Zusammenfassung

 
Begriff

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum hinweg untätig geblieben ist und dadurch bei seiner Gegenpartei den Eindruck erweckt hat, sie brauche mit der Geltendmachung des Rechts nicht mehr zu rechnen; die Gegenpartei sich darauf eingerichtet hat und ihr die verspätete Inanspruchnahme nicht zugemutet werden kann.[1]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens[2]; sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Der bloße Zeitablauf reicht niemals aus. Stets müssen darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die die verspätete Inanspruchnahme des Schuldners als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen.[3]

[1] BGHZ 25 S. 51; 67 S. 56.
[3] BGH, WPM 1971 S. 1086; OLG Karlsruhe, WuM 1981 S. 271; OLG Hamm, WuM 1982 S. 73.

1 Allgemeines

Die Verwirkung ist eine Konkretisierung des § 242 BGB, wonach eine Leistung nur so zu bewirken ist, wie es Treu und Glauben erfordern.

Ein Anspruch oder ein Gestaltungsrecht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit vergangen ist und besondere Umstände hinzukommen, aufgrund derer der zur Leistung Verpflichtete nicht mehr mit der verspäteten Inanspruchnahme zu rechnen braucht. Die Verwirkung setzt also ein Umstands- und ein Zeitmoment voraus.[1]

Hierzu können keine bestimmten Fristen angegeben werden, da es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.

Im Gegensatz zur Verjährung, auf die sich der in Anspruch Genommene ausdrücklich berufen muss, ist die Verwirkung von Amts wegen zu berücksichtigen.[2]

2 Betriebskosten

Jährliche Abrechnung

Die bisherige Rechtsprechung über die Verwirkung des Anspruchs des Vermieters gegen den Mieter auf Nachzahlung von Nebenkosten aus Umlageabrechnung ist durch § 556 Abs. 3 BGB, der durch das Mietrechtsreformgesetz eingeführt wurde, überholt. Danach ist über die Vorauszahlung für Betriebskosten jährlich abzurechnen. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen.

Nachforderung ausgeschlossen

Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Es handelt sich hierbei also um eine Ausschlussfrist. Auf den Gesichtspunkt der Verwirkung kommt es nicht mehr an.

Auch der Mieter hat Einwendungen gegen die Abrechnung dem Vermieter spätestens zum Ablauf des 12. Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.[1] Eine zum Nachteil des Mieters hiervon abweichende Vereinbarung ist unwirksam.[2] Vgl. hierzu auch "Betriebskostenabrechnung: Rechte der Mieter und Vermieter".

Zahlung eines Saldos

Hat der Vermieter innerhalb der Ausschlussfrist seine Betriebskostenabrechnung erstellt, so unterliegt auch der Anspruch auf Zahlung des Saldos aus der Abrechnung der Verwirkung, wenn Umstände vorliegen, nach denen der Mieter darauf vertrauen durfte, dass der Vermieter die Forderung nicht mehr geltend macht. Ein solches Umstandsmoment kann nach Auffassung des LG Berlin gegeben sein, wenn der Vermieter seine Ansprüche erst 2 1/2 Jahre nach Beendigung der Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der Abrechnung erneut geltend macht.[3]

3 Staffelmiete

Auch der Anspruch auf Zahlung der Erhöhung aufgrund einer Staffelmietvereinbarung kann verwirken. Das LG München I hat entschieden, dass in dem Fall, dass der Vermieter den aus einer Staffelmietvereinbarung sich ergebenden Erhöhungsbetrag 2 1/2 Jahre nicht geltend macht, er konkludent auf die Rechte aus dieser Vereinbarung gegenüber dem Mieter verzichtet hat; hilfsweise hat das Landgericht noch Verwirkung angenommen.[1]

 
Hinweis

Schweigen alleine ist nicht Verwirkung

Hier wird wie öfters in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung übersehen, dass aus dem bloßen Schweigen der Vertragsparteien ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf die Verwirkung geschlossen werden kann.

Auch wenn die Rechte aus einer Staffelmietvereinbarung viele Jahre nicht ausgeübt werden, ohne dass dies von einer Vertragspartei angesprochen wird, kann der Vermieter sein Recht auf diese Anpassung nur dann verlieren, wenn – zusätzlich zum Zeitablauf – weitere besondere Umstände hinzutreten.[2]

Allein die Tatsache, dass der Vermieter ohne weitere Erklärung viele Jahre den Erhöhungsbetrag nicht geltend macht, genügt für die Verwirkung bei Gewerbemietverhältnissen nicht.[3]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge