Rz. 45

Nach § 3 Abs. 1 dürfen werdende Mütter in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden; das Beschäftigungsverbot dauert i. d. R. bis 8 Wochen nach der Entbindung. Diese Regelung und die darin zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung zieht auch für den Fall einer drohenden durch die Ausländerbehörde verfügten Abschiebung in den Herkunftsstaat eine zeitliche Grenze. Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt, dass auch die übrigen Familienmitglieder nicht abgeschoben werden dürfen. Eine diese Sach- und Rechtslage nicht beachtende Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig.[1] Die Vorschriften beruhen auf der allgemeinen Erkenntnis, dass im Falle einer erheblichen physischen oder psychischen Belastung der Schwangeren in dieser Zeit Gefahren für Mutter und Kind nicht von der Hand zu weisen sind. Diese gesetzgeberische Wertung zieht in aller Regel aber für Abschiebungen eine zeitliche Grenze.[2]

Eine schwangere Frau ist unter Berücksichtigung der gesetzlichen Schutzvorschriften des § 3 6 Wochen vor der Entbindung und 8 bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten 12 Wochen nach der Entbindung als reiseunfähig anzusehen (VG Braunschweig, Beschluss v. 18.11.2020, 4 B 356/20 m. w. N., Ziff. 46). Eine generelle Reiseunfähigkeit ergibt sich aus der Schwangerschaft nicht.[3]

[1] VG Köln, Urteil v. 27.5.2014, 2 K 2273/13.A, Rz. 45.
[2] Vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG 12/2012, § 60a, Rz. 146; Bruns, a. a. O., § 60a, Rz. 10; in diese Richtung auch Dienelt, in Renner, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60a, Rz. 29 m. w. N.
[3] OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 21.7.2023, 18 E 190/23.

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