IPSAS - Europäische Rechnungslegung für den öffentlichen Sektor?

Die Motivation der EU: Die Standardisierung des Rechnungswesens in der EU. Wird dies kommen? Und wenn ja: In welcher Form und mit welchem Standard? Welche Auswirkungen hätte das auf das öffentliche Haushalts- und Rechnungswesen in Deutschland bei den Ländern und Kommunen?

Die EU-Kommission legte dem Rat und dem europäischen Parlament am 6.3.2013 ihren Bericht zum Thema „Die angestrebte Umsetzung harmonisierter Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor in den Mitgliedsstaaten“ vor. Im Blickpunkt stand die Eignung der International Public Sector Accounting Standards (IPSAS). Die IPSAS basieren auf den International Financial Reporting Standards (IFRS), die für international tätige Unternehmen der Privatwirtschaft Geltung haben.

Das Statistische Amt der EU (EUROSTAT) nahm im Auftrag der Kommission die Bewertung der Frage vor, ob und inwieweit die IPSAS für die EU-Mitgliedstaaten geeignet sein könnten.

Eignung wird von Spitzenverbänden in Frage gestellt

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass die Kommunen in den letzten Jahren bereits eine Umstellung auf eine periodengerechte und nach kaufmännischen Grundsätzen ausgerichtete Rechnungslegung vorgenommen haben. Es wird betont: „Für Kommunen, die ihre Rechnungslegung bereits umgestellt haben, ist es wichtig, dass diese Investition nicht entwertet werde.“

Von IPSAS zu EPSAS?

Die Kommission formuliert folgende Einschätzung: "Einerseits ist wohl eindeutig, dass die IPSAS in ihrer gegenwärtigen Form nicht ohne weiteres in den EU-Mitgliedsstaaten eingeführt werden können. […] Andererseits stellen die IPSAS unstreitig einen Bezugsrahmen für eine mögliche harmonisierte Rechnungslegung des öffentlichen Sektors in der EU dar.“

Auf dieser Grundlage könnte zukünftig die weitere Entwicklung einheitlicher europäischer Rechnungslegungsstandards (auch EPSAS genannt) vorangetrieben werden.

Bestehende IPSAS-Regelungen sollten nach Auffassung der Kommission der Entwicklung eigener europäischer Normen nicht im Wege stehen. Sie sollten dort, wo dies erforderlich ist, angepasst werden. Unnötige Abweichungen zwischen EPSAS und IPSAS sollten dabei unbedingt vermieden werden. Gleiches soll für Abweichungen zwischen EPSAS und IFRS gelten.

Auswirkungen auf das neue öffentliche Rechnungswesen in Deutschland

Ein sehr großer Teil der Kommunen hat bereits auf ein periodengerechtes Rechnungssystem auf Basis der doppelten Buchführung umgestellt. Das Vermögen und die Schulden wurden erfasst und bewertet. Statt Einnahmen und Ausgaben treten Aufwendungen und Erträge in den Mittelpunkt. Wenn auch die spezifischen Regelungen von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich sind, basieren alle Regelungen auf den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, allerdings auf dem alten Stand vor Umsetzung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes. Es kann erwartet werden, dass zukünftige EPSAS- Regelungen hiervon abweichen. Anpassungen wären dann erforderlich.

Dieser Anpassungsprozess hätte ohne Zweifel den Vorteil, dass hiermit gleichzeitig die sehr unterschiedlichen haushaltsrechtlichen Regelungen der Kommunen in den Bundesländern einer Harmonisierung unterzogen würden.

Kommunen mit Wahlrecht

Für die Kommunen, die aufgrund bestehender Wahlrechte zwischen Doppik und Kameralistik (Bayern, Schleswig-Holstein, Thüringen) nach wie vor den kameralen Weg beschreiten wollen, sollte dies Anlass sein, die Richtungsentscheidung vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden europäischen Entwicklung zu überdenken. Dies könnte im Rahmen eines Stufenkonzepts den späteren Umstieg erleichtern: Im 1. Schritt auf die bestehende kommunale Doppik nach landesrechtlichen Vorschriften umstellen, im 2. Schritt dann auf die Doppik gemäß EPSAS.

Die Bundesländer

Für die Länder kann dies als ein deutliches Signal gewertet werden. Bislang hat Hessen als einziges Bundesland das doppische Rechnungswesen umgesetzt.

In Hamburg und Bremen laufen umfangreiche Reformprojekte zur Erprobung der Doppik. Hamburg hat zum 31.12.2007 einen 1. Gesamtabschluss vorgelegt. Nordrhein-Westfalen befindet sich mit seinem Projekt EPOS (Einführung von Produkthaushalten zur outputorientierten Steuerung) auf dem Weg in ein doppisches Rechnungs- und Haushaltswesen.

EPSAS – eine Entwicklung mit hohen Ansprüchen 

IPSAS, IFRS, Handelsrechte der Mitgliedstaaten und Europäische Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen sollen – so formuliert es die Kommission – so weit wie möglich EPSAS-kompatibel sein. Dies ist ein hoher Anspruch. Allein die Erfahrungen im Rahmen der Gemeindehaushaltsrechtsreformen in Deutschland belegen die damit verbundenen Herausforderungen und Schwierigkeiten überdeutlich.