Ortsübliche Vergleichsmiete bei breiter Streuung der Miethöhe

Hintergrund: Miethöhe von Vergleichswohnungen sehr unterschiedlich
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von der Mieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.
Die bisherige Miete für die 54 Quadratmeter große Wohnung lag bei 310,50 Euro. Unter Benennung von drei Vergleichswohnungen verlangte die Vermieterin, der Erhöhung der Miete auf 352,08 Euro zuzustimmen, was einem Quadratmeterpreis von 6,52 Euro entspricht. Die Mieterin erklärte sich lediglich mit einer Mieterhöhung auf 324 Euro (6,00 Euro je Quadratmeter) einverstanden. Mit ihrer Klage möchte die Vermieterin die Zustimmung zur begehrten Miethöhe von 6,52 Euro je Quadratmeter durchsetzen.
Der vom Amtsgericht beauftragte Sachverständige hat unter Heranziehung von 16 Vergleichswohnungen eine Mietpreisspanne von 4,58 bis 7,08 Euro je Quadratmeter ermittelt. Amts- und Landgericht haben die ortsübliche Vergleichsmiete auf dieser Grundlage auf 5,80 Euro (gerundeter arithmetischer Mittelwert der vom Sachverständigen ermittelten Mietpreisspanne) geschätzt und das Zustimmungsverlangen der Vermieterin zurückgewiesen.
Die Vermieterin meint, sie könne eine Mieterhöhung auf 6,52 Euro je Quadratmeter schon deshalb verlangen, weil dieser Wert innerhalb der vom Sachverständigen ermittelten Spanne liege und ein Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur oberen Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete beanspruchen könne.
Entscheidung: Höchstwert ist nicht Vergleichsmiete
Der BGH erteilt der Auffassung der Vermieterin eine Absage.
Zwar handelt es sich bei der ortsüblichen, durch einen Sachverständigen ermittelten Vergleichsmiete nicht zwingend um einen punktgenauen Wert, sondern diese kann sich innerhalb einer kleinen Bandbreite bewegen. In einem solchen Fall kann eine Mieterhöhung anhand des oberen Wertes der Bandbreite gerechtfertigt sein. Als Beispiel nennt der BGH einen früher entschiedenen Fall, in dem die Bandbreite der Vergleichsmieten 0,24 Euro je Quadratmeter betrug.
Gelangt ein Sachverständiger hingegen wie hier bei einem Vergleich der zur Beurteilung stehenden Wohnung mit ähnlichen Wohnungen zu einer großen Streubreite der gezahlten Mieten, kann nicht ohne Weiteres der obere Wert der Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete zugrunde gelegt werden.
Stets müssen zunächst qualitative Unterschiede der Vergleichswohnungen zu der zu beurteilenden Wohnung berücksichtigt werden, um die Vergleichbarkeit herzustellen, etwa durch Zu- und Abschläge oder ein Punktesystem. Soweit sich danach auch nach der Berücksichtigung der Qualitätsunterschiede noch eine breite Marktstreuung ergibt, darf die ortsübliche Einzelvergleichsmiete nicht mit dem oberen Wert der Streubreite gleichgesetzt werden. Es ist nicht sachgerecht, eine breite Marktstreuung, die nicht auf den gesetzlichen Wohnwertmerkmalen beruht, einseitig dem Vermieter zu Gute kommen zu lassen. Sonst könnte der Vermieter, von „Ausreißermieten“ abgesehen, jeweils das höchste Entgelt fordern, das zu zahlen sich einer der Mieter der Vergleichswohnungen bereitgefunden hat. Eine derartige „Spitzenmiete“ repräsentiert jedoch nicht die ortsübliche Vergleichsmiete.
Vielmehr ist die Vergleichsmiete, die der Vermieter beanspruchen kann, innerhalb des festgestellten Rahmens zu ermitteln. Dabei sind je nach Einzelfall verschiedene Ansätze denkbar. Wenn keine Besonderheiten bei der Verteilung der Vergleichsmieten feststellbar sind, kann es gerechtfertigt sein, den arithmetischen Durchschnittswert anzusetzen. Kommt es hingegen zu einer auffälligen Häufung der Vergleichsmieten um einen kleinen Wert herum, kann die dadurch repräsentierte kleine Bandbreite die ortsübliche Vergleichsmiete darstellen, sodass der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zum höchsten Wert dieser kleinen Bandbreite verlangen kann.
Im konkreten Fall hat der BGH die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, weil er das Sachverständigengutachten für mangelhaft hielt und dieses ergänzt werden muss.
(BGH, Urteil v. 24.4.2019, VIII ZR 82/18)
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