Wohnungserwerber kann nicht an frühere Abnahme gebunden werden
Hintergrund: Abnahme soll auch für Nachzügler gelten
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von einem Bauträger aus abgetretenem Recht Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum sowie die Feststellung der Ersatzpflicht zur Übernahme etwaiger weiterer Sanierungskosten.
Nach Errichtung der Anlage wurde im November und Dezember 2004 das Gemeinschaftseigentum vom Verwalter und einigen Eigentümern abgenommen.
Im November 2006 erwarben die Eheleute G. (Erwerber) vom Bauträger eine Wohnung in der Anlage, in der noch verschiedene Arbeiten ausgeführt werden sollten. Unter "Bauabnahme" ist im notariellen Formularvertrag vereinbart:
"Das Bauwerk ist durch die Vertragsparteien oder mit schriftlicher Vollmacht ausgestattete Vertreter förmlich abzunehmen. Der Abnahmetermin wird vom Veräußerer bestimmt.
…
Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ist bereits erfolgt. Der Verkauf gilt nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart."
In der Folgezeit rügten die Erwerber Mängel am Gemeinschaftseigentum und traten schließlich im April 2012 sämtliche Mängelansprüche aus dem Erwerbsvertrag an die WEG ab.
Der Bauträger meint, Mängelansprüche seien schon deshalb ausgeschlossen, weil die Erwerber laut Vertrag an die Abnahme vom November 2004 gebunden seien und deshalb eventuelle Ansprüche verjährt seien.
Entscheidung: Rückwirkende Abnahme verkürzt Verjährung unzulässig
Die Mängelansprüche sind nicht verjährt.
Die Verjährung von Mängelansprüchen aus einem Werkvertrag beginnt grundsätzlich mit der Abnahme. Die Erwerber haben das Gemeinschaftseigentum nicht selbst abgenommen. Sie sind auch nicht an die Abnahme aus dem Jahr 2004 gebunden, denn die Vertragsklausel, nach der die bereits vor Vertragsschluss erfolgte Abnahme ihnen gegenüber gilt, ist unwirksam.
Nach dem Wortlaut der Klausel gilt die Abnahme entsprechend der bereits durchgeführten Abnahme rückwirkend als vereinbart. Dies entspricht dem erkennbaren Sinn, die nach der Herstellung der Wohnungseigentumsanlage in die Wohnungseigentumsgemeinschaft eintretenden Erwerber an eine bereits erfolgte Abnahme zu binden.
Mit der Anknüpfung an die bereits erfolgte Abnahme wird der Beginn der Verjährung von Mängelansprüchen der Erwerber betreffend das Gemeinschaftseigentum auf einen Zeitpunkt vorverlagert, zu dem diese das Werk weder erworben hatten noch es ihnen übergeben war. Dies stellt eine mittelbare Verkürzung der Verjährungsfrist dar, die von § 309 Nr. 8 b) ff) BGB erfasst wird. Damit ist die Klausel insgesamt unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion allein auf die Abnahme ist mangels Teilbarkeit der Klausel nicht möglich.
(BGH, Urteil v. 25.2.2016, VII ZR 49/15)
Lesen Sie auch:
BGH: Keine Abnahme durch Bauträger-Verwalter
-
Untervermietung: Was der Vermieter dulden muss und was nicht
982
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter achten
958
-
Videoüberwachung im Mehrfamilienhaus: die Rechtslage
918
-
Jahresabrechnung nach Verwalterwechsel
8501
-
Umsatzsteuer in der Nebenkostenabrechnung bei Gewerbemiete
796
-
Betriebskostenvorauszahlung: Das gilt bei Anpassungen
680
-
Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen hat Grenzen
640
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
637
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
617
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
568
-
Betriebskosten steigen: das darf abgerechnet werden
18.12.2025
-
Kein Zurückbehaltungsrecht am Hausgeld
09.12.2025
-
Weiterbildungspflicht abschaffen oder nicht?
02.12.2025
-
Höhe, Fälligkeit und Zahlung der Mietkaution
01.12.2025
-
Anlage und Verzinsung der Mietkaution
01.12.2025
-
Mietkaution in der Steuererklärung
01.12.2025
-
Mieter zahlt Mietkaution nicht – was tun?
01.12.2025
-
Mietkaution während und nach der Mietzeit
01.12.2025
-
Mietkaution: Mietvertrag als Grundlage
01.12.2025
-
Weihnachtsdeko im Advent: Das gilt rechtlich
28.11.2025