BAG: Richter legen Hürden für Kettenarbeitsverträge höher

Arbeitgeber haben es künftig schwerer, befristete Verträge ihrer Mitarbeiter mehrmals hintereinander zu verlängern. Künftig müssen sie bei sehr langen Kettenbefristungen begründen, wieso das Arbeitsverhältnis nicht in ein dauerhaftes umgewandelt wird, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Die obersten deutschen Arbeitsrichter ziehen bei der Kettenbefristung von Arbeitsverträgen die Zügel an. Die Klägerin war mit insgesamt 13 befristeten Verträgen elfeinhalb Jahre lang als Vertretung beschäftigt. Sie hofft nun auf ihre Chance auf eine Festanstellung.   

Die Richter des BAG definierten zunächst keine Zeiträume, ab wann der Missbrauch beginnt. In Fällen wie der Klägerin, in denen langjährige Befristungen mit vielen Verträgen die gesamte Erwerbsbiografie umfassten, liege ein Missbrauch aber nahe, sagte Gerichtssprecherin Inken Gallner.
Das BAG verwies die Klage an das Landesarbeitsgericht Köln zurück (BAG, Urteil vom 18.7.2012, 7 AZR 443/09). Dieses muss jetzt über eine Festanstellung der 34 Jahre alten Bianca Kücük entscheiden, die mit insgesamt 13 befristeten Verträgen elfeinhalb Jahre lang als Vertretung beim Amtsgericht Köln beschäftigt war.

Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs
Im Fall der Justizangestellten hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Januar die Praxis der mehrfachen Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen generell für zulässig erklärt. So können mehrfach wegen Vertretungsbedarf befristete Arbeitsverträge auch dann erlaubt sein, wenn sich der Vertretungsbedarf als «wiederkehrend oder sogar ständig erweist». Die EU-Richter machten aber auch Vorgaben. Sie verlangten, dass alle Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträgen geprüft werden.

Kücük zeigte sich mit dem Erfurter Richterspruch zufrieden. «Es zeigt, dass ich doch noch eine Chance habe, zu gewinnen.» Ihr Anwalt, Helge Rust, bedauerte aber, dass die Bundesrichter den Kettenbefristungen keinen klaren zeitlichen Riegel vorschoben. Eine verbindliche Obergrenze wäre eine gangbarer Weg für mehr Rechtssicherheit gewesen, sagte Rust.

Die Vorgeschichte:

Kücük hatte ihre Ausbildung am Amtsgericht Köln absolviert und erhielt im Anschluss dort auch eine Stelle als Justizangestellte. Von Juli 1996 bis Dezember 2007 wurde sie mit immer neuen befristeten Verträgen als Vertretung für zumeist schwangere Kolleginnen beschäftigt. Dennoch wechselte sie in dieser Zeit nicht ihren Schreibtisch und verrichtete all die Jahre die selbe Arbeit in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts.
Nach ihrer Kündigung klagte die 34-Jährige durch alle Instanzen auf eine Festanstellung. Das BAG hatte den Fall erst dem höchsten EU-Gericht in Luxemburg vorgelegt. Vor dem Landesarbeitsgericht muss das beklagte Land Nordrhein-Westfalen jetzt darlegen, wieso diese Befristung solange aufrechterhalten werden musste.


dpa
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