SAP-ERP-Anwendungen in der Immobilienwirtschaft

Der TAC-Kongress Immobilien- und Facility Management in Berlin gab einen tiefen und ungeschönten Einblick in den Stand der Digitalisierung im SAP-Umfeld. Beim Einsatz von SAP-ERP-Lösungen in der Immobilienwirtschaft gibt es – klar – Fortschritte. Das bringt auch neue Herausforderungen mit sich.

Das Zusammenspiel zwischen SAP-Systemen und immobilienspezifischen Anforderungen ist seit zwei Jahren von der SAP-Strategie "Keep the core clean" bestimmt. Dieses Sich-Konzentrieren auf die buchhalterischen Kernfunktionalitäten und das Auslagern der branchenspezifischen Skills auf Partnerunternehmen birgt viele neue Effizienzmöglichkeiten, verlangt aber auch immer noch und fortwährend nach Aufräumarbeiten.

Der Zustand

SAP-ERP-Systeme sind mittlerweile ein integraler Bestandteil vieler Unternehmen vor allem in der gewerblichen Immobilienwirtschaft, aber auch in der professionellen Wohnungswirtschaft. Auch das versteht sich: Denn jedes Unternehmen muss angesichts der Knappheit von finanziellen wie menschlichen Ressourcen seine Prozesse automatisieren, Daten zentral verwalten und eine effiziente Bewältigung komplexer Aufgaben des Property-, Facility- oder Mietmanagements sicherstellen. Zunehmend werden moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) integriert. Und es werden Schnittstellen (APIs) zu spezialisierten Branchensystemen geschaffen.

Es sind genau diese Stellen, an denen mehr und mehr PropTechs ins Spiel kommen. Die Vorträge in Berlin aus dem Nähkästchen von Matthias Mosig, TÜV Süd Advimo, und von Danny Pfeiffer, Promos Consult, beschreiben exemplarisch die Fortentwicklung zu mehr und mehr datengetriebenen Geschäftsmodellen. Es zeigt sich nunmehr auch deutlicher Progress: Dieser gilt insbesondere für die Verknüpfung von ERP-Systemen mit KI-Komponenten zur Automatisierung von Prozessen – etwa bei Mietvertragsanalysen, Rechnungsprüfungen oder Energieverbrauchsmanagement. Das Potenzial solcher Systeme für Effizienzsteigerungen und Kostenreduktionen ist groß.

Die Fortschritte

Gut laufen dabei in Teilen bereits die vorgenommenen Automatisierungen durch KI: Viele Unternehmen setzen bereits erfolgreich auf KI-basierte Standardlösungen zur Prozessautomatisierung. Die bekannteren Beispiele sind hier Chatbots für Mieterkommunikation, automatische Dokumentenanalyse sowie Workflows für vorausschauende Wartung. Es gelingt auch die immer tiefere Integration moderner Technologien: Die Anbindung an etwa die easysquare App, anderen IoT-Plattformen oder Common Data Environments. Der Trend zur Vernetzung unterschiedlicher Softwarekomponenten wir hier klar erkennbar.

Auch die Effizienzgewinne durch intelligente Analyse-Tools reduzieren Arbeitszeitaufwände signifikant – so etwa Einsparungen von bis zu 60 Prozent bei Kommunikationsprozessen laut Promos. Dieses trägt vornehmlich dazu bei, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Im Fokus auf ESG-Konformität ist, trotz allen politischen Gegenwinds, die Nutzung von SAP-Lösungen zur Unterstützung von Nachhaltigkeitsstrategien vielversprechend. Es stechen die Möglichkeiten durch automatisierte ESG-Risikoanalysen und CO2-Szenario-Berechnungen hervor.

Das Aufräumen

Eine ordnende Hand verdient nach wie vor sowohl die Standardisierung als auch damit zusammenhängend die API-Fähigkeit. Denn es mangelt laut TÜV Süd weiterhin an standardisierten Lösungen innerhalb des heterogenen Marktes für ERP-Anwendungen mit KI-Komponenten. Immer noch operieren viele Anbieter isoliert voneinander. Synergieeffekte bleiben ungenutzt. Denn die API-Fähigkeiten bestehender Anwendungen reichen oft nicht aus, um nahtlose Integrationen über verschiedene Systeme hinweg sicherzustellen.

