die Regierung das aber nicht. Heil bringt nun ein Gesetz auf den Weg, das zum 1. Januar 2020 in Kraft treten soll. Es soll zwei Wege zum Ziel eröffnen. Der erste sieht vor, dass Arbeitgeber-Verbände und die Gewerkschaft Verdi einen Tarifvertrag aushandeln sollen. Der Bund würde diesen dann - unter erleichterten Bedingungen - verbindlich für die ganze Branche machen. Vor allem von privaten Pflegeheimbetreibern gibt es aber hartnäckigen Widerstand gegen «staatlich vereinheitlichte Löhne von Flensburg bis Passau, wie Rainer Brüderle vom Arbeitgeberverband bpa formulierte.

Für den Fall, dass ein Tarifvertrag nicht zustande kommt, soll gleich ein zweiter Weg geebnet werden. Demnach soll eine Kommission bis Mai 2020 Vorschläge für höhere Pflege-Mindestlöhne machen - aber nicht nur wie bisher für Hilfskräfte, sondern auch für Fachkräfte, und auf künftig gleichem Niveau in Ost und West. «Wir setzen auf Weg eins», betonte Heil. Es müsse aber jeder wissen, dass es im Zweifel diesen zweiten Weg gebe. Doch was bedeutet «bessere Bezahlung»? Spahn machte deutlich, dass Altenpflegekräfte auf 2.600, 2.700 Euro im Monat kommen sollten. Und das wäre für viele schon eine ziemliche Lohnerhöhung.

Spahn will faire Kostenteilung

Konkrete Ansagen zur Finanzierung machten die Minister vorerst nicht. Klar ist aber, dass erhebliche Mehrkosten kommen. Je nach den festzulegenden Steigerungen könnten es zwei bis fünf Milliarden Euro extra pro Jahr sein, erläuterte Spahn mit Bezug auf ein Gutachten. Wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, sei über einen «fairen Ausgleich» zu reden. Möglich wären etwa höhere Pflegebeiträge oder ein Staatszuschuss wie bei der Rente. Bei den Eigenanteilen, die für die eigentliche Pflege und weitere Nebenkosten im Heim fällig werden, will die große Koalition «übermäßige Belastungen» vermeiden.

In einem Punkt will Heil dabei schon jetzt konkret werden und ein Gesetz auf den Weg bringen. Für Eigenanteile müssten viele Angehörige Sozialhilfe bei der Kommune beantragen, erläuterte er. Hierbei werde dann aber auch auf Geld naher Verwandter, in der Regel der Kinder, zurückgegriffen. Künftig solle dafür gesorgt werden, dass es dies bei Einkommen unter 100.000 Euro im Jahr nicht mehr gibt. Lücken wären also mit Steuergeld zu füllen, zustimmen müssen auch die Länder. Die Stiftung Patientenschutz sieht Spahn, Heil und Giffey gefordert. «Sie müssen endlich einen konkreten Plan vorlegen, wie die Pflege der Zukunft aussieht und finanziert wird», sagte Vorstand Eugen Brysch.

Zahl der Auszubildenden soll erhöht werden

Auch die Ausbildung soll attraktiver werden. Ab 2020 sollen Auszubildende bundesweit kein Schulgeld mehr zahlen müssen, sondern Vergütungen bekommen - etwa 1.000 Euro im Monat, wie Giffey erklärte. Bis 2023 soll die Zahl der Azubis und ausbildenden Einrichtungen im Bundesschnitt um zehn Prozent im Vergleich zu diesem Jahr zulegen. Kräfte aus dem Ausland sollen schon in den Herkunftsländern bei der Fach- und Sprachausbildung unterstützt werden. Für Vermittler von Pflegekräften aus dem Ausland soll ein Gütesiegel entwickelt werden.

Bessere Arbeitsbedingungen

«Die Beschäftigten müssen sich darauf verlassen können, dass sich ihre Situation Zug um Zug bessert», sagte Verdi-Vorstand Sylvia Bühler. «Es muss Schluss sein mit der ständigen Überlastung.» Um bessere Bedingungen auch mit verlässlicheren Dienstplänen zu erreichen, sollen verbindliche Personalschlüssel umgesetzt werden - also Vorgaben, wie viele Pflegekräfte für wie viele Pflegebedürftige vorgesehen sind. Fachkräfte sollen auch mehr Verantwortung übernehmen können. Dafür sollen Standards etwa zur stärkeren Zusammenarbeit mit Ärzten erarbeitet werden. Pflegekräfte sollen zudem mit digitaler Technik von Bürokratie entlastet werden.

dpa
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