BW: Tarifergebnis wird zeitversetzt auf Beamte übertragen

Die grün-rote Landesregierung Baden-Württembergs überträgt das Tarifergebnis des öffentlichen Dienstes auf die meisten Staatsdiener im Südwesten nur zeitlich verzögert. Dagegen wurde Kritik des Beamtenbundes laut.

Nach dem Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst der Länder werden die Gehälter für die rund 800.000 Angestellten der Bundesländer rückwirkend zum 1. März 2015 um 2,1 Prozent erhöht. Auf diese angehobenen Einkommen werden zum 1. März 2016 nochmals 2,3 Prozent, mindestens aber 75 Euro, aufgeschlagen.

Vom Tarifabschluss sollen Landesbeamte in Baden-Württemberg bis zur Besoldungsstufe A9 in den Jahren 2015 und 2016 zeit- und inhaltsgleich vom Tarifabschluss im öffentlichen Dienst profitieren. Die Übertragung auf die Besoldungsgruppen A10 und A11 soll mit vier und von A12 an mit acht Monaten Verzögerung erfolgen.

Von der Übertragung sind nach Angaben des Finanzministeriums rund 181.000 Landesbeamte im aktiven Dienst im Südwesten betroffen.

Beamtenbund kritisiert die Verzögerung

Die verzögerte Übertragung empfindet der Beamtenbund Baden-Württemberg als Zeichen mangelnder Wertschätzung. «Das Land spart an den Beamten», kritisierte Landeschef Volker Stich in Stuttgart. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Finanzminister Nils Schmid (SPD) sprachen hingegen von einer angesichts von «Sparzwängen» fairen und sozial gerechten Lösung. Alle Beamten erhielten bis Ende diese Jahres dieselbe Erhöhung wie die Tarifangestellten - die unteren Besoldungsgruppen sofort, die mittleren mit vier und die oberen mit acht Monaten Verzögerung.

Damit sei auch das Schema der letzten Übertragung nach sechs, neun und zwölf Monaten abgemildert. Das Land lege Wert auf die inhaltsgleiche Übertragung, um die Beamten nicht von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abzukoppeln. Zugleich kündigte Schmid an, mit je 30 Millionen Euro in diesem und im kommenden Jahr würden strukturelle Verbesserungen für die Staatsdiener erreicht; zum Personalentwicklungsplan 2020 gehörten die Einführung von Job-Tickets, Mittel für beschleunigte Beförderung und weitere Schritte, für die er Vorschläge der Gewerkschaften erwarte.

Enttäuschung bei den Beamten

Wie bereits nach dem vergangenen Abschluss für die Tarifbeschäftigten werde die Anhebung der Besoldung für das Gros der Beamten auf einen späteren Zeitpunkt verlegt, monierte Stich. Das Land spare 285 Millionen Euro in diesem und im nächsten Jahr, rechnete er vor. Diese Mittel würden dann ausgegeben, um das «Klientel von Grün-Rot zu bedienen». Die Beamten seien bei der Landtagswahl 2011 «Königsmacher» gewesen - 2016 bestimmt nicht mehr. Kretschmann ließ sich durch die indirekte Drohung, er erhalte die Quittung für die Zeitverzögerung bei der Landtagswahl, nicht aus der Ruhe bringen. «Wenn ich mich davon beieindrucken ließe, könnte ich meint Amt niederlegen.» Er fügte hinzu: «Wir orientieren uns am Wohl des Landes.»

Opposition hält Sonderopfer der Beamten für unnötig

Der CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl und Fraktionschef, Guido Wolf, sagte: «Zwar konnten auch unter CDU-geführten Landesregierungen die Tarifabschlüsse nicht immer eins zu eins übernommen werden, aber das passierte nur in wirtschaftlich schlechten Zeiten und auch nur zeitverzögert.» Den Beamten stehe in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen und wirtschaftlichen Aufschwungs aber eine faire Behandlung zu. Ähnlich argumentierte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke: «Jetzt ist die Lage ganz anders, die Wirtschaft floriert, die Steuereinnahmen sind stabil auf Rekordniveau und die Landesregierung gibt das Geld in vollen Zügen aus, statt zu sparen.» Es gebe also keinen Grund, von einem Großteil der Beamten ein Sonderopfer zu verlangen.

DGB begrüßt Besserstellung unterer Besoldungsgruppen

Der DGB begrüßte, dass Grün-Rot die zeitliche Verschiebung der Übertragung abschwächt und die unteren Besoldungsgruppen sofort mehr Geld erhalten. «Unsere beharrlichen Gespräche und Argumente haben Wirkung gezeitigt», so Landesvize Gabriele Frenzer-Wolf. Angesichts der guten Haushaltslage könne sie jedoch nicht nachvollziehen, dass der Abschluss nicht vollumfänglich übertragen werde. GEW-Landeschefin Doro Moritz sagte: «Es ist nicht akzeptabel, dass die Lehrkräfte, die schon seit CDU/FDP-Zeiten eine abgesenkte Eingangsbesoldung haben, am meisten von der Verschiebung betroffen sind.»

Diskussion über Protestaktionen

In anderen Bundesländern mit Ausnahme von Hessen würden die Tarifergebnisse eins zu eins übernommen, sagte Stich. In Hessen mit einer Null-Runde für die Beamten sei eine Verfassungsklage wahrscheinlicher als in Baden-Württemberg. Das Land werde aber dennoch zu den bundesweiten Schlusslichtern gehören. Die Frage von Protestaktionen werde am Mittwoch im Landeshauptvorstand des Beamtenbundes diskutiert. Man müsse aber immer ausloten, ob der Aufwand lohne, wenn ohnehin keine Änderung zu erreichen sei.

dpa