Auch in Sachen Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität bleiben noch viele Ecken zu säubern. Denn zweifelsohne bietet spezialisierte Standardsoftware viele Vorteile. Doch bleibt deren Bedienbarkeit teilweise hinter den Erwartungen zurück, so dass individuelle Anpassungen immer wieder gewünscht und auch durchgeführt werden. Das wiederum erschwert Updates und Upgrades. Große Hoffnungen setzen Marktteilnehmer auf die sich verbreitenden No-Code und Low-Code-Plattformen. Falls diese wirklich Abhilfe schaffen könnten, sollten diese Ansätze stärker von den Marktteilnehmern ins Auge gefasst werden.

Datenqualität und Datenschutz bekommen inzwischen branchenweit größere Aufmerksamkeit und eine neue Politur. Das ist auch dringend notwendig. Beides wird allerdings durch unvollständige Datenbestände sowie die benannten mangelnden Standards erschwert. Das verkompliziert aussagekräftige und belastbare Analysen erheblich. Datenschutzrechtliche Bedenken etwa in Bezug auf DSGVO-Konformität stellen eine zusätzliche Hürde dar. Das gilt besonders beim Training externer Modelle mit sensiblen Kundendaten.

Bei Wirtschaftlichkeit und Lizenzmodellen glänzt ebenfalls noch längst nicht alles: Die Kalkulation von Lizenzkosten erfolgt häufig ohne Rücksicht auf reale Geschäftsmodelle oder IT-Infrastrukturen kleinerer Unternehmen. Neue Preismodelle – wie Fee per Einheit – schaffen finanzielle Belastungen statt Entlastung. Unaufgeräumt bleibt nach wie vor die Henne-Ei-Problematik zwischen Anbietern und Anwendern: Es scheint, als ob die gegenseitige Abhängigkeit hierbei eher die Innovationen hemmt, als sie sie beschleunigt: Anbieter warten auf konkrete Use-Cases seitens der Anwender. Diese wiederum erwarten fertige Lösungen vom Markt. Sowohl TÜV Süd als auch Promos heben fehlende Synergien im Ökosystem verschiedener Anbieter hervor. Immer noch werden aktuelle ERP-KI-Lösungen meist proprietär entwickelt und können nur eingeschränkt miteinander kommunizieren. Insbesondere die seit zwei Jahren währende Partnerschaft zwischen SAP und Planon soll hier Abhilfe schaffen. Sie ist aber an vielen Stellen voraussichtlich noch eine langjährige Baustelle. Diese Bauarbeiten werden hoffentlich so durchgeführt, dass das Aufräumen an dieser Stelle erstmal nicht nötig werden wird. 

Die Abnahme

Die SAP-ERP-Anwendungen in der Immobilienwirtschaft zeigen einerseits beachtliche Fortschritte: Diese gelten hinsichtlich Automatisierungspotenzialen und Integration moderner Technologien wie KI/ML-Modellen oder IoT-Plattformen auf Basis eines zentralisierten Datalakesystems – der Single Source of Truth.

Andererseits stehen viele Unternehmen weiterhin vor großen Aufräumarbeiten im Bereich Standardisierung, Interoperabilität sowie der Wirtschaftlichkeit neuer Lösungsansätze. In dieser Gemengelage wird ein entscheidender Erfolgsfaktor sein, ob es gelingt, einen stärkeren Fokus auf offene Schnittstellenstandards zu legen und ein digitales Ökosystem zu schaffen, das auch mal über sein eigenes hinausgeht. Da dieses allerdings seit Jahrzehnten auf sich warten lässt, könnten die näherliegenden Chancen auf diesem Gebiet benutzerfreundliche Low-Code und No-Code-Lösungen sein.

Auch neue Win-Win-Lizenzierungsmodelle täten der Branche gut. Dazu hülfe es, seitens der Anbieter noch stärker proaktiv wirtschaftlich tragfähige Anwendungsfälle gemeinsam mit Kunden und Interessenten zu identifizieren. Gleichzeitig gilt, je konsequenter die Datenschutzkonformität in allen Digitalisierungsbereichen umgesetzt wird, desto größer wird das Vertrauen am Markt und damit die Offenheit, Neuentwicklungen auch einzusetzen. Das gemeinsame Wertschöpfungspotenzial zwischen Anbietern und Anwendern ist nämlich riesig. Doch wird es wohl ein finales Großreinemachen in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft aufgrund der polyagilen Eigenheiten von Digitalisierung niemals geben. Aber notwendig sind zumindest dauerhaft punktuelle und zielgerichtete Aufräummaßnahmen, um endlich die mögliche Wertschöpfung signifikanter als bislang zu heben.