Familienplanung und Karriere in der Wissenschaft schwer vereinbar

Eine Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung stellt fest, dass eine Laufbahn als Nachwuchswissenschaftler einer langfristigen Planung von Privat- und Familienleben häufig entgegensteht. Gewerkschaften fordern Entfristungen der Arbeitsverträge im Forschungsbereich.

Fast neun von zehn jungen Wissenschaftlern in Deutschland wünschen sich Kinder, schieben ihre Familienplanungen aber häufig wegen zu geringer beruflicher Sicherheiten auf die lange Bank. Das geht aus dem dritten «Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs» hervor, den Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) am 16. Februar 2017 in Berlin vorstellte. Zugleich verdeutlicht der Report, dass die Zahl hauptberuflicher Nachwuchskräfte an den Hochschulen seit dem Jahr 2000 von gut 82.000 auf fast 145.000 (plus 76 Prozent) gestiegen ist - trotz teilweise sehr wackeliger Karrierewege mit weit überwiegend befristeter Beschäftigung (2014: 93 Prozent).

Studie: Nachwuchswissenschaftler realisieren Kinderwunsch oft nicht

In einer Befragung des sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchses - also bei Promovierenden oder Post-Doktoranden an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen - gaben «nur 12 Prozent der Kinderlosen an, keinen Kinderwunsch zu haben». Berufliche Gründe seien «zentral für das Aufschieben von Kinderwünschen», heißt es in dem alle vier Jahre erstellten Bericht. «Endgültige Kinderlosigkeit» sei beim wissenschaftlichen Nachwuchs mit geschätzt gut 40 Prozent häufiger als bei anderen Hochschulabsolventen (25 Prozent).

GEW fordert Entfristungen von Arbeitsverträgen

Die Bildungsgewerkschaft GEW bezeichnete die Befunde des Berichts zu Wissenschaft und Familienplanung als «dramatisch». «Bund, Länder und Wissenschaftseinrichtungen müssen jetzt endlich die Weichen für eine familienfreundliche Wissenschaft stellen», forderte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller. Befristet beschäftigte Nachwuchsforscher müssten sich «darauf verlassen können, dass ihr Arbeitsvertrag tatsächlich verlängert wird, wenn sie Kinder betreuen». DGB-Vizechefin Elke Hannack verlangte eine «Entfristungsoffensive». Nur bei attraktiven Bedingungen habe Wissenschaft in Deutschland eine Zukunft. «Und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und akademischer Laufbahn gehört dazu.»

Bundesbildungsministerin verweist auf neues Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Bundesministerin Wanka nannte den wissenschaftlichen Nachwuchs «eine unverzichtbare Größe unserer Wissensgesellschaft». Sie verwies auf mehrere Initiativen der schwarz-roten Regierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode. «Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis» mit oft sehr kurzfristigen Ketten-Verträgen sei die Regierung mit einer Reform des Wissenschaftszeitvertrages entgegengetreten. Mit dem Bund-Länder-Programm für Professorenstellen nach einer Bewährungsphase (Tenure Track) würden «transparentere und besser planbare Karrierewege» geschaffen, betonte Wanka. Der Bericht zeige in puncto Vereinbarkeit von Karriere und Familie, «dass wir mit dem Tenure-Track-Programm an der richtigen Stellschraube ansetzen».

Lesen Sie auch:

Wissenschaftszeitvertragsgesetz tritt in Kraft

dpa
Schlagworte zum Thema:  Befristung, Hochschule, Öffentlicher Dienst