Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausübung eines Vorkaufsrechts im Sanierungsgebiet. Wohl der Allgemeinheit als Sanierungsziel. Neugestaltung eines innerstädtischen Grundstücks

 

Leitsatz (amtlich)

Der Ausübung eines sanierungsrechtlichen Vorkaufsrechts nach § 24 BauGB steht es nicht entgegen, dass die Sanierungssatzung bereits über 25 Jahre alt ist, sofern die Sanierung immer noch entsprechend den Sanierungszielen durch die Gemeinde betrieben wird. Das Vorliegen des Wohles der Allgemeinheit i.S. des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist zu bejahen, wenn die Gemeinde beabsichtigt, ein auf dem betroffenen innerstädtischen Grundstück stehendes Gebäude abzureißen und stattdessen im Rahmen einer Neugestaltung der Fläche Parkplätze, eine Grünfläche sowie eine fußläufige Verbindung zu schaffen. Die Frage, ob auch in der Umgebung auf anderen Flächen Parkplätze geschaffen werden können, ist im Hinblick auf die Planungshoheit der Gemeinde ohne Belang.

 

Normenkette

VwGO § 65; BauGB § 22 Abs. 5 S. 2, § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 1, § 26 Nr. 4, § 28 Abs. 2, § 142 Abs. 3 S. 3, §§ 144-145, 162 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 235 Abs. 4

 

Tenor

1. Zu dem Verfahren wird das Saarland, vertreten durch das Ministerium für Finanzen, Hardenbergstraße 6, 66119 Saarbrücken, gemäß § 65 VwGO beigeladen, da seine rechtlichen Interessen durch die Entscheidung über die Klage berührt werden.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 31.250,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.

Mit notariellem Vertrag vom 23.03.2006 gab der Kläger für die Grundstücke Gemarkung A-Stadt, mit einer Gesamtgröße von 8,24 Ar, die im Eigentum des Saarlandes stehen, ein Kaufangebot zu einem Kaufpreis von 125.000,– EUR ab. Die Grundstücke liegen in dem durch Satzung vom 25.03.1982 festgelegten Sanierungsgebiet „Altstadt A-Stadt – südlicher Teil, südliche Stadteinfahrt”. Mit Schreiben vom 20.03.2006 bat der beurkundende Notar die Beklagte um Mitteilung, ob ihr ein Vorkaufsrecht zustehe oder ob sie auf die Ausübung verzichte. Mit Schreiben vom 05.04.2006 übersandte der Notar der Beklagten eine Ausfertigung des Kaufangebotes. Das Saarland, vertreten durch die Landesfinanzverwaltung, erklärte mit notarieller Urkunde vom 02.05.2006 die Annahme des Kaufangebotes. Der Notar übersandte mit Schreiben vom 03.05.2006 eine Kopie davon an die Beklagte. Die Beklagte teilte dem Notar mit Schreiben vom 24.05.2006 mit, dass sie ihr Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 3 i.V.m. § 144 BauGB ausübe.

Mit Bescheiden vom 07.06.2006 übte die Beklagte auf Grund des Beschlusses des Stadtrates vom 23.05.2006 das Vorkaufsrecht gegenüber dem Kläger und dem Saarland aus. Zur Begründung ist ausgeführt, der Erwerb dieses Grundstücks stelle die einmalige Chance dar, durch Rückbau einen städtebaulichen Missstand am südlichen Stadteingang zu beseitigen. Darüber hinaus werde es dann gelingen, nach Abriss des Gebäudes, die frei werdenden Flächen und das Umfeld durch eine adäquate Freiflächengestaltung erheblich aufzuwerten. Die für den Bereich des Sanierungsgebietes verfolgten städtebaulichen Zielsetzungen einer Verbesserung des südlichen Stadteingangsbereichs setzten voraus, dass die Stadt nach Ausübung des Vorkaufsrechts als künftige Grundstückseigentümerin in die Lage versetzt werde, an dieser Stelle einer bodenordnungs- und nutzungsrechtlichen Fehlentwicklung entgegenzuwirken. Dies gelte insbesondere auch im Hinblick auf die geplante Neugestaltung der … Straße, deren Ausbau nur möglich werde, wenn Anliegern auf den fraglichen Grundstücken Ersatzstellplätze zugewiesen würden. Gleiches gelte für das Ziel, das Umfeld um das benachbarte Gebäude der Tages- und Kurzzeitpflege einer attraktiveren Gestaltung zuzuführen.

Eine Kopie des Bescheides vom 07.06.2006 wurde dem Notar zur Kenntnis übersandt.

Gegen den Bescheid vom 07.06.2006 legte der Kläger mit Schreiben vom 26.06.2006, eingegangen bei der Beklagten am selben Tag, Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, nach seinen Unterlagen sei die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts überschritten. Außerdem seien die Ziele der Sanierungssatzung von 1982 bereits erfüllt. Diese habe den Zweck gehabt, nach Abriss des größten Teils der Häuser im Sanierungsgebiet die Innenstadt vom Verkehr zu entlasten und den Stadtrandbereich aufzuwerten. Durch die Umleitung der B 51, die Anbindung der …-Straße unter der Bahn hindurch an die … Straße, die Schaffung des Parks St. Johann und des Parks inklusive Teich im Bereich des DRK-Gästehauses sei dies auch gelungen. Die Aufwertung des Umfeldes des DRK-Gästehauses liege demgegenüber im privaten Interesse des DR...

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