Gewerkschaft gegen Rechtsanspruch auf Homeoffice

Anlässlich der dbb Jahrestagung am 11.1.2021 wurde über die Erwartungen der Wirtschaft an den öffentlichen Dienst rege diskutiert. In einem Bereich gab es jedoch Konsens: Einen Rechtsanspruch auf Homeoffice brauche es nicht. 

Im Panel "Was erwartet die Wirtschaft vom öffentlichen Dienst?" diskutierten der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte-und Gemeindebundes DStGB, Gerd Landsberg, und der Bundesvorsitzende des dbb, Ulrich Silberbach.

Rechtsanspruch auf Homeoffice nicht praxisgemäß

Dabei waren die Beteiligten sich in einem Punkt einig: Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice ist nicht gewünscht. Diesen lehnte nicht nur Kampeter als nicht praxisgemäß ab. Die Politik müsse nichts regeln, was in den Betrieben bereits gut funktioniere. "Die Arbeit im Homeoffice soll ausgeweitet werden, wenn der Arbeitsplatz und die Tätigkeit dies ermöglichen. Aber wir brauchen keinen Rechtsanspruch auf Homeoffice", bekräftigte dbb Chef Silberbach und auch Gerd Landsberg bezweifelte eine entsprechende Notwendigkeit: "Wir sind mit weniger Regeln besser aufgehoben als mit mehr Regeln."

Optimierungsbedarf an der Schnittstelle

Zu den grundsätzlichen Erwartungen an den öffentlichen Dienst sagte Kampeter, die Bundesrepublik stehe vor der Frage, wie Prozesse in Wirtschaft und Verwaltung dienstleistungsorientiert digitalisiert werden können. Dabei habe sich die Verwaltung bisher sehr gut geschlagen. Dennoch gebe es Optimierungsbedarf an der Schnittstelle zwischen Staat und Wirtschaft. Zum Beispiel sei die "öffentliche Verwaltung zu langsam, was die Arbeit der Gesundheitsämter betrifft. Das liegt vor allem an unzureichender Koordination" so Kampeter.

Personaldefizite müssen behoben werden

Landsberg wies die Kritik Kampeters an der mangelnden Flexibilität der öffentlichen Verwaltung in der Corona-Pandemie, insbesondere bezüglich der Arbeit der Gesundheitsämter, entschieden zurück. "Wir haben in den Gesundheitsämtern seit vielen Jahren Personaldefizite beklagt, ohne dass sich jemand dafür interessiert hätte. Die Arbeit ist dort wenig lukrativ, insbesondere die dringend benötigten Ärzte meiden den öffentlichen Gesundheitsdienst. Jetzt, wo die Ämter im Zentrum des allgemeinen Interesses stehen, entsteht hoffentlich Bereitschaft bei der Bezahlung nachzulegen."

Von einander lernen

Die Zusammenarbeit von Wirtschaft und öffentlichem Dienst bezeichnete Silberbach als "eine Frage der Haltung, aber auch der Infrastruktur: Es geht darum, die Schnittstellen zwischen Wirtschaft und öffentlichem Dienst zu optimieren, damit bereitgestelltes Geld schneller dort ankommt, wo es gebraucht wird." Beide Seiten könnten voneinander lernen, so Silberbach weiter: "Die Wirtschaft hat gute Modelle für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie zum Beispiel Betriebskindergärten. Solche Maßnahmen kosten Geld, aber das sollte es uns wert sein."

"Outputorientierung" ist gefragt

Kampeter räumte dagegen ein, dass Umstrukturierungen im öffentlichen Dienst nicht so einfach möglich sind wie in einem Unternehmen. Auf der anderen Seite brauche es aber immer ein bisschen Druck, um etwas zu bewegen. „Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst und ein schlanker Staat sind für mich kein Widerspruch." Im öffentlichen Bereich müsse aber noch mehr "Outputorientierung" Einzug halten.


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